„Er sah ihn und ging vorüber“ – Priester ohne kirchliche Sendung: das Legitimitätsproblem
von R. F. Schmidt
Fortsetzung:
II.
Die unter den Sedisvakantisten tätigen Priester nehmen außerordentliche Jurisdiktionsrechte gemäß Kanon 209 CIC für ihr Handeln in Anspruch - treffen sie deshalb auch außerordentliche Pflichten?
a. Die Kirche ist die von Gott gestiftete Heilsanstalt, wie oben dargelegt.
b. Die hl. Kirche besteht derzeit ohne Jurisdiktionshierarchie und ist daher im Defektzustand. Statt Hierarchie, heiliger Ordnung, regieren das Chaos und der Zerfall, die Vereinzelung. Die vollständige und intakte Kirche hingegen umfasst neben der hörenden Kirche auch das Hirten-, das Lehr- und das Priesteramt der Kirche, die Jurisdiktionshierarchie. Christus gab die in der Kirche niedergelegte Gewalt den Aposteln allein und niemand sonst. Und Christus hat Seine Kirche samt den Aposteln dem Amt des Petrus unterstellt. - Das Petrusamt gehört also zum Wesen der katholischen Kirche – und es ist eben nicht bloß schmückendes, aber verzichtbares Beiwerk: Ohne fortdauerndes Papstamt keine ordentliche kirchliche Gewalt, keine ordentliche Jurisdiktion. Ohne Papstamt keine kirchliche Jurisdiktionshierarchie.
Göttliche Verheißung aber ist, dass die Kirche bis zum Untergang dieser Welt fortbesteht: Notwendigerweise kann und wird vor dem Ende dieser Welt die Kirche daher nicht in ihrem Wesen dauerhaft in der Weise verändert werden, dass sie in Zukunft bei endgültig zerstörter kirchlicher Ämterhierarchie als kopf- und gesichtsloser Torso und daher führungslos und verbindungslos in einzelne Glieder zerstückelt irgendwie fortvegetierte.
c. Das Weltende ist keineswegs erreicht, noch steht es unmittelbar bevor, wie oben dargelegt.
d. Die „Konzilskirche“ (des sog. II. Vat. Konzils) ist nicht die Fortsetzung der katholischen Kirche, sondern es bestehen zwei gegensätzliche Gebilde. Deshalb haben die in die „Konzilskirche“ hierarchisch eingebundenen Religionsdiener keinerlei Jurisdiktionsgewalt innerhalb der katholischen Kirche inne, wie oben dargelegt.
e. Mit dem Erscheinen eines (wahren) kommenden Papstes ist bereits das lebendige Lehramt, das lebendige Hirtenamt und das Priesteramt, ist die Jurisdiktionshierarchie der Kirche vollständig wiederhergestellt und der Defektzustand der hl. Kirche dadurch behoben.
III.
Und was folgt denn nun aus alledem?
Doch nichts anderes, als die Pflicht zur unverzüglichen Beendigung dieses Defektzustandes, die Pflicht zur unverzüglichen Wiederherstellung der Jurisdiktionshierarchie, die Pflicht zur unverzüglichen Wahl eines Nachfolgers Petri, wann immer der Stuhl Petri vakant ist: Gott lässt keinen Papst vom Himmel zu regnen. Christi Ankündigung des Fortbestandes der Kirche bis zum Weltende schließt ein das strikte Gebot zur Erhaltung der Kirche, gerichtet an diejenigen, von deren Mitwirkung der Fortbestand der Kirche auch abhängt: Die Mitglieder der streitenden Kirche sind ihrerseits vor Gott zur Mitwirkung am Fortbestand der streitenden Kirche verpflichtet, indem sie bei Vakanz des päpstlichen Stuhles einen Papst zu wählen haben und indem der Gewählte, falls er nicht entschuldigt ist, vor Gott verpflichtet ist, das Amt anzunehmen und auszuüben. - Kann man sich denn einer solchen Binsenweisheit verschließen, ohne sich dem Verdacht der Ignoranz, der Gleichgültigkeit, der Säumigkeit, der Pflichtvergessenheit, der fehlenden Caritas der hl. Kirche gegenüber auszusetzen? „Diese plünderten ihn aus, schlugen ihn wund, gingen hinweg und ließen ihn halbtot liegen. Da traf es sich, dass ein Priester den Weg hinab zog; er sah ihn und ging vorüber. Desgleichen kam ein Levit vorbei, sah ihn und ging weiter “ (Lukas 10, 30 - 32).
Das Thema der bisher vergessenen Wiederherstellung der hl. Kirche ist eine ganz und gar unappetitliche Angelegenheit: Wie soll man denn das Verhalten derjenigen Priester beurteilen, die in ihren Gemeinden, den Zusammenkunftsorten von Sedisvakantisten oder Traditionalisten, Sakramente spenden und über Gott und die Welt predigen, so als hätte es einen Krieg gegen die Kirche und deren Niederstampfen in den Dreck nie gegeben, so als lebten wir im tiefsten Frieden und als wäre der Kirche keinerlei Unheil widerfahren. „Man hängt ja an des Priesters Lippen; aus seinem Mund sucht man Belehrung, Unterweisung. Bote ist er des Herrn der Heerscharen.“ (Malachias 2, 7)? - Das Haus des Herrn brennt lichterloh, sie aber sind statt dessen um den Zustand der auf dem Kirchhof stehenden Blumenbeete besorgt. Es erscheint mir als ein ungeheuerliches Vorgehen, das eine zu tun und das andere zu unterlassen: Als Priester zwar feierlich das Messopfer ohne das „…una cum…“ zu zelebrieren, herumzureisen und in eigenen kleinen Messzentren und Gemeinden akribisch und emsig das Tagesgeschäft der Seelsorge zu verrichten, sich andererseits jedoch um die Wiederherstellung der Kirche nicht zu kümmern. Kann man denn so mit Blindheit geschlagen sein?
