9. Ist das Kirchenvolk in der Konzilskirche als die Gemeinde des Herrn erhalten?
Wenn die Gemeinschaft, die ehemals mit der Kirche identisch war, diese Identität mit der hl. Kirche abgelegt hat, indem sie ihrem Wesen nach eine andere geworden ist, wenn daher die Ämter in der ‚Konzilskirche’ die Ämter der ‚Konzilskirche’ sind, aber eben nicht die Ämter der hl. Kirche, wenn das Priestertum in der Konzilskirche wegen der Veränderung der Weiheriten zur Unwirksamkeit hin erlischt, stellt sich zwangsläufig die Frage, wo denn die hörende Kirche, wo das Kirchenvolk abblieb, wo denn die Laien, die Katholiken abgeblieben sind.
Die auf ‚dem Konzil’, dem sog. II. Vat. Konzil und in der Folgezeit von den ‚Machern’ ‚des Konzils’ erzeugte ‚Aufbruchsstimmung’ war kein leerer Wahn; sie war vielmehr ein untrügliches Anzeichen, daß die Gläubigen in Massen die Kirche verließen.
Die Katholiken des 20. Jahrhunderts waren zwar nicht unwillig, sie hielten sich nicht die Ohren zu, kreischten dabei nicht und knirschten nicht mit den Zähnen – aber sie waren auch nicht willig: was ihnen ‚zum einen Ohr hineinging, kam zum anderen Ohr unverdaut wieder heraus’; sie waren lau; und selbst die ‚Sedisvakantisten’ weisen ebenfalls unschöne Merkmale auf: Ignoranz und Untätigkeit:
„Erbittert habt ihr Gott; so wurdet ihr den Feinden preisgegeben. Denn ihr erzürntet ihn, der euch geschaffen, als ihr den Geistern opfertet, nicht Gott. Und ihr betrübtet auch Jerusalem, das euch herangezogen. Den Zorn von Gott her sah es kommen über euch und sprach: ‚Ihr Nachbarinnen Sions! Hört! Ein großes Leid hat Gott nun über mich verhängt. Ich sah ja meiner Söhne, meiner Töchter Wegführung, die über sie der Ewige gebracht. Mit Freuden habe ich sie aufgezogen; mit Weinen und mit Klagen ließ ich fort sie ziehen. Doch niemand freue sich jetzt über mich, die Witwe ward, von vielen ganz verlassen! Ich ward vereinsamt um der Sünden meiner Kinder willen, weil sie vom göttlichen Gesetz gewichen, um seine Rechte sich nicht kümmerten, nicht nach den Wegen göttlicher Gebote lebten, und nicht die Pfade seiner so gerechten Zucht betraten.“ (AT, Baruch 4, 6 -13)
„Ich kenne deine Werke: Weder kalt bist du noch warm! Da du aber lau bist und nicht warm und nicht kalt, so bin ich daran, dich aus meinem Munde auszuspeien. Du sprichst: Wohlhabend bin ich und reich, ich brauche nichts. Und du weißt nicht, daß gerade du elend bist und erbärmlich, arm, blind und nackt.“ (NT, Offenbarung des hl. Johannes 3, 15 - 17)
Wenn in der Konzilskirche einzelne ‚konservative’ Gläubige abgeblieben sein sollten, die – entgegen der Doktrin und Praxis der ‚Neuerer’ – am ‚alten’ Glauben festhielten, dann hielten sie an diesem ‚alten’ Glauben nicht etwa daran fest, weil sie innerhalb der ‚Konzilskirche’ standen, sondern obwohl sie in der ‚Konzilskirche’ verharrten, weil sie deren Wesen nicht begriffen und nicht erfaßt hatten, daß die Identität zwischen der heiligen Kirche und der ‚Konzilskirche’ zerbrochen war und sie sich einer Organisation zurechneten, die sie fälschlich für die wahre heilige Kirche hielten. Und sie konnten in der Konzilskirche nur als einzelne, isoliert abbleiben: als Ansammlung Gleichgesinnter, dem ‚alten’ Glauben treu Gebliebene hätten sie sehr rasch festgestellt, daß sie eine eigene Gemeinschaft innerhalb der Gemeinschaft dern ‚Konzilskirche’ bildeten – und daß ihre kleine Gemeinschaft in Wahrheit gegen die Gemeinschaft der nachkonziliaren Gläubigen steht.
