Humanum genus
Über Wesen und Gefahr der Freimaurerei
Enzyklika Papst Leo XIII.
vom 20. April 1884
Vorwort:
Die Enzyklika "Humanum genus" ist wohl die schärfste Verurteilung der Freimaurerei durch die katholische Kirche. In der am 20. April 1884 veröffentlichten Enzyklika bezeichnet Papst Leo XIII. die Freimaurer als Zerstörer des Gottesreichs und unterstellt ihnen die offene Absicht, den christlichen Völkern ihre Güter zu stehlen und die heilige Kirche zu zerstören. Er setzt damit die Verdammungsschriften gegen die Freimaurerei seiner Vorgänger fort, die erstmals durch Klemens XII. (*7.4.1652, + 8.2.1740) in der Konstitution „In eminenti“ vom 21. April 1738 zensuriert wurde. In "Eminenti" nennt Klemens XII. den Hauptangriffspunkt: Die Freimaurerei könne nur Schlechtes tun, da sie sonst nichts zu verbergen hätte. Zwischen 1738 und 1902 wurden siebzehn Enzykliken veröffentlicht, die sich gegen Geheimgesellschaften und die Freimaurerei stellten.
Die Redaktion veröffentlich die Enzyklika Leos XIII. aus zwei Gründen: Einmal, um den Lesern durch Gegenüberstellung der Hauptvorwürfe gegen die Freimaurer mit der bekannten heutigen geistig-gesellschaftlichen Realität die Möglichkeit zu geben, abzuwägen, ob und wie weit die geächteten Prinzipien unsere Zeit längstens bestimmen, und zum anderen, um zu erruieren, wieweit diese, die von Leo XIII. als freimaurerisch ausgewiesen wurden, bereits Eingang in unser eigenes Denken gefunden und sich darin wie selbstverständlich festgesetzt haben.
Eberhard Heller
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An alle Ehrwürdigen Brüder, die Patriarchen, Primaten, Erzbischöfe, Bischöfe, der katholischen Welt, welche in Gnade und Gemeinschaft mit dem Apostolischen Stuhle stehen. (Lateinischer Text: Leonis XIII. Pontificis Maximi Acta IV [1884]) )
Ehrwürdige Brüder! Heilsgruß und Apostolischen Segen!
I Einleitung
Das Reich Gottes und das Reich des Satans auf Erden
1 Nachdem das Menschengeschlecht durch den Neid des Teufels von Gott, dem Schöpfer und Spender der himmlischen Güter so kläglich abgefallen, hat es sich in zwei geschiedene und einander entgegengesetzte Lager geteilt; das eine kämpfte unausgesetzt für Wahrheit und Tugend, das andere für alles, was der Wahrheit und Tugend widerstreiten. – Das eine ist das Reich Gottes auf Erden, nämlich die wahre Kirche Christi; wer ihm wahrhaft und zu seinem Heile angehören will, der muss Gott und seinem Eingeborenen Sohne mit ganzer Seele und voller Hingebung seines Willens dienen. Das andere ist das Reich des Satans, dem alle jene botmäßig und zu eigen sind, welche dem verhängnisvollen Beispiele ihres Führers und unserer Stammeltern gefolgt sind, dem ewigen göttlichen Gesetze den Gehorsam verweigern und vieles mit Verachtung Gottes, ja vieles gegen Gott selbst zu unternehmen suchen.
2 Dieses zweifache Reich, das zwei Städten gleicht, die nach widerstrebenden Gesetzen widerstrebende Ziele verfolgen, hat Augustinus wohl erkannt und beschrieben und die wirkende Ursache beider in nachstehenden Worten feinsinnig und kurz zusammengefasst: Eine zweifache Liebe hat diese zwei Reiche gegründet, das irdische die Selbstsucht bis zur Verachtung Gottes, das himmlische dagegen die Gottesliebe bis zur Verachtung seiner selbst (1).
Die Gottlosen werden von der Freimaurerei unterstützt
In allen Jahrhunderten haben diese Reiche einander bekämpft mit verschiedenen Waffen und in verschiedener Weise, wenngleich nicht immer in gleich heftigem Anlaufe. In der Gegenwart jedoch scheinen die Anhänger des Bösen sich zu verabreden und insgesamt mit vollen Kräften anzustürmen, geleitet und unterstützt von der weitverbreiteten und gegliederten Gesellschaft der sogenannten Freimaurer. Denn schon halten diese ihre Pläne nicht mehr geheim und fordern höchst verwegen sich untereinander auf gegen den allmächtigen Gott; offen und ungescheut arbeiten sie daran, die Kirche zu vernichten und zwar in der Absicht, um, wenn es möglich wäre, die christlichen Völker aller Güter zu berauben, die ihnen durch unsern Heiland Jesus Christus zuteil geworden sind. – In dem wir diese Übel beklagen, müssen wir oft, von Liebe im Innersten bewegt, zu Gott rufen: Siehe, deine Feinde toben, und die dich hassen, erheben das Haupt. Über dein Volk fassen sie listige Anschläge und sinnen wider deine Heiligen. Sie sprechen: Kommet, lasset sie uns vertilgen aus dem Volke (2).
3 Bei dieser dringenden Gefahr, bei diesem grausamen und hartnäckigen Kampfe gegen das Christentum ist es Unsere Aufgabe, hinzuweisen auf den Ernst der Lage, kenntlich zu machen die Gegner, Widerstand zu leisten, soviel Wir vermögen, ihren listigen Plänen, damit nicht auf ewig zu Grunde gehen alle jene, deren Seelenheil Uns anvertraut ist, und auf dass Jesu Christi Reich, dessen Obhut Uns übergeben ward, nicht bloß Bestand habe und unversehrt fortdauere, sondern immer mehr wachse und überall auf der ganzen Erde sich ausbreite.
Die Päpste haben diese Sekte verurteilt - Klemens XII. bis Pius IX.
4 Die Römischen Päpste, Unsere Vorfahren, sorgfältig wachsam über das Heil des christlichen Volkes, haben diesen Todfeind alsbald erkannt, wer er sei, was er wolle, sowie er aus dem Dunkel geheimer Verschwörung heraustrat; und indem sie wohl wussten, was bevorsteht, haben sie Fürsten und Völkern gewissermaßen ein Zeichen gegeben und sie gemahnt, nicht von ihrer Arglist sich betrügen und fangen zu lassen.
5 Der erste, welcher auf die Gefahr hinwies, war Klemens XII. (3), dessen Konstitution von Benedikt XIV. (4) bestätigt und erneuert wurde. Ihrem Vorgange folgte Pius VII (5). Leo XII. fasste in der Apostolischen Konstitution „Quo graviora“ (6) zusammen, was seine Vorfahren in dieser Angelegenheit getan und bestimmt hatten und erklärte sie als gültig und rechtskräftig für alle Zeit. In demselben Sinne haben sich Pius VIII. (7), Gregor XVI. (8) und sehr oft Pius IX. (9) ausgesprochen.