Diejenigen Priester, die Handlungen vornehmen, die den Amtsträgern der katholischen Kirche vorbehalten sind, ohne sich dabei als uneigennützige Nothelfer für die alsbaldige Restauration der Kirche einzusetzen, ohne in Wort und Tat auf die Einheit unter dem wiederherzustellenden Lehr- und Hirten- und Priesteramt der Kirche hinzuarbeiten, sie sind in Gefahr, die Gläubigen Stück für Stück von der Kirche weg- und hin in eigene Gruppen und Grüppchen zu führen, die sich von der Kirche unterscheiden. Wir müssen inständig dafür beten, dass den Priestern, die tatsächlich Priester sind, weil sie die Priesterweihe nach dem Ritus der katholischen Kirche – und nicht nach dem ungültigen Ritus Pauls VI. und dessen „Konzilskirche“ - empfingen, und die sich von den Vorstehern und Heerführern der Apostasie fernhalten, die Einsicht erwächst, dass dieses Haus nicht ihr Haus, sondern das Haus des HERRN ist, und dass sie nicht Sachwalter in eigenen Angelegenheiten, sondern Gesandte und Boten sind - und dass in ihnen der Eifer für dieses Haus erwacht.
Ich zitiere dazu ein diese Situation einprägsam schilderndes Bild aus Anna Katharina Emmerich, „Visionen“, Pattloch-Verlag, 3. Aufl. (1972). Dort heißt es ab S. 104: „Umfassend sind die Gesichte, welche Anna Katharina in der Festoktave von Weihnachten 1819 dem Pilger erzählte: „Ich sah“, berichtete sie, „die Peterskirche und eine ungeheure Menge Menschen, welche beschäftigt waren, sie niederzureißen; aber auch andere, welche wieder an ihr herstellten. Es zogen sich Linien von handlangenden Arbeitern durch die ganze Welt, und ich wunderte mich über den Zusammenhang. Die Abbrechenden rissen ganze Stücke hinweg, und es waren besonders viele Sektierer und Abtrünnige dabei… Andere sah ich träge ihr Brevier beten und dazwischen ein Steinchen als große Rarität unter dem Mantel herbei tragen oder anderen reichen. Sie schienen alle kein Vertrauen, keine Lust, keine Anweisung zu haben oder gar nicht zu wissen, um was es sich handle. Es war ein Jammer. Schon war der ganze Vorderteil der Kirche herunter, und nur das Allerheiligste stand noch… Da erblickte ich aber eine majestätische Frau über den großen Platz vor der Kirche wandeln. Ihren weiten Mantel hatte sie mit beiden Armen gefaßt und schwebte leise in die Höhe. Sie stand auf der Kuppel und breitete weit über den ganzen Raum der Kirche ihren Mantel, der wie von Gold strahlte. Die Abbrechenden hatten eben ein wenig Ruhe gegeben. Nun wollten sie wieder heran, konnten aber auf keine Weise sich dem Mantelsaume nähern. Aber von der anderen Seite entstand eine ungeheure Tätigkeit der Aufbauenden. Es kamen ganz alte, krüppelige, vergessene Männer und viele kräftige, junge Leute, Weiber und Kinder, Geistliche und Weltliche, und der Bau war bald wieder ganz hergestellt. Nun sah ich einen neuen Papst mit einer Prozession kommen. Er war jünger und viel strenger als der vorige. Man empfing ihn mit großer Feierlichkeit. Es war, als solle er die Kirche einweihen, aber ich hörte eine Stimme, es brauche keine neue Weihe, das Allerheiligste sei stehen geblieben.“
An dieser Stelle ist allerdings folgender Hinweis nötig: Über die Würde des Priestertums ist in Catharina von Siena, „Gespräche von Gottes Vorsehung“, Einsiedeln 1964, S, 141 ff, Teilabdruck veröffentlicht in „Einsicht“ 2/2015, S. 14, ff., folgendes ausgeführt: „Sie sind Meine Gesalbten, und Ich nenne sie Meine Christusse, denn Ich selbst habe Mich ihnen zur Ausspendung an euch übergeben, und sie als duftende Blumen in den mystischen Leib der heiligen Kirche gesetzt.... Meine Vorsehung und göttliche Liebe hat sie euch als Ausspender zugeteilt... Jedes Zeichen der Ehrfurcht, das man ihnen erweist, gilt nicht ihnen, sondern Mir, kraft des Blutes, das Ich ihnen auszuspenden gab, des ruhmreichen Blutes, das eins ist mit Mir durch die Einigung der göttlichen mit der menschlichen Natur. Und wie die ihnen bezeugte Ehrfurcht Mir gilt, so auch die Ehrfurchtslosigkeit; denn ihr sollt ihnen Ehrfurcht nicht um ihretwillen entgegenbringen, sondern um der Vollmacht willen, die Ich ihnen gab… Mich trifft der Schimpf, wie Mir die Ehrfurcht galt… Mir steht es zu, sie zu strafen, nicht den Menschen.“ - Es ist also nicht Sache der Laien, die Gesalbten des Herrn, Seine Diener, Kleriker wegen etwaiger persönlicher Verfehlungen zurechtzuweisen; aber um der Kirche willen können diese Ausführungen nicht unterbleiben: Es geht hier nicht um eine Zurechtweisung von Klerikern, sondern um Einsicht in die Lage der Kirche.