Zusammenfassend: Kein Teil der heiligen Kirche ist in der Konzilskirche erhalten geblieben: nicht die Jurisdiktionshierarchie, die Kirchenämter, nicht die Weihehierarchie, das Priestertum, nicht die Gemeinschaft der Gläubigen der hörenden Kirche, die Laien.
10. Sind Teile der Kirche woanders abgeblieben? Existieren die Ämter irgendwo anders fort?
Haben etwa dem ‚alten’ Glauben Treugebliebene, haben etwa unter den Sedisvakantisten tätige Priester oder ‚Bischöfe’ Kirchenämter inne, haben solche Personen ordentliche Jurisdiktionsgewalt inne? In der Kirche ist die Ausübung der Kirchengewalt den Amtsinhabern, also den von der Kirche eingesetzten Amtsträgern vorbehalten: Gemeinden der katholischen Kirche werden von Pfarrern der katholischen Kirche – und nicht von Gemeinderäten – geleitet. Pfarrer, die ihrerseits dem Ortsbischof und diese zusammen dem Papst unterstehen. Pfarrer sind Amtsträger der katholischen Kirche und in deren (Ämter-)Hierarchie eingebunden. „Wahrlich, wahrlich ich sage euch: Wer nicht durch die Türe in den Schafstall eintritt, sondern anderswo einsteigt, der ist ein Dieb und ein Räuber. Wer aber durch die Türe eintritt, der ist ein Hirt der Schafe“ (NT, Johannes 10, 1 und 2). „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ich bin die Tür zu den Schafen.“ (NT, Johannes 10, 7). „Jesus Christus befahl den Aposteln und ihren ständigen Nachfolgern, die Völker zu lehren und zu leiten; den Völkern aber befahl er, die Lehre der Apostel anzunehmen und sich ihrer Gewalt in Gehorsam zu unterwerfen.“ (aus der Enzyklika „Satis cognitum“ Papst Leo XIII. vom 29.6.1896) Und durch wen erfolgt die Verleihung der Kirchenämter? Kanon 147 CIC bestimmt: „§ 1: Gültigerweise kann jemand in den Besitz eines Kirchenamtes nur durch kanonische Verleihung gelangen. § 2: Unter dem Begriff der kanonischen Verleihung versteht man die Übertragung eines Kirchenamtes durch die zuständige kirchliche Behörde unter Beobachtung der Bestimmungen des kanonischen Rechtes.“ „Nur die zuständige kirchliche Behörde ist zur Amtsverleihung berechtigt. Zuständige Behörde für die Verleihung aller Kirchenämter ist der Apostolische Stuhl, da ja dem Papst die Verfügungsgewalt über alle Kirchenämter zusteht. Doch übt der Apostolische Stuhl dieses Recht nur bei höheren Kirchenämtern ... aus. Bei niederen Kirchenämtern greift er in die konkurrierenden Verleihungsrechte der Oberhirten nur in“ bestimmten (vorstehendes Wort ist vom Verf. als zusammenfassende Ergänzung eingefügt) „Fällen ein.“ (Holböck, a.a.O., Bd. 1, S. 256) „Die Mission der Bischöfe geht aber vom Papste aus. Diese ertheilt der Papst durch die Präconisation, welche den Bischof einer Kirche vorsetzt und ihm die Obsorge und Verwaltung derselben im Geistlichen und Weltlichen überträgt. Das ist offenbar nicht bloß Anweisung einer Diöcese, sondern Ertheilung der Jurisdiction über dieselbe. Es steht fest, daß der präconisierte Bischof die volle Jurisdiction... auch vor seiner Consecration ausüben kann. Folglich erhält er sie nicht erst durch die Consecration. Es gibt aber sonst keinen Act, durch den Christus unmittelbar dem Bischof die Jurisdiction ertheilte, er muß sie also durch den Papst erhalten.