54. Jahrgang Nr. 7 / Dezember 2024
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1. Misericordias Domini in aeternum cantabo - Autobiographie von Mgr. Pierre Martin Ngô-dinh-Thuc, Erzbischof von Hué, übersetzt von Elisabeth Meurer
1. Fortsetzung
1. Fortsetzung II
1. Fortsetzung III
2. Lebenslauf S.E. Mgr. Pierre Martin Ngô-din-Thuc - Anhang I
3. Dokumente S.E. Ngr. Pierre Martin Ngô-din-Thuc, Erzbischof von Bulla Reggia, vormals Erzbischof von Hué, Südvietnam,
4. DECLARATIO
5. Öffentliche Verkündigung der DECLARATIO
6. Bischofsweihen
7. SPENDENAUFRUF
Dokumente S.E. Ngr. Pierre Martin Ngô-din-Thuc, Erzbischof von Bulla Reggia, vormals Erzbischof von Hué, Südvietnam,
 
Dokumente des Erzbischofs, der die Mitglieder des Ordens der Karmeliter und Karmelitinnen vom Heiligen Antlitz von Palmar de Troya geweiht hat.

Übersetzung des handgeschriebenen lateinischen Textes (aus: EINSICHT VI/1, S. 4 ff.)


I.

Gegeben zu Palmar de Troya am dritten Januar eintausendneunhundertsechsundsiebzig.

Am letzten Tag des Jahres 1975 schickte der Kardinal von Sevilla zweimal die Polizei aus, um in der Rue Redes (Redes-Straße, Sevilla) und im Haus des Pilgers in Palmar Nachforschungen über meine Identität sowie über die für den 1. Januar vorgesehenen Priesterweihen anzustellen. Überdies schickte er nach dem Weggang der Polizei den Pfarrer von St. Magdalena (Sevilla) in das Haus des Paters Clemente mit einem Schriftstück, in welchem der Kardinal von Sevilla damit drohte, die Priesterweihen von Palmar in Rom zur Anzeige zu bringen, und dies aus dem Grunde: Er habe ausdrücklich und in offizieller Form die Geschehnisse von Palmar als erfunden und falsch verurteilt. Damit seien in gleicher Weise auch Weihen von Palmar verurteilt.

Der Abgesandte des Kardinals bat mich, mit ihm in die Kapelle zu gehen. Pater Clemente folgte uns als Hausherr nach, doch der Abgesandte stieß ihn hinaus mit den Worten, er wolle nur mit mir allei-ne sprechen. Daraufhin fragte mich Pater Clemente, was ich dazu meine. Ich antwortete, daß ich zunächst den Brief des Kardinals lesen wolle, dann würde ich ihm meine Ansicht sagen. Der Abge-sandte erklärte mir nun, daß die Kapelle nicht vom Kardinal genehmigt worden sei. Während er weitersprach, kehrte er dem Altar und dem heiligsten Sakrament den Rücken zu. Nachdem ich die Drohungen des Kardinals gelesen hatte, bedeutete ich Pater Clemente in Gegenwart des Abgesand-ten, daß er ruhig bleiben und unserem Gespräche beiwohnen könne. Alsdann gab ich dem Abge-sandten folgenden Bescheid: "Sagen Sie dem Kardinal, daß ich für alles vor Gott und meinem Gewissen die volle Verantwortung übernehme. Ich bin Doktor des Kirchenrechts und weiß sehr wohl um die Folgen meiner Handlungen."