Die, die gegenwärtig wie Amtsträger der Kirche handeln, sind gut beraten, wenn sie Einkehr halten und danach umsichtig über den Tag hinaus vorsorgen: Die aus der Not geborene Rechtmäßigkeit solchen Handelns gemäß Kanon 209 CIC hält sich in sehr engen Grenzen: Alle, die derzeit Tätigkeiten verrichten, die den Amtsträgern der hl. Kirche vorbehalten sind, handeln nur dann rechtmäßig als Nothelfer der Kirche, wenn sie ausdrücklich in der Absicht agieren, die Notlage der Kirche, deren Ämterlosigkeit nach Kräften bald möglichst zu beenden. Einzig und allein in Verbindung mit ihrem gleichzeitigem aufrichtigem Streben, verbunden mit dem ohne Unterlass stets wiederholten deutlichen öffentlichen Bekenntnis – „...cetera censeo ecclesiam esse restaurandum!“ („...und im übrigen setze ich mich unbedingt dafür ein, dass die Kirche wieder hergestellt werden muss!“) -, dass sie das alles stets tun im Bewusstsein der und in dem stetigen Willen zur notwendigen alsbaldigen Restauration (der Hierarchie) der hl. Kirche, erhält ihr Handeln seine Rechtfertigung. Keinesfalls rechtfertigt es, keinesfalls reicht es aus, solche Handlungen, die den Amtsträgern der katholischen Kirche vorbehalten sind, vorzunehmen, dabei aber die notwendige sofortige Restauration der hl. Kirche zu negieren, zu ignorieren oder auch nur zu verschweigen.
Die Kirche ist zwar ernsthaft und schwerwiegend beschädigt worden, aber sie ist nicht zerstört, nicht beseitigt und schon gar nicht auf den „Kehrichthaufen der Geschichte“ geworfen worden. Die ganze auf das Feinste ersonnene Planung, all die Koordination, all die Umsicht, all die Schläue und all die Bosheit Satans und seines Anhangs waren und sind ein geradezu perverses, ein irrsinniges, ein tollwütiges, ein in sich totkrankes Unterfangen, weil von Anfang an ganz und gar vergebens angestrengt: Die Majestät, die Ehre Gottes dadurch anzugreifen, dass man Sion, den Diener Gottes, den Gottesknecht, den David, Seinen Diener, die hl. Kirche hinwegzurücken, zu zerstören sucht. Also etwas zerstören zu wollen, was Gott seinem Willen nach für unzerstörbar erklärt hat: den Augapfel Gottes ungestraft ausstechen zu wollen. Die Rechte der während ihres beschädigten Zustandes fortexistierenden hl. Kirche können zu keiner Zeit ungestraft verletzt werden. Sie werden nach ihrer Wiederherstellung um so entschiedener und vor allem auch nachträglich eingefordert werden. Nichts wird mit falschen Argumenten und um eines falschen Friedens willen der Verjährung oder den entschuldigenden Umständen zugeschrieben.
Und das Streben der Laien nach dem Empfang gültiger Sakramente ist berechtigt; aber es verkommt zu bloßem Eigennutz, wenn sie sich darüber hinaus nicht um das Wohlergehen der hl. Kirche kümmern. Wer bloß nach dem Empfang ‚gültiger’ Sakramente strebt, ungeachtet, ob deren Spender der hl. Kirche angehören (wollen) oder ob sie gegen die Kirche stehen, indem sie der modernen Konzilskirche angehören oder ihrem Dunstkreis zuzurechnen sind oder indem sie teilnahmslos die Lage der Kirche ignorieren, missachtet die Rechte der Kirche, weil er nicht zu unterscheiden weiß zwischen der wahren Kirche und deren Peinigern, die, wenn sie gültige Sakramente spenden, dies unerlaubt, nämlich verbotenerweise tun und genau dafür einst zur Rechenschaft gezogen werden, weil sie, die sie doch durch die Kirche ihren Anteil an der priesterlichen Gewalt empfangen haben, sich unterfangen haben, Sakramentalien und Sakramente, ja selbst Leib und Blut des Herrn aus SEINER Kirche heraus zu tragen.
IV.
Was kann denn als Entschuldigung für diese jahrzehntelange Säumnis gelten?
1. Sind etwa gemeinsame Überlegungen müßig, ob und wie das Petrus-Amt unter den gegenwärtigen Umständen wieder besetzt werden kann und muss, weil der Klerus der Rest-Kirche nicht existiert, sondern nur einzelne Kleriker und weil deshalb die Kleriker der Rest-Kirche untereinander nicht in Verbindung stehen? - „Bestrebt euch, die Einheit des Geistes zu wahren durch das Band des Friedens. Ein Leib und ein Geist, wie ihr berufen seid zu einer Hoffnung eurer Berufung. Ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, ein Gott und Vater aller, der da ist über allen und durch alle und in allen.“ (Eph. 4, 3–6) – Und die Worte: „Schart euch zusammen! Ja, schart euch zusammen, du Volk, das man nimmermehr lieben kann!“ (Sophonias 2, 1) gelten nicht minder, sondern zu allererst dem Priesterstand. An diesen hat nämlich der hl. Papst Pius X. in dem Apostolischen Rundschreiben „Haerent animo“ vom 4.8.1908 die mahnenden Worte gerichtet:
„Mögen sich alle durch die christliche Liebe auszeichnen, die nie von Eigennutz geleitet wird. Fern sei der nach Menschenart auftretende Stachel des Neides und der Zwietracht, fern sei selbstsüchtiger Ehrgeiz, damit all euer eifriges Streben in brüderlichem Wetteifer einmütig der größeren Ehre Gottes diene! Eine große, ganz elende Menge Leidender, Blinder, Lahmer und Abgezehrter wartet auf eure barmherzigen Wohltaten. Sie wartet ganz dringend, rings umgeben von falschen Vorspiegelungen und Verführungen, in dichten Scharen die Jugend, die so teure Hoffnung sowohl des bürgerlichen Lebens als auch der Gottesverehrung… Ein weiteres Mittel, das zu empfehlen Uns am Herzen liegt, ist der enge Zusammenschluss der Priester untereinander, wie sie sich für Amtsbrüder geziemt... Es empfiehlt sich wahrlich dieser Zusammenschluss zum Zwecke gegenseitiger Hilfeleistung in Nöten, zum Schutze der Ehre und zur Abwehr der feindlichen Angriffe und ähnlichen Lagen. Die größte Bedeutung aber kommt diesem Zusammenschluss zum Zwecke der Förderung der theologischen Bildung und noch dringlicher zur Stärkung der Standhaftigkeit im Priesterberuf und in der Sorge um die Ausbreitung des Seelenheils in gemeinsamer Verständigung und mit vereinten Kräften zu. Die Geschichte der Kirche bezeugt, welch ein großer Segen aus solchen Zusammenschlüssen in den Zeiten hervorgegangen ist, in denen die Priester sich da und dort zu einem gemeinsamen Leben zusammentaten. Sollte sich dies in unseren Tagen in den Formen, die den Zeitumständen und Aufgaben entsprechen, nicht erneuern lassen? Dürfen wir nicht zur Freude der Kirche den früheren Segen mit Recht von ihm (einem solchen Zusammenschluss der Priester) erhoffen?“
Wenn nämlich der hl. Papst Pius X. in dem gerade zitierten Apostolischen Rundschreiben „Haerent animo“ die Priesterschaft während der damals bestehenden kirchlichen Hierarchie zum Zusammenschluss der Priester untereinander mahnte, um wie viel mehr gilt das während des jetzigen Zustandes der Hierarchielosigkeit der heiligen Kirche?