“ (Hergenröther, a.a.O., S. 44) „In der hierarchia iurisdictionis erlangt der Papst seine Obergewalt gemäß dem göttlichen Recht selbst (ipsomet iure divino) durch die rechtmäßige Wahl und ihre Annahme. Alle übrigen Grade erhalten ihre Jurisdiktion durch die kanonische Sendung (missio canonica).“ (Retzbach, a.a.O., S. 29) „In den Besitz eines Kirchenamtes kann ein Geistlicher gültigerweise nur durch kanonische Verleihung gelangen. Wer eigenmächtig... in den Besitz eines Kirchenamtes gelangt ist, ist Eindringling und begeht mit dem Festhalten eines Kirchenamtes eine Straftat.“ (Holböck, a.a.O., Bd. 1, S. 256,f)
Existieren demnach innerhalb der ‚Gruppierungen’, der ‚Sedisvakantisten’ Kirchenämter? Sie haben keinen Papst, sie haben keine (Diözesan-, Orts-) Bischöfe, sie haben keine Pfarrer; sie haben keine Diözesen, keine Pfarreien, keine Pfarrkirchen und keine Pfarrkinder.
Sie haben Priester: solche, die mit der vollen sakramentalen priesterlichen Gewalt, der ‚Bischofsweihe’ ausgestattet sind, also bloße Weihbischöfe – bar eines jeden kirchlichen Amtes - und solche, die die (einfache) Priesterweihe empfangen haben. Sie haben Gläubige, Besucher von Meßzentren, und sie haben einige wenige Versammlungsorte, ‚Meßzentren’.
Das bedeutet: der Fortbestand der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche in einzelnen Personen und ‚Gruppen’ - ohne Ämter, ohne Institutionen, ohne Hierarchie, ohne gemeinsame Leitung. Den im Widerstand gegen die Konzilskirche, nämlich zur Erhaltung der Kirche wirkenden Priestern wird – bis vielleicht auf ganz wenige Ausnahmen von alten ‚vorkonziliaren’ Pfarrern, die sich nie aus ihrem Sprengel bewegt haben und nie von ihrem Amt zurückgetreten sind, mögen sie auch deswegen von der ‚Konzilskirche’ ‚exkommuniziert’ worden sein – die missio für das Amt des Diözesanbischofs oder des Pfarrpriesters fehlen, weil das ihnen gegebenenfalls von der damals noch bestehenden Jurisdiktionshierarchie der Kirche vor dem sog. II. Vat. Konzil verliehene Amt des Bischofs oder des Pfarrers örtlich begrenzt auf die betreffende Diözese oder den Pfarrsprengel ist, so daß sie außerhalb dieses Gebietes ohne Amtsvollmachten (der Kirche, die ihnen die örtlich begrenzte Jurisdiktionsgewalt verliehen hatte,) als Bischof oder als Priester wirken.
Kanon 215 § 1 lautet (auszugsweise): „Was die territoriale Einteilung der Kirche anbelangt, so ist die Einteilung des ganzen Erdkreises durch Errichtung, anderweitige Abgrenzung, Teilung, Vereinigung und Aufhebung von Kirchenprovinzen, von Diözesen“ ... „einzig und allein Sache der höchsten kirchlichen Autorität.“ Obwohl diese Priester, die dem ‚alten’ Glauben treu geblieben sind, im Sinne der Kirche und zu deren Wohle Priester und Bischöfe weihen, das hl. Meßopfer feiern, predigen und den Gläubigen Sakramente spenden, handeln sie ohne (ordentliche) kirchliche Sendung, ohne (ordentliche) missio, denn die Hierarchie der Kirche ist zusammengebrochen.