Der Abgesandte machte mir nun den Vorschlag, mit dem Kardinal am Telephon zu sprechen. Ich antwortete, daß dies unnötig sei, da ja der Kardinal in seinem Schreiben alles bereits dargelegt habe, was er von der Sache denke. In diesem Augenblick fiel mir auf, daß der mit Maschine geschriebene Brief eine Unterschrift von Hand trug, die schwer zu entziffern war. Ich fragte deshalb den Abge-sandten, wer hier unterschrieben habe. Er antwortete, daß es seine Unterschrift sei (also nicht die Unterschrift des Kardinals). Ich ersuchte ihn, das Haus zu verlassen, und bat Pater Clemente, ihm die Türe zu zeigen. Dieser ganze Vorgang spielte sich in weniger als fünf Minuten ab.  Als Grund, die Weihen in Palmar zu verbieten, machte der Kardinal geltend, daß er den Ort als Kultstätte ver-boten habe. Diese Begründung ist nicht gültig. Die Verurteilung des Kardinals verstößt sowohl gegen das Naturrecht wie auch gegen das Kirchenrecht.

Gegen das Naturrecht: der Kardinal hatte sich geweigert, die Zeugen von Palmar anzuhören, u.a. die Seherin Rosaria A., den Pater Clemente y Domínguez, Seher. Eine Verurteilung auszusprechen, ohne zu wissen, ob die in Frage stehenden Personen überhaupt schuldig sind, ist ungerecht und verstößt gegen das Naturrecht.
Was das Kirchenrecht betrifft, enthält es verschiedene Canones (Gesetzesartikel), welche genau festlegen, wie eine kanonische Untersuchung vor sich zu gehen hat. Vor allem wird dabei verlangt, daß die Angeklagten angehört werden müssen. Der Kardinal hat es jedoch unterlassen, diese vor-zuladen. Die Verurteilung von Palmar ist damit kanonisch null und nichtig. Zu den Drohungen des Kardinals bemerkte ich noch, daß ich mir weder nach dem Naturrecht noch nach dem Kirchenrecht eine tadelnswerte Handlung habe zuschulden kommen lassen.

Nach den in der Nacht zum 1. Januar 1976 erfolgten Priesterweihen veröffentlichte der Kardinal von Sevilla in den Zeitungen eine Erklärung, in welcher er diese Priesterweihen öffentlich verurteilte, und beifügte, daß alle Weihen innerhalb der Diözese vom Ortsordinarius gebilligt sein müßten. Nachdem ich bei ihm nicht um eine Genehmigung nachgesucht hätte, seien die Weihen unrechtmäßig erfolgt.

Um nun meine Handlungsweise allen klar zu machen, ist es nötig, einen Blick in die Vergangenheit, in die Zeit der Apostel, zu werfen. Damals und auch in den folgenden Jahrhunderten verkündigten die Apostel überall das Evangelium, weihten Priester, Diakone, Bischöfe ohne dabei irgend jemand dafür um Erlaubnis zu bitten, nicht einmal den hl. Petrus, den ersten der Apostel. So machte es der hl. Paulus, als er Priester und Bischöfe weihte, unter anderen z.B. Titus und Timotheus. Und diese hielten es später ebenso usw.

Später teilten die Päpste im Interesse einer wirksameren Verbreitung des Evangeliums die lateini-sche, abendländische Kirche in Diözesen ein. In diesen Diözesen stand und steht dem Ortsbischof das Recht zu, die Verkündigung des Evangeliums, die Zelebration der hl. Messe, die Spendung der Sakramente usw. zu überwachen. Darunter fiel und fällt natürlich auch das Sakrament der Priester-weihe.

Aber bei dieser Einteilung in Diözesen, bei dieser Jurisdiktion (Gerichtsbarkeit) der Bischöfe (oder Nicht-Bischöfe z.B. Apostolische Präfekten ohne Bischofsweihe in Missionsländern oder neu-ernannte Bischöfe, welche ihre Weihe noch nicht erhalten haben), handelt es sich um ein mensch-liches und nicht um ein göttliches Gesetz, wenngleich es auch als kirchliches Gesetz anzusehen ist.