Und schaut man genauer hin, so hat ein jeder dieser Priester stille Verbindungen zu anderen Priestern: Ein Priester kennt wenigstens einen anderen, und wenn er ihn auch nur des Sakramentes der Buße wegen aufsucht. Es ist nicht so, dass keinerlei Kontakte unter den rechtgläubigen Priestern bestünden – aber sie nutzen sie scheinbar nicht, um sich des Wohles der ihnen anvertrauten Kirche wegen zu unterrichten, zu disputieren, zu konferieren. Wären sie rührige Diener der Kirche, würden sie etwaige gegenseitige Vorbehalte um des größeren Zieles der Wiederherstellung der Kirche wegen hintanstellen. Sie hätten sie es nicht nur versucht, sondern sie hätten es immer und immer wieder versucht, sie hätten geforscht, nachgeschlagen, gegraben, gesucht, um Erleuchtung gefleht. Die Priester hätten sich untereinander beraten, disputiert, die Zwischenergebnisse, selbst die Sackgassen erörtert, zusammengefasst und veröffentlicht; sie hätten bei Tag und bei Nacht keiner anderen Sorge als der Wiederherstellung der Kirche durch Wiederherstellung deren Hierarchie nachgejagt: „Trifft ein Unheil eine Stadt, ohne dass der Herr es getan? Nein, der allmächtige Herr tut nichts, ohne dass seinen Plan seinen Knechten er offenbart: den Propheten.“ (Amos 3, 6 f.)
Sie hingegen scheinen einen Mantel des Stillschweigens über jenes Thema der notwendigen Wiederherstellung der Hierarchie der hl. Kirche gedeckt zu haben. Man muss es leider so deutlich und leider als deutlichen Vorwurf aussprechen: Selbst die Priester, die sich bemühen, katholisch zu bleiben, vernachlässigen in ganz besonderem Maße die hl. Kirche. Verschlafener kann man sich kaum anstellen. Wer von diesen bedenkt denn noch, dass die Hierarchie der hl. Kirche abhanden gekommen ist und dass sie unbedingt wieder hergestellt werden muss? Und wer von ihnen verkündet diese Notwendigkeit denn öffentlich? Sie scheinen alle so zu tun, als übten sie das von ihnen beanspruchte Amt kraft unmittelbarer Einsetzung durch Gott in dieser Stadt oder an jenem Ort aus – ohne dass es überhaupt einer ordentlichen Sendung durch die Kirche bedürfe; sie scheinen das lebendige Hirtenamt und das Lehramt der hl. Kirche nicht einmal sonderlich zu vermissen.
Sie haben sozusagen informell ein Denk- und Redeverbot aus theologischen Gründen, aus Gründen der theoligical correctness über jenes Thema der Wiederherstellung der hl. Kirche ausgesprochen, obwohl sie dazu nun wirklich keinerlei Amtsbefugnisse – und schon gar nicht über die aus Kanon 209 CIC hergeleitete supplierte Jurisdiktionsgewalt der Kirche – besaßen und besitzen. Sie wiesen und weisen die Gläubigen, denen sie sich vorangesetzt haben, wenn überhaupt, dann nur nebulös auf die Tatsache hin, dass die Hierarchie der Kirche zusammengebrochen ist. Über die Möglichkeit, die Notwendigkeit oder gar Bemühungen und den Weg zur Wiederherstellung der Kirche schweigen sie sich gänzlich aus und wollen lieber alles „Gott anheim stellen“: Genau dort, wo es am notwendigsten ist, lassen sie den Gottesdienst aus. Sie verhalten sich so artgerecht wie Fische, denen man das Schwimmen beibringen muss, wie Jagdhunde, die zum Jagen getragen werden wollen, wie junge Löwen, die man zum Brüllen und zum Raufen anleiten muss!
2. Kann man sich etwa auf die Unmöglichkeit einer Papstwahl wegen fehlender Kardinäle berufen?
Es trifft zwar zu: Kardinäle befinden sich unter den Sedisvakantisten, unter denen, die am alten Glauben – und deswegen an der hl. Kirche – festhalten wollen, nicht. Und das Ge- und Verbot zugleich: “Die Wahl des Papstes ist einzig und allein Sache der Kardinäle.” (Ziffer 32 der von Papst Pius XII. erlassenen Konstitution „Vacantis Apostolicae Sedis“ vom 8.12.1945) enthält selbstverständlich das Verbot der Wahl eines Papstes durch anderen Personengruppen als durch die Kardinäle i.S.d. Kirchenrechts (Kanones 230 ff. CIC).
