ZUR ERINNERUNG
von
Dr. Joachim May
1.
JESUIT GALLI ?
In einem Aufsatz "Die Krise in der katholischen Kirche" (Hochland,
10/1966) berichtet R. Seewald im Rückblick auf das II.Vatikanum: "Ich
habe, in der Schweiz lebend, täglich die (Berichterstattung) eines
geistlichen Journalisten verfolgen müssen, der sich am Beginn nicht
genug tun konnte an Siegesmeldungen, an siegestrunkenen Umarmungen auf
dem Petersplatz, dann aber, nach dem Tode Johannes" XXIII., in
schimpfende Kritik verfiel, Papstreden dadurch ihres Sinnes zu berauben
suchte, daß er untergeordnete Passagen im Druck hervorheben ließ, damit
das Wichtigste, klein gedruckt, im Text unterginge. Am Ende verstieg er
sich zu Verhöhnungen des Papstes durch den schadenfrohen Bericht, die
von diesem vorgenommene Marienverehrung sei von der Mehrzahl der
Konzileväter boykottiert worden unter dem Vorwand, sie müßten
schleunigst in ihre Diözesen zurückkehren."
2.
KLARE WARNUNG
Seit einiger Zeit ist im Zuge der ökumenischen Verbrüderungseuphorie
eine neue Variante ins Spiel gebracht worden: sogenannte ökumenische
Trauungen. In Holland und in manchen deutschen Diözesen, so Mainz und
Würzburg, in ersterer mit Erlaubnis des Bischofs Volk, wurden sie schon
praktiziert. Daß aus der Ausnahme bald die Regel wird, ist zu
befürchten. Demgegenüber hat der protestantische "Bischof" von Kassel
(BRD), E. Vellmer ein klares Contra gesprochen. Er sieht darin "die
Vortäuschung einer scheinbaren Einheit und Gemeinschaft, die aber in
Wirklichkeit noch nicht bestehe." Deshalb lehne er "diese Trauungen als
Verwischung der konfessionellen Unterschiede ab" (MkKZ, 23. 11. 1969).
- Das sind klare Worte. Aber was nützen sie angesichts der ökumenischen
Besessenheit, die sich bis hin zu den Bischöfen austobt? Stilelemente
des absurden Theaters sind in der katholischen Kirche längst zum
Alltagsgebaren geworden.
3.
Begrüßenswertes Nein
"Es gibt in der hierarchischen Kirche keinen Platz für
Demokratie. Der Papst vermag alles ohne die Bischöfe. Die Bischöfe
können jedoch nichts ohne den Papst." - "Unsere Antwort auf die Frage,
ob es in der Kirche einen Platz für die Demokratie gibt, leitet sich
aus dem ab, was uns von der Schrift und der Tradition, die beide
wiederum vom Lehramt ausgelegt werden, gelehrt wird. Sie leitet sich
auch aus der Tatsache ab, daß das Wort Gottes ewig ist und nicht den
wechselnden Forderungen der Zeit unterworfen ist." - "Als Statthalter
und Beauftragte Christi regieren die Bischöfe die ihnen anvertraute
Kirche mit der Überzeugungsgabe, mit dem Beispiel und auch mit der
Autorität und der Heilsgewalt. Sie bedürfen jedoch nicht der Zustimmung
ihrer Gläubigen! Sie müssen ihnen auch nicht gehorchen!" - Diese
Worte aus der Zeitschrift "Renovatio" (zitiert nach MkKZ, 12. 10. 1969)
sind aus ungebrochenem Glaubens- und Kirchenbewußtsein gesprochen. Das
ängstliche Hinhören auf das, was das sogenannte "mündige" Volk will,
auf das, was glaubensschwache, zweifelnde und ungläubige Theologen
verkünden und fordern - das ist eines der Krebsübel unserer Zeit. Die
Hirten, die solches tun, lassen sich die Normen von "unten" aufzwingen,
sie verwässern und verfälschen das von "oben" agierende Charisma ihres
Amtes. Wahre Hirten wie die Kardinäle Florit und Siri wissen das. Sie
wissen, daß mit der Untergrabung der monarchischen Struktur der Kirche
die Entstehung von "Teilkirchen" und letztlich die Nivellierung
vorgebahnt werden. Die letzten Folgen sind eine gänzliche Auflösung der
ekklesiologischen Struktur der katholischen Kirche, die Kreierung einer
"diffusen" Kirche, in der Sektierertum und Schwärmertum sich ausleben
können.
4.
Bravo, Kardinal Bengsch!
Immer wieder fällt der Berliner Kardinal Bengsch mit Aussagen auf, die
- auch im Stilistischen - ins Schwarze treffen. Im Gegensatz zu anderen
Purpurträgern haben seine Auslassungen Substanz. Hier einige Beispiele:
a) "... Mir soll es
gleichgültig sein, ob ein Theologe, der eine gute Presse haben will,
oder vielleicht ein Kabarettist mich als reaktionär verschreit, oder
ein Zeitungsbericht meldet, daß ich nicht einmal die Fragestellung der
Konzilsdokumente über die Kirche in der heutigen Welt verstanden hätte.
Ich werde das alles eher ertragen, als daß ein einziger junger Mensch
in meinem Bistum mir vorwerfen sollte, er wäre in die Irre gegangen,
weil ich zu feige gewesen wäre, das unverkürzte Evangelium Gottes zu
predigen."
b) "Wir dürfen auch nicht der
Frage ausweichen, ob wir mit Gewissen unsere Offenheit für Gottes
Willen meinen oder die Offenheit für das Moderne. Manchmal auch für das
Bequemere, für ein verweltlichtes Christentum zu halben Preisen."
c) "Muß nicht dieses
blindwütige Herumdreschen auf alles, was Grundsatz, Tradition, Brauch,
Herkommen heißt, bei vielen jungen Menschen den Eindruck erwecken: dies
sei der erste und wichtigste Teil zur Erlangung der Mündigkeit?"
d) An den modernistischen
Superliturgen gewandt, sagte Kardinal Bengsch: "Er soll für eine
Erneuerung der Liturgie eintreten und seine kritischen Vorschläge
machen. Aber er soll auch sagen, daß sie ehrfürchtiger Gottesdienst
sein muß und nicht manulierte Veranstaltung, nicht Sache des
Privatgeschmacks, und ebensowenig modisches Spiel."
e) Wer: "die frühere
Sexualpädagogik angreift, der soll dazu sagen, daß Keuschheit und Scham
hohe Werte bleiben, daß eheliche Treue kostbar bleibt, daß er die
Jungfräulichkeit schätzt, daß voreheliche Geschlechtsgemeinschaft
unchristlich bleibt, auch wenn das selbst christlichen Arbeitskreisen
nicht mehr klar zu sein scheint."
Wer hätte solche Worte je aus dem Munde des Vorsitzenden der Deutschen
Bischofskonferenz und Erzbischof von München-Freising, Julius Kardinal
Döpfner, in den letzten Jahren vernommen? Wa das katholische Volk, ja
die Welt heute nötiger denn je braucht, ist nicht ein wortreiches,
verklausuliertes, wissenschaftlich aufgezäumtes, scheinbar
tiefgründiges Wischiwaschi, sondern präzise, unzweideutige Aussagen.
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