Die Kirche hat ja auch andere Gesetze erlassen, wie z.B. das Tragen der Soutane, die Tonsur usw.
Nun verliert aber jedes menschliche Gesetz jede bindende Kraft und Verpflichtung, sobald es unnütz oder, schlimmer noch, sobald es dem Zweck, für den es einst geschaffen wurde, schädlich wird. In unseren Zeiten entspricht die Einteilung in Diözesen, die Schaffung des Ortsordinarius (z.B. die Diö-zese Sevilla mit ihrem Ordinarius, dem Kardinal, an der Spitze) nicht mehr dem Zweck, für welchen sie einst von der Kirche ins Auge gefaßt worden sind, nämlich für die Verkündigung des Evange-liums, für die Heranbildung eines zahlreichen und pflichteifrigen Klerus. Um dies einzusehen, braucht man ja nur seine Augen zu öffnen und auf die Krise der Priesterberufungen zu blicken, auf die Krise in der Verkündigung des Evangeliums, auf die Krise des Abfalls der Priester, der Ordens-leute, die ohne Dispens heiraten; Krise, welche der heutige Papst, Paul VI. in aller Öffentlichkeit bitterlich beklagt.

Aus diesem Grunde darf das Gesetz, welches bislang die Genehmigung des Ortsbischofs vor-schrieb, umgangen werden, wenn mit Sicherheit vorauszusehen ist, daß eine Genehmigung nicht erteilt wird, und dies aus Gründen, die dem kanonischen Recht sogar zuwider sind. Aus dem Gesagten drängt sich als Schlußfolgerung die Feststellung auf: Ich habe keine kanonische Vorschrift übertreten, als ich in der Nacht zum ersten Tag des Jahres des Heiles 1976 in Palmar de Troya (Le Lentisco) Priester geweiht habe.

Diese Erläuterungen dürften genügen, um allen aufsteigenden Bedenken betr. die Geschehnisse in Palmar - die Priesterweihen und später die Weihe von Bischöfen - zu begegnen. Diese Weihen hängen nicht mehr vom Kardinal ab, sondern von der Autorität des Papstes. Die Bevollmächtigung wurde übrigens vom Papst seinerzeit nur für die Lateinische, abendländische Kirche gegeben.

Die schismatischen orthodoxen Kirchen kümmern sich ja ohnehin keinen Deut um den Papst, obwohl der Papst die Weihen der Orthodoxen als gültig anerkennt. Was die orientalischen Kirchen, die mit Rom vereinigt sind, betrifft, billigt der Papst die Bischofswahlen, die durch den Gesamt-episkopat dieser Kirchen vorgenommen werden, z.B. der maronitischen, der griechisch-unierten, der ukrainisch-unierten Kirche usw.

Diese Anerkennung, die nicht eine Bevollmächtigung (mandatum) ist, sondern lediglich eine Billi-gung, ist ein rein menschliches Gesetz und mitnichten ein göttliches. Es kann also unter besonderen Umständen der Fall eintreten, in dem das Gesetz nicht befolgt werden kann und deswegen auch nicht verpflichtend ist, z.B. in Zeiten von Verfolgungen, oder wenn die Verbindungen mit Rom unterbrochen sind. In solchen Fällen ist und bleibt die Bischofsweihe gültig und erlaubt.

Zum Fall der Bischofsweihen in Palmar (Le Lentisco) besitzen wir die Bevollmächtigung (das Man-datum) von Seiten des Hl. Vaters Paul VI.. Wir sind also völlig mit Gott und mit der Kirche in Ord-nung. Der Kardinal hat dazu überhaupt nichts zu sagen. Der Kardinal hat schlußendlich noch erklärt, der Orden der Karmeliten vom heiligen Antlitz sei von ihm nicht gutgeheißen worden, er sei dem-nach ungültig usw. Nun, in der Kirche gibt es gegenwärtig eine bunte Vielfalt von religiösen, geistigen, freien Vereinigungen, die keinerlei kirchliche Approbation besitzen und doch läßt sie die Kirche in freundlicher Weise gewähren. Sie verpflichtet sie auch nicht zu einer Genehmigung durch den Bischof. Warum gibt sich der Kardinal von Sevilla päpstlicher als der Papst? Warum behauptet er, ein Recht zu haben auf eine private Vereinigung, die nichts anderes will, als für die Kirche und für den Hl. Vater zu beten, und die Buße tut.

