Antwort auf die dritte Bitte: Erbarmen für die heilige Kirche – die Erneuerung der Hirten
von Catarina von Siena (aus: „Gespräche von Gottes Vorsehung“, Einsiedeln 1964, S. 141 ff.)
Von der Würde der Priester und des allerheiligsten Sakraments
110 - Nun will Ich dir beantworten, was du Mich über die Diener der heiligen Kirche gefragt hast, und als erstes dir ihre Würde schildern, zu der Ich sie in Meiner Güte erhob. Diese Würde übertrifft noch die Liebe, die Ich allgemein für Meine Geschöpfe hegte, in-dem Ich euch nach Meinem Bild und Gleichnis schuf und im Blute Meines eingeborenen Sohnes neu zur Gnade erschuf. Durch die Einigung, die Meine Gottheit mit der menschlichen Natur einging, gelangtet ihr zu solcher Vorzüglichkeit, daß ihr den Engel an Würde und Erhabenheit überragt, da Ich eure Natur annahm und nicht die des Engels. Somit wurde Gott Mensch und der Mensch wurde Gott, durch die Vereinigung Meiner göttlichen Natur mit eurer menschlichen.
Diese Würde ist allgemein jedem Geistwesen verliehen; unter diesen aber habe Ich Meine Diener auserwählt, damit euch durch sie das Blut des demütigen und unbefleckten Lammes, Meines eingeborenen Sohnes" gespendet werde. Ihnen übertrug Ich es, die Sonne zu verteilen, indem Ich ihnen das Licht der Wissenschaft, die Glut der göttlichen Liebe und die dieser Glut und diesem Licht gemeinsame Farbe verlieh, nämlich das Blut und den Leib Meines Sohnes. Dieser Leib ist eine Sonne, weil er eins ist mit Mir, der wahren Sonne. So sehr eins, daß Wir nicht voneinander geschieden noch getrennt wer-den können, so wenig sich bei der Sonne ihre Glut von ihrem Licht, noch das Licht von ihrer Farbe abtrennen läßt. Beide sind vollkommen eins.
Die Sonne spendet, ohne sich von ihrer Scheibe zu trennen und sich zu teilen, der gesamten Welt und jedem einzelnen, der von ihr erwärmt werden will, Licht und Wärme; kein Schmutz kann sie beflecken, und ihr Licht ist ganz eins. So ist auch dieses Wort, Mein Sohn, und Sein sanftes Blut eine Sonne, ganz Gott und ganz Mensch, da Er ein Einziges ist mit Mir und Ich mit Ihm. Meine Macht ist von Seiner Weisheit nicht zu trennen, und die Glut, das Feuer des Heiligen Geistes, ist weder von Mir, dem Vater, noch von Ihm, dem Sohn geschieden, denn der Heilige Geist ist ein Einziges mit Uns, da Er von Mir, dem Vater, und von Ihm, dem Sohn, ausgeht, und Wir eine einzige Sonne sind.