6 Als nämlich die Sekte der Freimaurer nach ihrem Wesen und Charakter durch offenbare Merkmale sich zu erkennen gab, als man diese Angelegenheit untersucht, von ihren Gesetzen, Gebräuchen und Schriften Einsicht genommen hatte, wozu häufig das Zeugnis von Eingeweihten kam, da verkündete es dieser Apostolische Stuhl und erklärte öffentlich, es sei die Sekte der Freimaurer eine rechtswidrige und für die Kirche und Staat gleich verderbliche Verbindung, und er verbot unter Androhung jener besonders schweren Strafen, welche die Kirche über Schuldige zu verhängen pflegt, allen Gläubigen den Eintritt in dieselbe. Hierdurch erbittert, wähnten die Verbündeten, teils durch Verachtung, teils durch Verleumdung der Wucht dieser Aussprüche sich entziehen und dieselbe abschwächen zu können; sie klagten die Römischen Päpste an, dass ihre Entscheidungen ungerecht gewesen und das rechte Maß überschritten hätten. Auf solche Weise versuchten sie es, das Ansehen und Gewicht der Apostolischen Konstitutionen eines Klemens XII., Benedikt XIV., wie Pius VII. und Pius IX. bedeutungslos zu machen. Doch es fehlte unter den Mitgliedern der Sekte selbst nicht an solchen, die sogar gegen ihren Willen eingestanden, dass im Hinblick auf die katholische Lehre und Lebensordnung die Römischen Päpste in allem diesem nach Recht und Gerechtigkeit gehandelt haben. Auch verschiedene Fürsten und Regierungen gaben den Päpsten hierin ihre volle Zustimmung, indem sie teils Sorge trugen, dass die Sekte der Freimaurer bei dem Heiligen Stuhle angeklagt wurde, teils ihrerseits durch das Gesetz sie für staatsgefährlich erklärten, wie dies in Holland, Österreich, in der Schweiz, Spanien, Bayern, Savoyen und anderen Ländern Italiens geschehen ist.
Die Regierungen haben nicht immer und überall den nötigen Ernst gehabt
7 Wie vorsichtig Unsere Vorfahren in dieser Beziehung gehandelt, hat die Folgezeit bewiesen, worauf wir darum unser besonderes Augenmerk zu richten haben. Ihre väterlichen Bemühungen und Fürsorge hatten nämlich nicht zu jeder Zeit noch überall den gewünschten Erfolg; hiervon war Ursache teils die List und Verstellung der Schuldigen selbst, teils der Mangel an Ernst bei jenen, denen vor allen anderen hätte daran gelegen sein müssen, ein wachsames Auge zu haben. So ist es denn gekommen, dass im Laufe von anderthalbhundert Jahren die Sekte der Freimaurer eine über alle Erwartung große Ausbreitung gewann, und indem sie keck und listig in alle Ordnungen des Gemeinwesens sich eindrängte, erlangte sie eine solche Macht, dass sie nahezu die Oberherrschaft in den Staaten zu haben scheint. So rasch und so furchtbar hat sich das Verderben entwickelt, das Unsere Vorfahren lange vorausgesehen hatten, und das nun die Kirche, die Gewalt der Fürsten und die öffentliche Wohlfahrt bedroht. Denn soweit ist es gekommen, dass für die Zukunft alles zu befürchten ist, nicht zwar für die Kirche, die auf einem zu festen Grund gebaut ist, als dass sie von Menschenhand könnte erschüttert werden, sondern für jene Staaten, in welchen die Freimaurerei mächtig ist, oder ähnliche Sekten, die im Dienste jener arbeiten und tätig sind.
8 Sobald Wir darum die Regierung der Kirche übernommen haben, war es unsere feste Überzeugung, Wir müssten durch das Gewicht Unserer Autorität diesem Übel soviel als möglich Widerstand leisten. – In der Tat haben Wir bei gegebener Gelegenheit gewisse hervorragende Grundsätze beleuchtet, auf welche die freimaurerischen Meinungen am meisten Einfluss hatten. So haben Wir in Unserem Rundschreiben „Quod Apostolici muneris“ es unternommen, die Ungeheuerlichkeiten der Sozialisten und Kommunisten zu widerlegen; in einem anderen „Arcanum“ suchten Wir den wahren und richtigen Begriff der häuslichen Gesellschaft, welche in der Ehe ihre Quelle und ihren Ursprung hat, festzusetzen und zu verteidigen; in jenem das mit „Diuturnum“ beginnt, haben Wir das Musterbild der politischen Gewalt nach den Grundsätzen der christlichen Weisheit entworfen und dargestellt, wie es mit der Natur selbst, dem Heile von Fürsten und Völkern in wunderbarem Einklange steht. Nun aber haben Wir beschlossen, nach dem Beispiele Unserer Vorfahren die Sekte der Freimaurer selbst geradezu ins Auge zu fassen, ihre gesamte Lehre, Pläne, Denk- und Handlungsweise, und dadurch mehr und mehr ihre verderbliche Macht in klares Licht zu setzen und die Völker vor Ansteckung durch diese verhängnisvolle Pest zu bewahren.
II. Das Wesen der Freimaurerei
Sie ist eine geheime Gesellschaft
9 Alle jene mannigfaltigen Sekten, wenngleich nach Namen, Gebräuchen, Form und Ursprung verschieden, stehen doch miteinander im Zusammenhange durch eine gewisse Gemeinsamkeit ihres Zweckes und Ähnlichkeit ihrer Grundanschauungen, sind darum sachlich mit jener der Freimaurer eins; diese bilden gleichsam den Mittelpunkt, von wo alle ausgehen, wohin alle zurückkehren. Obschon sie gegenwärtig, wie es den Anschein hat, durchaus nicht mehr die Verborgenheit suchen, ihre Versammlungen vielmehr am hellen Tage und vor aller Augen abhalten, ihre Zeitschriften veröffentlichen, so bewahren sie doch, näher betrachtet, das Wesen und den Charakter geheimer Gesellschaften. Es ist nämlich verschiedenes bei ihnen von Geheimnissen umgeben, welche nicht bloß vor den Fremden, sondern auch vor sehr vielen unter den Mitgliedern selbst nach ihren Gesetzen mit größter Sorgfalt gewahrt werden. Hierher gehören ihre geheimsten und letzten Pläne, die obersten Vorstände der Abteilungen, gewisse verborgene Zusammenkünfte der Abteilungen, gewisse verborgene Zusammenkünfte der am meisten Eingeweihten; dasselbe gilt von ihren Beschlüssen und der Art und Weise, sie zur Ausführung zu bringen. Zu diesem Zwecke gibt es unter den Brüdern eine große Verschiedenheit in den Rechten, Ämtern und Obliegenheiten, bestimmte Abstufung in Graden und eine strenge Disziplin, welcher alle unterworfen sind. Die Eintretenden müssen geloben, ja meistens mit einem besondern Eide beschwören, dass sie niemals noch in irgend einer Weise ihre Brüder, Erkennungszeichen, Lehren, verraten wollen. So suchen die Freimaurer unter erlogenem Scheine und in der nämlichen heuchlerischen Weise, wie ehedem die Manichäer, verborgen zu bleiben und niemand anderen zu Zeugen zu haben als die Ihrigen. Unter dem Namen von Freunden der Literatur und der Wissenschaft, die sich zu gelehrten Zwecken vereinigt haben, verstehen sie es trefflich, sich zu verstecken; wenn man sie reden hört, so ist es ihnen zu tun um Förderung höherer Bildung, um Bestrebungen zum Besten des Niederen Volkes; sie haben nichts anderes im Auge, als das Beste des Volkes und die größtmögliche Verbreitung aller staatlichen Wohltaten. Wäre aber auch alles dieses wahr, so ist doch ihre Tätigkeit hierauf allein durchaus nicht beschränkt. Wer immer einmal beigetreten ist, muss außerdem versprechen und dafür einstehen, dass er den Führern und Meistern aufs Wort folgen will in höchstem Gehorsam und in Treue; dass er, bereit auf jeden Wink und jedes Zeichen, das Befohlene ausführen will, dass er im Falle des Ungehorsams auch das Härteste und selbst den Tod dulden will. In der Tat wird die Todesstrafe nicht selten an denen vollzogen, über welche wegen Verrat des Geheimnisses oder Ungehorsam dieselbe ausgesprochen wurde, und zwar so keck und gewandt, dass häufig der Meuchelmörder dem wachsamen Auge der strafenden Gerechtigkeit entrinnt. – Heucheln und im Dunkel verborgen bleiben wollen, andere Sklaven gleich mit den stärksten Banden an sich fesseln, ohne dass diese den Grund hiervon klar erkennen, sie nach fremder Willkür zum Werkzeug jeglichen Frevels gebrauchen, ihnen den Mordstahl in die Hand drücken unter dem Vorwande der Straflosigkeit – das ist eine Ungeheuerlichkeit, die der Natur durchaus widerstreitet. Darum beweisen die gesunde Vernunft und die Natur der Sache selbst, dass die Gesellschaft, von der wir reden, im Widerspruch steht zur Gerechtigkeit und natürlichen Sittlichkeit.
