B. Sollte ich dein vergessen, Jerusalem, dann soll man meine rechte Hand vergessen - Aufruf zur Rückkehr in die verlassene heilige Stadt:
1. Welche Folgerungen sind zu ziehen?
Wenn also die heilige Kirche keineswegs mit der ‚Konzilskirche’ identisch ist, wenn weiter die Hierarchie, das Hirten-, das Lehr- und das Priesteramt und damit auch die eine Kirche, und also auch die hörende Kirche weggebrochen sind und die Kirche nicht mehr als Einheit sichtbar ist, sondern nur noch unsichtbar in einzelnen ’Gruppen’, ‚Grüppchen’ und einzelnen Gläubigen dahinvegetiert, wenn ferner die Kirche nurmehr in Teilen, nämlich im Priestertum und in einzelnen (‚Gruppen’ oder ‚Grüppchen’ von) Gläubigen erhalten ist und wenn zudem das Weltende nicht unmittelbar vor der Tür steht, es sich hierbei also nicht um einen Mangelzustand in der Zeit des Weltendes handelt, der deswegen vielleicht hinzunehmen wäre und wenn sich zu allem Überfluß überhaupt die Annahme, eine intakte, mit Hierarchie, und also mit Lehr-, Hirten- und Priesteramt ausgestattete Kirche sei in der Endzeit verzichtbar, als fundamentaler Irrtum entpuppt – was dann? Mit einem Satz: Wenn also die Kirche derart schwerwiegend beschädigt ist, dann ist sie unverzüglich wiederherzustellen.
2. Sind Einwände gegen die Wiederherstellung der Kirche berechtigt?
Ich kann die Einwände förmlich spüren: „Es gab bereits etliche Versuche der Wiederherstellung der Hierarchie der Kirche im Wege der Papstwahl: Sie alle sind fehlgeschlagen!“ Auch mir ist bekannt, daß es während der jetzt gut fünf Jahrzehnte währenden Sedisvakanz des päpstlichen Stuhles und des Zusammenbruchs der Hierarchie etliche Versuche der Restauration der Kirche im Wege der Papstwahl gegeben hat: Sie alle sind fehlgeschlagenen. Lassen wir uns nicht abschrecken wegen dieser fehlgeschlagenen Versuche der Restauration der Kirche im Wege der Papstwahl:
Sie alle haben gemeint, sie könnten die unverantwortliche Untätigkeit der übrigen Mitglieder der Kirche dadurch ausgleichen, daß wenigstens sie handeln; sie alle hatten das richtige Ziel, aber der Weg war unzureichend. Die Gründe, warum sie scheitern mußten, werden im folgenden Text erarbeitet.
Daher argumentieren einige: Wenn Gott wollte, daß die Kirche derzeit wieder hergestellt werde und ein Papst der dann mit lebendigem Lehr- und Hirtenamt ausgestatteten Kirche vorstehe, dann hätte er es schon längst so eingerichtet, daß die Kirche restauriert werde. Daß es derzeit nicht so ist, sei Beweis genug dafür, daß eine Restauration derzeit nicht dem Willen Gottes entspreche: „wenn nicht der Herr das Haus mitbaut, so mühen sich die Bauleute vergebens“ (AT, Psalm 127 (126), 1) – demnach wäre jeder Versuch der Restauration der Kirche gegen den offenkundigen Willen Gottes, er wäre geradezu sündhaft. Gibt es irgend etwas gegen so viel Gottvertrauen, so große Frömmigkeit einzuwenden? Ich fürchte, von beidem wird bei näherer Betrachtung nichts übrig bleiben außer bestenfalls Hoffnungslosigkeit, schlimmerenfalls Gleichgültigkeit.
Die Kirche hat nach dem Willen Christi bis zum Weltende zu bestehen, das Weltende ist mangels der von Gott selbst angekündigten Vorzeichen nicht unmittelbar in Sicht. Die Kirche besteht in Klerikern und Laien, aus der lehrenden und der hörenden Kirche, aus Hirten und Herde. „Wie er also die Apostel, die er sich aus der Welt erwählt hatte, sandte, wie er selbst vom Vater gesandt war (Joh.20, 21), so sollten nach seinem Willen auch in seiner Kirche Hirten und Lehrer bis zur Vollendung der Weltzeit (Mt. 28, 20) sein“... (Vatikanischen Konzils (1869/70), vierte Sitzung, 18.7.1870, Erste Dogmatische Konstitution über die Kirche Christi) Ist die Hierarchie, sind die Ämter in der Kirche zusammengebrochen, müssen diese unverzüglich wiederhergestellt werden.
Es müssen die Mitglieder der Kirche handeln – und dürfen nicht falsch verstandene Frömmigkeit und falsch verstandenes Gottvertrauen, falsch verstandene Gottergebenheit vorschieben. Wenn Gott uns, den Gliedern der Kirche zürnt, uns vergessen zu haben scheint, dann nicht ohne Grund: die große Apostasie, der Abfall der Vielen ist ein großes Ärgernis – die überlange Säumnis, die Unschlüssigkeit, wenn nicht gar die Gleichgültigkeit der Verbliebenen wird wohl ein ebenso großes Ärgernis, ein Stein des Anstoßes, ein Skandalon sein: Die Verbliebenen trödeln mit der Erledigung der nach Gottes Willen ausschließlich ihnen obliegenden Angelegenheiten, halten sich fälschlicherweise für ‚nicht zuständig’: nur deshalb bleibt die Restauration der Kirche aus. Und weil die Wiederherstellung der Kirche ausbleibt, halten einige das für den Willen Gottes - und machen so Gott dafür verantwortlich. Und sie halten Anstrengungen zur Restauration der Kirche für sündhaft und verwechseln so Fatalismus und Resignation mit Frömmigkeit und Gottergebenheit - so geht es nun wahrhaftig nicht.
„Weswegen sagst du, Jakob, und sprichst du, Israel: ‚Mein Schicksal ist dem Herrn verborgen, und meinem Gott entgeht mein Recht’? Weißt du denn nicht? Hast du’s nicht gehört? Ein ewiger Gott, das ist der Herr, und wandert er bis an der Erde Säume, wird er nicht müde und nicht matt, und sein Verstand ist unbegrenzt. Den Müden gibt er Stärke und den Erschöpften neue Kraft. Mag müd und matt die Jugend werden und mögen Rüstige zusammenbrechen, doch die des Herrn harren, gewinnen neue Kraft; sie zeigen Schwingen gleich den Adlern. Sie laufen und ermüden nicht und gehen und werden nimmer matt.“ (AT, Isaias 40, 27 – 31),
„So hört mir zu, die ihr das Rechte kennt! Du Volk, das meine Lehre in dem Herzen trägt! Hab keine Angst vor Menschenschimpf! Zagt nicht vor ihrem Hohn! Wie ein Gewand frißt sie die Motte; wie Wolle wird die Schabe sie verzehren. Mein Heil dagegen bleibt in Ewigkeit bestehen und meine Hilfe bis zum äußersten Geschlecht. Hervor, hervor, leg Kraft an, Arm des Herrn! Hervor, wie einstens in der Urzeit Tagen! Bist du’s nicht, der das Ungetüm zerhauen, den Drachen einst durchbohrt? Bist du`s nicht, der das Meer einst ausgetrocknet, das Wasser jener großen See? Der durch des Meeres Tiefe eine Straße bahnte, Erlöste durchzuführen? So mögen auch des Herrn Erkaufte wiederkehren nach Sion unter Jubelrufen, auf ihrem Haupte ewige Freude, Freude und Wonne mögen ihnen das Geleite geben, und weiterhin fliehen Schmerz und Leid.“ (AT, Isaias 51, 7 – 11)
„Überdies will unser Erlöser, soweit Er persönlich auf unsichtbare Weise die Kirche regiert, die Mitwirkung der Glieder Seines Mystischen Leibes bei der Ausführung des Erlösungswerkes. Das geschieht nicht aus Bedürftigkeit und Schwäche, sondern vielmehr deshalb, weil Er es selber zur größeren Ehre Seiner makellosen Braut so angeordnet hat. Während Er nämlich am Kreuze starb, hat Er den unermeßlichen Schatz der Erlösung Seiner Kirche vermacht, ohne daß sie ihrerseits dazu beitrug. Wo es sich aber darum handelt, den Schatz auszuteilen, läßt Er Seine unbefleckte Braut an diesem Werk der Heiligung nicht nur teilnehmen, sondern will, daß dies sogar in gewissem Sinne durch ihre Tätigkeit bewirkt werde. Ein wahrhaft schauererregendes Mysterium, das man niemals genug betrachten kann: daß nämlich das Heil vieler abhängig ist von den Gebeten und freiwilligen Bußübungen der Glieder des Geheimnisvollen Leibes Jesu Christi, die sie zu diesem Zweck auf sich nehmen, und von der Mitwirkung, die die ... Gläubigen ... unserem göttlichen Erlöser zu leisten haben.“ (aus dem Apostolischen Rundschreiben „Mystici corporis Christi“ Papst Pius XII. v. 29.6.1943)
Mag das Zögern auch in den ersten Jahren der Verwirrung entschuldigt gewesen sein. Nun fällt wohl den treu Gebliebenen die Verantwortung zu für diese überlange Säumigkeit in der Behebung der Vakanz des päpstlichen Stuhles und damit der Wiederherstellung des Priester-, Hirten- und des Lehramtes der Kirche, nachdem sie zum Teil die Verhältnisse und die Lösung erkannt haben, zum Teil aber auch hätten erkennen können - und dennoch bisher nicht gehandelt haben.