Der Leib Meines eingeborenen Sohnes ist eine Sonne. Er kann euch nicht gereicht wer-den ohne das Blut, das Blut nicht ohne die Seele dieses Wortes, und Seele und Leib nicht ohne Meine, des ewigen Gottes Gottheit, weil keins vom andern zu trennen ist. Denn die göttliche Natur löst sich nie von der menschlichen, weder durch den Tod noch durch sonst etwas. So wird euch in diesem süßen Sakrament in dem weißen Brot die ganze göttliche Wesenheit mitgeteilt. Und sowenig die Sonne sich teilen läßt, sowenig das Ganze von Gott und Mensch in der weißen Hostie. Doch gesetzt, die Hostie wird geteilt, und es wäre möglich, tausendmal tausend Stückchen daraus zu machen: in jedem Stück wäre doch der ganze Gott und der ganze Mensch enthalten, so wie in einem geteilten Spiegel immer das ganze Bild erscheint. Oder wie, um ein anderes Beispiel zu nehmen, das Feuer ungeteilt bleibt. Nimm an, du trügest ein brennendes Licht, und die ganze Welt träte herzu, sich daran zu entzünden: es würde nicht vermindert, und doch besäße jeder das Licht ganz. Zwar holt sich der eine mehr davon als der andere, je nach dem Brennstoff, den er mitbringt. Gesetzt, viele Leute trügen Kerzen herbei, dieser für eine Unze, jener für deren zwei oder sechs, der hier eine pfündige, der dort eine noch schwerere, und sie kämen zur Flamme, um ihre Kerzen anzuzünden: man sähe an jeder Kerze, den großen wie den kleinen, immer die ganze Flamme, was Glut, Farbe und Helligkeit betrifft. Trotz-dem wirst du behaupten, daß der weniger hat, der bloß eine Unzenkerze bringt als jener mit der Pfundkerze. So geht es auch denen, die das Sakrament empfangen: jeder bringt seine Kerze herzu, nämlich die heilige Sehnsucht, mit der er es empfängt. Aus sich selber ist seine Kerze lichtlos, aber durch den Empfang des Sakraments wird sie entzündet. Lichtlos, sage Ich, weil ihr aus euch selber nichts seid, obwohl es wahr ist, daß Ich euch den Stoff gegeben habe, womit ihr in euch dieses Licht nähren und erhalten könnt. Euer Stoff ist die Liebe, denn Ich schuf euch aus Liebe, und darum könnt ihr ohne Liebe nicht leben.
Dieses Sein, euch aus Liebe geschenkt, hat bei der heiligen Taufe in Kraft des Blutes des Wortes eine Bereitschaft erhalten, andernfalls könntet ihr an diesem Licht nicht teilhaben: ihr wärt eine Kerze ohne Docht, die weder brennen noch Licht empfangen kann. So auch ihr, wenn ihr den Docht, der das Licht des heiligsten Glaubens aufnimmt, nicht in euch empfangen und die in der heiligen Taufe erhaltene Gnade nicht mit dem Liebesstreben eurer Seele vereinigt hättet. Ich habe die Seele erschaffen und liebesfähig gemacht, und zwar so sehr, daß sie ohne Liebe nicht leben kann: die Liebe ist ihre Speise. So groß aber wird euer Anteil am Licht sein, das heißt an den Gnadengaben des Sakraments, als die Sehnsucht groß ist, mit der ihr euch bereitmacht, es zu empfangen. Wer sich mit einer Todsünde dem süßen Sakrament nahte, der empfinge keine Gnade, wenn er auch tatsächlich den ganzen Gott und Menschen aufgenommen hat.
Weißt du, wie es einer Seele ergeht, die das Sakrament unwürdig empfängt? Wie einer Kerze, die euch ins Wasser fiel und nur noch zischt, wenn man sie in die Nähe des Feuers bringt. Sobald das Feuer faßt, erlischt es schon wieder, und nichts bleibt als Rauch. So trägt diese Seele wohl ihre Kerze herbei, die sie in der heiligen Taufe empfangen hat, aber das Wasser der Schuld ergoß sich darauf und netzte den Docht der Taufgnade. Und weil die Seele ihn nicht am Feuer wahrer Reue getrocknet hat durch Bekenntnis ihrer Schuld, tritt sie zum Altar, um das Licht zwar äußerlich, nicht aber dem Geist nach zu empfangen. Sie hat sich nicht, wie es einem so großen Geheimnis ziemt, vorbereitet, so bleibt auch das wahre Licht nicht gnadenhaft in ihrem Innern, sondern läßt sie stehen und sie bleibt in noch größerer Verwirrung zurück, lichtlos in den Finsternissen und mit noch schwererer Schuld beladen. Sie gewinnt durch den Empfang nichts als heftig, Gewissensbisse, nicht weil das Licht versagt hätte, das in keiner Weise beeinträchtigt werden kann, sondern wegen des Wassers der Schuld, das sich in der Seele vorfand und ihr Liebesstreben hemmte, so daß sie kein Licht empfangen konnte.
