Das Verständnis von Offenbarung des 1. Vatikanischen Konzil
Dogmatische Konstitution "Dei Filius" über den kath. Glauben (1870)
Kap. 2. Die Offenbarung
Dieselbe heilige Mutter Kirche hält fest und lehrt, daß Gott, der Ursprung und das Ziel aller Dinge, mit dem natürlichen Licht der menschlichen Vernunft aus den geschaffenen Dingen gewiß erkannt werden kann; "das Unsichtbare an ihm wird nämlich seit der Erschaffung der Welt durch das, was gemacht ist, mit der Vernunft geschaut"(Röm 1,20): jedoch hat es seiner Weisheit und Güte gefallen, auf einem anderen, und zwar übernatürlichen Wege sich selbst und die ewigen Ratschlüsse seines Willens dem Menschengeschlecht zu offenbaren, wie der Apostel sagt: "Oftmals und auf vielfache Weise hat Gott einst zu den Vätern in den Propheten gesprochen: zuletzt hat er in diesen Tagen zu uns gesprochen in seinem Sohn"(Hebr 1,1f).
(DH 3004)
Zwar ist es dieser göttlichen Offenbarung zuzuschreiben, daß das, was an den göttlichen Dingen der menschlichen Vernunft an sich nicht unzugänglich ist, auch bei der gegenwärtigen Verfaßtheit des Menschengeschlechtes von allen ohne Schwierigkeiten, mit sicherer Gewißheit und ohne Beimischung eines Irrtums erkannt werden kann. Jedoch ist die Offenbarung nicht aus diesem Grund unbedingt notwendig zu nennen, sondern weil Gott aufgrund seiner unendlichen Güte den Menschen auf ein übernatürliches Ziel hinordnete, nämlich an den göttlichen Gütern teilzuhaben, die das Erkenntnisvermögen des menschlichen Geistes völlig übersteigen; denn "kein Auge hat gesehen, kein Ohr hat gehört, noch ist in das Herz eines Menschen gedrungen, was Gott denen bereitet hat, die ihn lieben"(1 Kor 2,9).
(DH 3005)
Kanon 2: Wer sagt, es sei unmöglich oder unnütz, daß der Mensch durch die göttliche Offenbarung über Gott und die ihm zu erweisende Verehrung belehrt werde; der sei mit dem Anathema belegt.
(DH 3027)
Diese übernatürliche Offenbarung ist nun nach dem vom heiligen Konzil von Trient erklärten Glauben der gesamten Kirche enthalten "in geschriebenen Büchern und ungeschriebenen Überlieferungen, die, von den Aposteln aus dem Munde Christi selbst empfangen oder von den Aposteln selbst auf Diktat des Heiligen Geistes gleichsam von Hand zu Hand weitergegeben, bis auf uns gekommen sind" (Konzil von Trient)
(DH 3006)
Kap. 3. Der Glaube
Da der Mensch ganz von Gott als seinem Schöpfer und Herrn abhängt und die geschaffene Vernunft der ungeschaffenen Wahrheit völlig unterworfen ist, sind wir gehalten, dem offenbarenden Gott im Glauben vollen Gehorsam des Verstandes und des Willens zu leisten. |