Bei allem Unglück, es ist eine geradezu groteske, eine bizarre Situation eingetreten: In unserer Mehrzahl wissen wir bei all der Not nicht mehr ein noch aus; nach menschlichem Ermessen ist nicht nur die Kirche, nein, es ist alles verloren, das Weltende steht unmittelbar vor der Tür. Wir haben eine Restauration der Kirche ‚Gott anheimgestellt’, wenn es denn überhaupt sein Wille sei, was nichts anderes heißen soll, wir haben alle Hoffnungen fahren lassen. Zu befürchten ist allerdings, daß die Nachwelt unsere jahrzehntelange Untätigkeit, das Richtige zu tun, als eklatantes Versagen, als grenzenloses Desinteresse hinsichtlich der Belange der Kirche deuten wird. Ich will Euch und mich nicht unberechtigt beschuldigen, ich will aber auch nicht grundlos entschuldigen oder beschönigen; mag jeder bei sich selber Einkehr halten. Denn diese Haltung der untätigen Resignation ist grundverkehrt:
„Und doch hat Sion geklagt: ‚Verlassen hat mich der Herr. Der Allmächtige hat mich vergessen…’ Vergißt wohl ein Weib ihres Kindleins? Erbarmt sie sich nicht der Frucht ihres Leibes? Und vergäße sie’s auch: Ich vergesse dich nicht! – Siehe, auf meine Hände hab ich dich aufgezeichnet. Deine Mauern stehen mir allzeit vor Augen. Deine Kinder eilen herbei. Deine Zerstörer, Verwüster ziehen von dir ab. In die Runde heb deine Augen und sieh: Sie sammeln sich alle und kommen zu dir. ‚So wahr ich lebe’, - Spruch des Herrn - : ‚Du wirst sie dir alle antun wie einen Schmuck, Dich mit ihnen umgürten wie eine Braut. Denn deine Trümmer und Wüsten und dein verödetetes Land: Nun sind sie für die Bewohner zu eng und fern weilen deine Verderber. Ja, deine Söhne, die dir noch blieben aus der Zeit, da du kinderlos warst, werden laut rufen: ‚Zu enge ist mir der Raum. Schaffe Platz für mich, daß ich wohnen kann!’ Da wirst du dich fragen: ‚Wer hat mir diese geboren, da ich doch kinderlos war und unfruchtbar, verbannt und verstoßen? Wer zog diese groß? Ich war doch allein und übriggeblieben. Wo waren denn diese?’ “ (Henne/Rösch, AT, Isaias 49, 14 – 21)
Der Versuch des Reinwaschens, so wie Adam auf Eva hinzudeuten: „Nicht ich, sondern die war’s“, wird jedoch nicht gelingen: die Verhältnisse wären nicht so, wie sie sind, wenn nicht auch wir letzten Katholiken, wir ‚Sedisvakantisten’ uns so verhalten hätten, wie wir uns bisher verhalten; auch und gerade wir haben zu der Dürre und der Gefangenschaft, in die alle Welt und auch wir geraten sind, einen erheblichen Beitrag geleistet: Der kalte Angstschweiß tritt einem auf Stirn und Nacken, wenn man mit ‚Sedisvakantisten’ das Gespräch über das Thema der unumgänglichen alsbaldigen Restauration der Kirche sucht und deren Reaktion – eine nur vordergründig und scheinbar interessierte Ungläubigkeit und Interesselosigkeit – beobachtet.
„Und wir selbst haben Zuversicht und Kraft verloren, vielleicht dürfen wir sagen den Glauben an unsere eigene Sache. Ja, das ist wohl das richtige Wort. Der Glaube an die Göttlichkeit unserer Religion, der Glaube an die Offenbarung in Christus und an die beständige Leitung der Kirche durch Christus, wie die Theologie alles hierher Gehörige mit einem einzigen Worte benennt, der Glaube an das Übernatürliche ist aufs tiefste erschüttert, bei vielen so gut wie verschwunden, beeinträchtigt, schwer beschädigt bei fast allen. Das ist, kurz und bündig ausgedrückt, der eigentliche Grund unserer Schwäche, der wahre Inhalt aller Übel, die wir im Sinne haben, wenn wir von der Schwierigkeit unserer Lage sprechen. Nicht das Übergewicht der Wissenschaft auf Seiten der Welt, nicht die unerreichbare Höhe ihrer Kultur und Literatur, am allerwenigsten ihre technischen Fortschritte sind es, die uns den schmählichen Ausdruck von unserer Inferiorität auf die Lippen drängen, sondern das drückende Gefühl, daß wir wir selbst den Grund unseres Ruhmes, die Quelle unserer Stärke, die Seele all unserer Zuversicht im Kampfe, all unserer Freudigkeit im Wettstreits preisgegeben haben, den vollen, lebendigen Glauben.“ (A. M. Weiß, a.a.O., S. 351)
Es wird wohl für die Vernachlässigung (der Satzungen) Gottes, die Vernachlässigung (der Satzungen) seiner Kirche durch ihre eigenen Mitglieder Genugtuung zu leisten sein. Das gilt insbesondere für den Fall, daß wir etwa zuwarten wollen, bis ‚Gott selbst eingreift’, oder bis ‚ein Wunder geschieht’. Gott könnte dann unseren freien Willen achten und nach unserer Weise verfahren: Das ‚Wunder’ könnte jedoch erstaunlich simpel ausfallen - Gott könnte seinen allerletzten Liebeserweis zur Bekehrung der Seelen, Leid zulassen, das auch uns treffen könnte, um uns zum Sinneswandel zu bewegen: von der äußersten Vernachlässigung der Kirche abzulassen und fortan umsichtiger für deren Wohlergehen zu sorgen.
Gebe Gott, daß er ein anderes unauffälliges Wunder geschehen lasse: die Umkehr der Wertschätzung der Dinge, die uns wichtig und die uns unwichtig erscheinen. Daß wir vorher, daß wir noch rechtzeitig, daß wir rasch und daß wir klug handeln und daß wir nicht erst durch unerfreuliche Ereignisse in unserer Unschlüssigkeit im Bezug auf das Wohlergehen der Kirche überrascht und auf eine solch letztlich beschämende Weise zum Umdenken bewegt werden.
Die Vakanz des Stuhles Petri kann kraft göttlicher Verheißung keine dauernde, sondern nur eine vorübergehende sein:
„So spricht der Herr. ‚Nie soll es David an den Männern fehlen, die sitzen auf dem Thron des Hauses Israel.’ “ (AT, Jeremias 33, 17)
Gott wird keinen Papst vom Himmel regnen lassen, wo doch die streitende Kirche für die Besetzung des päpstlichen Stuhles verantwortlich ist - nur aus unseren Reihen, nur aus den Reihen der ‚Sedisvakantisten’, aus den Reihen derer also, die begriffen haben, daß etwas Grundlegendes unbesetzt ist und also fehlt, wird schließlich das Häuflein der Wählenden kommen.
Die ‚Begeisterung’ für Christus und seine hl. Kirche hält sich, wie mir scheint, unter den letzten Christen derzeit durchaus in den Grenzen des ‚Schicklichen’; sie ist, ihr Vorhandensein einmal unterstellt, von ihrem Ausmaß und von ihrer Intensität her durchaus ‚überschaubar’ und gänzlich frei von jeglicher ‚ungesunder’ ‚Überschwänglichkeit’ und ‚übertriebener’ ‚Aufdringlichkeit’. Wir haben scheinbar den Status des reinen Konsumenten erreicht und vegetieren von der in Auflösung befindlichen Substanz so dahin. Wenn wir uns allerdings weiterhin in unserer Totenruhe gestört fühlen sollten und uns weiterhin durch Untätigkeit und bloße Beobachtung der gespenstischen Szenerie ‚auszeichnen’ und nur ungläubig und abschätzig auf ein paar zum Handeln, nämlich zur ‚Operation David’ drängende ‚Agitatoren’, ‚religiöse Spinner’, ‚unverbesserliche’ ‚Jakobssöhne’, ‚Sionisten’, ‚Judäer’, ‚Daviden’ schauen, werden Andere, Spätere dem fortwährenden Ruf folgen und dem Herrn entgegeneilen und – zu unserer außerordentlichen Schande – die uns einst angebotenen Plätze einnehmen!