Du siehst: die Flamme, in welcher Glut und Farbe und Licht geeint sind, läßt sich nicht teilen, weder infolge des geringen Verlangens der Seele beim Empfang des Sakraments, noch durch die Mängel, die sie vielleicht an sich hat, noch durch die des Spenders, wie schon anläßlich der Sonne erhellte, die auch den Schmutz bescheint, sich aber damit nicht befleckt. Ebenso wenig wird die süße Flamme im Sakrament durch irgend etwas befleckt, noch teilt und mindert sich ihr Licht, noch löst es sich aus seiner Bahn, selbst wenn die ganze Welt an Licht und Wärme dieser Sonne teilgewänne. Und so trennt sich auch das Wort, die Sonne, Mein eingeborener Sohn nicht von Mir, Sonne und ewigem Vater, obwohl Er im mystischen Leib der heiligen Kirche jedem ausgespendet wird, der Ihn empfangen will: als Ganzer bleibt Er euch, und als Ganzen habt ihr Ihn, Gott und Mensch, wie im Beispiel der Flamme: auch wenn die ganze Welt sich mit Licht versähe, alle haben es ganz, und es selbst bleibt ganz.
Wie alle leiblichen Sinne durch dieses Sakrament getauscht werden, nicht aber die geistigen
111 - 0 mein liebes Kind, öffne gut das Auge deines Geistes und blicke in den Abgrund Meiner Liebe. Es gibt kein Geistwesen, dessen Herz nicht zerfließen müßte beim Anblick der Wohltat, die ihr neben vielen anderen in diesem Sakrament von Mir erhalten habt. Mit welchen Augen, liebstes Kind, müßt ihr, du und die übrigen, dieses Geheimnis an-schauen, betrachten und berühren? Und nicht bloß mit dem leiblichen Getast und Gesicht, denn hier versagen alle körperlichen Sinne.
Du siehst, das Auge nimmt nichts weiter wahr als die Weiße des Brotes, die Hand berührt nichts und der Geschmack schmeckt nichts als Brot, also werden die groben leiblichen Sinne getäuscht: nicht aber das Gespür der Seele, sofern sie es nicht selber will und sich durch Untreue des Lichtes des heiligsten Glaubens beraubt.
Wer schmeckt, wer sieht und berührt dieses Sakrament? Die Sinne der Seele. Mit welchem Auge wird es gesehen? Mit dem Auge des Geistes, sofern der heiligste Glaube die Pupille dieses Auges ist. Es sieht in jener Weiße den ganzen Gott und den ganzen Menschen, die göttliche Natur mit der menschlichen vereint, Christi Leib, Seele und Blut; es sieht die Seele vereint mit dem Leib, Seele und Leib aber eins mit Meiner göttlichen Natur und niemals gelöst von ihr.
Wer darf es berühren? Die Hand der Liebe; mit ihr tastet man, was das Auge in diesem Sakrament gesehen und erkannt hat. Im Glauben berührt man es mit der Hand der Liebe, gleichsam um sich dessen zu vergewissern, was man im Glauben sah und geistigerweise erkannte. Wer schmeckt es? Der Geschmack des heiligen Verlangens. Der leibliche Geschmacksinn schmeckt das Brot, die Seele aber schmeckt Gott und Mensch. Also siehst du, daß die Sinne des Leibes getäuscht werden, nicht aber die der Seele.