Ihr Fundament ist der Naturalismus
Sie will das Christentum stürzen
10 Eben dieses erhellt noch klarer aus folgenden Gründen. Mögen auch List und Verlogenheit in der Welt noch so groß sein, so muss doch notwendig in den Wirkungen die Natur der Ursache sich offenbaren, aus der jene hervorgegangen sind. Ein guter Baum kann keine bösen Früchte bringen, noch ein böser Baum gute Früchte (10). Es bringt aber die Freimaurersekte verderbliche und sehr bittere Früchte. Denn aus den unbestreitbaren Kennzeichen, von denen oben die Rede war, ergibt sich sichtlich, was das letzte Ziel ist bei allen ihren Plänen: die gesamte religiöse und staatliche Ordnung, nämlich wie sie das Christentum begründet hat, von Grund auf zu stürzen und nach ihrem Gutdünken eine neue zu schaffen auf Grund der Anschauungen und Gesetze des Naturalismus.
11 Was Wir hier sagen und noch sagen werden, ist von der Freimaurersekte im allgemeinen zu verstehen und den ihr verwandten und verbündeten Gesellschaften, nicht aber von den einzelnen Mitgliedern. Deren mögen nicht wenige sein, die allerdings nicht ohne Schuld sich mit diesen Gesellschaften eingelassen haben, aber doch weder persönlich an solchen Freveltaten sich beteiligt, noch auch die letzten Ziele derselben kennen. Ebenso billigen vielleicht einige von diesen Gesell-schaften durchaus nicht jene äußersten Folgerungen, welche sie, weil in notwendiger Konsequenz aus jenen allgemeinen Grundsätzen sich ergebend, annehmen müssten, wenn nicht die Abscheulichkeit des Verbrechens durch seine Hässlichkeit sie abstoßen würde. Auch finden es manche von ihnen im Hinblick auf die Orts- und Zeitverhältnisse rätlicher, nicht bis zum Äußersten zu gehen, wenngleich sie es wünschten und andere so zu handeln gewöhnt sind; darum gehören sie aber doch dem Freimaurerverbunde an; denn nicht nach den Taten, die er vollbracht, sondern nach seinen wesentlichen Grundsätzen muss er beurteilt werden.
Ihr oberster Grundsatz: Die menschliche Natur ist oberste Richtschnur des Lebens
12 Oberster Grundsatz der Naturalisten, wie dies schon ihr Name besagt, ist der, es müsse die menschliche Natur und die menschliche Vernunft in allem oberste Richtschnur und Lehrerin sein. Hieraus ergibt sich, dass sie um die Pflichten gegen Gott sich nicht sehr kümmern oder sie entstellen durch irrige und wechselnde Meinungen. Sie leugnen nämlich jede göttliche Offenbarung und ver-werfen jedwedes religiöses Dogma; nach ihnen gibt es keine Wahrheit, die des Menschen Vernunft überschreitet, keinen Lehrer, der kraft seines Amtes das Recht hätte, Glauben von uns zu fordern. Da es nun aber das besondere Recht der katholischen Kirche ist, das ihr allein zukommt, die von Gott empfangenen Lehren und ihre lehramtliche Autorität samt allen übrigen zum Heile notwendigen Gnadenmittel vollständig zu bewahren und unversehrt zu erhalten, darum gilt ihr ganz besonders der grimmige Kampf der Feinde.
Die Kirche wird von ihr geknebelt
13 Betrachten wir nun das Verfahren der Freimaurersekte in religiösen Fragen, besonders da, wo sie sich freier bewegen kann, so ergibt sich, dass sie die Anschauungen der Naturalisten geradezu verwirklichen zu wollen scheint. Ist sie doch unermüdet und seit langer Zeit bestrebt, das Lehramt der Kirche und ihre Autorität im Staate zu untergraben, weswegen man öffentlich nicht Angelegentlicheres zu verkünden hat, als die Notwendigkeit einer vollständigen Trennung von Kirche und Staat. Hierdurch hält sie den höchst wohltätigen Einfluss der katholischen Religion von der Gesetzgebung und Verwaltung des Staates ferne und glaubt demgemäss das gesamte Staatswesen ohne jedwede Bezugsnahme auf die Kirche, ihre Institutionen und Lehren, ordnen zu können.
14 Doch es ist ihnen nicht genug, die Kirche, diese beste Führerin, zu verdrängen, sondern sie feinden noch dazu an und schädigen sie. Ungestraft greift man in Rede, Schrift und Lehrvorträgen selbst die Fundamente der katholischen Lehre an; weder die Rechte der katholischen Kirche werden anerkannt, noch die Ämter, die sie von Gott empfangen, und zwar durch Gesetze, die dem Scheine nach weniger gewalttätig, in der Tat aber recht geeignet sind, ihre Freiheit zu hemmen. Der Klerus leidet unter schweren Ausnahmegesetzen, so dass von Tag zu Tag er an Anzahl abnimmt und seine notwendigsten Subsistenzmittel sich verringern; was von dem Kirchengute noch übrig ist, ist durch drückende Maßregeln gebunden der Gewalt und Willkür der staatlichen Verwalter ausgeliefert; die religiösen Genossenschaften sind aufgehoben und zerstreut.
Der römische Papst wird auf das heftigste angegriffen
15 Der Heilige Stuhl aber und der Römische Papst wird seit langem aufs heftigste bekämpft. Zuerst hat man ihn unter falschen Vorwänden seiner weltlichen Herrschaft beraubt, die ein Hort seines Rechtes und seiner Freiheit war; bald hierauf hat man ihn in eine harte Lage versetzt, durch Schwierigkeiten aller Art in unerträglicher Weise bedrängt, bis man da ankam, wo wir jetzt stehen, und die Sektenhäupter, was sie vordem lange im Verborgenen geplant hatten, nun offen aussprechen, es müsste die heilige Gewalt der Päpste vernichtet und das kraft des göttlichen Rechtes eingesetzte Papsttum selbst von Grund aus zerstört werden. Hätten wir auch sonst keine Beweise für diese Absichten, so bezeugen dies jene, welche in die Sekte eingeweiht sind, von denen sehr viele früher schon und auch in neuester Zeit dies als den wahren Plan der Maurer erklärten, die katholische Kirche auf's äußerste zu bekämpfen, und nicht zu ruhen, bis sie alles ausgerottet hätten, was immer die Päpste zum Besten der Religion gegründet haben.
