§ 9 Entfaltung des realen Wirksamkeitsvermögens hinsichtlich des frei bedingten Vorstellens
Es wurde bisher erörtert, daß sich das Ich aus der Gebundenheit an das bloß empirisch faktische Sein in der Vorstellung nur lösen und sich nur dann als eigenständiges Sein der Freiheit vorstellen kann, wenn es sich unmittelbar auf ein in ihm erscheinendes, höheres Sein der Freiheit bezieht 1). Dadurch wird zugleich eine Abgrenzung erreicht, die es dem Ich ermöglicht, sich als selbständiges Prinzip der Freiheit zu behaupten und das empirisch faktische Sein in ein durch seine Freiheit bedingtes Verhältnis zu überführen, es als zu seiner eigenen Verfügung Aufgegebenes zu betrachten 2).
Jetzt soll geklärt werden, wie die im Bereich der objektiven Vorstellung gegebenen, hinsichtlich der freien Behauptung nunmehr der Freiheit aufgegebenen, jedoch zunächst noch rein empirischen Gehalte als durch die Freiheit bedingte und bestimmte Vorstellungsgehalte vorgestellt werden müssen. Es soll untersucht werden, wie sich das Ich als unmittelbares, freies Sich-Bestimmen im Vorstellen sich in dieser Freiheit vermitteln und den Bereich der gebundenen Vorstellung durch seine Freiheit bestimmen kann. Die zunächst faktische, unbedingte Gebundenheit der äußeren Vorstellung soll also nun hinsichtlich des freien Aufgegeben-Seins dieses Bereiches in ein durch Freiheit bedingtes Vorstellen verwandelt werden, wobei das Vorstellen in bezug auf die Bestimmtheit der sich vermittelnden Freiheit an die konkrete Anschauung dieser Bestimmungen gebunden bleiben muß. Denn es soll ja eine Vorstellung erzeugt werden, die auf realer Anschauung und nicht bloß auf gedanklicher Projektion beruht.
Es wurde bereits gesagt, daß sich das Ich durch den Bezug auf das höhere Sein der Freiheit in ihm in seinem unmittelbaren Sein als frei vorstellen kann. In der unmittelbaren Synthesis von materialem nd formal freiem Willen ist dem Ich ein reales Vorstellen seiner Freiheit möglich. Auch der Wille zur freien Vermittlung in den Bereich der gebundenen Vorstellung, der aus der Aufgegebenheit der empirischen Faktizität als gesollt abgeleitet wurde, muß in dieser Unmittelbarkeit erzeugt und gebildet werden. Und da er nicht nur allgemein als Wille zur Vermittlung gebildet werden kann, muß er als bestimmter Vermittlungswille gebildet werden.
Doch da die Freiheit dieser reinen Ursprünglichkeit in der inneren Anschauung nicht verhaftet bleiben, sondern ihrer Intention im vorgestellten empirischen Faktum Ausdruck verleihen will, d.h. die aufgegebene, also nur vorläufige Unbedingtheit in eine durch Freiheit bedingte Bestimmtheit der Vorstellung überführen will, muß sie sich zugleich unmittelbar als sich vermittelnder Wille vorstellen. Sie muß sich also als Wille vorstellen, der sich in bestimmter Weise als Ausdruck der Freiheit im empirischen Faktum darstellen und so die zuvor bloß reproduzierte, unbedingte Vorstellung in eine durch Freiheit bedingte Vorstellung überführen will, die dann als solche produktiv eingebildet wird. Da sich das Ich nicht überhaupt als Wille vermitteln kann, sondern nur als bestimmter, muß es sich auf eine bestimmte Darstellung konzentrieren, sich also in seinem unendlichen Vermögen beschränken und eine seiner Möglichkeiten real wählen. Es gilt hier in analoger Weise das, was Fichte vom Wissen sagt: "In jedem bestimmten Wissen ist die allgemeine Freiheit, die da ist und da st, so gewiss überhaupt ein Wissen ist, auf irgend eine besondere Weise beschränkt. Es ist in jedem bestimmten Wissen ein Doppeltes in Eins verschmolzen: Freiheit überhaupt, wodurch es zum Wissen wird: ein gewisses Beschränktseyn und Aufgehobenseyn der Freiheit, wodurch es zu einem bestimmten Wissen wird." (II, 551) Die Beschränkung in der Bestimmtheit der Willenssetzung hebt die Freiheit nicht auf, denn die Beschränkung wird ja durch die Freiheit selbst vollzogen.
Hinsichtlich der doppelten Ansicht der Freiheit, einmal als allgemeinen Vermögens und zum anderen als bestimmter Selbstbeschränkung, wodurch sie sich erst als reale Freiheit verwirklicht, setzt sich das Ich nun in zweifacher Weise: zunächst als Wille überhaupt, der eine Vermittlung seiner selbst im vorgestellten, empirischen Faktum intendiert, und dann als ein Wille, der sich in seiner darstellenden Tätigkeit durchaus als bestimmter auf die in der Vorstellung erscheinende, faktische Bestimmtheit beziehen will. Der Entschluß, die Unbedingtheit der in der gebundenen Vorstellung erscheinenden, empirischen Bestimmung aufzuheben, muß also konkret geplant sein. Unmittelbar werthafter Wille und sich intentional bestimmt äußernder Wille sind somit nur Teilmomente einer einzigen, synthetischen Willenssetzung, nämlich derjenigen: sich als Freiheit objektiv darzustellen. Um dies zu erreichen, muß sich das Ich in der Vorstellung als bestimmter Wille setzen und begreifen, der, sich bestimmend, sich durch vermittelnde Entäußerung im Vorstellungsbereich der äußeren Anschauung gerade in der von ihm gewählten, intentionalen Bestimmung darstellen will. Fichte vermerkt hierzu folgendes: "So gewiss der Trieb zur Causalität ist, und fortdauert, so entsteht im Bewusstseyn die Aufgabe, aus der Anschauung des Vermögens überhaupt den soeben geschilderten Begriff der möglichen Causalität auf das angestrebte zu entwerfen" (II, 586)
Um diesen Entwurf nun richtig zu konzipieren, bemerkt Fichte: "Hier ist [...] die Frage zu beantworten, wodurch die Entwerfung eines solchen Begriffes bedingt sey? Ich sage, ausser der schon abgehandelten Anschauung des Vermögens überhaupt, ist sie auch noch bedingt durch ein Bild des Widerstandes" (II, 586). Denn soll die freie Vermittlung des Ichs im vorgestellten, empirischen Faktum gelingen, dann darf sich die Bestimmtheit der empirischen Faktizität dem Zugriff der Freiheit nicht entziehen, sondern muß von ihr in ihrer bestimmten Bestimmtheit, die sich als solche zunächst noch dem Setzen der Freiheit entgegenstellt, aufgefaßt werden. Gerade diese gegebene Bestimmtheit soll ja als durch die Freiheit bestimmt vorgestellt werden können. Diese gegebene Bestimmtheit darf sich hinsichtlich der Vermittlungsabsicht der Freiheit nicht als absolut unverfügbar erweisen: sonst stünden das der Freiheit aufgegebene Sein der empirischen Vorstellung und die Realisierungsbedinagungen dieses der Freiheit aufgegebenen Seins in Widerspruch: es wäre etwas gefordert, was nicht realisierbar wäre. Die dem freien Vorstellen entgegenstehende, gebundene, faktische Vorstellung in ihrer Bestimmtheit muß also hinsichtlich ihrer faktischen Unbedingtheit gebrochen und aufgehoben werden können. Um aber diese Brechung durchführen zu können, muß gewußt werden, was gebrochen werden soll; "denn in der anzustellenden Ueberlegung soll ja beides, das Vermögen sowohl, als der Widerstand, so lange aneinandergehalten und durcheinander berechnet werden, bis sich findet, eine solche Richtung des gegebenen Vermögens werde den Widerstand besiegen." (II, 586)
Andererseits darf aber das vorgestellte, empirisch faktische Sein durch die Vermittlung der Freiheit als objektiver Vorstellungsbereich, d.h. als Bereich, in dem das Vorstellen ursprünglich beschränkt ist, nicht aufgehoben werden, weil sonst die vermittelte Wirkung sich selbst als objektive Darstellung aufheben und vernichten würde. Die empirische Vorstellung muß darum als solche angenommen werden, ohne ihr allerdings den ausschließlich faktischen Charakter zu belassen. In bezug auf die vermittelnde und darstellende Absicht der Freiheit muß nun dieser unbedingte Charakter der vorgestellten Faktizität als Widerstand gedacht werden.