Aber: Motiv und Zweck des Gesetzgebers, Papst Pius XII., war es nicht, die Besetzung des vakanten Stuhles Petri beim Fehlen von Kardinälen zu vereiteln, sondern, ein geordnetes Wahlverfahren einschließlich der Vorherbestimmung der wählenden Personen bereitzustellen, damit im Vakanzfall die Wahl nicht durch sich sonst aufdrängende Vor- und mögliche Zweifels- und Streitfragen, wer denn zur Wahl des kommenden Papstes berechtigt sein solle und wer nicht, verzögert oder gar vereitelt werde. Dies kann deshalb mit aller Entschiedenheit so behauptet werden, weil die Einsetzung der Kirche als für alle Menschen bestimmte Heilsinstitution und ihre Verfassung und ihre Wesensbestimmung – einschließlich des bis zum Weltende fortdauernden Petrus-Amtes - nicht menschliche Satzung, sondern göttliches Recht ist: All das ist daher unter keinen Umständen durch kirchliches Recht abänderbar. Der kirchliche Gesetzgeber, der jeweils regierende Papst als Vikar Christi kann das Verfahren der Wahl eines Papstes für die Zukunft regeln. Er kann aber die im Sedisvakanzfalle notwendige Wahl eines Papstes beim Nichtvorhandensein von Kardinälen niemals endgültig vereiteln, weil er dadurch gegen göttliches Gebot verstoßen würde, wonach die Mitglieder der streitenden Kirche bei Vakanz des päpstlichen Stuhles unbedingt verpflichtet sind, letzteren per Wahl wieder zu besetzen. Ein solcher Verstoß des Amtsträgers Petrus gegen göttliches Recht bei Erlass der Konklaveordnung ist aber nach göttlicher Verheißung gerade nicht möglich: „Alles was du auf Erden binden wirst, wird auch im Himmel gebunden sein“.
Die geltende Konklaveordnung Papst Pius XII. setzt also stillschweigend das Vorhandensein von Kardinälen voraus. Sie berücksichtigt nicht das Unvorstellbare, dass Kardinalsämter und überhaupt Ämter innerhalb der Gemeinschaft der Gläubigen nicht (mehr) besetzt sind – und regelt also diese nicht vorausbedachte Situation gerade nicht. Damit beansprucht das geltende Kirchenrecht – was die Forderung angeht, dass nur Kardinäle die Wählenden sein dürfen – keine Geltung für die derzeit gegebene Sachlage, in der Kardinäle fehlen. Ein unter der unausgesprochenen, da als selbstverständlich gegeben erachteten Voraussetzung des Vorhandenseins von Kardinälen geltendes Gesetz gilt insoweit nicht, wie dessen Voraussetzung – das Vorhandensein von Kardinälen – nicht gegeben ist. Es liegt insoweit ein regelungsbedürftiger Sachverhalt vor, der im geltenden Kirchenrecht nicht geregelt ist: Es liegt also eine sog. Gesetzeslücke vor.
Im Kirchenrecht ist jedoch die Behandlung einer regelungsbedürftigen kirchlichen Rechtsangelegenheit bei Vorliegen einer Gesetzeslücke geregelt, nämlich in Kanon 20 CIC: „Man kann in einer solchen Lage sich auch an die allgemeinen Rechtsgrundsätze halten, muss aber auch die kanonische Billigkeit beachten.“
Das bedeutet: Göttliches Gebot ist, dass die Wahl eines Papstes zu erfolgen habe, wann immer der Stuhl Petri vakant ist. Es fehlen aber die zur Papstwahl notwendigen Kardinäle, die Wahlmänner. Also müssen in Ausfüllung dieser Gesetzeslücke andere Personen ersatzweise für die nicht vorhandenen (von einem wahren Papst ernannten) und nicht zu beschaffenden Kardinäle die Wahl eines Papstes vornehmen, um Sinn und Zweck des göttlichen Gebots der unverzüglichen Wahl eines Papste im Sedisvakanzfall zu erfüllen und um so schweren Schaden von der Kirche abzuwenden, der sonst der nun hierarchielosen Kirche durch das Zuwarten bis ins Nimmermehr entstünde.
Und hier gilt genauso die Bestimmung des Kanon 209 CIC, auf die sich die Priester im übrigen betreffend ihre Seelsorgetätigkeit zur Recht berufen:
Die Kirche ersetzt die (fehlende ordentliche) Amtsgewalt gemäß Kanon 209 CIC in den Fällen, in denen einerseits unzweifelhaft keine (ordentliche) Amtsgewalt erteilt worden ist, andererseits aber triftige Gründe für die Annahme vorliegen, dass die Kirche insoweit Amtsgewalt verschafft hätte oder verschaffen würde, wenn sie nur die Möglichkeit im Voraus bedacht hätte, dass ein derartiger unvorhergesehener Sachverhalt einmal zur Regelung anstehen werde und hierzu Akte kirchlicher Amtsgewalt nötig sein werden:
Diese Ausführungen auf die derzeit gegebene Sachlage der abhanden gekommenen Jurisdiktionshierarchie der Kirche angewendet, bedeutet, dass wegen des Gemeinwohls der Kirche die Konklaveteilnehmer befugt, nämlich mit von der Kirche „supplierter“ Amtsvollmacht, mit von der Kirche ergänzter Not-Jurisdiktion ausgerüstet sind, um jene Handlungen der Wiederherstellung der Hierarchie der Kirche vornehmen zu dürfen: Der „Zweifel“ i.S.d. Kanon 209 CIC ist deshalb positiv, ist deshalb eine wohl begründete Annahme, weil sich für das Vorhandensein einer Berechtigung zu derartigen Akten aus von der Kirche ergänzter Jurisdiktionsgewalt in unserer außergewöhnlichen Situation gewichtige, nämlich genau genommen zwingende Gründe aus dem Gemeinwohl der Kirche und ihrer Mitglieder herleiten lassen: - Zweifelsfrei ist die Kirche notwendig, - zweifelsfrei muss die Kirche daher wiederhergestellt werden, - zweifelsfrei muss dazu die Hierarchie der Kirche wiederhergestellt werden, - zweifelsfrei muss daher ein Papst gewählt werden. - Zweifelsfrei müssen daher die Konklaveteilnehmer kirchenrechtlich berechtigt und befugt handeln.