Erzbischof Msgr. Dr. Petrus Martin Ngô-dinh-Thuc

***

II.

PALMAR DE TROYA, Dorf im Distrikt der Stadt Utrera in der Provinz SEVILLA (Spanien),
am 12. Januar des Jahres des Herrn eintausendneunhundertsechsundsiebzig.

Ich PETRUS MARTIN NGO DINH THUC, Titularerzbischof von Bulla Reggia, Italien, beschei-nige hiermit, daß ich am ersten Januar des Jahres eintausendneunhundertsechsundsiebzig folgenden Personen die Tonsur, die niederen und die höhren (Subdiakonat, Diakonat, Priesterweihe) Weihen erteilt habe:
Clemente Domínguez y Gomez, aus Sevilla Identitätsausweis D.N. I No. 28279369
Manuel Alonso Corral aus Cabeza de Buey (Badajoz) D.N.N. No. 1702964
Louis Henri Moulins, französischer Nationalität, wohnhaft in Sevilla, eingetragen auf dem französi-schen Generalkonsulat von Sevilla unter No. 50/74
Francis Coli, irischer Nationalität, mit Ausweis Reisepass F - 19 / 65 / 73, wohnhaft in Sevilla
Paul Gerald Fox, irischer Nationalität, mit Ausweisen, Reisepass F 19 094, wohnhaft in Sevilla.

In gleicher Weise bezeuge ich, daß ich am 11. Januar des Jahres unseres Herrn eintausendneunhun-dertsechsundsiebzig folgenden Personen in Palmar de Troya die Bischofsweihe erteilt habe:
Hochw. Herrn P. Clemente Domínguez Y Gomez
Hochw. Herrn P. Manuel Alonso Corral
Hochw. Herrn P. Camilo Estevez Piga aus Maside (Orense/Spa.) Ident.Ausweis D.N.I. 34 576 182
Hochw. Herrn P. Michel Thomas Donnelly, aus Irland Identitätsausweis Reisepass D 13 296, wohnhaft in Sevilla
Hochw. Herrn P. Francis Bernard Sandler, aus den Vereinigten Staaten von Nordamerika Reisepass Nr. Z 22 58 066

Ebenfalls bestätige ich, daß die genannten Bischöfe und Priester dem Orden der Karmeliter vom Heiligen Antlitz angehören, gegründet in Sevilla am 23. Dezember des Jahres des Herrn eintau-sendneunhundertfünfundsiebzig.

Das Generalatshaus des besagten Ordens befindet sich in der Redes-Straße No. 20 in Sevilla. Gründer und Generaloberer ist S. Exzellenz Msgr. Bischof Clemente Domínguez y Gomez. Dieses Schriftstück unterzeichne ich eigenhändig und mit eigener Feder, damit die kirchlichen und zivilen Rechtsfolgen gewährleistet sind.

Am zwölften Januar des Jahres des Herrn eintausendneunhundertsechsundsiebzig unter Beifügung meines Siegels

+ Petrus Martin Ngô-dinh-Thuc
Erzbischof von Bulla Reggia

***

Erklärung zu Palmar

Ich bestätige hiermit, die Ordinationen von Palmar mit klarer Überlegung vorgenommen zu haben. Ich habe keine Beziehungen mehr zu Palmar, seit sich ihr Chef zum Papst ernannt hat.
Ich mißbillige alles, was sie machen.

Die Erklärung Pauls VI. wurde ohne mich verfaßt; sie gelangte erst hinterher zu meiner Kenntnis.

Verfaßt am 19.12. 1981 in Toulon, im vollen Besitz meiner geistigen und physischen Kräfte.

(gez.:) Pierre Martin Ngô-dinh-Thuc
Archév. Titulaire de Bulla Regia
 
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