Es ist hier zu überlegen, von welchen Momenten die Erstellung des Bildes des Widerstandes abhängt. Die empirisch faktische Vorstellung als unbedingte Bestimmtheit ist in ihrem unableitbaren Sein schon früher 3) gebildet worden: ihr Sein ist mit ihrem Erscheinen gesetzt und vollendet 4). Dieser unableitbare Charakter ist vorerst für die Vorstellung absolut faktisch. Wenn also jetzt eine freie Vermittlung vom Ich aus erfolgen soll, dann bedeutet das eine Aufhebung des ursprünglich absoluten Charakters des Faktums und eine Umwandlung in eine durch Freiheit gestaltete Bedingtheit 5).
In dieser sich darstellenden Intention des Ichs erscheint das vorgestellte Faktum nun nicht mehr als bloß theoretischer terminus a quo, sondern als terminus ad quem, den es zu alterieren gilt. Hinsichtlich des freien Aufgegebenseins erscheint die unbedingte Bestimmtheit zunächst als absolute Entgegensetzung gegen die Intention des Ichs, und wird als Bild eines Widerstandes begriffen. "Wie entsteht ein solches Bild des Widerstandes?" (II, 586) ist Fichtes nächste Frage. "Wir kennen es als Bedingung des Begriffes der zu suchenden Causalität, dieser aber ist ein Erzeugniss der freien Einbildungskraft, welche hier unter Voraussetzung der Kenntniss des Vermögens, so wie des Widerstandes, durchaus productiv ist, und zwar mit Besonnenheit und Bewusstseyn productiv, [...]. Das Bild des Widerstandes müsste sonach gleichfalls durch die productive Einbildungskraft hervorgebracht werden, nur [...] nicht mit Bewusstseyn, sondern blind, absolut zufolge des Triebes, der seine Befriedigung sucht. In Hervorbringung dieses Bildes hätte die productive Einbildungskraft Causalität schlechthin durch ihr Seyn, als productive 6) nemlich." (II, 586/87)
Als der freien, darstellenden Absicht des Ichs im Bereich des gebundenen Vorstellens nicht entsprechend wird das vorgestellte, empirische Faktum als Entgegensetzung gegen die Intention des Ichs gedacht, also als Bild eines Widerstandes - "und nur im Bilde ist es Widerstand" (II, 587) -, "demnach gesetzt und hinausgesetzt ausser das Ich, und gesetzt in die Sphäre des Seyns an sich, da es ja dem Leben als einem solchen entgegengesetzt ist." (II, 587) Denn das bestimmte, vorgestellte, empirische Faktum als solches entspricht noch nicht der freien, darstellenden Absicht des Ichs, durch die das Vorgestellte in den Freiheitsbereich des Ichs mit einbezogen werden soll. Diese Differenz von Sein und Soll des Vorstellungsgehaltes, von gegebener Bestimmtheit und intendierter Darstel lung in der Vorstellung der empirischen Welt soll aufgehoben werden. Nur hinsichtlich dieser pro duktiven Absicht des Ichs muß die vorgestellte Faktizität als Entgegensetzung gegen den Willen des Ichs gedacht werden, und nur insofern kann hier von einem Bild des Widerstandes gesprochen werden. Das Erfassen des faktischen Gegenstandes im Bild des Widerstandes ist also nur durch das Denken, und nicht durch die Anschauung bedingt. In bezug auf dieses Denken wird nun dem faktisch vorgestellten Gegenstand eine gewisse Eigenständigkeit im Setzen hinterstellt; denn als Entgegensetzung gegen die produzierende Absicht des Ichs kann es nur gedacht werden, wenn mit dem Gedanken des Widerstandes zugleich die Idee eines in ihm selbständigen Setzens verbunden wird. "Wodurch das Ding eigentlich daseyn soll, um auch nur mit uns in Berührung zu treten 7), und darum sein eigentliches Wesen bestehen müsste, ist doch wohl seine Kraft; diese aber ist nichts Materielles, noch offenbart sie sich irgend einem äusseren Sinne, sondern sie wird bloss gedacht." (II, 591) 8) D.h. für das Begreifen des faktischen Gehaltes als Widerstandes überträgt das Ich sein eigenes, spontanes Vermögen auf das Faktum 9).
"Es ist hier, wo das Bilden erst anhebt, noch die ganze unendliche Freiheit des Bildens oder Setzens schlechtweg vorhanden. Diese in ihrer Unendlichkeit wird beschränkt, und diese Beschränkung gebildet. [...] Das aus diesen beiden Bestandtheilen entstehende Ganze ist das Bild der Materie." (II, 587) Dieses wird nun noch im Gegensatz zum unmittelbaren Vermittlungswillen des Ichs gesehen bzw. vorgestellt, wodurch das Bild der Materie als Entgegensetzung gegen diesen Willen aufgefaßt werden muß, "ausserdem wäre es nicht Bild eines Widerstandes." (II, 587)
Ohne konsequenten Willen zur Vermittlung der Freiheit in den Bereich der objektiven Vorstellung bliebe das empirische Faktum als solches absolut unbedingt. Erst durch den Vermittlungswillen des Ichs wird das bloß faktische Sein zunächst als überhaupt aufgegeben vorgestellt, und dann, hinsichtlich der bestimmten Darstellungsabsicht des Ichs, als Entgegensetzung, als Bild eines Widerstandes.
In der darstellenden Absicht des Ichs liegt es nun, daß dieser Widerstand vernichtet wird. Eine Vernichtung des Widerstandes wird aber erst relevant, wenn der intentionale Entwurf einer freien eSelbstdarstellung der Freiheit im Bereich der objektiven Vorstellung und der vorgestellte, objektive Gehalt in seinem faktischen Vorgegeben-Sein, welcher Träger dieser Intention werden soll, sich nicht entsprechen. Der Widerstand muß also erst vernichtet werden, wenn die faktische Gegebenheit in der Vorstellung nicht schon Ausdruck der sich vermitteln wollenden Intention des Ichs ist. Dabei darf aber das faktisch Vorgestellte selbst, als Bedingung der Darstellung, nicht vernichtet werden, da es ja auch weiterhin zum Zwecke der Darstellung verfügbar bleiben soll. Das Faktum darf deshalb nur insoweit verändert werden, als dadurch der an ihm vorgestellte Widerstand vernichtet wird. Das im Bild des Widerstandes vorgestellte faktische Sein wird also nicht überhaupt vernichtet, sondern nur intentional modifiziert, um als frei bedingtes Sein vorgestellt werden zu können, und um so die sich darstellende Intention an ihm sichtbar werden zu lassen 10). Diese unter Voraussetzung des freien Sich-Darstellens des Ichs produktiv eingebildete Vorstellung eines Widerstandes ist also das Sehen einer vorgestellten Beschränkung des frei produzieren wollenden Vorstellens, welches diese Beschränkung als eigenständige Entgegensetzung gegen die eigene, freie Absicht begreifen muß.
Soll nun der Widerstand im Bild aufgehoben werden, so muß mit dem Willen zur Darstellung zugleich auch ein Vermögen eingeschaut und begriffen werden, welches die freie Darstellung in dem vorgestellten, empirischen Faktum bewirkt; d.h. es muß fähig sein, das in der Vorstellung gebildete Bild eines Widerstandes gemäß dem vorgestellten, sich frei darstellen wollenden Willen zu vernichten. Durch dieses Vernichten des Widerstandes soll ja gerade der zunächst erscheinende, absolut faktische und unbedingte Charakter dieser Vorstellung aufgehoben und letztere dem ebenfalls gebiladeten Plan der freien Darstellung angeglichen werden, damit Idee und Wirklichkeit der freien Vermittlung sich entsprechen 11).