Die Religion wird in das Belieben des einzelnen gestellt
16 Zwar werden jene, welche in der Sekte Aufnahme finden, keineswegs mit ausdrücklichen Worten gezwungen, ihrem katholischen Glauben abzuschwören; doch dies widerspricht keineswegs den Plänen der Mauerer, sondern ist vielmehr ihnen dienlich. Denn vorerst täuschen sie leicht durch solches Verfahren die Unbefangenen und Unbehutsamen und locken noch mehrere andere an. Indem sie sodann Bekenner jeder Religion ohne Unterschied aufnehmen, tragen sie tatsächlich viel dazu bei, den Hauptirrtum unserer Zeit zu verbreiten, die Religion sei dem Belieben des Einzelnen anheimgestellt, und es gebe keinen Unterschied unter den verschiedenen Religionsformen. Eine solche Anschauung führt geradezu zum Untergange jedweder Religion, besonders aber der katholischen, welche, da sie unter allen übrigen die allein wahre ist, ohne höchstes Anrecht nicht den andren gleichgestellt werden kann.
Selbst natürliche Wahrheiten werden von ihr preisgegeben
17 Doch die Naturalisten bleiben hierbei nicht stehen. Da sie in den höchsten Fragen unbesonnen einen falschen Weg eingeschlagen haben, so gelangen sie in raschem Fortgange zum Äußersten, sei es in Folge der Schwäche der menschlichen Natur, sei es nach Gottes Gericht, das über ihren Stolz gerechte Strafe verhängt. So kommt es denn, dass auch das für sie ungewiss und zweifelhaft wird, was der Mensch in dem natürlichen Licht seiner Vernunft erkennt, wie das Dasein Gottes, die Immaterialität, Geistigkeit und Unsterblichkeit der Seele. – Auch die Sekte der Freimaurer scheitert auf ihrer Irrfahrt an denselben Klippen. Denn wenn sie auch im allgemeinen das Dasein Gottes annehmen, so legen sie doch selbst dafür Zeugnis ab, dass ihr Geist hierfür keine feste und unerschütterliche Gewissheit hat. Denn sie selbst gestehen, dass gerade diese Frage über das Dasein Gottes bei ihnen ganz besonders Grund und Anlass zu Uneinigkeiten ist; ja es ist bekannt, dass vor nicht langer Zeit über diese Frage heftig unter ihnen gestritten wurde. In der Tat gestattet die Sekte in diesem Punkte den Brüdern große Freiheit: dass es einen Gott gebe oder nicht, mag ein jeder nach Belieben behaupten. Jene, welche unverhohlen behaupten, es gebe keinen Gott, werden ebenso leicht aufgenommen, als die anderen, welche zwar das Dasein Gottes zugeben, aber eine falsche Vorstellung von ihm haben, wie die Pantheisten ihn sich denken. Es heißt dies, von Gott einen gewissen widerspruchsvollen Schein noch beizubehalten, in Wahrheit aber ihn leugnen.
18 Ist dieses stärkste Fundament zerstört und gefallen, so muss folgerichtig auch alles Übrige wanken, was wir schon von Natur aus belehrt erkennen, nämlich die Erschaffung aller Dinge durch Gottes freien Willen, die allwaltende Weltregierung, die Unsterblichkeit der Seelen, das ewige Leben, welches dermaleinst auf dieses irdische Dasein folgen wird.
Die natürliche Sittlichkeit gerät ins Schwanken; religionslose Erziehung
19 Sind nun aber diese fundamentalen Wahrheiten verloren gegangen, welche uns von Natur aus gegeben sind als die obersten Grundsätze für Erkennen und Leben, so erhellet leichthin, welcher Art die Sitten sind im öffentlichen wie im Privatleben. – Jene höheren Tugenden, welche ohne Gottes besondere Gnade und Beistand niemand erlangen noch üben kann, wollen Wir mit Stillschweigen übergehen; von diesen kann dort wahrhaftig keine Spur sein, wo man die Erlösung des Menschengeschlechtes, die himmlische Gnade, die Sakramente und die dereinstige Seligkeit im Jenseits nicht kennt und zurückweist. – Wir wollen nur reden von den Pflichten der natürlichen Sittlichkeit. Gott der Weltschöpfer und ihr weiser Regierer; das ewige Gesetz, welches gebietet, die Ordnung der Natur zu wahren, verbietet, sie zu stören; das letzte Ziel des Menschen, das jenseits liegt über allem Irdischen und Vergänglichen – das sind die Quellen und obersten Grundsätze allen Rechtes und aller Sitte.
Werden diese geleugnet, wie es von Seiten der Naturalisten und Freimaurer geschieht, so gibt es alsbald für die Erkenntnis von Recht und Unrecht keinen festen und unangreifbaren Haltepunkt mehr. In der Tat, die sittliche Erziehung, welche die Sekte der Freimaurer allein noch gutheißt und billigt, in der die Jugend herangebildet werden soll, ist die sogenannte rein weltliche, unabhängige und freie, d.h. alles Einflusses der Religion bare. Wie dürftig aber eine solche ist, wie kraftlos, wie schwankend bei jedem Hauch der Leidenschaften, das haben ihre bereits offenbaren und beklagenswerten Früchte hinlänglich dargetan. Denn wo immer jene ungehindert sich geltend machte, und die christliche Erziehung weichen musste, da schwanden alsbald die guten und reinen Sitten, Ungeheuerliches wurde behauptet, Verwegenheit und Missetat nahmen raschen Schrittes zu. Allgemein beklagt und bedauert man dieses, ja selbst nicht wenige von denen, die es am wenigsten gestehen möchten, legen im Angesicht der Tatsachen hierfür Zeugnis ab.
Sie leugnet die Erbsünde und die Pflicht zur Selbstzucht
20 Da außerdem die menschliche Natur, von der Erbsünde befleckt, eben darum vielmehr zum Laster hinneigt als zur Tugend, so fordert ein sittliches Leben vor allem dieses, dass wir die niederen Triebe bezwingen und die Begierden der Vernunft unterwerfen. In diesem Kampfe heißt es nicht selten, das Irdische verschmähen und die größten Anstrengungen und Beschwerden nicht scheuen, damit die Vernunft die ihr gebührende Herrschaft bewahre. Da nun aber die Naturalisten und Maurer der göttlichen Offenbarung nicht glauben, so leugnen sie auch den Sündenfall der Stammeltern, leugnen, dass „Die Willensfreiheit geschwächt und geneigt sei“10. Sie übertreiben vielmehr die Kraft und Vortrefflichkeit der menschlichen Natur, erkennen in ihr allein den Grund und das Maß aller Gerechtigkeit und denken gar nicht daran, dass es zur Bezwingung der niederen Triebe und Regelung der Begierden steten, nie ermüdenden Kampf kostet.
Wir sehen daher, wie man überall in der Öffentlichkeit so viele Reizmittel zum Bösen anbietet: Zeitschriften und Erzählungen ohne jedwede Scham noch Scheu, Schauspiele, die sich hervortun durch Zügellosigkeit, eine Kunst, welche einem falschen sogenannten Realismus ihre Motive entnimmt, einen übertriebenen, verweichlichenden Luxus, kurz alles, was dazu dient, die Leidenschaften zu erregen und die Tugend einzuschläfern und zu entnerven. Wohl ist solches ein schmähliches Beginnen; aber folgerichtig handeln diese, da sie keine Hoffnung auf himmlische Güter mehr haben, ihr ganzes Glück in diesen vergänglichen Gütern suchen und im Irdischen gewissermaßen untergehen. Was Wir gesagt haben, wird bestätigt durch eine Tatsache, die an sich nicht überrascht, sondern nur dadurch, dass man es wagt, sie auszusprechen. Da nämlich schlauen und verschlagenen Menschen niemand sklavischer zu gehorchen pflegt, als jene, welche die Leidenschaft entnervt und gebrochen hat, so haben sich in der Freimaurersekte Leute gefunden, die öffentlich den Vorschlag machten, planmäßig und mit Bedacht dahin zu wirken, um eine grenzenlose Zügellosigkeit in allen Lastern unter der Menge zu verbreiten; denn dadurch würde sie ihnen ganz zu eigen und willenlos bereit sein zu jedem Frevel.