Von der Seele, die das Sakrament im Gnadenstand empfängt
112 - Betrachte nun, liebes Kind, wie hoch die Seele erhoben wird, die dieses Lebensbrot, die Speise der Engel gebührend empfängt. Durch den Empfang bleibt sie in Mir und Ich in ihr; wie der Fisch im Meer weilt und das Meer im Fisch, so bin Ich in der Seele und die Seele in Mir, einem Meer des Friedens. In einer solchen Seele bleibt die Gnade. Ist die äußere Substanz des Brotes verzehrt, so belasse Ich in euch den Abdruck Meiner Gnade gleich einem Siegel im warmen Wachs. Entfernt man das Siegel, so bleibt dessen Prägung; ebenso bleibt in der Seele die Kraft des Sakraments, die Glut der göttlichen Liebe, die Süße des Heiligen Geistes; es bleibt das Weisheitslicht Meines eingeborenen Sohnes, der euer Geistesauge mit Seiner Weisheit erleuchtet hat, damit ihr die Lehre und Weisheit Meiner Wahrheit erkennt und versteht. Die Seele bleibt stark, weil sie teilhat an Meiner Stärke und Macht; denn Ich bin es, der sie kräftigt im Kampf gegen ihre sinnliche Leidenschaft, gegen Teufel und Welt.
Siehst du, wie sehr ihr verpflichtet und gehalten seid, Mir mit Liebe zu antworten, da Ich euch so sehr liebe, und weil Ich die höchste und ewige Liebe bin, würdig von euch geliebt zu werden?
Die Würde des Sakraments begründet die Würde des Priesters
113 - Liebstes Kind, das alles solltest du erfahren, um besser die Würde zu verstehen, zu der Ich Meine Diener erhoben habe, und dich noch tiefer über ihre Armseligkeit zu betrüben. Würden sie selber diese ihre Würde beachten, sie lägen nicht in der Finsternis der Todsünde und beschmutzten das Antlitz ihrer Seele. ja sie würden nicht bloß davon abstehen, Mich und ihre Würde zu beleidigen, sondern es schiene ihnen zu wenig, sogar ihren Leib zum Verbrennen hinzugeben, um einer solchen Gnade und Wohltat wie der erhaltenen zu entsprechen. Denn zu höherer Würde kann man auf Erden nicht gelangen.
Sie sind Meine Gesalbten, und Ich nenne sie Meine Christusse, denn Ich selbst habe Mich ihnen zur Ausspendung an euch übergeben, und sie als duftende Blumen in den mystischen Leib der heiligen Kirche gesetzt. Diese Würde besitzt kein Engel, Ich aber habe sie Menschen verliehen, denen, die Ich zu Meinen Dienern erwählte.
Von jeder Seele fordere Ich Reinheit und Liebe zu Mir und zum Nächsten und daß sie dem Mitmenschen nach Kräften helfe, ihm mit Gebeten beistehe in der gegenseitigen Liebe. Aber weit größere Reinheit und Liebe zu Mir und zum Nächsten verlange Ich von Meinen Dienern, die Leib und Blut Meines eingeborenen Sohnes in brennender Liebe und im Verlangen nach dem Heil der Seelen ausspenden sollen zu Ehre und Lob Meines Namens. Ich will, daß sie sich ihren Leib als Werkzeug der Seele in lauterster Reinheit bewahren. Ich verbiete, daß sie sich vom Schmutz der Unkeuschheit nähren und sich darin wälzen, noch daß sie sich blähen im Stolz und auf angesehene Stellungen erpicht sind, grausam wider sich selbst und den Nächsten. Denn in der Tat: aufgrund ihrer Schuld sind sie grausam wider sich selbst, sind es auch der Seele des Nächsten gegenüber, weil sie ihm das Beispiel des Lebens vorenthalten und sich nicht darum kümmern, die Seelen dem Teufel zu entreißen und ihnen Leib und Blut Meines eingeborenen Sohnes und darin auch Mich, wahres Licht, in den übrigen Sakramenten der heiligen Kirche auszuspenden.