"Bleiben wir gleich bei diesem Anschauen des realen Vermögens, des Vermögens zur Causalität in der Sphäre des Seyns [...] stehen. Es ist [...] das Vermögen, durch eine Reihe von Bedingungen hindurch in der Zeit zum beabsichtigten Ziele fortzuschreiten. Dieses Vermögen würde es seyn, welches auf Veranlassung des Triebes nach realer Causalität und mit ihm zugleich in die Anschauung einträte." (II, 585) Dieses Vermögen, welches sich das Ich zuschreiben muß, um seinem Willen zur Darstellung im Bereich der objektiven Vorstellung Realität zu verschaffen, wird im weiteren als Vermögen zur Wirksamkeit bezeichnet. Dadurch ist nun auch ein weiteres, synthetisches Teilmoment gefunden, um dem auf Äußerung abzielenden Willen zur objektiven Darstellung zu verhelfen. "Die synthetische Periode nemlich, die wir hier beschrieben haben, besteht aus folgenden drei Hauptbestandtheilen: 1) aus einem Gefühle, des Triebes nemlich, 2) aus einer Anschauung, des realen Vermögens nemlich, des Vermögens einer Causalität in der Sphäre des Seyns, 3) aus einem Bilde des Widerstandes." (II, 589) Bisher wurden Punkt 1) und Punkt 3) abgehandelt; es fehlt also nur noch die gedankliche Entfaltung des eigentlichen Vermögens zur Wirksamkeit.
Hier läßt sich nun zuvor noch eine andere Frage beantworten, "wie denn ein solches Bild des Widerstandes überhaupt in seiner allgemeinen Form zusammenhänge mit dem Begriffe der angestrebten Wirksamkeit? Offenbar also: der ganze Widerstand, auf welchen auch der Trieb in seiner Ganzheit sich bezieht, und welchem man durch Hindurchgehen durch die Bedingungen theilweise beizukommen sucht, muss beisammen seyn, und er ist in diesem Beisammenseyn gesetzt in dem Raume. In ihm ist zugleich und Eins, was nachher in der Zeit ein Mannigfaltiges nacheinander seyn wird. Es soll demnach im Raume ausgesucht werden ein Punct [...], in dem die Wirksamkeit anhebe, Z B. bei der Materie, als solcher, ist die widerstehende und zu ertödtende Kraft die des Zusammenhanges der Theile. Dieser ist zuerst in einem Puncte, und von dem aus in dem angrenzenden zu unterbrechen." (II, 591/92) Mit diesen Ausführungen hat Fichte das noch zu behandelnde Problem bereits an zentraler Stelle angefaßt. Es gilt jetzt zu überlegen, wie sich dieses Vermögen zur Wirksamkeit selbst verstehen muß, und an welche Bedingungen seine Ausübung gebunden ist.
Ausgangspunkt für diese Überlegungen ist der Wille des Ichs, sich, als sich frei vorstellend, in seiner Freiheit gegenüber dem in der gebundenen Vorstellung erscheinenden Gehalt als frei zu behaupten, und diese freie Selbstbehauptung durch reales Aufheben der faktisch unbedingten Bestimmtheit der Vorstellungsgehalte sichtbar zu machen. D.h. der vorzustellende Gegenstand soll durch die Einwirkung der Freiheit den intentionalen Charakter dieser Veränderung objektiv anschaulich tragen. Das reale Modifizieren durch die Freiheit muß also erkennbar, muß sichtbar sein. Dazu muß sich nun das Ich als Vermögen begreifen und real setzen, das durch direktes Sich-Vermitteln in den Bereich der objektiven Vorstellung in diesem unmittelbar wirken kann, um so die gewünschte Veränderung zu erzeugen 12).
Da die angestrebte Veränderung eine Veränderung durch Freiheit sein soll, die als solche objektiv anschaulich gegeben sein soll, darf es sich bei dieser Veränderung nicht um einen rein physikalischen Vorgang handeln, sondern muß ein Akt der realen Freiheit gesetzt sein, der als solcher auch erkennbar sein muß. Das Werk der Freiheit muß real gesetzt sein. Diese reale Sich-Darstellung ist also zumindest an einen Akt der Überwindung des Widerstandes durch das Vermögen zur Wirksamkeit gebunden. Wenn nämlich nicht wenigstens in einem Punkte die gegebene Faktizität zufolge des intentionalen Planes verändert wird, ist sie nie als realer Widerstand konzipiert.ˇˇ
Da aber sowohl der Charakter des vorgestellten, empirisch faktischen Seins in seinem bestimmten Gehalt unableitbar ist, also der Möglichkeit nach in seinem bestimmten Erscheinen als faktischer Gehalt unendlich variabel gedacht werden muß, als auch der auf Darstellung abzielende Wille in der Vorstellung sich frei variabel bestimmen kann, wodurch der vorgestellte äußere Gegenstand auch als Widerstand variiert wird, stellt die nur einmalige Aufhebung des Widerstandes nur ein notwendiges Minimum an anzusetzender, freier Aktivität dar. Das bedeutet, daß normalerweise das Aufheben des Widerstandes nicht in einem Akt erfolgt, sondern der Widerstand nur durch Hindurchgehen durch mehrere Bedingungen vernichtet und so das intendierte Ziel erreicht wird 13).
Von diesem vorschreitenden 14) Prozeß der Wirksamkeit, durch den das intendierte Darstellungsziel erreicht werden soll, sagt Fichte: "Unmittelbar, und in dieser Lage der Dinge ist das freie Leben schlechthin gehemmt, und es kann in der Sphäre des Seyns durchaus keinen Schritt vorwärts. Nennen wir diese Grenze, die zugleich die angestrebte Causalität ausdrückt, d. Aber es möchte vielleicht einen Punct geben, a, den das Leben durch unmittelbare Causalität hervorbringen könnte; wie dieser hervorgebracht wäre, könnte es nun vielleicht auch b hervorbringen, weil a die Bedingung seiner Realisation ist, nach hervorgebrachtem b vielleicht aus eben dem Grunde c, und nun vermittelst des Durchganges durch c das gleich zuerst beabsichtigte d. Falls es zu einer Anschauung dieser Reihe in ihm gekommen wäre, so schaute es dadurch an sein ihm eigenes Vermögen der Causalität zu d." (II, 585) In dieser Anschauung muß sich das Ich als Vermögen begreifen, das fähig ist, durch eine Reihe von Bedingungen hindurch die Unbedingtheit des vorgestellten Gegenstandes real aufzuheben und die Vorstellungsinhalte so zu gestalten, daß sie der geplanten, freien Sich-Darstellung der Freiheit im Bereich der objektiven Vorstellung entsprechen 15).
Da die reale Entfaltung des Vermögens der Wirksamkeit immer ein Übergang im Willen sein muß, ]indem von einem nur gedachten Vorstellungsinhalt der Freiheit zu einem auf realer Anschauung basierenden Vorstellungsgehalt übergewechsel werden soll, fächert sich diese Entfaltung notwendig in ein zeitlich angeschautes serielles Übergehen auf, weil ein Zugleich entgegengesetzter Momente nicht denkbar ist.
Dieses Vermögen zur realen Wirksamkeit muß als konstitutives Moment vor aller realen Wirksamkeit als wirklich gegeben konzipiert und begriffen werden; denn jede reale Wirksamkeit ist nur zufolge des konzipierten Vermögens denkbar. Das Ich erfährt sich nicht ursprünglich als wirkend, sondern setzt sich mit Bewußt-Sein als real tätig 16). Mit diesem Vermögen ist ein weiteres Moment entfaltet worden, durch das sich das Ich als reale Möglichkeit zum wirklichen Handeln begreift. "Dieses Vermögen lag nun allerdings ursprünglich im Leben und im absoluten Seyn desselben verborgen, aus welchem es auch zur Anschauung hervorgerufen ist. Dass es aber jetzt ein wirkliches Vermögen des Lebens ist, in der freien Gewalt des selben steht, und nun unmittelbar zur Ausübung fortgeschritten werden kann, ist bewirkt allein durch den Begriff. Durch den Begriff allein ist dieses Vermögen ihm gegeben, da es vor demselben vorher durchaus keins hatte." (II, 585/6)
Das Ich muß sich also notwendig als ein solches Vermögen begreifen, wenn es seiner Forderung, die unbedingte Bestimmtheit der faktischen Vorstellung in eine durch Freiheit bestimmte, und damit in eine durch sie bedingte Vorstellung umzuwandeln, entsprechen will. Hinsichtlich der Verwirklichung dieser Forderung ist gezeigt worden, daß sich das Ich dazu aus seiner unmittelbaren Sphäre vermitteln und als vermitteltes Prinzip auf die als Widerstand verstandene Vorstellung der bloßen Faktizität einwirken muß. Um real wirken zu können, wobei zu beachten ist, daß dies ein durch Freiheit vollzogenes Handeln sein soll, wobei das Ich sich des Vollzuges desselben immer bewußt sein muß, um als realer selbstbewußter Wille wirken zu können, muß sich das Ich in diesem Vermitteln zunächst in seinen allgemeinen Voraussetzungen für diese Entäußerung begreifen: als freies Vermögen zur realen Wirksamkeit. Dieses Vermögen muß sich real vollziehen, wenn die entworfene, intentionale Darstellung im vorgestellten Gegenstand des gebundenen Vorstellungsbereiches vorgestellt werden soll 17). Die bestimmte Willensintention muß also dem empirischen Faktum aufgeprägt werden, ansonsten kann von einer durch Freiheit bedingten Vorstellung nicht die Rede sein. "Man begreift ein Freiheitsproduct nur als Aufhebung einer Naturentwickelung, und ermisst das Werk der Freiheit an ihm, indem man ermisst, wie weit die Naturkraft durch dasselbe getödtet sey". (II, 644) An dem in der Vorstellung erscheinenden Gegenstand muß sich die Synthesis von faktischer Erscheinung und Werk der Freiheit demonstrieren lassen.