Sie treten für die Zivilehe und Ehescheidung ein; der Geistliche soll aus der Schule ausgeschlossen werden
21 Was die häusliche Gesellschaft betrifft, so lässt sich die Lehre der Naturalisten in Folgendem ungefähr kurz zusammenfassen. Die Ehe ist nach ihnen ein Vertrag und kann nach dem Willen jener, die ihn eingegangen, wieder rechtlich gelöst werden; auch in Bezug auf das Band ist sie der bürgerlichen Gewalt unterstellt. Bezüglich der Erziehung gilt als fester und unbestrittener Grundsatz, dass in keinem bestimmten Religionsbekenntnis Unterricht erteilt werden soll; einem jeden soll es unbenommen bleiben, in reiferen Jahren nach Gutdünken zu wählen. Dies ist auch die Meinung der Maurer; sie stimmen ihr nicht bloß zu, sondern suchen sie auch im Leben geltend zu machen. In vielen, selbst katholischen Gegenden ist gesetzlich verordnet, dass eine Ehe ohne bürgerlichen Erlass als eine rechtswidrige nicht anerkannt wird; an anderen Orten ist die Ehescheidung erlaubt, und wieder an anderen gibt man sich Mühe, die Erlaubtheit zu erwirken. So kommt es allmählich dahin, dass das Wesen der Ehe ein gänzlich anderes wird, das heißt eine wandelbare und flüchtige Verbindung, welche die Leidenschaft bald schließt und bald wieder trennt.
Darin aber sind die Freimaurer alle in höchster Weise einig, dass sie darnach streben, den Jugendunterricht an sich zu reißen. Dem weichen und schmiegsamen Alter gedenken sie leicht die ihnen beliebige Richtung geben zu können; und sie halten dies für den besten Weg, Bürger der Zukunft in ihrem Sinne zu gewinnen. Darum wollen sie in Erziehung und Unterricht der Jugend den Dienern der Kirche zum Zwecke der Lehre und Aufsicht keine Mitwirkung gestatten, und an vielen Orten haben sie es bereits dahin gebracht, dass der gesamte Jugendunterricht von Laien gegeben wird, und die großen und hochheiligen Pflichten, welche den Menschen mit Gott verbinden, auf die sittliche Bildung keinen Einfluss mehr haben.
Jeder habe dasselbe Recht und die Gewalt stamme vom Volke
22 Auf dem Gebiete des Staatslebens gilt es den Naturalisten als Grundsatz, es hätten alle Menschen dasselbe Recht und sie seien nach jeder Beziehung hin vollkommen einander gleich; ein jeder ist nach ihnen von Natur aus frei, keiner hat ein Recht, dem andern zu gebieten; Gehorsam fordern einer Autorität gegenüber, die nicht von ihnen ausgegangen, das, sagen sie, heiße so viel, als einem Gewalt antun. Alles ruht nach ihnen auf dem freien Volke; die Regierung habe ihre Gewalt im Auftrage oder in Übereinstimmung mit dem Volke, so dass, wenn dieses seine Meinung ändert, es die Fürsten auch gegen ihren Willen ihrer Gewalt entsetzen kann. Die Quelle aller Rechte und Pflichten der Bürger sei entweder die Menge oder die Regierung, insofern sie die neuesten Theorien aufgenommen hat. Außerdem fordern sie einen Staat ohne Gott; keine der verschiedenen Religionsformen sei berechtigt, dass man sie der andern vorziehe, es hätten vielmehr alle gleiche Bedeutung.
23 Dass aber die Maurer solche Grundsätze sich aneignen, und von ihnen geleitet die Verfassung der Staaten umgestalten wollen, ist so offenkundig, dass es keines Beweises bedarf. Denn schon längst setzen sie bekanntermaßen alles daran, und bieten alle Mittel hiefür auf; eben dadurch bahnen sie aber auch jenen zahlreichen tollkühnen Menschen den Weg, noch weiter fortzuschreiten und in Aufhebung aller Stände und Vermögensunterschiede im Staate Gleichheit und Gemeinschaft aller Güter zu verkünden.
III Die Gefahren der Freimaurerei
Sie will die Wohltaten Christi vernichten
24 So geht denn aus dem, was wir in festen Grundzügen dargelegt haben, zur Genüge hervor, was die Freimaurersekte ist und welches ihre Bestrebungen sind. So sehr und so offenkundig stehen ihre wichtigsten Lehrsätze mit der Vernunft in Widerspruch, dass ein größerer kaum gedacht werden kann. Denn die Religion und Kirche zerstören wollen, die Gott gegründet und auf immer schirmt, das Heidentum mit seinen Sitten und Gebräuchen nach achtzehnjahrhundert Jahren wieder zurückführen wollen, das ist doch ein Beweis von ganz außerordentlicher Torheit und gottlosem Frevel. Aber auch das ist ebenso erschrecklich und unerträglich, dass man die Wohltaten von sich weist, die Jesus Christus nicht bloß den Einzelnen, sondern auch der häuslichen Gesellschaft sowohl wie der staatlichen durch seine Gnade erwiesen hat, deren Größe selbst von den Feinden bezeugt und anerkannt wird. In solchen wahnwitzigen und finsteren Bestrebungen scheint sich gewissermaßen zu offenbaren des Satans unaustilgbarer Hass und Rachedurst gegen Jesus Christus.
Sie bereitet dem Menschengeschlechte den Untergang
Und wenn die Maurer eifrigst darnach trachten, die Fundamente zu zerstören, auf denen alle Gerechtigkeit und Sittlichkeit ruht, und sich auf die Seite jener zu stellen, die jede tierische Luft für erlaubt erklären möchten, so ist dies nichts anderes, als dem Menschengeschlecht den Untergang in Schmach und Schande bereiten.
Sie ist eine Gefahr für die Familie
Noch mehr Gefahren bringen ihre Pläne gegen die häusliche und bürgerliche Gesellschaft. Wie Wir nämlich früher schon auseinandergesetzt haben, hat die Ehe nach dem übereinstimmenden Zeugnisse aller Völker und Zeiten eine heilige und religiöse Weihe, und es verbietet das göttliche Gesetz, den Ehebund zu zerreißen. Wenn aber die Ehe ihren heiligen Charakter verliert, wenn Ehescheidung erlaubt ist, dann tritt eine Störung ein in der Familie und Verwirrung, dann verliert das Weib seine Würde, den Kindern ist weder ihr Vermögen noch die Zukunft überhaupt mehr gesichert.
Sie unterwühlt den Staat.
Ein Staat ohne Gott ist ein Frevel
Die Religion aber aus dem öffentlichen Leben gänzlich verbannen, und in der bürgerlichen Gesetzgebung und Regierung ganz von Gott absehen, gleichsam als gebe es keinen Gott, das ist ein selbst den Heiden unerhörter Frevel; denn diese hatten eine so tiefe und feste Überzeugung nicht bloß von den Göttern, sondern auch von der Notwendigkeit einer öffentlichen Religionsausübung, dass sie sich eher eine Stadt ohne Fundamente als ohne Gott vorstellen konnten. In der Tat, die menschliche Gesellschaft, für welche wir von Natur aus bestimmt sind, ist von Gott, dem Urheber der Natur, ausgegangen; er ist Quelle und Grund all´ der zahllosen Güter, die wir immerdar durch sie empfangen. Wie darum dem Drange der Natur gemäß jeder Einzelne Gott eine religiöse Verehrung erweist, von dem er das Leben und alles Gute, was er zugleich mit diesem empfing, erhalten hat, ebenso verhält es sich mit den Völkern und Staaten. Wer darum die bürgerliche Gesellschaft jeder religiösen Pflicht entbindet, der handelt nicht bloß ungerecht, sondern auch töricht und ungereimt.