Die Unverkäuflichkeit des Sakraments
114 - Ich will, daß sie freigebig seien und nicht geizig, das heißt Meine Gnade des Heiligen Geistes nicht aus Habsucht und Geiz verkaufen. Vielmehr, so wie sie diese von Meiner Güte in freigebiger Liebe empfangen haben, sollen auch sie sie freigebigen Herzens schenken, aus Liebe zu Meiner Ehre und zum Heil der Seelen, und zwar jedem, der sie demütig darum bittet. Und sie sollen sich für diese Gaben nicht bezahlen lassen, denn sie selber haben sie nicht käuflich erworben, sondern in Gnade von Mir erhalten, um sie an euch weiterzugeben; wohl aber dürfen und sollen sie Almosen empfangen. Dementsprechend hat der Untergebene, der empfängt, sich seinerseits zu verhalten: er soll von seinem Anteil als Almosen abtreten, sofern er kann, denn ihr müßt in den zeitlichen Dingen für sie aufkommen je nach ihrem Bedarf. Ihr sollt von ihnen aber mit Gnaden und geistlichen Gaben gespeist und ernährt werden, mit den heiligen Sakramenten, die Ich in der heiligen Kirche eingesetzt habe, damit sie euch diese zu eurem Heile spenden.
Und Ich mache euch darauf aufmerksam, daß sie euch unvergleichlich mehr vermitteln, als ihr ihnen gebt; denn zwischen endlichen und vergänglichen Dingen, mit denen ihr sie versorgt, und Mir, Gott, der Ich unendlich bin, läßt sich kein Vergleich anstellen. Meine Vorsehung und göttliche Liebe hat sie euch als Ausspender zugeteilt. Und dies gilt nicht allein betreffs dieses Geheimnisses, sondern für alle geistlichen Gnaden, für alle Gebete, die ihr, von wem auch immer, erhalten mögt - mit all euren zeitlichen Gütern kommt ihr dafür nicht auf, noch könntet ihr je dem entsprechen, was ihr geistig empfangt. Es gibt da keinen Vergleich.
Nun sage Ich dir, sie sollen das Auskommen, das sie von euch erhalten, auf drei Arten verwenden, das heißt drei Teile daraus machen: einen für ihren Lebensunterhalt, einen zweiten für die Armen und den letzten für die Bedürfnisse der Kirche. Anders sollen sie es nicht verwenden, sonst würden sie Mich beleidigen.
Von der Würde der Priester und wie ihr Versagen das Sakrament nicht beeinträchtigt
115 - Also handelten die sanften und glorreichen Diener. Betrachte den milden Gregor, Sylvester und die übrigen, die dem ersten Papst, Petrus, folgten, dem die Schlüssel des Himmelreiches von Meiner Wahrheit mit den Worten übergeben wurden: Petrus, dir gebe Ich die Schlüssel des Himmelreichs; was du auf Erden lösen wirst, wird im Himmel gelöst sein, und was du auf Erden binden wirst, wird im Himmel gebunden sein (Mt 16, 19).
Somit verwaltet der Christus auf Erden die Schlüssel des Blutes, wie Ich es dir in einem Bild kundgetan habe, als Ich dir zeigen wollte, wie große Ehrfurcht die Laien diesen Dienern schulden, ob sie nun gut sind oder böse, und wie sehr Mir die Ehrfurchtslosigkeit vor ihnen mißfällt. Ich zeigte dir den mystischen Leib der heiligen Kirche im Bilde eines Weinkellers, und darin befand sich das Blut Meines eingeborenen Sohnes; aus diesem Blut ziehen alle Sakramente ihre wirkende und lebensspendende Kraft. An der Türe des Kellers stand der «Christus auf Erden», ihm wurde aufgetragen, das Blut auszuteilen, und ihm stand es zu, Diener einzusetzen, damit sie helfen, das Blut dem ganzen, weltumfassenden Leib der Christenheit zuzuführen. Wer von ihm gutgeheißen und gesalbt ist, der ist zum Diener geworden, die andern aber nicht. Von ihm geht die ganze hierarchische Ordnung aus, und jeder ist in sein Amt eingesetzt, dies glorreiche Blut auszuspenden. Und da er sie zu seinen Helfern bestellt hat, ist es auch an ihm, ihre Fehler zu bessern; so will Ich, daß es sei. Deshalb sagt die Heilige Schrift: Rührt nicht an Meine Gesalbten (Ps. 104, 15). Darum kann niemand in tieferes Unheil geraten, als wer sich befugt glaubt, sie zu strafen.