"Wir sahen, wie das Ich, beschränkt auf einen blossen Trieb, und ohne alle unmittelbare Causalität durch sein Seyn, sein Vermögen, in der Zeit durch Bedingungen hindurch zum Ziele zu gehen, anschaute, dasselbe berechnete auf den gleichfalls im Bilde entworfenen Widerstand, und so einen Plan seiner Wirksamkeit vollendete. Es leuchtet unmittelbar ein, [...] dass es daher in diesem Zusammenhange nothwendig sich selbst denke, und zwar hier als reales Prinzip [...], und zwar schlechthin a priori, ohne dass irgend eine reale Causalität vorhergegangen, indem ja die ganze synthetische Periode von einer völligen Vernichtung derselben ausgeht." (II, 595) Damit weist Fichte noch einmal ausdrücklich auf die Apriorizität dieser Gedanken hin, die aller realen Handlung notwendig zu Grunde liegen müssen.
Doch nicht nur das allgemeine Vermögen muß a-priorisch entwickelt werden, sondern auch die realen Bedingungeng unter denen sich eine wirkliche Wirksamkeit als konkrete Darstellung der freien Intention vollzieht. Es soll also gezeigt werden, wie eine bestimmte Wirksamkeit gedacht werden muß, wie sich das Vermögen der Wirksamkeit real entäußert, damit eine wirkliche Veränderung im Gegenstand als Werk der Freiheit sichtbar wird. Denn so "gewiss der Trieb zur Causalität ist, und fortdauert, so entsteht im Bewusstseyn die Aufgabe, aus der Anschauung des Vermögens überhaupt bden soeben geschilderten Begriff der möglichen Causalität auf das angestrebte zu entwerfen". (II,586) Es muß nun begrifflich geklärt werden, wie diese Realisierung als konkrete Freiheitsvermittlung geleistet wird; "denn in der anzustellenden Ueberlegung soll ja beides, das Vermögen sowohl, als der Widerstand, so lange aneinandergehalten und durcheinander berechnet werden, bis sich findet, eine solche Richtung des gegebenen Vermögens werde den Widerstand besiegen " (II, 586)
Dieser im Bild gefaßte Widerstand war das Bild der Materie, das nicht durch bloß begriffliche Aktivität und Intentionalität verändert werden kann; denn sonst wäre das erzeugte Bild reines Produkt der Einbildugskraft, ohne alle wirkliche Objektivität in der Vorstellung 18). Dieses materielle Sein im Bild des Widerstandes kann folglich nicht unmittelbar durch die vorgestellte Willensitention als verändert in seinem äußeren Erscheinen vorgestellt werden. Was unmittelbar durch den Willen verändert werden kann, ist nur das bestimmte Bild des Widerstandes, indem sich nämlich der Wille selbst ändert. Denn das Bild des Widerstandes entstand ja nur dadurch, daß das Ich einen bestimmten, äußeren Wahrnehmungsgehalt als für die Freiheit aufgegeben in eine seiner freien Intention entsprungenen Darstellung verwandeln wollte. Je nach dem, was also der Wille will, welche freie Bestimmung er dem vorgestellten Gegenstand aufprägen will, fällt das Bild des Widerstandes verschieden aus 19).
Da nun eine wirkliche Vermittlung die reale Vernichtung des gebildeten Widerstandes im materiellen Sein intendiert, dieser aber nicht unmittelbar durch den bloß begriffenen, unmittelbaren Willen aufagehoben werden kann, so muß sich das Ich zu sich selbst vermittelt setzen und sich in diesem vermittelten Setzen begreifen. Da durch diese Vermittlung das materielle Sein getroffen werden soll, bedeutet das, daß sich das Ich selbst als materielles Sein setzen muß. Und diese Setzung kann wiederum nicht als empirische Tatsache aufgefaßt werden, sondern dieses materielle Setzen muß ursprünglich geschehen, weil erst durch dieses vermittelte, materielle Setzen des Ichs, dessen es sich auch ursprünglich bewußt sein muß, überhaupt eine reale Handlung vollzogen werden kann.
Fichte führt dazu folgendes aus: "Nun ist das Widerstehende Materie, und die Absicht ist, diese zu trennen, aus ihrem Orte zu bringen, zu bewegen." (II, 595) Denn dieses im Bild des Widerstandes gefaßte, materielle Sein soll ja dem intentionalen Plan gemäß verändert werden. Diese Veränderung bist an die Bedingungen gebunden, durch die der Bereich konstituiert wird, in dem die geplante Veränderung durchgeführt werden soll: in diesem Fall: an die räumlichen Erscheinungsbedingungen. Es kommt darauf an, diese in der Raumanschauung erscheinenden Gehalte der Vorstellung räumlich zu verändern, damit das Werk der Freiheit real sichtbar wird. Wenn die zu verändernden Vorstellungsgehalte im Raum angeschaut werden sollen, muß auch die sie verändern wollende, freie Intention sie in diesem räumlichen Anschauen treffen können; die intentionale ˇVeränderung muß also Veränderung in diesem Anschauungsbereich bewirken.
Fichte fährt nun fort: "Materie aber kann aus ihrem Raume verdrängt werden nur durch andere Materie: und so müsste denn das Ich als wirkende Kraft in einer materiellen Welt selbst Materie seyn, _also ein unmittelbar gegebener, bestimmter und im Raume begrenzter Körper." (II, 595) Wenn das Ich sich als freies Setzen hinsichtlich des empirischen Gehaltes in der Vorstellung in seiner freien, prinzipiellen Existenz behaupten soll, dann muß es sich, wie vorher schon gesagt worden, selbst als objektives, materielles Sein gegeben sein und sich in diesem Sein als vermitteltes setzen und begreifen können. Denn nur in dieser Form ist es fähig, auf den gebildeten Widerstand einzuwirken. Soll demnach eine freie, darstellende Realisation der Wirksamkeit gelingen, durch die der zunächst bloß faktische Vorstellungsgehalt in einen durch Freiheit bedingten Vorstellungsgehalt umgewandelt wird, wodurch er endlich als frei bedingter Gehalt vorgestellt werden kann, dann muß sich das Ich als aus dem unmittelbaren Bereich des prinzipiellen Lebens der Freiheit in den vermittelten Bereich der Vorstellung versetzt vorstellen. Erst durch diese Vermittlung seiner selbst ist das Ich fähig, auf das im Bild gefaßte Sein des Widerstandes einzuwirken.