„Und es erging das Wort des Herrn: So sprach der Herr der Heerscharen: ‚Ich habe Sion lieb mit großer, eifersüchtiger Liebe; ich liebe es mit großer Wärme.’ So sprach der Herr der Heerscharen: ‚Nach Sion kehr ich wieder heim und wohne mitten in Jerusalem. Jerusalem heißt ‚treue Stadt’, der Berg des Herrn der Heerscharen heißt ‚heiliger Berg’. So sprach der Herr der Heerscharen: ‚Im Greisenalter sitzen künftighin auf allen Plätzen von Jerusalem die Männer und die Weiber, ein jedes um die Last der Jahre willen mit den Stabe in der Hand. Die Plätze in der Stadt sind angefüllt mit Knaben und mit Mädchen, die auf den Plätzen spielen.’ So sprach der Herr der Heerscharen: ‚Dies dünkt dem Reste dieses Volks in diesen Tagen ganz unmöglich. Sollt es auch mir unmöglich dünken?’ Ein Spruch des Herrn der Heerscharen. So sprach der Herr der Heerscharen: ’Ich helfe meinem Volk heraus aus Ost- und Westlanden und bringe sie auch heim, daß sie, Jerusalem bewohnend, mir zum Volke seien. Und ich bin ihnen Gott in Treue und Gerechtigkeit.’ So sprach der Herr der Heerscharen: ‚Regt rüstig eure Hände, die ihr in diesen Tagen jene Worte hört aus der Propheten Mund, die von dem Tage reden, da das Haus des Herrn der Heerscharen, der Tempel, zum Wiederaufbau hergestellt sein wird! Vor jenem Tage gab es keinen Lohn für irgend jemanden und keinen Lohn fürs Vieh. Wer aus- und einzog, war vorm Feind nicht sicher; ich hetzte alle Leute durcheinander. Jetzt aber stehe ich ganz anders als in frühern Zeiten zu des Volkes Rest.’ “ (AT, Zacharias 8, 1 – 11), (1)
Die Kirche ist der Leib Christi:
1. Soweit es die Gläubigen betrifft, können diese bedürftig und fehlsam sein, sie können schlechte Früchte bringen: „In der streitenden Kirche gibt es nun zwei Klassen von Menschen, die Guten nämlich und die Bösen; und zwar nehmen die Bösen an denselben Sakramenten teil, bekennen auch denselben Glauben wie die Guten, sind ihnen aber in Leben und Sitten unähnlich“ (Römischer Katechismus, a. a. O., S. 76) Sie können sich sogar vom Weinstock trennen. Hier gilt die Aussage des Gleichnisses vom Unkraut im Acker: Die Kirche hat von ihren eigenen Mitgliedern Leid zu erfahren und zu erdulden. Die Mitglieder sind für deren Zustand zu allererst verantwortlich; die Verbliebenen dafür, daß das Schiff Petri seit so langer Zeit aufgelaufen und mit ‚schlaffen Tauen’ (AT, Isaias 33, 23) daliegt, denn sie waren und sind auch jetzt und weiterhin verpflichtet, sich nach Kräften zu bemühen, es freizubekommen und zu takeln. 2. Soweit es die Institution, die Heilsanstalt ‚Kirche’ selbst und deren Lehr-, Hirten und Priesteramt betrifft, ist sie ‚die makellose Braut’, ‚Jerusalem’, ‚Sion’, ‚David’, ‚Sein Diener’, der ‚Knecht des Herrn’: „Ihr Männer, liebet eure Frauen, so wie Christus die Kirche geliebt und sich selbst für sie hingegeben hat, um sie zu heiligen, indem er sie reinigte im Wasserbade durch das Wort (des Lebens). Herrlich wollte er die Kirche für sich selbst darstellen, ohne Makel, ohne Runzel oder andere Fehler; heilig sollte sie vielmehr sein und ohne Fehl.“ (NT, Epheserbrief 5, 27), „An dir ist alles schön, du, meine Freundin, und kein Makel ist an dir. Du brächtest mich vom Libanon, du meine Braut, ja von dem Libanon zurück. Du führtest mich zurück vom Gipfel des Amana, vom Gipfel des Sanir und Hermon, von Löwenwohnungen sogar, von Pantherbergen her. Du hast mich des Verstands beraubt, du, meine Schwester, meine Braut. Du hast mich des Verstands beraubt, allein durch einen einzigen Blick, durch eine einzige Wendung deines Halses. Wie süß ist deine Liebe, meine Schwester, meine Braut!“ (AT, Hohes Lied 4, 7 – 10). 3. Soweit es aber schließlich das Haupt dieser hl. Kirche, Christus, betrifft, ist ER Gott und Mensch zugleich, und damit ist die hl. Kirche nicht nur göttlichen Ursprungs, sondern zugleich auch göttlichen Wesens, göttlicher Natur: „Und er erschauerte und sprach: ‚Wie schauervoll ist diese Stätte! Hier ist nichts anderes als Gottes Haus, und jenes ist die Himmelspforte.’“ (AT, Genesis 28, 17); „’ICH selber habe MEINEN König eingesetzt zu Sion über MEINEN heiligen Berg.’ – Des Herrn Entschließung will ich künden; ER sprach zu mir: ‚DU bist MEIN Sohn; ICH habe heute DICH gezeugt.“ (AT, Psalm 2, 6 und 7)
Es gilt aber dennoch von der Kirche: „Wenn ihr nun die grauenhafte Verwüstung, wie sie von dem Propheten Daniel vorhergesagt worden, am heiligen Orte walten sehet, - wer das liest, der merke das wohl (Dan 9, 27)! – dann fliehe, wer in Judäa ist, auf die Berge“ (NT, Matthäus 24, 15 – 17) (2)
Aber die Aufforderung: „Wenn ihr nun die grauenhafte Verwüstung“… „sehet,“… „dann fliehe, wer in Judäa ist, auf die Berge…“ (NT, Matthäus 24, 15 – 17) enthält keineswegs das Gebot, ab dann die Öde der Vereinzelung, der Gruppen- und Grüppchenbildung und die damit naturgemäß verbundene Hierarchie- und Gesetzeslosigkeit nie wieder zu verlassen, sondern nur das strikte Gebot, sich schnellstens und radikal von jener scheinbar in ‚Jerusalem’ oder im Tal verbleibenden Gemeinschaft der ‚Judäer’ und ihrer Obrigkeit und deren nun vollzogener Hinwendung zum Baal zu trennen. Denn die Flucht in die Berge kann kein Dauerzustand sein:
Derzeit besteht die Kirche nur deshalb fort, weil und solange noch ein Rest Kirchengewalt in der hierarchia ordinis, der Weihegewalt, dem Priestertum also erhalten ist: „Den Priestern aber, den Leviten, wird nie ein Mann vor meinem Angesichte fehlen, der Brandopfer darbringt und Speiseopfer läßt in Rauch aufgehen und allzeit Schlachtopfer bereitet.“ (AT, Jeremias 33, 18); „So spricht der Herr: ‚Falls ihr mein Bündnis mit dem Tag und mit der Nacht aufheben könnt, daß Tag und Nacht zu ihrer Zeit ausblieben, dann könnte auch mein Bund mit David, meinem Knechte, aufgehoben werden, so daß er keinen Sohn auf seinem Thron (Anmerkung des Verf.: auf dem Papstthron) mehr hätte, und auch der Bund mit den Leviten, mit den Priestern, daß sie mich nimmermehr bedienten’.“ (AT, Jeremias 33, 20 und 21) – aber die Kirche ist eben gravierend beschädigt: „Wie er also die Apostel, die er sich aus der Welt erwählt hatte, sandte, wie er selbst vom Vater gesandt war (Joh.20, 21), so sollten nach seinem Willen auch in seiner Kirche Hirten und Lehrer bis zur Vollendung der Weltzeit (Mt. 28, 20) sein“... (I.) Vatikanischen Konzils (1869/70, vierte Sitzung, 18.7.1870, Erste Dogmatische Konstitution über die Kirche Christi)
Entgegen jener unter den ‚Sedisvakantisten’ verbreiteten Meinung beharre ich auf dem Standpunkt, daß auch die Menschen in der Endzeit nicht ohne die hl. Kirche, und also nicht ohne Priestertum, nicht ohne Weihehierarchie, aber auch nicht ohne Jurisdiktionshierarchie, nicht ohne lebendiges Hirten-, Lehr- und Priesteramt leben werden – und es sich also derzeit um einen schwerwiegenden Mangelzustand der Kirche handelt; ich will meine Behauptung untermauern: Nach Gottes Willen liegt der Zweck des Menschen in seiner Hinführung zu Gott und der Verherrlichung Gottes aus freien Stücken; und die Bestimmung der Erde liegt darin, als Bewährungsort des Menschen zu seiner Bestimmung, der Hinführung zu Gott zu dienen. Außerdem hat nach dem Erscheinen des Herrn auf Erden nur die Kirche allein den Auftrag erhalten, die Menschen zuverlässig zu Gott zu führen: „Und er erschauerte und sprach: ‚Wie schauervoll ist diese Stätte! Hier ist nichts anderes als Gottes Haus, und jenes ist die Himmelspforte’.“ (AT, Genesis 28, 17).