Alle übrigen Bestimmungen des Kirchenrechts, die auch in der jetzigen Lage der Kirche erfüllbar sind, sind selbstverständlich im Rahmen des Papstwahlverfahrens zu beachten:
- „Bezüglich ihrer (Anmerkung des Verf.: der Kardinäle) Eigenschaften wird bestimmt, dass sie wenigstens die Priesterweihe haben...“ (Kanon 232 § 1 S. 2 CIC) - Das bedeutet: Die Wiedererrichtung der kirchlichen Jurisdiktionshierarchie durch den Akt der Papstwahl ist daher allein die Aufgabe der nachrangig und ersatzweise hierfür berufenen Angehörigen der Weihehierarchie, der Priester also, die die gegenwärtige Vakanz des Stuhles Petri bezeugen: Allein sie sind zur Papstwahl berechtigt und berufen - und nicht Laien, denn Kanon 166 CIC bestimmt: „Wenn Laien unter Beeinträchtigung der kanonischen Freiheit sich irgendwie in eine kirchliche Wahl einmischen, dann ist sie ohne weiteres ungültig.“ Die Wiedererrichtung der Jurisdiktionshierarchie kann und muss daher allein durch die Angehörigen der Weihehierarchie vollzogen werden.
- „Die Kardinäle werden vom Papst aus der ganzen katholischen Welt frei ernannt.“ (Kanon 232 § 1 CIC): Also sind die „Not-Kardinäle“ „aus der ganzen katholischen Welt“ zu entnehmen. In entsprechender Anwendung der unmöglich einzuhaltenden Vorschrift betreffend des ausschließlichen Wahlrechts der Kardinäle müssen die für die Papstwahl bestimmten Wahlmänner – genau so wie das Kardinalskollegium - aus der Kirche des gesamten Erdkreises entnommen werden, weil diese an das Kardinalskollegium gerichtete Forderung der Konklaveordnung im übertragenen Sinn betreffend die Wahlmänner der Papstwahl eingehalten werden kann und daher in Anwendung der Lückenausfüllung gemäß Kanon 20 CIC eingehalten werden muss.
- Kanon 219 CIC bestimmt: „Mit Annahme der gültig vollzogenen Wahl erlangt der Papst kraft göttlichen Rechtes die höchste und volle Jurisdiktionsgewalt.“ Ebenso Kanon 109 S. 3 CIC: „Der Papst erhält die oberste Jurisdiktionsgewalt unmittelbar von Gott, sobald er die rechtmäßig vollzogene Wahl angenommen hat.“ - Das setzt voraus, dass die Wählenden zur Wahl berechtigt sind. Die Wahlmänner müssen – mit Ausnahme der fehlenden Sendung als Kardinäle durch einen gültigen Papst - aus dem geltenden Kirchenrecht heraus zur Papstwahl berechtigt sein. Weil den Not-Kardinälen die (ordentliche) kirchliche Sendung, die Sendung durch einen Papst, der sie zu Kardinälen berufen hätte, fehlt, müssen diese Not-Kardinäle als Wahlmänner der nächsten Papstwahl berufen, gesendet sein. Sie müssen auf andere Weise ihre Berechtigung zur Papstwahl erlangt haben. Sonst fehlte den Wählenden, obwohl Priester und insoweit als mögliche Not-Kardinäle zur Wahl tauglich, die erforderliche Not-Sendung, als Not-Kardinäle wirken zu dürfen.
Der Grund liegt in der Einheit der katholischen Kirche: Wäre eine solche Notsendung nicht erforderlich und schiene eine Papstwahl durch Wahlmänner ohne Notsendung gültig, also wirksam, könnte folgende Situation eintreten: Irgendwo auf der Welt haben zwei oder drei Priester die Eingebung, einen Papst der katholischen Kirche zu wählen und vollziehen diese Wahl. An einem anderen Ort haben drei oder vier andere rechtgläubige Priester dieselbe Eingebung – und wählen einen anderen Papst: Nun hätte die Kirche zwei Petrusse zur gleichen Zeit – in Wahrheit aber hat sie dann immer noch keinen, denn diese Wählenden konnten einen Papst nicht gültig, d. h. nicht wirksam wählen, weil ihnen ihrerseits dazu die Notsendung fehlte, denn sie haben das Erfordernis der Einheit der Kirche nicht beachtet und haben daher nicht den Papst der katholischen Kirche, sondern jeweils nur ihren Papst gewählt. Spätestens an diesem Punkt sind die bisherigen Papstwahlen unter den Sedisvakantisten gescheitert, soweit sie sonst das Kirchenrecht auch nur in seinen Grundzügen beachtet haben, z.B. nur Kleriker an einer derartigen Wahl teilgenommen haben.