Funktion dieses Körpers des Ich soll es sein, die willentlich intendierte Veränderung im objektiven Vorstellungsgehalt herbeizuführen; dieses körperliche materielle Sein muß durch den vollzogenen Begriff einer bestimmten Wirksamkeit, d.i. den Wirkwillen, unmittelbar verändert werden können, um seinerseits durch seine Veränderung in der willentlich intendierten Weise auf das als Widerstand aufgefaßte, materielle Sein verändernd einzuwirken. "Und zwar soll in diesem Körper der Begriff unmittelbar Ursache einer Bewegung der Materie werden können, um vermittelst dieser nach dem Begriffe zweckmässig entworfenen Materie die starre Materie ausser uns gleichfalls zweckmässig zu bewegen." (II, 595) Das Ich in seinem körperlichen Sein darf also nicht unbedingte, bloß faktische Bestimmtheit, tote Materie sein, sondern muß fähig sein, durch Eigendynamik, in der unmittelbar der intendierte Wille tätig ist, auf andere materielle Gegenstände außer ihm direkt einzuwirken. Diese Seinsform des Ichs, in der sich der Wille unmittelbar im objektiven Sein auswirken kann, wird allgemein als Leib bezeichnet 20). Er ist genau dasjenige Sein, durch das die Hemmung im vorgestellten Gegenstand unmittelbar verändert wird. Durch die unmittelbaren Veränderungen im Leib soll mittelbar die äußere Materie verändert werden. In diesem Sinne kann man auch den Leib als materiale Spontaneität bezeichnen; oder, wie Fichte sich ausdrückt: "Eine solche Beweglichkeit der Materie durch den blossen Begriff kann man füglich nennen Organisation, vermittelst welcher ein Körper Organ wird auf die übrige Körperwelt." (II, 595) 21)
Die Konstruktion des Leibes muß das Ich gedanklich vollzogen haben, ohne daß ein reales Handeln vorhergegangen wäre. Denn bevor sich das Ich als handelnd real entäußern kann, muß es sich als zum Handeln fähig verstanden haben, muß wissen, daß es organisierter Körper ist. Der Leib soll ja dem bewußten Willen des Ichs nicht äußerlich sein, als etwas, das das Ich als Tatsache des Bewußt-Seins auch einmal erfahren kann, sondern soll unmittelbares Vermittlungsorgan des Willens sein, dessen sich das Ich also unmittelbar bewußt sein muß, wenn es überhaupt handeln soll. Hinsichtlich des willentlich intendierten Vernichtens des Widerstandes im vorgestellten, materiellen Sein muß sich das Ich also selbst ursprünglich als organisierter Körper setzen und sich dieses Setzens unmittelbar bewußt sein. Nur wenn es sich selbst nämlich als an materielles Sein gebundenen Leib vorstellt, der in dieser Beschaffenheit fähig ist, dynamisch auf bloße Materie einzuwirken, ist es auch möglich, daß mittelst dieses leiblichen Seins der im Bild gefaßte Widerstand des vorgestellten faktisch materiellen Seins vernichtet werden kann. Wenn sich das Ich als reales Wirksamkeitsvermögen begreifen will, muß es sich als Leib setzen und in diesem Setzen verstehen. "Das Ich im Bilde seiner Wirksamkeit auf Materie würde sich demnach verwandeln in einen organisirten Körper." (II, 595)
Doch wäre eine bloße, materielle Spontaneität nach Fichte blind; würde ihre aktive, objektive Leistung nicht intentional kontrolliert, könnte das Ich in seinem äußeren Handeln nicht wissen, was es ein diesem Handeln auf materielles Sein vollbringt. "Eine vermittelst dieser Organisation in der materiellen Welt vollzogene Wirksamkeit müsste nun der Sinn, und zwar hier der oben beschriebene äussere, stets begleiten, um ermessen zu können, inwiefern der beabsichtigte Plan wirklich ausgeführt sey, oder was noch zu thun übrigbleibe. Der Sinn müsste darum mit dem Organe innig vereinigt seyn und Eins ausmachen, und darum auf dieselbe Weise in der Materie dargestellt seyn, wie das Organ, woraus sich ergäbe ein materielles Ich im Raume mit äusserem Sinne und Organe." (II, 595 f) Soll der entworfene Plan einer Wirksamkeit nicht an der Unkontrollierbarkeit der Ausführung scheitern, dann muß gesehen werden, welche Auswirkungen die leibliche Spontaneität auf das materielle Sein des Widerstandes besitzt. Leibliche Aktivität (Motorik) und sinnliche Rezeptivität (Sensorium) sind demnach durch den Vermittlungswillen schlechthin gefordert. Beide Momente müßten unmittelbar durch das Sich-Begreifen des Ichs als freies Prinzip der Wirksamkeit mit gesetzt sein. Denn das zu erstellende Vermittlungsprodukt soll ja doch so ausfallen, wie es durch die bestimmte Willensintention entworfen wurde. In dieser Weise wären Idee und Wirklichkeit einander nzunähern, um das intendierte Produkt der freien Wirksamkeit real zu erreichen. Damit wäre geczeigt, wie das Umwandeln einer unbedingt faktischen Vorstellung in eine durch Freiheit bedingte zu denken ist, wobei dieses Umwandeln der faktischen Unbedingtheit in eine freie Bedingtheit durch den absoluten Anspruch der Freiheit selbst schlechthin gefordert war 22).
Anmerkungen
1) Vgl. dazu auch Lauth: "Ethik", S. 43: "Es steht der Willkür nicht frei, ob sie sich zu Werten ins Verhältlnis setzt; sie ist vielmehr notwendig Freiheit zu Werten, d.h. Freiheit, die für die Werte eröffnet ist und folglich zu ihnen Stellung nehmen muß." 2) Die bisherige Beweisführung ging davon aus: Freiheit soll als solche voll und ganz zu sich selbst gelangen. Alle Momente, die diesem Ziel widersprachen, wurden abgehalten. Diese apagogische Beweisführung hat aber noch keine eigentliche Beweiskraft, sondern nur hypothetische. Diese Hypothese kann nur durch die unmittelbare positive Einsicht in die legitime Berechtigung der gemachten Annahme aufgehoben und in einen wahren Beweis verwandelt werden. 3) Vgl. dazu die Darstellung auf S. 82 f. 4) Im Gegensatz zu einer Wertforderung, die durch ihr Erscheinen als aufgegebene Forderung noch nicht vollendet ist, sondern in dieser Form ihre Realisierung nur erst fordert, sich darstellt als eine Bestimmung zur Selbstbestimmung. 5) Die systematische Erörterung der Bedingtheit des Faktums und die Rechtfertigung dieser Bedingtheit kann erst dann vollständig geleistet werden, wenn gezeigt wird, in welchem Zusammenhang das vermittelnde Darstellen des Ichs in den faktischen Bereich seinerseits steht. 6) In der 1. Ausg. - 1817 ist das Wort "Einbildungskraft" ergänzt.7) Anstatt "[...l , um auch nur mit uns in Berührung zu treten, [...]" heißt es in der 1. Ausg. - 1817: "[...] nur auch mit uns in Berührung treten [...]". 8) gl. dazu Fichte SW Bd.I, "Grundlage" - 1794, S. 221: "[...] das Ich muss sich jenes Factum erklären; aber es kann dasselbe sich nicht anders erklären, als nach den Gesetzen seines Wesens". 9) Wenn dies keine bloß willkürliche Übertragung sein soll, dann muß noch begründet werden, mit welchem Recht diese gedankliche Transposition gemacht wird. 10) Zur Verdeutlichung soll das Gesagte an einem Beispiel erklärt werden: Ein Bildhauer, der aus einem Steinblock eine bestimmte Gestalt heraushauen will, wird nur diejenigen Teile des Blocks mit seinem Meißel wegschlagen, die nicht zur intendierten Gestalt gehören. Keineswegs wird er den Steinblock völlig zerstören, weil er sonst kein Material zum Darstellen mehr besäße. 