Jeder Mangel an Ehrfurcht den Priestern gegenüber richtet sich gegen Gott
116 - Und wenn du Mich fragst, weshalb Ich dir die Schuld der Verfolger der heiligen Kirche als schwerer hinstellte denn jede sonst und warum Ich nicht will, daß man es bei ihren Dienern ihrer Mängel wegen an Ehrfurcht fehlen lasse, so lautet Meine Antwort: jedes Zeichen der Ehrfurcht, das man ihnen erweist, gilt nicht ihnen, sondern Mir, kraft des Blutes, das Ich ihnen auszuspenden gab, des ruhmreichen Blutes, das eins ist mit Mir durch die Einigung der göttlichen mit der menschlichen Natur. Und wie die ihnen bezeugte Ehrfurcht Mir gilt, so auch die Ehrfurchtslosigkeit; denn ihr solltet ihnen Ehrfurcht nicht um ihretwillen entgegenbringen, sondern um der Vollmacht willen, die Ich ihnen gab. Deshalb kann sich keiner mit den Worten entschuldigen: «Ich will die Kirche nicht beleidigen und empöre mich nicht wider sie, sondern bloß gegen die Fehler ihrer schlechten Hirten.»
Ein solcher Mensch lügt auf sein Haupt, und von der Eigenliebe verblendet merkt er es nicht! Oder vielmehr: er merkt es sehr wohl, stellt sich aber so, als merke er es nicht, um den Stachel des Gewissens zu betäuben. Er würde sonst einsehen, und tut es auch, daß er das Blut verfolgt und nicht jene. Mich trifft der Schimpf, wie Mir die Ehrfurcht galt. Und so trifft Mich jeder Schaden, jeder Hohn und jede Rohheit, Schande und Schmach, die man ihnen zufügt. Alles somit, was man ihnen antut, erachte Ich als Mir angetan. Und Ich sage und wiederhole, daß Ich nicht will, daß man an Meine Gesalbten rührt. Mir steht es zu, sie zu strafen, nicht den Menschen. Die Ungerechten aber zeigen damit nur ihren Mangel an Ehrfurcht dem Blute gegenüber und wie gering sie den Schatz achten, den Ich ihnen zum Heil und Leben ihrer Seelen gab.
Ein größeres Geschenk konntet ihr nicht empfangen, als daß Ich Mich selbst, ganz Gott und ganz Mensch, euch zur Speise gab. Weil sie Mir aber in Meinen Dienern keine Ehrfurcht erwiesen, darum ist ihnen bei deren Verfolgung und beim Anblick ihrer Sünden und Fehler die Ehrfurcht noch mehr geschwunden. Hätten sie Mir in ihnen wahre Ehrfurcht bezeugt, so wäre ihnen die Ehrfurcht auch nicht wegen ihres Versagens abhanden gekommen, denn die Kraft des Sakramentes wird ja durch kein Versagen gemindert, und so darf auch die Ehrfurcht nicht schwinden; tut sie das, dann beleidigt man Mich.
Deshalb wiegt diese Schuld in Meinen Augen schwerer als jede andere, und zwar aus mancherlei Gründen: die drei wichtigsten will Ich dir nennen. Der eine besteht darin, daß alles, was sie Meinen Dienern antun, Mir angetan ist. Der zweite, daß sie Mein Gebot mißachten, da Ich doch verboten habe, an jene zu rühren und dabei die Kraft des Blutes zu mißachten, die ihnen von der heiligen Taufe her zufließt.