Würde also die Kirche gänzlich überwunden und ihres Klerus’ vollständig beraubt werden können, so daß keine ‚Apostel’ und ‚Älteste’ mehr vorhanden wären, wäre der Missionsauftrag durch Unmöglichkeit erledigt und das Fortkommen des Menschen zu seinem Ziel vereitelt und damit die Erde samt ihrer Bewohner ihres göttlichen Daseinszweckes entblößt – das wäre das Ende der Welt: Gott wäre mit seinem Plan, die Plätze aufzufüllen, ‚gescheitert’; Gott ‚scheitert’ aber nie: „Falls ihr mein Bündnis mit dem Tag und mit der Nacht aufheben könnt,“… „dann könnte auch mein Bund mit David, meinem Knechte, aufgehoben werden, so daß er keinen Sohn auf seinem Thron mehr hätte...“ (AT, Jeremias 33, 20 und 21) Notwendigerweise, ihrem Wesen gemäß kann und wird daher die Kirche – und zwar die vollständige und intakte Kirche samt ihrem Hirten-, Lehr- und Priesteramt - nicht vor dem Ende dieser Welt weder von selbst verschwinden, noch von außen vernichtet werden.
3. Wenn also die Kirche unverzüglich wiederhergestellt werden muß: wo und in welchen Bereichen muß sie dann wiederhergestellt werden?
Nur die untergegangenen Teile der Kirche müssen wiederhergestellt werden: Die Hierarchie, das Hirten,- Lehr- und Priesteramt einerseits also und die Gemeinschaft der Gläubigen, die hörende Kirche andererseits. Die hörende Kirche hängt von der lehrenden Kirche, dem lebendigen Hirten,- Lehr- und Priesteramt ab, denn Christus hat seine Kirche in Form der Hierarchie gegründet: „Nur den kirchlichen Vorgesetzten wurde die Binde- und Lösegewalt übertragen. Sie allein sind berufen, die Kirche Gottes zu leiten. Da Christus die zum ewigen Heile unerläßlichen Mittel einzig der kirchlichen Hierarchie anvertraut hat, wollte er, daß die einzelnen Gläubigen wie auch ihre Gesamtheit um der heilsnotwendigen Mittel sich der kirchlichen Autorität unterordnen, ihr gehorchen, wenn sie überhaupt das ewige Heil erreichen wollen. Sie können sich den kirchlichen Vorgesetzten nicht entziehen. Sie können unabhängig von der kirchlichen Gewalt für ihre eigene Heiligung nicht Sorge tragen.“ (Holböck, a.a.O., Bd. 1, S. 55) Also muß als allererstes die verfallene Hütte Davids, die zusammengebrochene Hierarchie der Kirche wiederhergestellt werden: „Dann aber richte ich an jenem Tag die Hütte Davids, die verfallene, auf, vermauere ihre Risse, Stell ihre Trümmer wieder her und baue neu sie auf wie in der Vorzeit fernen Tagen.“ (AT, Amos 9, 11)
4. Wodurch wird die Hierarchie der Kirche wiederhergestellt?
Nach ihrer von Christus, ihrem Gründer und ihrem Haupt gegebenen Verfassung wird die Kirche auf Erden vom Vikar Christi, seinem Stellvertreter, dem Bischof von Rom geleitet: ein Hirt und eine Herde:
„Die katholische Kirche ist also eine in einer offensichtlichen und vollkommenen Einheit auf dem Erdkreis und unter allen Völkern, in einer solchen Einheit freilich, deren Prinzip, Wurzel und unabdingbarer Ursprung die höchste Autorität und ‚der vorzüglichere Vorrang’ des seligen Apostelfürsten Petrus und seiner Nachfolger auf dem Römischen Stuhl ist. Und es gibt keine andere katholische Kirche als (die), welche sich, auf den einen Petrus erbaut, in der Einheit des Glaubens und der Liebe zu dem einen verknüpften und zusammengefügten Leib (vergl. Eph. 4, 16) erhebt...“ (Brief des Hl. Offiziums an die Bischöfe Englands, 16.9.1864; vergl. Denziger/Hünermann, a.a.O., Rdn. 2888)
Im Gegensatz zu dem auf apostolischer Weihesukzession, dem auf ununterbrochener ‚Weihekette’ fußenden Priestertum, der priesterlichen Weihegewalt, ist sogar der vollständige Zusammenbruch der kirchlichen Hierarchie, also aller kirchlichen Ämter reparabel: „Falls ihr mein Bündnis mit dem Tag und mit der Nacht aufheben könnt,“… „dann könnte auch mein Bund mit David, meinem Knechte, aufgehoben werden, so daß er keinen Sohn auf seinem Thron mehr hätte...“ (AT, Jeremias 33, 20 und 21) „Die volle und höchste Gewalt erhält der rechtmäßig gewählte Papst nach göttlichem Rechte sofort mit Annahme der Wahl.“ (Perathoner, a.a.O., S. 118; vergl. Kanones 109 § 3, 219 CIC):
Die Regierungs- und Leitungsgewalt in der Kirche, allein vom Papst ausgehend, - der sog. Jurisdiktionsprimat; „Dir werde ich die Schlüssel des Himmelreiches geben“; „weide meine Schafe, weide meine Lämmer“ - wird durch die Wahl und das „accepto (ich nehme (das mir per Wahl angetragene Amt) an)“ - eines neuen Papstes wiederhergestellt: „Die volle und höchste Gewalt erhält der rechtmäßig gewählte Papst nach göttlichem Rechte sofort mit Annahme der Wahl.“ (Perathoner, a.a.O., S. 118; vergl. Kanones 109 § 3, 219 CIC)
Der Papst wird die Kirche territorial (neu) einteilen: Kanon 215 § 1 lautet (auszugsweise): „Was die territoriale Einteilung der Kirche anbelangt, so ist die Einteilung des ganzen Erdkreises durch Errichtung, anderweitige Abgrenzung, Teilung, Vereinigung und Aufhebung von Kirchenprovinzen, von Diözesen“ ... „einzig und allein Sache der höchsten kirchlichen Autorität.“
Der Papst wird unmittelbar die Bischöfe und unmittelbar oder mittelbar durch diese alle Arten der vakanten Ämter besetzen:
„Die Mission der Bischöfe geht aber vom Papste aus. Diese ertheilt der Papst durch die Präconisation, welche den Bischof einer Kirche vorsetzt und ihm die Obsorge und Verwaltung derselben im Geistlichen und Weltlichen überträgt. Das ist offenbar nicht bloß Anweisung einer Diöcese, sondern Ertheilung der Jurisdiction über dieselbe. Es steht fest, daß der präconisierte Bischof die volle Jurisdiction... auch vor seiner Consecration ausüben kann. Folglich erhält er sie nicht erst durch die Consecration. Es gibt aber sonst keinen Act, durch den Christus unmittelbar dem Bischof die Jurisdiction ertheilte, er muß sie also durch den Papst erhalten.“ (Hergenröther, a.a.O., S. 44)
Kanon 147 CIC bestimmt: „§ 1: Gültigerweise kann jemand in den Besitz eines Kirchenamtes nur durch kanonische Verleihung gelangen. § 2: Unter dem Begriff der kanonischen Verleihung versteht man die Übertragung eines Kirchenamtes durch die zuständige kirchliche Behörde unter Beobachtung der Bestimmungen des kanonischen Rechtes.“; „Nur die zuständige kirchliche Behörde ist zur Amtsverleihung berechtigt. Zuständige Behörde für die Verleihung aller Kirchenämter ist der Apostolische Stuhl, da ja dem Papst die Verfügungsgewalt über alle Kirchenämter zusteht. Doch übt der Apostolische Stuhl dieses Recht nur bei höheren Kirchenämtern ... aus. Bei niederen Kirchenämtern greift er in die konkurrierenden Verleihungsrechte der Oberhirten nur in“ bestimmten (vorstehendes Wort ist vom Verf. als zusammenfassende Ergänzung eingefügt) „Fällen ein.“ (Holböck, a.a.O., Bd. 1, S. 256) Die vom künftigen Papst eingesetzten Bischöfe werden ihrerseits Pfarreien, Sprengel errichten und mit Pfarrern besetzen.