11) Es wurde schon gesagt, daß diese unbedingte Entgegensetzung nur faktisch ist, und darum intentional nicht verabsolutiert werden darf, da das Faktum als solches hinsichtlich der freien Vermittlung des Ichs immer schon als aufgegeben, und damit auch als durch die Freiheit bedingt beurteilt wird. 12) Hier ist nicht die Rede davon, durch bloß gedankliche Übertragung einer Intention einen Gegenstand schon als vollendeten Zweckgegenstand zu deuten, wobei von einer zu überwindenden Hemmung ab gesehen werden kann, wie z B. bei einem Wald, der in seinem bestimmten Gegeben-Sein, ohne Kultivierung also, dem Zweck der Erholung schon genügt; oder bei einem bestimmten Berggipfel, der ohne Veränderung seiner Form als räumlicher Orientierungspunkt dient. In beiden Fällen liegt die intentionale Gestaltung nur in der begreifenden Hinsicht; eine freie Veränderung, objektiv sichtbar, ist hier nicht im Spiele.z 13) Die bestimmte Überwindung des Widerstandes ist immer Aufgabe des konkreten Wirkens. Dieses ist als solches philosophisch nur in seinen allgemeinen Formen abzuleiten. Eine ausführliche Bestimmung dieses Vermögens, die Fichte hier nicht liefert, müßte die notwendigen Denkbedingungen angeben, an die die Realisierung des Vermögens zur Wirksamkeit gebunden ist. Unter anderem müßte noch gezeigt werden, daß eine bestimmte Realisierung des Vermögens zur Wirksamkeit nicht an unendlich viele Schritte gebunden sein kann, da sich sonst eine bestimmte Intention nicht realisieren kann. 14) Vor-schreitend deshalb - im Gegensatz zu fort-schreitend, weil der Prozeß eine bestimmte Richtung hat. 15) Vgl. dazu auch Fichte SW Bd. III, "Naturrecht", S. 19: "Die freie Thätigkeit aber geht darauf aus, die Objecte, inwiefern sie dieselbe binden, aufzuheben. Sie ist mithin Wirksamkeit auf die Objecte". 16) Ergänzend muß hinzugefügt werden, daß durch das reale Entäußern der Freiheit das prinzipielle Vermögen in einer bestimmten Setzung nicht aufgehen darf. Denn sonst würde das als unendlich konzipierte, freie Vermögen in eine bestimmte Darstellung gebunden und mit dieser erlöschen, was sich widersprechen würde. Das Ich muß sich also in seinem prinzipiellen Sein gegenüber den von ihm gesetzten Produkten abgrenzen und bewahren; Produkt und produzierendes Prinzip dürfen folglich nicht in eins fallen. Das Produkt muß eine relative Selbständigkeit im Sein erhalten. 17) Vgl. dazu auch Fichte SW Bd.III, ’’Naturrecht" S. 18-20, wo die Entfaltung des Vermögens der Wirksamkeit aus den Setzungsbedingungen des Ichs deduktiv dargestellt wird; hinsichtlich des Zeitproblems s.b. ebd. S. 28 f. - Vgl. auch die Darstellung bei Hunter: "Der Interpersonalitätsbeweis Fichtes", S. 52 ff. 18) Gemeint ist also nicht der Bereich der bloß geträumten Vorstellungen, auch nicht der der bloßen Phantasiegebilde, der reinen Einbildungen, sondern der Bereich der unmittelbar gebundenen Vorstellungen. Fichte wendet sich energisch gegen eine Mißdeutung dieses Bereiches der Vorstellung als bloß subjektiver Projektion - ein Vorwurf, der von realistischer Seite immer gern gegen die Transzendental-Philosophie erhoben wird, der jedoch unzutreffend ist. Fichte bemerkt (II, 590 f): "So nun aber Jemand unseren Satz so verstehen wollte: wir bilden uns die Dinge bloss ein, wie er denn wirklich also sogar von seynwollenden Philosophen verstanden worden, der würde nur zur Schau legen seinen unendlichen Unverstand, seine absolute Unfähigkeit sich zubelehren [...]. Wir bilden uns ein in den höheren Regionen der Freiheit, wo wir das Einbilden auch lassen könnten. Dasjenige Bilden aber, von dem wir gesprochen haben, kann unter Voraussetzung eines Triebes, dergleichen dem Leben des Bewusstseyns wohl absolut zukommen dürfte, nicht unterlassen [anstatt "unterlassen" heißt es in der 1. Ausg. - 1817: "gelassen"] werden; es ist schlechthin nothwendig, und eben darum dringt sich auch sein Resultat uns auf. So haben wir auch, denk’ ich, die äussere Wahrnehmung abgeleitet." 19) Vgl. auch die Darlegungen dieser Abhandlung S. 101-104. 20) In philosophischer Hinsicht wird mit dem Begriff des Leibes jenes Moment bezeichnet, durch das das Ich in seiner Spontaneität unmittelbar auf die dieser Spontaneität entgegenstehende Hemmung einwirken und sie verändern kann. Vgl. auch Lauth: "Ethik", S. 84: "Unter ˇLeib wird hier jene Grenze verstanden, auf der die Spontaneität in unmittelbarem dynamischen Bezug zu dem sie Hemmenden steht, sei es, daß die Spontaneität durch die Hemmung bestimmt wird, sei es, daß sie die Hemmung bestimmt. Der Leib in dem hier verwendeten philosophischen Sinn fällt also nicht mit dem physiologischen Leib zusammen, in dem es Partien gibt, die nur mittelbar mit der Spontaneität zusammen hängen." Ebd. S. 61 und S. 64. 21) Vgl. dazu auch die Ausführungen in Fichte "WL nova methodo", S. 599 f, wo die Bestimmung des Leibes noch schärfer gefaßt ist: "Hier haben wir die Behauptung des transzendentalen Idealismus in ihrer vollen Kühnheit: Ich und mein Leib sind eins schlechterdings, nur verschieden angesehen. Ich, reines Ich in der höchsten Reinheit, und Ich als Leib sind ganz dasselbe. Der Unterschied, welcher uns erscheint, liegt bloß in der Verschiedenheit der Ansicht. Ich als das reinste in mir ist lediglich das mit dem reinsten Denken aufgefaßte; Ich als Leib bin dasselbe, nur aufgefaßt in der sinnlichen Anschauung [...], wodurch es materialisiert wird." 22) Vgl. dazu auch die Ausführungen in der Sittenlehre - Fichte SW Bd.IV, "Sittenlehre", S. 229, wo Fichte diesen Anspruch der Freiheit allerdings im Licht des Sittengesetzes sieht: "Die Selbstständigkeit, unser letztes Ziel, besteht, wie oft erinnert worden, darin, dass alles abhängig ist von mir, und ich nicht abhängig von irgend etwas; dass in meiner ganzen Sinnenwelt geschieht, was ich will, schlechthin und bloss dadurch, dass ich es will".
§ 10 Konstruktion des Überganges vom bloßen Begriff der Wirksamkeit zum realen Wirken selber
"Setzet nun, das Ich sey mit der Entwerfung dieses Begriffes seiner angestrebten Wirksamkeit und allen den Constructionen, wodurch dieser Begriff bedingt ist, vollkommen fertig; ist nun die wirkliche Causalität da, oder ist sie noch nicht da?" (II, 597) Diese von Fichte gestellte Frage ist bedeutsam, und sie muß beantwortet werden, wenn die intendierte Darstellung der Freiheit objektiven Charakter haben soll. Falls also durch den aufgestellten Begriff einer realen Wirksamkeit deren reale Wirklichkeit noch nicht unmittelbar durch das Denken mitgegeben ist, muß gezeigt werden, worin der Übergang vom bloßen Begriff zur realen Tathandlung besteht, und durch welche Momente er bedingt ist. Denn erst, wenn der in der gebundenen Vorstellung erscheinende Gehalt als durch die Freiheit bestimmt und bedingt vorgestellt werden kann, ist das angestrebte Werk der Freiheit vollendet. Zum leichteren Verständnis wird der bisherige Begriff noch einmal rekapituliert.
Die vorher angestellten Überlegungen mußte das Ich leisten, um sich als reales Vermögen der Wirksamkeit vorstellen zu können. Der zunächst nur reproduzierend gebildete empirische Gehalt sollte bhinsichtllch der durch das Erscheinen des absoluten "Seyns an sich" 1) aufgegebenen Vorstellung des Ichs von sich als freiem Prinzip als abhängig von der freien Sich-Vorstellung des Ichs vorgestellt werden. Denn das empirisch faktische Sein kann nicht auch gültig als absolut vorgestellt werden, da eine Begründung aus gegensätzlichen Absoluta sich widersprechen würde. Somit ist also die Bestimmtheit der empirischen Erscheinung nur als faktische Unbedingtheit in bezug auf ihr bloßes Erscheinen vorzustellen. Doch diese Erscheinung des empirisch faktischen Vorstellungsgehaltes kann ihrerseits nur als dem Ich aufgegeben, als in seine Freiheit gegeben, um darüber zu verfügen, gedacht werden. Das Ich ist aufgefordert, das faktische Sein seiner Vorstellung in ein durch Freiheit gestaltetes Sein der Vorstellung umzuwandeln. Um aber diese Verfügung, die ursprünglich nur als Aufgabe innerhalb des bloßen Begreifens besteht, durch die Freiheit real vorstellen zu können, muß sich das Ich selbst als sich in seiner Freiheit vermittelndes Vorstellen vorstellen. Diese Selbstvermittlung des Ichs hinsichtlich der der Freiheit aufgegebenen empirischen Vorstellung ist also an das reale Wirken der Freihelt gebunden, da das Faktum, wie bereits gesagt, zunächst als hinsichtlich seiner Bestimmtheit im gegebenen Gehalt unbedingtes Moment erscheint. Es erscheint zwar als aufgegebenes, doch ist es in diesem Aufgegebensein noch nicht real in seiner faktischen Bestimmtheit von der Freiheit betroffen. Die aufgegebene, freie Vermittlung muß das Ich also erst real vollziehen. Um aber diesen Vollzug wirklich leisten zu können, muß das Ich um die Bedingungen wissen, unter denen er möglich ist.