Der dritte Grund ist, daß diese Sünde aus Bosheit und mit Absicht begangen wird; sie wissen genau, daß sie es mit gutem Gewissen nicht tun dürfen und daß sie sündigen, falls sie es tun. Es ist Sünde aus perversem Hochmut, ohne leiblichen Genuß, ja Seele und Leib verbrauchen sich dabei. Die Seele verzehrt sich, weil sie der Gnade beraubt ist; oftmals nagt auch der Wurm des Gewissens an solchen Leuten; das irdische Gut geht im Dienst des Teufels dahin, und ihre Leiber verderben dabei wie Tiere.
Also ist diese Sünde unmittelbar gegen Mich gerichtet und geschieht ohne den Vorwand eigenen Nutzens oder irgendwelcher Annehmlichkeit, sondern böswillig und im Dunst der Hoffart. Diese Hoffart entsprang der sinnlichen Eigensucht und jener verkehrten Furcht des Pilatus, der aus Angst, die Herrschaft zu verlieren, Christus, Meinen eingeborenen Sohn, umbringen ließ.
Alle übrigen Sünden geschehen entweder aus Dummheit, Unkenntnis oder Bosheit, das heißt, der Mensch ist sich des Bösen bewußt, das er tut, sündigt aber um der ungeordneten Lust und um des Vergnügens willen, das er dabei findet, oder aus irgendeinem Nützlichkeitsgrund. Diese Sünde aber zielt ausdrücklich und unmittelbar auf Mich.
Da Ich Meine Diener unter Meinen Geschöpfen erwählt habe, sind sie Meine Gesalbten, Ausspender des Leibes und Blutes Meines eingeborenen Sohnes, eures menschlichen Fleisches vereint mit Meiner göttlichen Natur, und daher stehen sie bei der Darbringung des heiligen Opfers für die Person Christi Meines Sohnes. Siehst du, wie die Beleidigung dem Wort angetan wird, und weil Ihm, so auch Mir, da Wir eins sind?
Doch Ich finde kaum jemanden, der sich über derartige Verfolgung des glorreichen und kostbaren Blutes betrübt, wohl aber solche, die Mich mit den Pfeilen ihrer ungeordneten Selbstsucht und knechtischen Furcht, der Sorge um ihr Ansehen bewerfen und wie Verblendete sich es zur Ehre anrechnen, was ihnen zur Schande gereicht, zur Schande aber, was ihnen zur Ehre gereicht, nämlich sich vor ihren Vorgesetzten zu demütigen. Diese Fehler sind der Grund, warum sie sich erhoben haben und weiterhin erheben, um das Blut zu verfolgen.
117 - Ihre Schuld beraubt sie hienieden der Gnade, weil sie die Frucht des Blutes verlieren, und drüben werden sie, sofern sie sich nicht durch heilige Beichte und Herzensreue bessern, zur ewigen Verdammnis gelangen.
O liebes Kind, unendlich sei dein Schmerz über soviel Blindheit und Elend bei denen, die wie du im Blut gewaschen und an der Brust der heiligen Kirche damit ernährt und aufgezogen wurden. Sie haben sich wie Empörer aus Furcht und unter dem Vorwand, die Fehler Meiner Diener zu strafen, von dieser Brust losgerissen.
Entsetzen soll dich und Meine übrigen Knechte erfüllen, wenn von diesem Jammer die Rede ist. Das Schlimmste aber ist, daß solche mit dem Mantel der Fehler Meiner Diener ihre eigene Schuld zu umhüllen und zu verdecken suchen; sie denken nicht daran, daß kein Mantel sie vor Meinem Auge verbirgt, so daß Ich sie nicht sähe. Vor dem Blick der Mitmenschen können sie sich zwar verbergen, nicht aber vor Mir, denn vor Mir ist nicht bloß alles Gegenwärtige unverborgen, sondern überhaupt jegliches offenbar. Ich liebte und kannte euch ja, ehe ihr wart.
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