Also: Mit der Wahl des kommenden Papstes ist damit bereits das lebendige Lehramt, das lebendige Hirtenamt und das Priesteramt, ist die Hierarchie der Kirche vollständig wiederhergestellt:
„Horch! Aus der Stadt Getöse. Vom Tempel her Getöse! Horch nur! Der Herr zahlt seinen Feinden heim. Bevor noch die Wehen kommen, ist schon die Geburt erfolgt; bevor noch Schmerzen kommen, ist der Knabe da. Wer hörte je, wer sah dergleichen? Dauern Wehen für ein Land nur einen Tag? Wird sonst ein Volk in einem Augenblick geboren? Doch kaum ist Sion wehe, sind seine Kinder da. ‚Ja sollte ich nicht zur Geburt verhelfen und gebären lassen?’ So spricht der Herr. ‚Ja sollte ich, der ich gebären lasse, selbst das Gebären hemmen?’ So spricht dein Gott. Erfreut euch mit Jerusalem! Frohlocket mit ihm allesamt, die ihr es liebt! In großer Freude freut euch mit ihm, die ihr darüber trauert! Denn satt dürft ihr an seines Trostes Mutterherz euch trinken. Ihr dürfet trinken, euch erlabend, an seiner schweren Brust. Denn also spricht der Herr: ‚Ich lenke stromgleich Wohlfahrt zu ihm hin und einem Wildbach gleich der Heiden Schätze. Ja, trinken sollt ihr, getragen werden auf den Hüften und auf den Knien spielen. Wie einen Knaben, den die Mutter tröstet, so werde ich euch trösten, und in Jerusalem sollt ihr getröstet sein.’ Erfahrt ihr dies, als dann erfreut sich euer Herz. Mark strömt in die Gebeine ein wie Saft in grünes Gras. Des Herren Macht wird offenbar an seinen Dienern, sein Zorn an seinen Feinden. Denn seht! Im Feuer kommt der Herr und seine Wagen wie im Sturme, in Hitze auszuhauchen seinen Zorn und seinen Grimm in Feuersflammen. Denn richten wird der Herr mit Feuer, mit seinem Schwerte alles Fleisch, und zahlreich sind des Herrn Erschlagene.“ (AT, Isaias 66, 6 – 16)
„Wie er also die Apostel, die er sich aus der Welt erwählt hatte, sandte, wie er selbst vom Vater gesandt war (Joh.20, 21), so sollten nach seinem Willen auch in seiner Kirche Hirten und Lehrer bis zur Vollendung der Weltzeit (Mt. 28, 20) sein. Damit aber das Bischofsamt einig und ungeteilt sei und damit durch die unter sich verbundenen Priester die ganze Schar der Gläubigen in der Einheit des Glaubens und der (Kirchen-)Gemeinschaft bewahrt bleibe: deshalb stellte er den heiligen Petrus an die Spitze der übrigen Apostel und setzte in ihm den ewig dauernden Ausgangspunkt und die sichtbare Grundlage für diese doppelte Einheit... Was ... Christus ... im heiligen Petrus zum ewigen Heil und immerwährenden Wohl der Kirche eingesetzt hat, das muß notwendig nach seiner Anordnung in der Kirche fortdauern, die auf dem Felsen errichtet ist und bis zum Ende der Zeiten fest stehen wird...“ (Dekret des Vatikanischen Konzils (1869/70), vierte Sitzung, 18.7.1870, Erste Dogmatische Konstitution über die Kirche Christi)
5. Aber ist eine Papstwahl nach dem geltenden Kirchenrecht nicht unmöglich, weil die Konklaveordnung nur innerhalb der Gemeinschaft der Gläubigen stehende Kardinäle als Wählende zuläßt, die nicht vorhanden und – ohne Papst – auch nicht zu beschaffen sind?
Kanon 160 S. 2 CIC bestimmt: „Für die Wahl des Papstes sind allein die Bestimmungen Pius’ X. in der Konstitution Vacante Sede Apostolica vom 25. Dezember 1904 maßgebend.“ An Stelle dieser Konstitution vom 25. 12. 1904 ist durch Satzungsänderung der wahren Kirche die Konstitution, die Konklaveordnung Papst Pius’ XII. „Vacantis Apostolicae Sedis“ vom 8.12.1945 getreten (vergl. Jone, a.a.O., Bd. 1, Anmerkung zu Kanon 160 S. 2; diese Konstitution ist in deutscher Übersetzung abgedruckt in Jone, a.a.O., Bd. 3, S. 647 – 668, sie ist auch bezüglich der Strafvorschriften bezüglich der Delikte geltend, die bei einer Papstwahl verwirklicht werden können - Kanon 2330 CIC; diese Konstitution enthält genaue Bestimmungen über das Verfahren der Papstwahl, ferner Bestimmungen, unter welchen Umständen eine Wahl ungültig ist). Und Ziffer 32 der Konstitution „Vacantis Apostolicae Sedis“ lautet: “Die Wahl des Papstes ist einzig und allein Sache der Kardinäle.”
Demnach sind nur Kardinäle zur Wahl eines Papstes zugelassen, und Kanon 232 § 1 CIC bestimmt: „Die Kardinäle werden vom Papst aus der ganzen katholischen Welt frei ernannt.“; nach geltendem Kirchenrecht werden Kardinäle durch Ernennung des regierenden Papstes ‚kreiert’, erlangen eben nur dadurch das Kirchenamt des Kardinals (vergl. auch Retzbach, a.a.O., S. 57; Perathoner, a.a.O., S. 121) Scheitert daran also die vor Gott ‚gültige’ Wahl eines Papstes, weil eben Kardinäle innerhalb der katholischen Kirche, innerhalb der Rest-‚Gemeinschaft’ der Gläubigen nicht mehr vorhanden und – ohne einen ernennenden Papst – nicht zu beschaffen sind?
1. Man könnte versucht sein, folgendermaßen zu argumentieren: menschliche Satzung, Kanon 160 S. 2 CIC und die geltende Konklaveordnung Pius’ XII., die sich als Hindernis für die Wahl eines Papstes herausstellt, denn innerhalb der Gemeinschaft der Gläubigen stehende Kardinäle sind nicht mehr vorhanden, müsse göttlichem Recht, nämlich der unbedingten Verpflichtung der Mitglieder der streitenden Kirche zur Mitwirkung bei der Besetzung des Stuhles Petri per Papstwahl, weichen, so der Vorschlag zu den Problemen einer Papstwahl trotz fehlender Kardinäle in vergl. ‚Kyrie eleison’ 4/1995, S. 67 – 161.
Allerdings: Sowohl Kanon 160 S. 2 CIC wie auch die Konklaveordnung vom 8.12.1945 sind von wahren Päpsten promulgiert, also veröffentlicht und dadurch in Kraft gesetzt worden (zur Erlangung der Gesetzeskraft: vergl. Kanon 8 § 1 und Kanon 9 CIC). Und diese Bestimmungen des Kirchenrechts gehören ihrem Thema nach, der Ordnung der Kirche im Falle der notwendig gewordenen Wahl eines Papstes, zum bindend verpflichtenden Hirtenamt der Kirche - „alles, was ihr auf Erden binden werdet, wird auch im Himmel gebunden sein“.
Vom Heiligen Geist inspiriertes, von der Kirche erlassenes Recht, vielleicht zeitlich begrenzt geltend, abgestimmt auf die Bedürfnisse der Zeit und der in ihr lebenden Gläubigen, änderbar und abzuändern, wenn die späteren Zeitläufe es erfordern – aber dennoch von Gott inspiriertes Recht: „Die Geschichte aller vergangenen Zeiten aber ist dafür Zeuge, daß dieser apostolische Stuhl, dem nicht nur das Lehramt, sondern auch die höchste Gewalt in der ganzen Kirche überantwortet ist, einerseits beständig ‚in derselben Lehre, demselben Sinn und derselben Auffassung’ (Vatikanisches Konzil, dogmatische Konstitution Die Filius vom 24.4. 1870, Kapitel 4) verharrte, andererseits die Lebensordnung immer so zu regeln pflegte, daß er, solange das göttliche Recht unbeeinträchtigt blieb, die Sitten und Gebräuche der so verschiedenen Völker, die er umfaßt, niemals außer acht ließ.“ (aus dem Brief „Testem benevolentiae“ Papst Leo XIII. vom 22.1.1899, Denzinger/Hünermann, a.a.O., Rdn. 3341)
Gott ist zwar der Eine, der Unveränderliche, aber die Menschen, für die diese Satzungen als Leuchtfeuer bestimmt sind, sind eben veränderlich, leben in der Zeit: Genau deswegen, wegen der zu verschiedenen Zeiten verschiedenen Gefahren und Nöte, die den Menschen auf ihrem Heilswege drohen, bedarf es nach göttlichem Willen eines bis zum Ende der Zeiten fortwährend von Gott geleiteten Hirtenamtes und Lehramtes der Kirche.
Demnach stünde nicht rein menschliches, sondern vom Heiligen Geist, von Gott inspiriertes Recht gegen göttliches Recht - also: fehlerhafter Gedankengang, denn es gilt:
„Wir lehren demnach und erklären, daß auf Anordnung des Herrn die römische Kirche über alle andern Kirchen den Vorrang der ordentlichen Gewalt besitzt und daß diese wahrhaft bischöfliche Regierungsgewalt des römischen Papstes (die Untertanen) unmittelbar erfaßt. Ihr gegenüber sind daher die Gläubigen und die Hirten jeglichen Ritus und Ranges, und zwar sowohl einzeln wie in ihrer Gesamtheit, zu hierarchischer Unterordnung und zu wahrem Gehorsam verpflichtet. Und das nicht nur in Fragen des Glaubens und des sittlichen Lebens, sondern auch in allem, was zur Disziplin und zur Regierung der Kirche auf dem ganzen Erdenrund gehört.“ (Dekret des Vatikanischen Konzils (1869/70), vierte Sitzung, 18.7.1870, Erste Dogmatische Konstitution über die Kirche Christi)
2. Holböck (a.a.O., Bd. 1, S. 136, f.) vertritt die Ansicht, in Kanon 16 CIC sei geregelt, daß die Unmöglichkeit, ein kirchliches Gesetz einzuhalten, von dessen Beachtung befreie, außer dessen Beobachtung sei zur Abwendung einer schweren Gefahr für die Kirche nötig.