Es wurde bereits gezeigt, daß das unter der intentionalen Absicht des Ichs vorgestellte und im Bild eines materiellen Widerstandes gefaßte empirische Faktum begrifflich nicht so konzipiert werden kann, als ob die faktische, unbedingte Bestimmtheit des materiellen Widerstandes durch den bloßen Begriff einer Wirksamkeit verändert werden könnte; denn dann wäre dem vorgestellten Gehalt überaupt keine relative Eigenständigkeit zuzusprechen. Die faktische Unbedingtheit im Vorstellen wäre bloßer Schein, die faktische Beschränkung durch den Gehalt würde ihren objekiven Charakter verlieren, und alle Einbildungen wären dann rein subjektive Projektionen. Wenn aber dem empirischen Vorstellungsgehalt eine relative, faktische Eigenständigkeit zukommen soll, dann muß der in dieser Sphäre der gebundenen Vorstellung erscheinende Gehalt real durch die Freiheit verändert werden, um ihn so in ein durch die Freiheit bedingtes Verhältnis zu überführen. Um also in dem die Vorstellung faktisch determinierenden Bereich frei wirken zu können, muß sich das Ich selbst als in diesen Bereich versetzt begreifen, damit der durch die Freiheit im Begriff entworfene Plan einer Wirksamkeit durch das leiblich materielle Sein des Ichs realisiert und objektiv sichtbar wird. Der objektive Widerstand im Vorstellen soll durch objektives Setzen des Ichs vernichtet werden. Da nun der Bereich, in dem das im Bild des Widerstandes gefaßte Moment auftritt, die Vorstellung einer materiellen Welt ist, muß sich das Ich als reales Vermögen der Wirksamkeit als in diesen Bereich versetzt, vorstellen, um als organisierte Materie, d.h. als eine Materie, in der der sich selbst bewußte Wille unmittelbar wirken kann, die Realisierung der freien Darstellung zu bewirken. In diesem objektiven Wirken muß sich das Ich zugleich durch sinnliche Rezeptivität kontrollieren können; ansonsten wäre das freie Darstellen bloß blinder Aktionismus.
Ein Übergang vom unmittelbaren Sich-Vorstellen des Ichs als reales Wirksamkeitsvermögen zur objektiv anschaubaren Darstellung dieses Vermögens kann nicht gedacht werden, als allein durch den Begriff eines intentionalen Planes bewirkt, obwohl der im Begriff gefaßte Plan conditio sine qua non dieses Wirkens ist. Das Vorstellen einer durch die Freiheit bedingten Vorstellung im Bereich der äußeren Wahrnehmung, in der das im Wirken sich äußernde Wesen der Freiheit objektiv sichtbar werden soll, kann nur als eine über das bloße, begriffliche Vorstellen hinaus gehende, willentliche Setzung gedacht werden. Die Theorie des Wirkens vollendet sich also nur im wirklichen Handeln elber, und das Scheitern des bloßen Begriffs wird von diesem selbst begriffen. Das bloße Vorstellen verweist somit an eine, zwar unmittelbar durch den Begriff bewirkte, aber dennoch unbegriffliche, materielle Spontaneität eines äußerlich sichtbaren Leibes, durch den der intentionale Plan realisiert werden soll. Das Ich muß sich hinsichtlich der intentionalen Veränderung der in der Vorstellung eines materiellen Widerstandes gefaßten Außenwelt selbst als äußeres, real tätiges Prinzip vorstellen. "So, sage ich, muß das Ich erscheinen schlechthin a priori. Dass man wirke, erfährt man nicht; es findet davon keine Wahrnehmung statt, wie von einem Zustande, der ohne alles unser Zuthun ist. Die Wirksamkeit setzt ja einen frei und durch absolute Selbstthätigkeit entworfenen Begriff voraus. Dieser Begriff und die mögliche Wirksamkeit nach demselben werden ja innerlich angeschaut [...], eben als blosses Vermögen, sogar vor der wirklichen Vollziehung der entworfenen Causalität voraus, und schon in diesem durchgeführten und vollendeten Vorbilde einer solchen Wirksamkeit erscheint das Ich nothwendig als ein materielles Organ." (II, 596) Denn zufolge der aufgestellten Intention, sich zu veräußern, mußte sich das Ich als Vermögen begreifen, daß diese Veräußerung der Freiheit bewirkt.
Was also bisher gezeigt werden sollte - der Begriff, den das Ich von sich als realem Vermögen der Wirksamkeit erstellen muß -, faßt Fichte noch einmal in folgende Worte zusammen: "Der Begriff der angestrebten Wirksamkeit, das bestimmte Vorbild dieser Wirksamkeit selbst sollte entworfen werden. Dazu bedurfte es eines Bildes des Widerstandes, um auf denselben das Vermögen zu berechnen: so bedarf es wiederum eines Bildes des Vermögens, um auf dieses den Widerstand zu berechnen. Der Widerstand aber ist niedergelegt in der Materie, und so muss denn die Kraft in dasselbe Medium der Materie aufgenommen werden, damit eine solche Berechnung möglich sey." (II, 596)
Aus diesen Ausführungen folgt, daß die bis jetzt erstellte Konstruktion nur die begrifflichen Voraussetzungen, noch nicht aber das reale, tätige Handeln der vorgestellten Wirksamkeit gibt. Die Wirksamkeit ist also, wie Fichte sagen würde, bisher nur im "Bild" gefaßt worden.
"Setzet nun, das Ich sey mit der Entwerfung dieses Begriffes seiner angestrebten Wirksamkeit und allen den Constructionen, wodurch dieser Begriff bedingt ist, vollkommen fertig; ist nun die wirkliche Causalität da, oder ist sie noch nicht da?" (II, 597) - Diese schon zu Beginn des gegenwärtigen eKapitels gestellte Frage läßt sich jetzt mit Fichtes eigenen Worten recht klar beantworten: "Sie ist durch den allervollkommensten Begriff noch keinesweges da und gegeben, sondern sie ist nun nur erst vollkommen möglich." (II, 597) Die Wirklichkeit dieses Planes, die sich in einem objektiv sichtbaren Freiheitsprodukt niederschlagen müßte, ist also noch nicht erreicht.
Darum gilt es jetzt zu zeigen, wie diese geforderte Realität des Produktes der Wirksamkeit zu setzen ist, und "dass es [cf. das Ich] die entworfene Causalität aus dem begriffenen Anfangspuncte anheben kann, sobald es dieselbe eben anhebt, und dass es zu dieser Causalität keines Anderen weiter bedarf, denn seiner selbst." (II, 597) Es geht demnach darum, den Übergang von der vorgestellten, realen Möglichkeit zur konkreten Wirklichkeit der vorgestellten Wirksamkeit zu begreifen, ohne ihn jedoch durch dieses Begreifen schon zu vollziehen; denn auch durch das Begreifen des Überganges kann das anvisierte freie Produkt der Wirksamkeit nicht unmittelbar erstellt werden, da durch das bloß subjektive Projezieren des Überganges der reale Widerstand nicht gebrochen werden kann. Das ist, wie bereits gesagt, Aufgabe der wirklichen Tat.
Sonst muß das Ich in einen Zustand übergehen, wo das im Begriff vorgebildete Produkt ein von diesem unabhängiges Sein erhält, damit die Vorstellung, obzwar gebunden, dennoch Bestimmung durch Freiheit ist. "Ohne Zweifel ist dieser Üebergang des Ich zur wirklichen Causalität eine Veränderung seines dermaligen Zustandes. [...] Es hat dermalen seine Causalität nur im Begriffe; diese ist freilich durchaus bestimmt und vollendet; aber dieses Seyn ist nur im Gedanken, und es fällt weg, so wie die That des Denkens wegfällt, weil dadurch der Gedanke selbst wegfällt." (II, 597/8) Das unmittelbare Verhältnis von bildendem Vermögen und gebildetem Begriff der Wirksamkeit müßte also gelöst werden, damit das Produkt der Wirksamkeit eine relative Selbständigkeit erhält 2), ähnlich wie der in der Ebene der zunächst gebundenen Bestimmtheit der Vorstellung erscheinende, faktische Gehalt.
