Bartholomäus Holzhauser - prophetischer Mystiker, Asket, vorbildlicher Seelsorger zum 400. Geburtstag am 24. August 2013
von Magdalena S. Gmehling
Sie nennen ihn alle, die Lexika der Prophezeiungen, die bayerischen Werke der Kirchengeschichte, die Verzeichnisse der Heiligen, Seligen und Ehrwürdigen. Bartholomäus Holzhauser, der sensitive, hochbegabte und tieffromme Schustersohn aus dem schwäbischen Fuggerdörfchen Laugna hat nicht nur auf seine Zeitgenossen einen unwiderstehlichen Zauber ausgeübt. Selbst während der Zeit des Nationalsozialismus, versuchte man, ihn - in völliger Verkennung der historischen Daten - aufzuspüren und der Gestapo vorzuführen.
Eine eigentümliche Aura umgibt den, am 24. August 1613 als sechstes von elf Kindern geborenen Bartholomäus. Die Holzhausers sind so arm, dass sich der Bub den Weg in die Schule nicht nur erkämpfen, sondern regelrecht erbetteln muss. Wären da nicht die gebieterisch wegweisenden Visionen und Einsprechungen, welche bereits der Knabe erfährt, so hätten wohl seine völlige Mittellosigkeit und die Wirren des dreißig jährigen Krieges, Holzhausers heißen Wunsch Priester zu werden, vereitelt.
Am Jesuitengymnasium zu Neuburg an der Donau erbarmt man sich schließlich des Proletariersohnes, der dort, wie auch an der Universität Ingolstadt, durch sein demütiges und heiligmäßiges Leben auffällt. Seine tägliche Lektüre sind die „Indischen Briefe“ des heiligen Franz Xaver und die „Imitatio Christi“ des Thomas a Kempis. Im Frömmigkeitsraum der Marianischen Kongregation spielt er bald eine führende Rolle. Die hohen geistigen Gaben des späteren Reformers und Propheten ermöglichen ihm am 9. Juli 1636 einen Abschluss als Doktor der Philosophie und 1639 als Bakkalaureus der Theologie. Der Bischof von Eichstätt weiht ihn zum Priester. In der Kirche Maria de Victoria zu Ingolstadt, wo er viele Nächte im Gebet verbracht hatte, feiert er sein erstes Messopfer.
Holzhausers Schauungen weisen ihm seinen künftigen Weg. Er muss hinaus in die Welt, um die Geistlichen zu reformieren. Die Wirren des dreißigjährigen Krieges haben sowohl im Volk, als auch im Klerus, unglaubliche Verelendung und sittliche Verrohung hinterlassen. Beseelt von Reformgedanken und von der Idee ein Weltpriesterinstitut zu gründen, meistert der junge Priester viele Schwierigkeiten und findet schließlich Gönner und Befürworter hinsichtlich seiner kühnen Pläne. Als Kanonikus von Tittmoning (1640-1642) und als Dekan von St. Johann in Tirol gelingt es ihm, sein Institutum clericorum saecularium in commune viventium zu verwirklichen. Ohne Gelübde fühlen sich die Mitglieder an eine feste Tagesordnung gebunden. Sie leisten einen Treueid, beten gemeinsam und pflegen reges geistliches Leben. Für alte Priester wird gesorgt. Die Gemeinschaften nennen sich Bartholomäer. Der Charakter dieser Niederlassungen ist vorbildlich. Der Einsatz der Priester in der Seelsorge überzeugt. Die Ausbildung künftiger Geistlicher wird mit Eifer und hoher Kompetenz verwirklicht. Holzhauser übte mit seinen lateinisch geschriebenen Werken großen Einfluss auf die Priestererziehung in ganz Europa aus. Viele katholische Landesherren des siebzehnten Jahrhunderts fördern die Institute. Selbst gegen den Widerstand der Ordinariate, die um die Jurisdiktion ihrer Bischöfe fürchteten, fassten die Bartholomäer Fuß in den Diözesen Salzburg, Freising, Augsburg, Regensburg und Eichstätt. Vereinzelt besaßen sie auch Häuser in anderen Ländern Europas, ja sogar in Lateinamerika.