Wenn man sich dieser Meinung anschlösse, ließe sich wie folgt argumentieren: Die Kirche besteht notwendig; zur alsbald notwendigen Restauration (der Hierarchie) der Kirche ist die Wiederherstellung des Papstamtes nötig, die dafür notwendig vorhandenen Kardinäle fehlen, also kann nicht nur, sondern muß – gemäß oder entsprechend Kanon 16 CIC – von der Vorschrift, daß die Wahlmänner der Papstwahl (nur) Kardinäle seien, abgewichen werden, denn die Beachtung des Gesetzes ist in diesem Falle nicht etwa nötig, um schweren Schaden von der Kirche abzuwenden, sondern umgekehrt: würde das Gesetz weiterhin eingehalten, wäre eine Papstwahl und eine Wiederherstellung der Ämter in der Kirche unmöglich, eben dadurch – durch das Zuwarten bis ins Nimmermehr - ist aber der Kirche bereits schwerster Schaden entstanden. Die von Holböck vertretene Ansicht, der Rechtssatz, Unmöglichkeit hebe eine Verpflichtung auf, sei Inhalt des Kanon 16 CIC, läßt sich allerdings schlechterdings nicht nachvollziehen, denn diese Auffassung liegt außerhalb des aus dem bloßen Wortlaut der Vorschrift des Kanon 16 CIC erfaßbaren Verständnisses und ist auch nicht im Wege der Gesetzesauslegung - unter Beachtung der Auslegungsvorschriften der Kanones 17 bis 19 CIC – zu gewinnen (Kanon 16, § 1 regelt die Folgen von Gesetzesunkenntnis, § 2 dieser Vorschrift regelt Unkenntnis bzw. Irrtum im Hinblick auf die Geltung eines Gesetzes, einer Strafvorschrift oder im Bezug auf Tatsachen). Vielmehr handelt es sich bei der ‚Regelung’, daß eine unmöglich einzuhaltende Verpflichtung nicht verpflichtet, - scheinbar - um ein ungeschriebenes Gesetz, das sowohl auf dem Gebiete der Moral (Häring, a.a.O., S. 294, f.), als auch dem des Rechts Geltung hat. Demnach gilt die Verpflichtung, daß nur Kardinäle zur Wahl eines Papstes berufen seien, nicht, wenn keine Kardinäle vorhanden sind. Aber ist der Rückgriff auf diesen naturrechtlichen Grundsatz, daß eine unmöglich zu erfüllende Verpflichtung nicht binden kann, überhaupt geboten, trifft er den Sachverhalt?
3. Was genau bedeuten die Bestimmungen: “Die Wahl des Papstes ist einzig und allein Sache der Kardinäle.” (Ziffer 32 der Konstitution „Vacantis Apostolicae Sedis“) und „Die Kardinäle werden vom Papst aus der ganzen katholischen Welt frei ernannt.“ (Kanon 232 § 1 CIC)? Präziser gefragt: Verbieten diese Bestimmungen des geltenden Kirchenrechts tatsächlich die Wahl eines Papstes dann, wenn Kardinäle fehlen? Denkbare Fallgestaltungen für das Fehlen von Kardinälen anläßlich einer Sedisvakanz sind kriegerische Ereignisse oder eine allgemeine Kirchenverfolgung, in deren Folge die Ausschaltung aller Kardinäle erfolgte, das Versterben sämtlicher Kardinäle infolge Pandemien oder globalen Katastrophen – oder eben die scheinbar undenkbare, nun aber gegebene Fallgestaltung: der Verlust der kirchlichen Mitgliedschaftsrechte aller Kardinäle infolge öffentlicher Häresie und Apostasie oder infolge jahrzehntelanger Vakanz des Stuhles Petri, so daß die vom letzten Papst ernannten Kardinäle allesamt verstorben sind.
Auf den Punkt gebracht: Kann und darf ein Papst überhaupt für den durchaus möglichen – und derzeit eingetretenen - Fall, daß Kardinäle nicht (mehr) vorhanden sind, die Wahl eines Nachfolgers Petri verbieten?
Göttliche Verheißung ist, daß die Kirche bis zum Untergang dieser Welt fortbesteht: „Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen, und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen“ (NT, Matthäus 16, 18) – kriegerische Ereignisse, Kirchenverfolgung, Pandemien oder globale Katastrophen, der große Abfall oder eine jahrzehntelange Sedisvakanz sind aber keinesfalls gleichbedeutend mit dem Jüngsten Tag.
Und Christi Ankündigung des Fortbestandes der Kirche bis zum Weltende schließt ein das Gebot der unverzüglichen Wahl eines Stellvertreters Christi auf Erden, wann immer der Stuhl Petri vakant ist: „So spricht der Herr. ‚Nie soll es David an den Männern fehlen, die sitzen auf dem Thron des Hauses Israel.’ “ (AT, Jeremias 33, 17) „So spricht der Herr: ‚Falls ihr mein Bündnis mit dem Tag und mit der Nacht aufheben könnt, daß Tag und Nacht zu ihrer Zeit ausblieben, dann könnte auch mein Bund mit David, meinem Knechte, aufgehoben werden, so daß er keinen Sohn auf seinem Thron mehr hätte, und auch der Bund mit den Leviten, mit den Priestern, daß sie mich nimmermehr bedienten. Gleichwie das Heer des Himmels nicht zu zählen und der Sand des Meeres nicht zu messen ist, so will ich Davids, meines Knechtes, Geschlecht vermehren und die Leviten, die in meinen Diensten stehen.’ Und es erging das Wort des Herrn an Jeremias, also lautend: ‚Bemerkst du nicht, was diese Leute sprechen? ‚Die beiden Häuser, die der Herr einst auserwählt, die hat er jetzt verworfen.’ So denken sie von meinem Volk verächtlich, daß sie es nicht als Volk mehr gelten lassen. So spricht der Herr: ‚Wenn ich mein Bündnis mit dem Tag und mit der Nacht, des Himmels und der Erde Ordnungen, nicht festhielte, nur dann verwürfe ich auch Jakobs Stamm und David, meinen Knecht, und nähme keine Herrscher mehr aus seinem Stamm für das Geschlecht des Abraham, des Isaak und des Jakob. Ich wende ihr Geschick und neige ihnen mich erbarmend zu’.“ (AT, Jeremias 33, 20 – 26)
Wenn der Fortbestand der Kirche auch von menschlicher Mitwirkung abhängt, und in der Tat: das tut er, dann enthält die Verheißung vom Fortbestand der Kirche bis an das Ende dieser Welt zugleich auch das strikte Gebot, gerichtet an diejenigen, von deren Mitwirkung der Fortbestand der Kirche auch abhängt. Da Gott keinen Papst vom Himmel zu regnen lassen pflegt, sind die Mitglieder der streitenden Kirche ihrerseits vor Gott zur Mitwirkung am Fortbestand der streitenden Kirche verpflichtet, indem sie bei Vakanz des päpstlichen Stuhles einen Papst zu wählen haben und indem der Gewählte, falls er nicht entschuldigt ist, vor Gott verpflichtet ist, das Amt anzunehmen und auszuüben. Da Kardinäle aber nicht mehr vorhanden und - bei Vakanz - auch nicht zu beschaffen sind, steht der Wortlaut der fortgeltenden Konklaveordnung angesichts der unvorhergesehenen Umstände, dem Fehlen von Kardinälen, scheinbar dem göttlichen Gebot entgegen.
Motiv und Zweck jenes Gesetzgebers der Konklaveordnung, der Konstitution Papst Pius’ XII. „Vacantis Apostolicae Sedis“ vom 8.12.1945 war es, ein geordnetes Wahlverfahren bei Vakanz des päpstlichen Stuhles bereitzustellen zu dem Zweck, daß im Vakanzfall die Personen der Wahlberechtigten sogleich feststehen und daß die Wahl nicht durch sich sonst aufdrängende Vor- und mögliche Zweifels- und Streitfragen, wer denn zur Wahl eines Papstes berechtigt sein solle und wer nicht, verzögert oder gar vereitelt würde.