Der rechtmäßige Träger der Gewalt ist ein Diener Gottes
25 Da nun aber der Mensch nach Gottes Willen von Natur aus für das Zusammenleben in der bürgerlichen Gesellschaft bestimmt ist, die politische Gewalt aber das Band bildet, ohne das diese augenblicklich auseinander fällt, so geht die obrigkeitliche Gewalt notwendig auch von dem aus, der die Gesellschaft selbst gegründet hat. Weithin ist der Träger dieser Gewalt, wer immer er auch sein mag, Gottes Diener. So liegt es im Zweck und Wesen der bürgerlichen Gewalt, dass sie der rechtmäßigen Gewalt, wenn sie Gerechtes befiehlt, Gehorsam leisten gerade so wie Gott, dessen Vorsehung alles leitet, und es ist durchaus irrig, dass dem Volke es freistehe, den Gehorsam nach Belieben zu verweigern.
Die behauptete Gleichheit ist der Ruin des Staates
26 Was die Behauptung einer allgemeinen Gleichheit unter den Menschen angeht, so ist diese Behauptung vollständig wahr, wenn wir unser Geschlecht und unsere gemeinsame Natur, das letzte Ziel, nach dem alle streben sollen, sowie die Rechte und Pflichten betrachten, die hieraus fließen. Da aber die natürlichen Fähigkeiten aller nicht gleich sein können, einer von dem andern sich unterscheidet an Geistes- und Leibeskraft, und die Sitten, Bestrebungen und Naturelle gar verschieden sind, so widerstreitet nichts so sehr der Vernunft, als alle ohne Unterschied in einem abstrakten Begriff zusammenzufassen und nach dieser unbedingten Gleichheitstheorie ein Staatswesen begründen zu wollen. Wie der vollkommene Leib aus der organischen Verbindung der verschiedenen Glieder besteht, welche nach Gestalt und Tätigkeit von einander abweichen, im ganzen aber und ein jedes an seiner Stelle die menschliche Gestalt bilden, schön in ihrer Erscheinung, stark an Kraft, deren Tätigkeit notwendig ist, so bilden im Gemeinwesen die einzelnen Teile eine fast unendliche Verschiedenheit. Würden diese sich alle gleich dünken, und ein jeder seiner Willkür folgen, dann würde sich uns ein Staat darstellen, wie er unförmlicher nicht gedacht werden könnte; wenn aber die verschiedenen Ämter, Berufsklassen und Bestrebungen harmonisch zum allgemeinen Besten zusammenwirken, dann tritt das Bild eines gesunden und der Natur entsprechenden Staatswesens vor uns hin.
Die Ideen der Freimaurerei ist den Ideen der Kommunisten günstig
27 Es lassen Uns übrigens diese soeben erwähnten revolutionären Irrlehren das Schlimmste für den Staat befürchten. Wo die Furcht vor Gott geschwunden und die Ehrfurcht vor seinem heiligen Gesetze, die Autorität der Fürsten verachtet, der Aufruhr erlaubt und gutgeheißen, den Begierden der Menge volle Zügellosigkeit gestattet wird und nur die Furcht vor der Strafe noch zurückhält, da muss ein allgemeiner Umsturz erfolgen. Das ist es aber auch, was sehr viele von den Sozialisten und Kommunisten wollen und offen bekennen. Und es kann die Freimaurersekte nicht leugnen, mit diesen gemeinsame Sache zu machen; denn sie ist deren Plänen nur allzu sehr günstig und unterscheidet sich in ihren wichtigsten Grundsätzen nicht von ihnen. Wenn sie auch nicht alsbald und überall das Äußerste wagt, so ist die Ursache hiervon weder ihre Lehre noch ihr guter Wille, sondern die Kraft der göttlichen unvertilgbaren Religion, sowie der bessere Teil der Bevölkerung, welcher sich nicht in den Dienst der geheimen Gesellschaften gestellt hat, vielmehr starkmütig ihre Bestrebungen bekämpft.
Sie umschmeichelt und betört Fürsten und Völker
28 Möchten doch alle den Baum an seinen Früchten erkennen, und darauf Acht haben, wo der Ursprung und Ausgang der Übel ist, unter denen wir leiden, der Gefahren, die uns bedrohen! Wir haben es mit einem listigen und verschlagenen Feinde zu tun, der Fürsten und Völkern schmeichelt, und beide durch süße und einnehmende Reden fängt. Unter dem Scheine von Freundschaft schmeicheln sich die Freimaurer ein bei den Fürsten, um in ihnen mächtige Genossen und Gehilfen in ihrem Kampfe gegen die katholische Kirche zu gewinnen; um sie noch mehr aufzustacheln, klagen sie verleumderisch immerfort dieselbe an, als wolle sie die Kronrechte der Fürsten antasten. Durch derlei Künste sicher und keck geworden, haben sie auf die Staatsregierung einen großen Einfluss gewonnen, wobei sie es jedoch sich nicht nehmen lassen, die Fundamente der Staaten zu erschüttern und die Fürsten zu befehden, sie anzuklagen, aus dem Lande zu jagen, so oft diese in ihrer Regierung nicht nach ihren Weisungen sich richten. – In ähnlicher Weise haben sie mit dem Volke ihr Spiel getrieben. Ihr Mund ist voll von Freiheit und Volksbeglückung; der Kirche und der Fürsten Schuld sei es gewesen, sagen sie, dass das Volk noch nicht die ihm gebührende Freiheit und allgemeinen Wohlstand erlangt habe. So täuschen sie es, machen in ihm rege das Verlangen nach Neuerungen und regen es auf zum Kampfe gegen die geistliche und weltliche Obrigkeit. Doch alle diese gehofften Vorteile werden nur versprochen, nicht in Wirklichkeit ihm zu Teil; es leidet vielmehr das Volk unter einem viel härteren Drucke, und hat dabei zum großen Teile nicht jenen Trost, welcher in der christlichen Gesellschaftsordnung ihm so leicht und so reichlich zu Gebote steht. Das ist eben die Strafe des Stolzes, der sich gegen die von Gottes Vorsehung gewollte Ordnung auflehnt, dass er nur Elend und Ruin findet gerade dort, wo er unbedachtsam alles nur erwünschte Glück erhofft hatte.
IV Heilmittel gegen die Freimaurerei
Im allgemeinen: Eintracht zwischen Staat und Kirche
29 Wenn aber die Kirche gebietet, man müsse vor allem und in ganz besonderer Weise Gott gehorchen, der da über alles herrscht, so würde man sehr mit Unrecht darum ihr den Vorwurf machen, als missgönne sie den Fürsten ihre Gewalt, oder als wolle sie diese in irgend welcher Weise sich anmaßen. Gerade im Gegenteil gebieten sie, dass nämlich die Untertanen den schuldigen Gehorsam der bürgerlichen Gewalt gegenüber aus vollem und wohlbewusstem Pflichtgefühle leisten. Dadurch aber, dass sie den Ursprung der Gewalt in Gott erkennt, empfängt diese eine höhere Würde, und trägt dies nicht wenig dazu bei, ihr Ehrfurcht und Liebe bei den Bürgern zu gewinnen. Sie ist es, die den Frieden liebt, die Eintracht nährt und alle in mütterlicher Liebe umfasst; nur auf das Wohl aller bedacht, lehrt sie die Gerechtigkeit mit Milde, die Gewalt mit Billigkeit, die Gesetze mit Mäßigung zu verbinden, niemanden in seinem Recht zu verletzen, die staatliche Ordnung und den öffentlichen Frieden zu fördern, der Armut und Not so viel als möglich durch öffentliche und Privatwohltätigkeit zu steuern. „Aber darum“, um mit den Worten des heiligen Augustinus zu sprechen, „glauben solche oder wollen glauben machen, die christliche Lehre bringe dem Gemeinwesen keinen Nutzen, weil sie dieses nicht auf den festen Grund der Tugenden, sondern auf die Straflosigkeit der Laster zu bauen suchen“ (11). Nach alldem würde die wahre Staatsklugheit sowie die allgemeine Wohlfahrt viel eher fordern, dass Fürsten und Völker mit der Kirche zusammengingen, um die Angriffe der Maurer zu bekämpfen, statt mit diesen zum Sturze der Kirche gemeinsame Sache zu machen.