Allerdings behagte das halbmönchische Leben nicht allen Mitgliedern. Es gab innerhalb der Gemeinschaften immer wieder Differenzen.
1653 beruft der kurfürstliche Erzbischof von Mainz, Johann Philipp von Schönborn, Holzhauser in sein Bistum. Es wird berichtet, dass der hohe Herr seinen Dekan häufig auf das Mainzer Schloss einlud und ihn bedeutenden Persönlichkeiten vorstellte. Stundenlang unterhielt er sich mit ihm. Der Bescheid an andere Besucher lautete dann: Eminenz ist nicht zu sprechen. Der Holzhauser ist da. Nach solchen Besuchen faltete der Bischof die Hände und dankte Gott tiefbewegt, dass er ihm diesen Mann geschickt hatte. Er empfahl den Seher auch König Karl II. von England, der nach der Ermordung seines Vaters, die der Visionär geschaut hatte, auf der Flucht war. In Geisenhausen kam es zu einem nächtlichen Zusammentreffen. Der Priester beschwor den Protestanten zum rechten Glauben zurückzukehren. Nur mit Mühe hielten ihn seine Gefährten davon ab, selbst in England zu missionieren.
Am 20. Mai 1658 starb Bartholomäus Holzhauser erst fünfunvierzigjährig als Stadtpfarrer von Bingen.
Trotz seiner aufreibenden Gründer-und Seelsorgetätigkeit lebte Bartholomäus Holzhauser als ein zurückgezogener Asket. Seine persönliche Größe, seine Freigebigkeit und Bescheidenheit waren beispielhaft. Unter stetem Fasten und Beten verfasste er jene zwei Werke, welche ihn bis heute auch in Kreisen zukunftsbewegter Prognostiker und Katastrophenpropheten unvergessen machen. Seine „Explanatio in Apokalypsin“, die von ihm geschaute Erklärung der Apokalypse des heiligen Johannes und die zeitbedingt entstandenen „Visiones“, die Ausrufe zur Erneuerung der Kirche, zeugen von reicher priesterlicher Spiritualität.
Verknüpft ist Holzhausers Prophetie mit dem ersehnten Auftreten des großen Monarchen. „Tandem veniet ille vir fortissimus misus a Deo ab oriente“ (endlich wird jener überaus tapfere von Gott gesandte Mann erscheinen aus dem Osten)... Interessant erscheint die Aussage, dass der Herrscher dann auftritt, „wenn überall Republiken errichtet sind“ und nach menschlichen Begriffen keine Veränderung möglich scheint da sich die Bande der Religion auflösen werden. „Jeder glaubt und handelt wie er will. In diesem beklagenswerten Zustande der Kirche erschlaffen göttliche und menschliche Gesetze und werden abgeschwächt, die Satzungen der Kirche werden für nichts geachtet; die Kirchenzucht wird von den Priestern nicht besser beobachtet, wie die politische Ordnung vom Volke. ... Den Namen Katholiken behalten sie des Ansehens wegen und aus menschlichen Rücksichten bei ...“. 1)
Bedenkt man den Wahrheitsgehalt dieses vor 400 Jahren prophetisch geschauten Zustandes, welcher die heutige Zeit beschreibt, so kann man sich nur noch eine Weisheit des Talmuds zu Herzen nehmen, die da lautet: Alle Termine sind abgelaufen, und es gibt allein noch die Kraft der Umkehr.
Anmerkung: 1) Zitiert nach P. Toulemont S.J. Privatoffenbarungen. Gülpen 1870
Weiterführende Literatur: Benno Hubensteiner: Vom Geist des Barock. Kultur und Frömmigkeit im alten Bayern. München 1967 Magdalena S. Gmehling: Geführt durch Gottes Geist. Bartholomäus Holzhauser - eine Lichtgestalt. FE-Medienverlag Kisslegg 2013 |