Der letzte Bischof von Rom, Seine Heiligkeit Papst Pius XII., verstarb am 9.10.1958. Kardinäle oder sonstige Inhaber von Kirchenämtern, die in der Gemeinschaft der Gläubigen stünden, sind nicht vorhanden. Etwaige Priester, die innerhalb der Gemeinschaft der Gläubigen, besser der Restgruppen stehen und die den Gottesdienst aufrechterhalten, verrichten den Dienst vor Gott notgedrungen, nämlich eingedenk der Not aus eigenem Antrieb als Helfer in der Not handelnd. Aber sie haben keine missio canonica, sind nicht bestallt, sie haben keine vom Vikar Christi oder von einem in dessen Auftrag handelnden Amtsträger ausdrücklich erteilte oder abgeleitete Amtsbefugnis inne - sie sind keine von Amtsinhabern der Kirche ihrerseits eingesetzten Amtsträger der Kirche:
„Kein Führer ist ihm mehr geblieben von all den Söhnen, die’s geboren, keiner, der’s an seiner Hand genommen, von all den Söhnen, die es großgezogen.“ (AT, Isaias 51, 18)
Es geht eben nicht nur um eine (gewöhnliche) Vakanz des päpstlichen Stuhles bei im übrigen intakter (Rest-) Hierarchie in der Kirche, wie sie nach dem Ableben oder der Resignation eines Papstes eintritt: Kirchliches Lehr- und kirchliches Hirtenamt, alle übrigen Ämter neben dem Papstamt, die gesamte Hierarchie in der Kirche sind bzw. ist vielmehr erloschen; die Kirche hat ihre Sichtbarkeit verloren und ihre Grenzen sind unscharf geworden
Damit ist allerdings nicht ausgesagt, daß jene unter den ‚Sedisvakantisten’ tätigen Priester deswegen unrechtmäßig im Sinne des Kirchenrechts, unberechtigt handelten: vielmehr handeln sie aus anderen Gründen vollauf berechtigt im Sinne des Kirchenrechts – dazu später unter Kapitel B 7. das Notwendige.
11. Existiert die Gemeinschaft der Gläubigen irgendwo anders fort?
Diese Frage scheint schwierig zu beantworten: Zwar heißt es: „Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen“ (NT, Matthäus 18, 20), andererseits ist die Vereinzelung das Kennzeichen der dem ‚alten’ Glauben treu Gebliebenen; der Fortbestand der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche, bestehend aus einzelnen Personen und ‚Gruppen’ - ohne Ämter, ohne Institutionen, ohne Hierarchie, ohne gemeinsame Leitung. Jeder hat seinen eigenen Kopf, seine eigenen Vorstellungen im Bezug auf die Fortexistenz der Kirche und dazu, ob überhaupt noch etwas zu retten sei und bejahendenfalls wie; an Zusammenhalt ist nicht zu denken. Denn die Bezeichnung ‚Gruppen’ kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß es nicht die eine ‚Gruppe’ (der katholischen Kirche) ist, sondern daß es ‚Gruppen’ sind und daß diese Gruppen weder jetzt noch später die Hierarchie, die Institutionen und die Ämter in der Kirche zu ersetzen vermögen. Ihnen fehlt die verbindliche, die stabile, die ordnende hierarchische Struktur: der - von Gott mit Binde- und Lösegewalt und mit unfehlbarer Lehrgewalt ausgerüstete - Körper: Das Lehr-, das Hirten- und das Priesteramt der Kirche. „Denn siehe, Deine Feinde sind geschäftig; das Haupt erheben Deine Hasser. Sie halten, Deinem Volk zuwider, listig Rat, beraten gegen Deine Schutzbefohlenen. Sie sprechen: ‚Auf, wir wollen sie als Volk vernichten. Nie werde mehr des Namen Israels gedacht!’ “ (AT, Psalm 83 (82), 4 und 5) Ohne Hirtengewalt ist die Kirche nicht nur ohne Hirten, sondern auch praktisch ohne Volk: es existieren ganz sicher Gläubige, aber eben nicht ‚die Gemeinschaft der Gläubigen’.
12. Existiert das Priestertum irgendwo anders fort?
Nach den oben aufgezeigten Grundsätzen (Teil A, 8) bleibt das sakramentale Priestertum so lange erhalten, wie es nach den ‚alten’ (wirksamen) Riten der Kirche irgendwo im Widerstand gespendet wird.