- Diese kirchenrechtliche Befugnis, als Not-Kardinäle den nächsten Papst wählen zu dürfen, diese Notsendung, erhalten die Not-Kardinäle nur im Wege einer gültigen, d.h. rechtmäßigen kirchlichen Wahl: Sie müssen von anderen dazu ausgewählt werden. Diese „anderen“, die ihrerseits die Not-Kardinäle auswählen werden, üben als Nothelfer der hl. Kirche eine (sonst) dem Papst vorbehaltene Tätigkeit aus, man könnte sie insoweit als „Notpäpste“ bezeichnen: Sie bestimmen die Personen der Not-Kardinäle, während Kanon 232 § 1 CIC für die mit Hierarchie ausgerüstete Kirche bestimmt: „Die Kardinäle werden vom Papst aus der ganzen katholischen Welt frei ernannt.“
- Bereits diese (Aus-)Wahl der Not-Kardinäle für die kommende Papstwahl muss allein von Klerikern, muss allein von Priestern vorgenommen werden, denn die statt von einem Papst durch andere Personen vorgenommene Not-Wahl von Not-Kardinälen ist wahrhaftig eine kirchliche Wahl im Sinne der Bestimmung des Kanons 166 CIC: „Wenn Laien unter Beeinträchtigung der kanonischen Freiheit sich irgendwie in eine kirchliche Wahl einmischen, dann ist sie ohne weiteres ungültig.“ Also ist auch diese Wahl von Weiheträgern - und nicht von Laien – vorzunehmen.
- Der Vorgang der Auswahl der als Kardinäle kraft Notverordnung der Kirche gemäß Kanon 209 CIC bestimmten Wahlmänner ist ohne jeden Zweifel bereits Teil der Papstwahl, nämlich deren erster Akt: Deswegen halte ich dafür, dass an diejenigen, die insoweit als „Not-Päpste“ fungieren, indem sie die Kardinäle auswählen werden, dieselben Anforderungen zu stellen sind, wie an die persönlichen Eigenschaften der Kardinäle. Das bedeutet, dass alle die, die die Notkardinäle wählen werden, wenigstens Priester sein müssen, denn Kanon 232 § 1 S. 2 CIC bestimmt insoweit: „Bezüglich ihrer (Anmerkung des Verf.: der Kardinäle) Eigenschaften wird bestimmt, dass sie wenigstens die Priesterweihe haben...“
Das bedeutet aber umgekehrt, dass weder die Wahl der Notkardinäle, noch das Konklave selbst auf Bischöfe als Wählende beschränkt ist: Ist die Jurisdiktionshierarchie verloren gegangen, ist ein anderer Personenkreis ersatzweise nicht nur befugt und berechtigt, sondern er ist verpflichtet, die für den Fortbestand der Kirche notwendigen Handlungen ersatzweise vorzunehmen (Kanon 209 CIC). Dieses Ersatzverhältnis ist allerdings ebenfalls geordnet, nämlich stufenweise: Nach der Jurisdiktionshierarchie folgt nicht etwa der Laienstand, sondern es folgt unmittelbar danach die Weihehierarchie: Weil die Jurisdiktionshierarchie untergegangen ist, sind die Mitglieder der Weihehierarchie ersatzweise für die verloren gegangene Jurisdiktionshierarchie zum Handeln verpflichtet.
Die Mitglieder der Weihehierarchie setzen sich ab der Priesterweihe zusammen aus zwei Gruppen: aus den Priestern und den Weihbischöfen. Die Priesterweihe und die Bischofsweihe unterscheiden sich nur graduell, sie sind aber nicht Wesens verschieden. Die Bischofsweihe ist eine Priesterweihe höheren Grades. Zwischen diesen beiden Gruppen der Weihehierarchie besteht ohnehin nur eine Rangordnung im Bezug auf das Können, die priesterliche Gewalt, nicht aber im Bezug auf das Dürfen, im Bezug auf die kirchliche Sendung: Weil diese Weihbischöfe gerade nicht kirchliche Obere sind, nämlich kein Bischofsamt inne haben, wie etwa ein Ortsbischof gegenüber den ihm unterstellten Pfarrern, sind die Weihbischöfe genau wie die Priester bar jeder ordentlichen kirchlichen Sendung. Außer der höheren Weihestufe des Weihbischofs haben diese Bischöfe den Priestern also nichts voraus.
Die Wahl von Notkardinälen ist aber gerade keine Angelegenheit des Könnens, der priesterlichen Gewalt, sondern sie ist eine Angelegenheit des Dürfens, der kirchlichen Sendung also. Da nun beide Gruppen, die Weihbischöfe wie die Priester, über keine ordentliche kirchliche Sendung verfügen, sind alle Mitglieder der Weiherhierarchie aufgrund des fehlenden Vorrangs der Bischöfe vor den Priestern im Bezug auf eine ordentliche kirchliche Sendung unterschiedslos zum Handeln verpflichtet.
Und was folgt daraus? Die Priester können sich nicht herausreden, indem sie anklagend auf die sedisvakantistischen Weihbischöfe zeigen: die allein – und nicht sie, die Priester - wären doch für die Wiederherstellung der Hierarchie zuständig gewesen. Die Finte: „Haltet den Dieb!“ gilt eben gerade nicht als Entschuldigung! Es ist unzutreffend, die unbedingte Aufgabe der Wiederherstellung der Kirche nur den wenn überhaupt an etwa zwei Händen abzählbaren sedisvakantistischen Weihbischöfen zuweisen zu wollen. Vielmehr ist ein jeder Priester zu dem Nachweis berufen, dass er innerhalb – und nicht außerhalb – der Kirche steht.