30 Wie es nun auch kommen mag, Unsere Pflicht ist es, Ehrwürdige Brüder, gegen dieses so schwere und bereits weitverbreitete Übel auf Heilmittel zu sinnen. – In der christlichen Tugend besitzen wir die beste und stärkste Hoffnung auf Rettung; darum hassen sie die Maurer ebenso sehr, wie sie dieselbe fürchten. Und darum erachten Wir es als Unsere erste Aufgabe, diese zur Hilfe zu rufen im Kampfe gegen den gemeinsamen Feind. Was immer darum die Römischen Päpste, Unsere Vorfahren, verordnet haben gegen die Pläne und Anschläge der Freimaurersekte, was sie immer an Bestimmungen getroffen, um vor dem Eintritte in dieselbe abzuschrecken oder zum Austritte aus derselben zu bewegen, alles das bestätigen und bekräftigen Wir durch Unsere Apostolische Autorität. Wir vertrauen hierbei auf den guten Willen der Christgläubigen, bitten und beschwören einen jeden aus ihnen beim Heile seiner Seele, dass er gewissenhaft bewahre und auch nicht im geringsten abweiche von dem , was der Apostolische Stuhl in dieser Beziehung festgesetzt hat.
Heilmittel im besonderen
Belehrung über das Wesen der Freimaurerei
31 Euch aber, Ehrwürdige Brüder, bitten Wir dringend, Euere eifrigen Bestrebungen mit den Unserigen zu vereinigen, um diese unreine Seuche auszurotten, welche alle Adern der Gesellschaft durchdringt. Gottes Ehre gilt es und der Nächsten Seelenheil; wer dies bedenkt, dem wird es nicht an Mut, nicht an Unerschrockenheit im Kampfe fehlen. Euere Klugheit wird Euch die Mittel und Wege an die Hand geben, durch welche Ihr, was Euch entgegensteht und widerstrebt, zu bekämpfen habt. – Und da es der Würde Unseres Amtes entspricht, dass Wir Unsererseits Euch empfehlen, wie in dieser Angelegenheit vorgegangen werden soll, so gehet aus von der Überzeugung, dass vor allem den Maurern die Larve heruntergenommen und sie in ihrer wahren Gestalt gezeigt werden müssen. Die Völker müssen belehrt werden durch mündlichen Unterricht und in Hirtenbriefen über die Kunstgriffe derartiger Gesellschaften, um die Leute zu täuschen und an sich zu locken; es muss das Verderbliche ihrer Lehren, das Schändliche in ihrem Treiben aufgedeckt werden. Niemand darf, wie es Unsere Vorfahren oftmals bestimmt haben, aus welchem Grund immer es sei, in die Sekte der Maurer eintreten, wenn ihm sein katholisches Bekenntnis und sein Seelenheil so, wie es die Pflicht fordert, am Herzen liegt. Möge niemand von einer zur Schau getragenen Sittlichkeit sich täuschen lassen, wenn es ihm auch dünken möchte, als ob diese Sekte nichts verlange, was der Religion und der christlichen Sitte widerstreitet. Die Sekte ist eben ihrem ganzen Wesen und ihrer innersten Natur nach Sünde und Schande; darum ist es nicht erlaubt, ihr beizutreten und in irgend einer Weise behilflich zu sein.
Belehrung über die Grundwahrheiten des Christentums
32 Sodann muss durch fortgesetzten Unterricht und Mahnung das christliche Volk mehr und mehr dahin gebracht werden, dass es die Geheimnisse der Religion fleißig lernt. Zu diesem Zweck können Wir nur raten, in Schriften und zweckentsprechenden Predigten die wesentlichen Lehren unserer heiligen Religion darzulegen, welche die Weisheit des Christentums enthalten. Das hat den Vorteil, dass bei der gegenwärtigen Zügellosigkeit im Schreiben und der unersättlichen Lernbegierde der Geister diese durch den Unterricht geheilt und gegen die mannigfach gestalteten Irrtümer und die verschiedenen Anreizungen zum Laster geschirmt werden.
33 In der Tat, ein großes Werk. Doch wird Euer Klerus, wenn er durch Euere Bemühungen eine tüchtige asketische und wissenschaftliche Bildung empfangen hat, hilfreich und mit vereinten Kräften Euch hierbei zur Seite stehen. Doch eine so große und edle Sache fordert auch die emsige Mitwirkung von Laien, in denen mit der Liebe zur Religion und zum Vaterlande sittlicher Charakter und Wissenschaft sich verbinden. Indem so aus beiden Ständen die besten Kräfte zusammenwirken, Ehrwürdige Brüder, möget Ihr dahin streben, dass die Kirche in ihrem wahren Wesen von den Menschen immer besser erkannt und hochgehalten wird; denn je mehr sie dieselbe erkennen und lieben, desto mehr werden sie die geheimen Gesellschaften verabscheuen und fliehen.
34 Aus diesem Grunde ergreifen Wir hier die Gelegenheit, um wiederholt darauf hinzuweisen, wie notwendig es ist, den dritten Orden des heiligen Franziskus, dessen Regel Wir erst jüngst mit umsichtiger Linderung gemildert haben, eifrigst zu verbreiten und zu beschützen. Geht ja doch dem Willen seines Stifters dessen Bedeutung ganz darin auf, dass er das Geschlecht aufrufen will zur Nachfolge Jesu Christi, zur Liebe seiner heiligen Kirche, zur treuen Erfüllung aller Christenpflichten; darum ist er eine starke Macht gegenüber der Pest verwerflicher Gesellschaften. Möge diese heilige Genossenschaft von Tag zu Tag neue Mitglieder gewinnen; viele Früchte wird sie bringen, und als das Beste dieses, dass die Gemüter zur wahren Freiheit, Brüderlichkeit, Gleichheit sich erheben; freilich nicht zu jener, wie sie die Maurer töricht träumen, sondern wie sie Jesus Christus uns gebracht und der heilige Franziskus in seinem Leben dargestellt hat. Der Freiheit nämlich der Kinder Gottes, dass wir weder dem Satan dienen, noch in die harte Knechtschaft der Begierden fallen, der Brüderlichkeit, die von Gott, dem gemeinsamen Vater und Schöpfer ausgeht, der Gleichheit, die auf dem festen Grunde der Gerechtigkeit und Liebe ruhend die Unterschiede in der Gesellschaft nicht aufhebt, aber bei aller Verschiedenheit der Lebensweise, Stände und Berufsarten jene herrliche Übereinstimmung und Harmonie bildet, welche ihre Natur nach dem Gemeinwesen Wohl und Würde bringt.