Das in apostolischer Sukzession weitergetragene sakramentale Priestertum innerhalb der katholischen Kirche ist nur deshalb (noch) nicht erloschen, weil den Kreisen der ‚Sedisvakantisten’ zuzurechnende ‚Bischöfe’ (mit der Bischofsweihe ausgestattete Priester) Priester- und Bischofsweihen (im Widerstand gegen die Neuerungen der Konzilskirche) nach dem Ritus der Kirche und daher wirksam erteilten und weiter erteilen. Solange das geschieht, solange der letzte mit der Bischofsweihe ausgestattete Priester im Widerstand bereit und in der Lage ist, diese sakramentale Weihegewalt an andere Personen zum Fortbestand der Kirche weiterzutragen, kann das sakramentale Priestertum noch nicht erloschen sein. „Den Priestern aber, den Leviten, wird nie ein Mann vor meinem Angesichte fehlen, der Brandopfer darbringt und Speiseopfer läßt in Rauch aufgehen und allzeit Schlachtopfer bereitet.“ (AT, Jeremias 33, 18)
Zusammengefaßt: Die Kirche existiert derzeit praktisch nurmehr in ihren Sakramenten fort: im Priestertum und in einzelnen Gläubigen, allein der Altar steht noch. Ohne Hirtengewalt ist die Kirche nicht nur ohne Hirten, sondern auch praktisch ohne Volk, ohne Gemeinschaft.
13. Handelt es sich bei der nur in Teilen, nämlich im Priestertum und in einzelnen Gläubigen erhaltenen Kirche um einen Mangelzustand in eschatologischer Zeit (der des Weltendes), der deswegen hinzunehmen ist?
Einige argumentieren, dieser Abbruch der Kirche sei das Zeichen für den unmittelbar bevorstehenden Weltuntergang. Also könne er nicht für ein Aussterben vor der Zeit des Weltuntergangs und damit nicht gegen die Kirchenzugehörigkeit der Sedisvakantisten in’s Feld geführt werden.
Die Kirche brauche in dieser ‚Endzeit’ kein lebendiges Lehr-, Hirten- und Priesteramt der Kirche mehr. Es reiche ein ‚loser Zusammenhang’ der letzten verbliebenen Katholiken. Die früheren und fortgeltenden Verlautbarungen des kirchlichen Lehr- und des Hirtenamtes könne man alten Büchern entnehmen, die gelegentlich noch in Antiquariaten oder auf Flohmärkten zu finden seien. Da sind sie nicht recht unterrichtet: Zwar scheint ein Teil der Aussagen über die Endzeit eingetroffen zu sein:
„Liebe Brüder! Wegen der Ankunft unseres Herrn Jesus Christus und unserer Vereinigung mit ihm bitten wir euch: Laßt euch nicht so leicht die Besonnenheit rauben und außer Fassung bringen, weder durch eine angebliche Geistesoffenbarung noch durch solch ein Wort oder einen Brief in unserem Namen, als ob der Tag des Herrn schon angebrochen sei. Laßt euch von niemand in irgendeiner Weise täuschen. Zuvor muß der Abfall kommen und der Mensch der Sünde geoffenbart werden, der Sohn des Verderbens, der Widersacher, der sich erhebt über alles, was Gott und Heiligtum heißt, der sich selbst in den Tempel Gottes setzt und sich für Gott ausgibt. Erinnert ihr euch nicht, daß ich euch das sagte, als ich noch bei euch war?“ (NT, 2. Tessalonicherbrief 2, 1 – 5)
Aber – abgesehen davon, daß die Endzeit mit dem Auftreten Christi begonnen hat (NT, 1. Korintherbrief 10, 11) – es ist noch nicht das Finale der Endzeit, die allerletzte Szene vor dem Fallen des Vorhangs eingetreten, denn es gibt weitere, noch nicht eingetroffene Aussagen über die Endzeit. Hier seien nur einige erwähnt:
a. „in der ganzen Welt allen Völkern zum Zeugnisse“