Wodurch? Nur dadurch, dass die Priester vor aller Öffentlichkeit an der Wiederherstellung des Stuhles Petri mitwirken, beweisen sie, dass sie innerhalb der Kirche stehen. Sie als Angehörige der Weihehierarchie trifft die Verpflichtung zur Wiederherstellung der Hierarchie, und damit trifft sie die Verpflichtung, die Not-Kardinäle auszuwählen. Dieses gemeinschaftliche Hinwirken aller Mitglieder der Weihehierarchie birgt selbst die Vorstufe der Einheit der heiligen Kirche. Mit dem „accepto“ ist die Hierarchie der heiligen Kirche vollständig wiederhergestellt. Alle am Akt der Wiederherstellung mitwirkenden Mitglieder der Weiherhierarchie haben durch ihr Mitwirken den „Beweis“ erbracht, dass sie innerhalb der Kirche stehen.
Also werden möglichst alle unter den Sedisvakantisten wirkenden Priester des Erdkreises insoweit als „Not-Päpste“ fungieren, indem sie – abseits vom Getriebe Medien füllender Ereignisse - unter sich Not-Kardinäle erwählen werden, welche ihrerseits danach – und ebenfalls abgeschieden von der Öffentlichkeit der Medien - den nächsten Papst wählen werden. Dies alles ist keine Frage der „Demokratie“ in der Kirche, die es in der Kirche nicht gibt. Die heilige Kirche ist göttliche Stiftung und als solche hierarchisch – und nicht demokratisch – verfasst, sondern es ist eine Frage der infolge des Abfalls und damit des Zusammenbruchs der kirchlichen Hierarchie verlorenen Sichtbarkeit und Einheit der Kirche.
Die heilige Kirche erscheint nicht etwa sichtbar in ihrem Kloster- und Kirchengebäuden, sondern nur in ihren handelnden Personen: In ihren Vertretern, angefangen vom gerade erst getauften Säugling, bis hin zu den Angehörigen der höchsten Stufen der Hierarchie. Aber nur einer Person ist die Macht und die unbedingte Verpflichtung zugewiesen, die Einheit der heiligen Kirche zu wahren und, wo erforderlich, wieder herzustellen: dem David, dem Inhaber des Stuhles Petri - „Weide meine Lämmer, weide meine Schafe!“.
Ist die Hierarchie der hl. Kirche vorhanden, stehen nur solche Priester innerhalb der Kirche, die mit dem Nachfolger Petri in Gemeinschaft stehen, die sich ihm unterstellen. Und was folgt notwendig daraus? Ist die Hierarchie der hl. Kirche derzeit zerstört, können doch nur solche Priester innerhalb der Kirche stehen, die die Wiederherstellung der Hierarchie der hl. Kirche, die die Wiederbesetzung des Stuhles Petri ernsthaft erstreben. Die anderen, die diese Verhältnisse für „tolerabel“ halten, befinden sich in tragischem Irrtum: Das Areal, auf dem sie sich bewegen, gehört nicht zum Tempel, sondern es liegt außerhalb. „Der Vorhof des Tempels“ aber ist zu dieser Zeit längst „den Heiden überlassen“ (Offb. 11, 2).
Noch einmal: Die Verantwortung für die Wiederherstellung der heiligen Kirche liegt in den Händen aller der hl. Kirche zuzurechnenden Priester – und eben nicht etwa in den Händen der sedisvakantistischen Bischöfe.
- Man wird die Priester der hl. Kirche daran erkennen, dass sie sich, wenn sie nicht bereits einsame Rufer nach der Wiederherstellung der Kirche gewesen sind, an der Wiedererrichtung der kirchlichen Hierarchie im Wege der Papstwahl aktiv als die die Not-Kardinäle Wählenden beteiligen werden. Sie bekunden damit ihre Zugehörigkeit zur hl. Kirche auf doppelte Weise: Indem sie für die Wahl eines Papstes der hl. Kirche stehen, benennen sie öffentlich die „Päpste“ der Kirche des II. Vatikanums als die Heerführer der Apostasie und bezeugen so öffentlich die Apostasie der Konzilskirche und ihre Gegnerschaft gegenüber dieser apostatischen Gemeinschaft – und indem sie für die Wahl eines Papstes stehen, bekennen sie sich als innerhalb der hl. Kirche stehend, als ‚Nothelfer’ der hl. Kirche, als diejenigen, die nicht nur sehen – und vorüber gehen, sondern als die, die der hl. Kirche Barmherzigkeit erweisen. Und die nicht der heiligen Kirche zuzurechnenden Priester wird man daran erkennen, dass sie sich dem Vorhaben der Wiederherstellung der Kirche verweigern, entgegenstellen, Ausflüchte vorbringen und abseits stehen.
- Auch diese Wahlmänner, die die Not-Kardinäle wählen werden, handeln ebenso wie jene Priester unter den Sedisvakantisten, die Sakramente spenden, die heilige Messe feiern, predigen und segnen, und wie die Not-Kardinäle selbst, befugt und berechtigt, nämlich aus gemäß Kanon 209 CIC hergeleiteter supplierter Jurisdiktionsgewalt der Kirche: Nur auf diese Weise, dass von möglichst allen Priestern der Rest-Kirche die Not-Kardinäle gewählt werden, ist gewährleistet, dass die Not-Kardinäle „aus der ganzen katholischen Welt“ stammen (Kanon 232 § 1 CIC) – nur so ist die Einheit der Kirche gewahrt.
- Wegen der Einheit der Kirche darf es nur einen Wahlvorgang betreffend die Erwählung der Not-Kardinäle geben, mögen die einzelnen Wählenden auch an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten wählen: sie dürfen nur einmal ihr Wahlrecht ausüben.
- Und daraufhin darf nur eine Versammlung der Not-Kardinäle, darf nur ein Konklave stattfinden, um sicher zustellen, dass eine gültige Wahl vollzogen wird, nämlich nur eine Person – und nicht mehrere – zum nächsten Papst gewählt wird.
(Der Schluss dieser Ausarbeitung folgt)
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