Sammlung der katholischen Arbeiter und Handwerker
35 An dritter Stelle weisen Wir auf eine zweckmäßige Einrichtung der Vorzeit hin, die im Laufe der Jahre zwar verfiel, aber als Muster für ähnliche Unternehmungen in der Gegenwart dienen kann. – Wir meinen die Zünfte und Innungen der Handwerker, gegründet unter religiöser Leitung zum Schutze der Habe wie der Sitten. Ihren Nutzen hatten unsere Vorfahren aus langer Erfahrung wohl erprobt; unsere Zeit wird ihn noch mehr erkennen, weil sie ganz besonders dazu angetan sind, den Versuchungen der geheimen Sekten zu begegnen. Denn die Handarbeiter, die nur kümmerlich mit ihrem Lohne ihr Leben fristen, verdienen eben darum schon unsere Liebe und tröstliche Teilnahme; deswegen sind sie aber auch am meisten der Arglist und Verführung der überall verbreiteten geheimen Gesellschaften preisgegeben. Mit der größeren Liebe müssen wir ihnen daher entgegenkommen und sie in ehrbaren Vereinen sammeln, damit sie nicht in verderbliche geraten. Darum ist es Unser dringender Wunsch, es möchten unter der Obhut und Leitung der Bischöfe dieser Innungen in zeitgemäßer Weise zum Besten des Volkes wieder hergestellt werden. Und es gereicht Uns zu nicht geringer Befriedigung, dass an mehreren Orten schon solche Verbrüderungen sich gebildet haben und Vereine von Schutzmitgliedern entstanden sind, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, den ehrbaren ärmeren Volksklassen beizuspringen, ihre Familien und Kinder zu schirmen und zu schützen und den religiösen Unterricht, Frömmigkeit und Sittlichkeit unter ihnen zu fördern. – In dieser Beziehung können Wir jenen so musterhaft dastehenden, um das ärmere Volk hochverdienten Verein vom heiligen Vinzentius von Paul nicht mit Stillschweigen übergehen. Was er wirkt, was er will, ist männiglich bekannt; seine ganze Aufgabe besteht darin, die Dürftigen und Bedrängten aus eigenem Antrieb aufzusuchen, und zwar mit wunderbarer Freudigkeit und Anspruchslosigkeit. Je weniger er in die Öffentlichkeit treten will, desto wirksamer ist er in der Übung christlicher Liebe und desto zweckmäßiger zur Linderung der Not.
Sorge für die heranwachsende Jugend
36 Zum vierten empfehlen Wir, um desto eher zu dem erwünschten Ziele zu gelangen, in ganz besonderer Weise die heranwachsende Jugend Euerer treuen Obhut; denn sie ist die Hoffnung unseres Geschlechtes. – Vor allem richtet Euer Augenmerk auf deren Unterricht, und seid überzeugt, dass Ihr nie Sorge genug tragen könnt, damit sie vor Schulen und Lehrern bewahrt bleibt, die von dem Pesthauch der Sekten angesteckt sind. Die Eltern, Lehrer, Seelsorger sollen bei dem Religionsunterricht nach Eurer Anweisung eifrigst bei gegebener Gelegenheit ihre Kinder und Schüler über das wahre Wesen dieser Sekten aufklären, damit sie jetzt schon lernen, sich vor den mannigfachen Listen und Schlichen zu hüten, wodurch jene, welche auf ihre Ausbreitung bedacht sind, die Arglosen in ihre Netze zu ziehen pflegen. Ja, jene, welche die Kinder zum Empfange der heiligen Sakramente vorbereiten, werden gut tun, wenn sie ein jedes von ihnen dazu bewegen, dass es den festen Vorsatz fasst, ohne Vorwissen seiner Eltern oder ohne den Rat seines Seelsorgers oder Beichtvaters niemals in eine Gesellschaft einzutreten.
Einmütigkeit im Gebet
37 Doch Wir wissen nur zu gut, auch unsere gemeinsamen Bemühungen sind unzureichend, um den Giftsamen auf dem Acker des Herrn zu vertilgen, wenn nicht der himmlische Herr des Weinberges unserem Unternehmen mit seiner Gnade beisteht. – Darum müssen wir um so eifriger und inständiger um seine Hilfe und Beistand flehen, je drohender die Gefahr und je größer die Not ist. Durch ihren Erfolg übermütig geworden, erhebt die Sekte der Freimaurer keck ihr Haupt und scheint in ihren frechen Forderungen kein Maß mehr zu kennen. Alle durch den gottlosen Bund und gemein-same Geheimpläne verschworenen Brüder der Sekte leisten sich gegenseitig Beistand und reizen einander auf zu verwegenen Freveltaten. Ein so heftiger Angriff fordert eine gleich starke Verteidigung; alle rechtschaffenen Männer müssen in eine große Gebets- und Arbeitsgemeinschaft zusammentreten. Einmütigen Herzens, das fordern Wir von ihnen, sollen sie sich zusammenscharen und Feinden gegenüber unerschüttert feststehen, viel zu Gott rufen und flehend die Hände zu ihm zu erheben, um von ihm zu erlangen, dass die christliche Religion blühe und gedeihe, die Kirche ihre notwendige Freiheit erhalte, die Abtrünnigen wieder zur rechten Lehre zurückkehren, der Irrtum der Wahrheit, das Laster der Tugend das Feld räume. – Nehmen wir unsere Zuflucht zu der Jungfrau und Gottesmutter Maria, dass sie uns helfe und für uns fürspreche; sie, die durch ihre unbefleckte Empfängnis den Satan selbst überwunden, möge besiegen die verwerflichen Sekten, in denen, wie wir sehen, jene bösen Geister, die gegen Gott sich empört haben, in ihrer ganzen Treulosigkeit und Heuchelei wieder aufleben. – Bitten wir inständig den heiligen Michael, den Fürsten der himmlischen Scharen, der den höllischen Feind gestürzt hat, den heiligen Joseph, den Bräutigam der Allerseligsten Jungfrau und mächtiger Beschützer der Kirche im Himmel, die großen Apostel Petrus und Paulus, die Begründer und unbesiegbaren Beschirmer des christlichen Glaubens. Im Vertrauen auf solchen Schutz und in gemeinschaftlichem und beharrlichem Gebete trösten wir uns, dass Gott unserem so sehr bedrohten Geschlechte zur rechten Zeit in seiner Barmherzigkeit Hilfe bringen wird.
38 Als Unterpfand himmlischer Gnaden und zum Zeugnis Unseres Wohlwollens erteilen Wir Euch, Ehrwürdige Brüder, dem Klerus und dem gesamten Euerer Obsorge anvertrauten Volke von ganzem Herzen den Apostolischen Segen im Herrn.
Gegeben zu Rom beim hl. Petrus, den 20. April des Jahres 1884, des siebzehnten Jahres Unseres Pontifikates.
Papst Leo XIII.
Anmerkungen: (1) Von der Stadt Gottes XIV, 17. (2) Ps. 83, 3-5. (3) Konst. „In eminenti“ 21. April 1738. (4) Konst. „Providas“ 18. Mai 1751. (5) Konst. „Ecclesiam a Jesu Christo“ 23. Sept. 1821. (6) Konst. v. 13. März 1825. (7) Enzykl. „Traditi“ 21. Mai 1829. (8) Enzykl. “Mirari” 15. Aug. 1832. (9) Enzykl. “Qui pluribus” 8. Nov. 1846 ; Allokut. „Multiplices inter“ 25. Sept. 1865 u.s.f. (10) Kirchenverf. Von Trient, VI. Sitz.: Von der Rechtfertigung, 1. Kap. (11) Ep. CXXXVII, al. III, ad Volusianum c. V, 20.
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