Umgekehrt und noch deutlicher dargelegt: Motiv und Zweck des Gesetzgebers kann es nicht gewesen sein, die Besetzung des vakanten Stuhles Petri davon abhängig zu machen, daß Kardinäle vorhanden seien, um bei deren Fehlen die von Gott geforderte Wahl eines Stellvertreters Christi auf Erden zu vereiteln. Der Gesetzgeber – der jeweils regierende Papst - als Vikar Christi hätte eine solche Regelung, die Wahl eines Papstes unter bestimmten Umständen, nämlich beim Nichtvorhandensein von Kardinälen endgültig zu vereiteln, niemals treffen dürfen und daher auch nicht treffen können. Eben weil er sonst gegen göttliches Gebot hätte verstoßen müssen, wonach die Mitglieder der streitenden Kirche bei Vakanz des päpstlichen Stuhles unbedingt verpflichtet sind, letzteren per Wahl wieder zu besetzen:
„Wie er also die Apostel, die er sich aus der Welt erwählt hatte, sandte, wie er selbst vom Vater gesandt war (Joh.20, 21), so sollten nach seinem Willen auch in seiner Kirche Hirten und Lehrer bis zur Vollendung der Weltzeit (Mt. 28, 20) sein... Was aber der Herr Jesus Christus, der Fürst der Hirten und oberste Hirt der Schafe, im heiligen Petrus zum ewigen Heil und immerwährenden Wohl der Kirche eingesetzt hat, das muß notwendig nach seiner Anordnung in der Kirche fortdauern, die auf dem Felsen errichtet ist und bis zum Ende der Zeiten fest stehen wird.“ (Dekret des Vatikanischen Konzils (1869/70), vierte Sitzung, 18.7.1870, Erste Dogmatische Konstitution über die Kirche Christi)
Ein solcher Verstoß des Amtsträgers Petrus gegen göttliches Recht bei Erlaß der Konklaveordnung ist aber nach göttlicher Verheißung gerade nicht möglich: „alles was du/ihr auf Erden binden wirst/werdet, wird auch im Himmel gebunden sein“.
Steht diese Einschätzung aus theologischen Erwägungen aber mit dem geltenden Kirchenrecht in Einklang? Die Verfassung der Kirche gebietet die unverzügliche Wahl eines Papstes im Falle der Sedisvakanz – die zum Verfahren der Papstwahl ergangenen Bestimmungen der Kirche scheinen die Wahl mangels Vorhandensein der dazu bestimmten Wahlmänner, mangels Kardinäle zu verbieten. - Was nun? Aus dem Kirchenrecht läßt sich das Gebot, daß trotz des Gesetzes: “Die Wahl des Papstes ist einzig und allein Sache der Kardinäle.” (Ziffer 32 der Konstitution „Vacantis Apostolicae Sedis“) auch ohne Kardinäle ein Papst zu wählen ist, wie folgt begründen:
Die Päpste als Gesetzgeber hätten ganz sicher Vorsorge getroffen, um die Einhaltung des göttlichen Gebotes der unbedingten Mitwirkung der Mitglieder der streitenden Kirche bei der Besetzung des Stuhles Petri sicherzustellen, wenn sie nur die Ungeheuerlichkeit im voraus hätten bedenken können, daß einmal eine Zeit kommen werde, während der es keine Kardinäle mehr gebe, die Ämter-Hierarchie in der Kirche vielmehr vollständig erloschen sei. Das Schweigen des Gesetzgebers zu dieser sich uns stellenden Sachlage des gänzlichen Fehlens von Kardinälen enthält also kein Verbot einer Papstwahl. Die im Rahmen des geltenden Kirchenrechts richtige Lösung dieses Problems lautet daher wie folgt: Ziffer 32 der maßgeblichen Konstitution „Vacantis Apostolicae Sedis“ vom 8.12.1945 lautet: “Die Wahl des Papstes ist einzig und allein Sache der Kardinäle.” Also: Ohne jeden Zweifel: Das geltende Kirchenrecht setzt – für dessen Anwendbarkeit – insoweit stillschweigend voraus, daß Kardinäle zum Zeitpunkt der fälligen Papstwahl vorhanden sind. Also: Tatsächlich regelt es den nicht vorausbedachten, aber möglichen und derzeit gegebenen Sachverhalt nicht, daß Kardinäle nicht (mehr) vorhanden sind. Damit hat und beansprucht das geltende Kirchenrecht – was die Forderung angeht, daß nur Kardinäle die Wählenden sein dürfen – insoweit keine Geltung für den derzeit gegebene Sachlage, in der Kardinäle fehlen.
Es liegt also ein regelungsbedürftiger Sachverhalt vor, der im geltenden Kirchenrecht nicht durch eine Norm oder Normengruppe unmittelbar (aus ihrem Wortlaut verständlich) oder auslegungsweise oder durch deren analoge, den Wortlaut im Wege des Ähnlichkeitsschlusses erweiternde Anwendung oder (im Wege des Gegenschlusses) einschränkend geregelt ist – es liegt also eine ‚Gesetzeslücke’ vor: Das geltende Kirchenrecht ist insoweit lückenhaft geregelt, weil es ganz sicher nicht den Fall regelt, wie im Sedisvakanzfalle beim gänzlichen Fehlen von Kardinälen zu verfahren ist. Die Behandlung einer regelungsbedürftigen kirchlichen Rechtsangelegenheit, der eine gesetzliche Regelung abgeht, das Verfahren der Rechtsfindung bei Vorliegen einer ‚Gesetzeslücke’ ist im kirchlichen Recht allerdings - wiederum durch Gesetz - geregelt: Kanon 20 CIC lautet (auszugsweise): „Fehlt im ... Recht eine gesetzliche Bestimmung, so fülle man... diese Gesetzeslücke aus durch Zuhilfenahme eines der folgenden aufgezählten... Mittel... b) Man kann in einer solchen Lage sich auch an die allgemeinen Rechtsgrundsätze halten, muß aber auch die kanonische Billigkeit beachten.“:
Daß die Wahl eines Papstes zu erfolgen habe, wann immer der Stuhl Petri vakant ist, ist göttliches Gebot (vom Fortbestand der Kirche bis zum Ende der Welt). Denn die Kirche ist notwendig; zur alsbald notwendigen Restauration der Kirche ist die Wiederherstellung des Papstamtes ebenfalls notwendig; aber die dafür notwendigen Kardinäle fehlen.
Also müssen - in Ausfüllung der Gesetzeslücke betreffend die Regelung der notwendige Wahl eines Papstes beim Fehlen von Kardinälen – andere Personen ersatzweise für die nicht vorhandenen und nicht zu beschaffenden (von einem wahren Papst ernannten) Kardinäle die Wahl eines Papstes vornehmen, um Sinn und Zweck der maßgeblichen Konstitution „Vacantis Apostolicae Sedis“, nämlich die Wahl eines Nachfolgers Petri zu erfüllen und um so schweren Schaden von der Kirche abzuwenden, der sonst der nun hierarchielosen Kirche durch das Zuwarten bis ins Nimmermehr entstünde. Ein sonst anzuwendendes Verfahrensgesetz kann und darf eben genau in dem Punkt und genau deshalb nicht angewendet werden, wenn und weil dessen Voraussetzungen - die Bedingungen also, von denen seine Anwendung abhängt: hier das Vorhandensein von Kardinälen - nicht gegeben sind. Also kann und darf unter den derzeitigen Umständen die geltende Konklaveordnung insoweit nicht befolgt werden, wie deren gänzlich unzweifelhafte Voraussetzung, das Vorhandensein von Kardinälen eben nicht gegeben ist. Nur so kann und muß der Sinn und Zweck jener Konklaveordnung und damit das göttliche Gebot, nach dem möglichst rasch ein Papst gewählt werden muß, erfüllt werden.
Die geltende Konklaveordnung Papst Pius XII. berücksichtigt nicht das Unvorstellbare, daß Kardinälsämter und überhaupt Ämter innerhalb der Gemeinschaft der Gläubigen nicht (mehr) besetzt sind: ein unter der unausgesprochenen, da als selbstverständlich gegeben erachteten Voraussetzung des Vorhandenseins von Kardinälen geltendes Gesetz gilt insoweit nicht, wie dessen Voraussetzung – das Vorhandensein von Kardinälen – nicht gegeben ist; die Konklaveordnung „Vacantis Apostolicae Sedis“ vom 8.12.1945 paralysiert also nicht, hindert nicht die Wahl eines Papstes:
„So sprach der Herr der Heerscharen: ‚Dies dünkt dem Reste dieses Volks in diesen Tagen ganz unmöglich. Sollt es auch mir unmöglich dünken?’ Ein Spruch des Herrn der Heerscharen. So sprach der Herr der Heerscharen: ’Ich helfe meinem Volk heraus aus Ost- und Westlanden und bringe sie auch heim, daß sie, Jerusalem bewohnend, mir zum Volke seien. Und ich bin ihnen Gott in Treue und Gerechtigkeit.’ So sprach der Herr der Heerscharen: ‚Regt rüstig eure Hände, die ihr in diesen Tagen jene Worte hört aus der Propheten Mund, die von dem Tage reden, da das Haus des Herrn der Heerscharen, der Tempel, zum Wiederaufbau hergestellt sein wird! Vor jenem Tage gab es keinen Lohn für irgend jemanden und keinen Lohn fürs Vieh. Wer aus- und einzog, war vorm Feind nicht sicher; ich hetzte alle Leute durcheinander. Jetzt aber stehe ich ganz anders als in frühern Zeiten zu des Volkes Rest.’ “ (AT, Zacharias 8, 6 – 11)
Allerdings ist damit noch nicht ausgesagt, wie eine Papstwahl ohne Kardinäle möglich ist, denn das Faktum, daß das geltende Kirchenrecht eine Papstwahl beim Fehlen von Kardinälen nicht verbietet, bedeutet noch nicht, daß es den Wählenden die Wahl gestattet: wie also die Wahl rechtmäßig – und also gültig - vollzogen werden kann.