In dieser relativen Selbständigkeit müßte das objektivierte Produkt dem Ich erscheinen, als ein Sein, das die produktive Einbildungakraft des Ichs unmittelbar beschränkt, und das darum nicht mehr durch freies, unmittelbares Denken bzw. Bilden gehalten wird. Die geforderte Beschränkung gegenüber dem Vorstellen des Ichs ist dann gegeben, wenn dessen Produkt in den objektiven Bereich der Vorstellung versetzt wird, wodurch die freie Einbildungskraft unmittelbar gehemmt und schlechtweg beschränkt wird "Da nun eine solche Beschränkung durchaus unbedingt ist, so wird das Seyn, dessen im Zustande derselben man sich bewusst wird, gleichfalls vorgestellt als ein Unbedingtes, durch die Zurückziehung der Freiheit, durch die es ja nicht bedingt ist, keinesweges Aufzuhebendes." (II, 598 f)
Fichte formuliert die Aufgabe des Übergangs folgendermaßen: "Das Ich soll den Begriff seiner Wirksamkeit in der That vollziehen, heisst daher, es soll aus der Region des durch bloße Zurückaziehung der Freiheit zu vernichtenden Seyns, der Region der Begriffe, sich begeben in die Region der unmittelbar gebundenen Bildungskraft, in welcher alles ein festes und auf sich selbst ruhendes, beharrliches Seyn annimmt." (II, 599) Dieses Sein erhalten die Produkte der freien Wirksamkeit aber enur dadurch, daß das Ich in sich von einer durch den bloßen Begriff gestalteten Vorstellung zu einer leiblich materiellen Vorstellung seiner selbst übergeht, um durch den Leib als objektiv vermitteltes Organ auf den materiell vorgestellten Widerstand einzuwirken. "Also der Uebergang des Ich von dem blossen Denken einer möglichen Causalität zur wirklichen Vollziehung derselben besteht darin, dass es sich seiner ganzen Persönlichkeit nach von der Freiheit des blossen Begriffes befreit, und sich hingiebt in sein ursprüngliches Principseyn in der Region der absolut beschränkten Bildungskraft. Dieser Uebergang aber geschieht mit absoluter Freiheit." (II, 599) ) Die Umwandlung des Ichs als bloß begreifendes Setzen in ein real sich objektivierendes und handelndes Prinzip ist nur dadurch zu leisten, daß es sich als leibliche Spontaneität materialisiert; denn das Produkt soll ja eine (intentional bedingte) Modifikation des zunächst im Bilde eines Widerstandes gefaßten, empirischen Vorstellungsgehaltes sein. Diese kann allerdings nur durch materielles Sein selbst geleistet werden. "Was in die Region der absolut beschränkten Einbildungskraft fällt, erhält ein unbedingtes und beharrliches Seyn [...]. In diese Form fällt das Ich als materieller Leib, und darum ist dieses Seyn sein durchaus beharrliches." (II, 600) "In diese Region ist es als Substanz schon versetzt durch seinen materiellen Leib." (II, 599) Dieser Leib müßte nun zufolge des aufgestellten Begriffes der Wirksamkeit wirklich handeln. Der sich darstellen wollende Wille müßte sich in einer konkreten Handlung abschließen, damit der im Begriff gefaßte Plan, die Vorstellung als durch Freiheit gestaltet vorstellen zu wollen, realisiert wird.
Durch diese Veräußerung erhält das Produkt der Wirksamkeit, in dem sich nun konkret die zunächst nur schlechtweg postulierte Bedingtheit des empirischen Faktums durch die Freiheit ausdrückt, seine relative Selbständigkeit und kann nicht mehr durch eine bloße, begriffliche Veränderung aufgehoben werden. Das Ich wird also durch seinen objektivierten Willen im Bereich der äußeren Vorstellung beschränkt.
Doch darf diese Beschränkung, wie Fichte ausdrücklich betont, nicht als objektiver Mangel an freier Verfügbarkeit verstanden werden, was sie, von der bloßen Möglichkeit her gesehen, wirklich auch ist, sondern sie muß vielmehr gesehen werden als freie, reale Sich-Bestimmung der Freiheit, die in diesem Produkt objektiv niederlegt, was sie selbst will. Diese Beschränkung kann daher nur als Selbstbeschränkung des Ichs gewertet werden, die im ursprünglichen Willen, sich in seinem freien Vermögen zu realisieren, beschlossen lag. Diese Beschränkung der Freiheit durch sich selbst im Bereich der äußeren Vorstellung kann nur als ein Wille verstanden werden, der auf sich selbst zurückkommen will, auf sich selbst wirkt, und so an wirklicher Freiheit gewinnt "Den Uebergang des Ich aus dem blossen Begriffe zur wirkllchen Causalität kann man beschreiben als eine Bindung er vorher (zu einem freien Begriffe) gelösten Freiheit; man kann aber auch, wenn man bedenkt, dass der Begriff nur ein leeres Bild, die Wirksamkeit aber das wahrhaft Reale sey, diesen Uebergang betrachten als eine Befreiung von einer Leerheit, und Gewinnung einer höheren Frelheit". (II, 599)
Der Übergang von der einen Form in die andere kann nie bloß vorstellend, theoretisch, geleistet werden. Dieser Sachverhalt macht den Hiatus von bloß begriffllcher Möglichkelt und konkreter Wirklichkeit von der theoretischen Seite her recht deutlich. Nur durch das willentliche freie Übergehen des Ichs, sich intuierend, in sich selbst zu einem real handelnden, tätigen und leiblichen Prinzip ist die Überwindung des theoretischen Hiatus in einem handelnden Setzen möglich.
Damit ist das anfangs gestellte Problem, wie eine Vermittlung der Freiheit in dem ihr zur freien erfügung aufgegebenen, empirisch faktischen Vorstellungsbereich möglich ist, gelöst.
In diesen Ausführungen Fichtes ging es vorerst darum, die allgemeinen Bedingungen für eine Selbstvermittlung der Freiheit zu erstellen. Die Freiheit trägt in dieser Darstellung noch den Charakter einer reinen Willkürfreiheit: sie will, was sie will. Erst durch die Reflexion auf die eigentliche Bedeutung der in der Vermittlung niedergelegten Intentionalität kann gezeigt werden, daß der Freiheit Bedingungcn gesetzt sind, (wie das ja auch schon in dem Hinweis auf das "höhere Seyn der Freiheit" 4) innerhalb der Freiheit angedeutet wurde), durch die die Freiheit ihren bloß willkürlichen Charakter verlieren würde.
Zu bemerken wäre noch, daß in dieser Darstellung des Vermögens der Wirksamkeit, das sich in freien Produkten äußert, von Fichte hauptsächlich Artefakte angesprochen sind, welche durch ]manuelle Kraft erzeugt und durch den optischen Sinn erfaßt werden. Andere Möglichkeiten, wie z.B. die Verobjektivierung von Gedanken durch die gesprochene Sprache oder die Selbstdarstellung des Willen in der leiblichen Gestik bleiben hier mit ihren spezifischen Leistungen hinsichtlich einer intentionalen Vermittlung unerwähnt. Doch wird sich zeigen, daß auch sie bezüglich der noch zu erstellenden, interpersonalen Vermittlung von Bedeutung sind.
Anmerkungen:
1) Vgl dazu auch die vorhergehende systematische Abhandlung, § 8, S. 85-92. 2) Diese Selbständigkeit der Vorstellung ist deshalb nur relativ, weil der objektive Gehalt nur unter Voraussetzung des Vorstellungsvermögens aufgebaut werden kann; s. b. auch § 3, S. 12. 3) Beifügend erwähnt Fichte die psychologische Tatsache des Bewußt-Seins, "dass man in Gedanken jeden eEntschluss zurücknehmen kann; was aber gethan ist, ist gethan, und wir können es durchaus nicht ungeschehen denken, indem es unsere eigene Anschauung des Seyns unwiderruflich bindet." (II, 599) Das hat für die Produkte der Wirksamkeit des Ich folgende Konsequenz "So behalten auch seine Producte in der materiellen Welt ihr Daseyn, solange nur die Materie, die dadurch modificirt ist, bleibt, und können ihren Urheber in der Sinnenwelt Jahrhunderte überleben." (II, 600) Das Produkt des einmal objektivierten Entschlusses kann das Ich dann nur noch durch ein neuerliches Handeln verändern bzw. zerstören. 4) s.b. § 8, S. 81.
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