Anmerkung: (1) „Dies dünkt dem Reste dieses Volks in diesen Tagen ganz
unmöglich“: Kann man die derzeitge ungläubige Haltung der letzten
‚Gläubigen’ treffender ausdrücken? Genau das ist derzeit das Problem
der letzten ‚Sionisten’, wir sind Kinder des Mißerfolgs: „Wer aus- und einzog, war vorm Feind nicht sicher; ICH hetzte alle Leute durcheinander.“: (AT, Zacharias 8, 10), „Durch
alle früheren Zeiten hob und trug ER sie. Doch sie verbitterten im
Trotze seinen heiligen Geist. Da ward ER ihnen selbst zum Feinde: ER
selbst bekämpfte sie.“ (AT, Isaias 63, 9 und 10), „Wohl aber wurdest du durch deine Sünden MIR beschwerlich; durch deine Missetaten fielst du MIR zur Last.“ (AT, Isaias 43, 24), „Erbittert
habt ihr GOTT; so wurdet ihr den Feinden preisgegeben. Denn ihr
erzürntet IHN, DER euch geschaffen, als ihr den Geistern opfertet,
nicht GOTT. Und ihr betrübtet auch Jerusalem, das euch herangezogen.“
(AT, Baruch 4, 6 – 8), „Wir wurden alle wie befleckt, und wie ein
unrein Tuch, so waren alle unsere Werke der Gerechtigkeit. Wir alle
welkten hin wie Laub; doch sturmesgleich wird unsere Missetat uns
fortreißen. Doch Deinen Namen ruft nicht einer an, und keiner ist, der
sich aufrüttelte, um sich an Dich zu klammern; denn Du verbirgst vor
uns Dein Angesicht und gibst uns unseren Missetaten preis.“ (AT, Isaias
64, 5 und 6) Wir sind so sehr an das ständige Scheitern gewöhnt, daß
die Situation ausweglos erscheint: „Schwarze Schwäne gibt es nicht -
und die Gerüchte um eine ferne Landmasse mit dem Namen Australien sind
auch nur so ein Hirngespinst wie das Gerede über die Wiederherstellung
der Kirche!“ – aber sie scheint eben nur dem schwächlich Glaubenden so: „Jetzt aber stehe ich ganz anders als in frühern Zeiten zu des Volkes Rest.’ “ (AT, Zacharias 8, 11), „So sollt auch ihr, wenn ihr dies alles sehet, merken, daß es nahe vor der Tür ist.“ (NT, Markus 13, 29 und Matthäus 24, 33), „Wenn das aber im Anzug ist, dann richtet euch auf und erhebt eure Häupter; denn eure Erlösung naht.“ (NT, Lukas 21, 28), „Und
die Bewohner der Erde werden sich über sie freuen und frohlocken und
einander beschenken, weil diese zwei Propheten die Bewohner der Erde
belästigt haben. Allein nach drei und einem halben Tag kam Lebensgeist
von Gott über sie. Sie stellten sich auf ihre Füße und große Furcht
befiel alle, die sie sahen.“ (NT, Offenbarung des hl. Johannes 11, 10
und 11) : „So sprach der Herr der Heerscharen: ‚Dies dünkt dem Reste
dieses Volks in diesen Tagen ganz unmöglich. Sollt es auch mir
unmöglich dünken?’ Ein Spruch des Herrn der Heerscharen.“ (AT,
Zacharias 8, 6) (2) Die Annahme, mit dieser Textstelle sei die Flucht der Christen vor
der von Norden, von Syrien anrückenden eisernen Walze des römischen
Heeres im Jüdischen Krieg (66 – 70 n. Chr.) vorgezeichnet worden,
erscheint aus mehreren Gründen fehlerbehaftet: Flucht- und
Sammelpunkt für die Christen in Jerusalem und Judäa war damals die
antike Stadt Pella, eine zu den Decapolis, dem Zehn-Städte-Bund
gehörende Stadt in Transjordanien, die von Pompeius wieder aufgebaut
worden war. Pella, dessen Ruinen heute nur zum geringen Teil
ausgegraben sind, liegt im oberen, nördlichen Teil des Jordan-Grabens
an dessen Rand auf östlicher Seite – nicht auf einem Berge, sondern auf
Höhe des Meeresspiegels, während (das antike wie das moderne) Jerusalem
ca. 600 – 830 Höhenmeter über dem Meeresspiegel mißt: Die Christen
waren also nicht ‚auf die Berge’, sondern nach Nord-Osten und zudem
noch außer Landes geflohen und auch dort – verglichen mit Jerusalem –
nicht auf die Berge, sondern ins Tal. Falls die Weisung „dann fliehe,
wer in Judäa ist, auf die Berge“ jene Flucht beträfe, wäre diese ‚in
den Wind gesprochen’ gewesen, weil die so Angesprochenen sich aus guten
Gründen einfach nicht daran gehalten haben. Sie hätten – vorausgesetzt,
die Weisung beträfe jene Ereignisse - in das judäische Bergland fliehen
müssen: um dort von den Römern ausgehungert und ausgedörrt zu werden,
so wie es schließlich den in der Herodes-Feste Machaerus
Zurückgezogenen und den letzten in der Bergfestung Massada ausharrenden
Zeloten ergangen ist. Falls denn diese Weisung jene Flucht beträfe… Pater
G. Heyder, a.a.O., S. 305, führt in seinem um das Jahr 1973
herausgegebenen Volks-Bibel als Kommentierung zu der oben zitierten
Textstelle (Matthäus 24, 15 – 17) aus: „Greueltäter an heiliger Stätte
sind auch die modernen, rationalistischen Bilderstürmer aus klerikalen
Kreisen, die kein ordentliches Kreuz und Heiligenbild mehr sehen
können. Es gehören jene dazu, die geweihte Altäre, Kommunionbänke,
Kanzeln und Beichtstühle aus den eigenen Kirchen herausreißen und
profanieren. Auch in der christichen Kunst ist das Eindringen des
Dämonischen zu erkennen. Auch jene innerlich bereits abgefallenen
Diener Gottes gehören hierher, die das heilige Opfer Christi zerstören.
Sie werden selbst zu geistigen Scheusalen der Entweihung an heiliger
Stätte, die noch viel gotteslästerlicher sind als der äußerliche
materielle Greuel.“ Auch hier bei der Aufforderung „dann fliehe, wer
in Judäa ist, auf die Berge“ liegt der Schlüssel zum Verständnis
betreffend ‚Judäa’ in der Bedeutung der Antwort auf die Frage: „Bist du
der König der Juden?“: Die Gemeinschaft der Christus zugetanen
‚Judäer’ lebt in der befestigten Stadt ‚Jerusalem’, der Kirche. Auf den
felsigen, schroffen, wasserlosen Bergen des judäischen Berglandes kann
der Mensch nur als Einzelner, nur in kleinsten Gruppen überleben. Und
dennoch werden jene ‚Judäer’, jene Angehörigen des Reiches des ‚Königs
der Juden’ hier aufgefordert, ‚Jerusalem’, dort, wo die Gemeinschaft
der ‚Judäer’ lebt und deren Obrigkeit untersteht, sofort zu verlassen
und in die Berge, wo keine Gemeinschaft möglich ist und mangels einer
rechtmäßigen Obrigkeit dort Gesetzeslosigkeit, jedenfalls
Durcheinander, Chaos herrschen, zu flüchten - weil sich sowohl in
‚Jerusalem’ wie auch in den ‚bewohnten Gegenden’, jedenfalls innerhalb
der Gemeinschaft der ‚Judäer’ Ungeheuerliches abspielt: Da kämpft
neben ‚dem Schwarm der Heidenvölker, die gegen Sions Berg sich scharen’
(AT, Isaias 29, 8) selbst ‚Juda’ gegen ‚Jerusalem’, obwohl sie doch
früher eins waren und die ‚Judäer’ ‚Jerusalem’ bewohnten („sed et Iudas
pugnabit adversus Hierusalem…“; Vulgata, AT, Zacharias 14, 14): jene
zur Apostasie konvertierten ‚Judäer’, die früher Angehörige des Reiches
des ‚Königs der Juden’ (der Kirche) waren und damals ‚Jerusalem’ (die
Kirche) bewohnten. „Wie kannst du nur sagen: ‚Ich habe mich nicht
befleckt, ich bin den Baalen nicht nachgelaufen!’ Sieh doch dein
Treiben im Tal! Bedenke, was du getan! Eine leichtfüßige Kamelstute
bist du, die bald hierhin, bald dorthin läuft, eine Wildeselin, an die
Steppe gewöhnt, die nach Luft schnappt in wilder Gier. Wer dämpft ihre
Brunst? Wer ihrer begehrt, findet sie mühelos in der Zeit ihrer Brunst.
Gib acht, du läufst dir die Sohlen sonst ab, die Kehle vertrocknet dir
noch. Aber du sagst: ‚Unmöglich! Nein! Ich liebe die fremden Götzen,
ich lauf ihnen nach!’ “ (Henne/Rösch, AT, Jeremias 2, 23 – 25)
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