Erst dann, wenn das ganze Evangelium, und nicht etwa nur häretische Verstümmelungen davon, auf der ganzen Welt, und nicht nur auf einem Teil derselben, allen Völkern, und nicht nur einigen, gepredigt ist, wird diese Welt vergehen:
„Alle Völker, die DU geschaffen, kommen herzu, fallen nieder vor DIR, Allmächtiger, DEINEM Namen erweisen sie Ehre: Denn DU bist groß und wirkst große Wunder: DU allein nur bist GOTT!“ (Henne/Rösch, AT, Psalm 86 (85), 9 und 10) „Und es wird diese Frohbotschaft vom Reiche in der ganzen Welt allen Völkern zum Zeugnisse verkündet werden; alsdann wird das Ende kommen.“ (NT, Matthäus 24, 14), “Allen Völkern muß zuerst die Heilsbotschaft verkündet werden.“ (NT, Markus 13, 10), „Jesus trat hinzu, redete mit ihnen und sprach: Mir ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf Erden. Darum gehet hin und machet alle Völker zu Jüngern und taufet sie im Namen des Vaters und des Sohne und des Heiligen Geistes und lehret sie alle halten, was ich euch befohlen habe. Und sehet, ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt.“ (NT, Matthäus 28, 18 – 20)
Und dazu muß selbstverständlich zuerst die hl. Kirche wiederhergestellt werden:
„Du aber, Israel, mein Knecht, du Jakob, den ich auserkoren, du Sproß von meinem Freunde Abraham! Du, den ich vor den Vornehmsten der Welt auserwählt, vor ihren Edelsten berufen habe! Ich sage dir: ‚Mein Knecht bist du; dich habe ich erkoren und nicht abgelehnt.’ Sei ohne Furcht! Ich bin mit dir. Sei ohne Angst! Ich bin dein Gott. Ich stärke dich; ich helfe dir und stütze dich mit meiner sieggewohnten Rechten. Mit Schimpf und Schande wird bedeckt, wer dich beschimpft. Vernichtet wird und untergeht, wer mit dir streitet. Du suchst alsdann und findest sie nicht mehr, die mit dir streiten. Vernichtet werden und vergehen, die dich bekriegen. Denn ich, der Herr, ich bin dein Gott, der deine rechte Hand ergreift, der zu dir spricht: ‚Sei ohne Furcht! Ich bin es, der dir hilft.’ Sei ohne Furcht, MEIN Würmlein Jakob! Ihr armen Männer Israels! ICH bin es, der ihm hilft.’ Ein Spruch des Herrn.“ (AT, Isaias 41, 8 – 14) „Ich habe dich in meinem Groll geschlagen; nun tue ich dir wieder wohl in meiner Liebe. Beständig stehen deine Tore offen, unverschlossen Tag und Nacht, daß man der Heiden Reichtum bei dir einführe mit ihren Königen, umgeben von Geleiten. Denn Volk und Reich, das dir nicht dienen will, wird untergehen, und Heidenvölker werden völlig ausgerottet. Die Pracht des Libanon kommt zu dir her, Zypressen, Fichten, Ulmen allzumal, um deine heilige Stätte auszuschmücken, und meiner Füße Schemel zu verherrlichen. Dir nahen sich, gebückt, die Söhne deiner Unterdrücker und werfen sich zu deinen Füssen nieder, sie alle, die dich einst verhöhnt. Sie heißen dich ’Die heilige Stadt des Herrn’, ‚Sion des Heiligen Israels’. Wie du verlassen warst, gehaßt und unbesucht, so mache ich dich jetzt zum ewigen Stolz, zur Wonne kommender Geschlechter.“ (AT, Isaias 60, 10 – 15) „Ihr Himmel jauchzt! Frohlocke, Erde! Der Herr nimmt an sich seines Volkes, erbarmt sich seiner Armen. Doch Sion spricht: ‚Der Herr hat mich verlassen; der Herr hat mich vergessen.’ Vergißt denn eine Mutter ihres Kindes, des eigenen Leibsprossen die Gebärerin? Und könnten Mütter sie vergessen, so vergesse ich dich nicht. In meinen Händen trage ich dich eingezeichnet, und deine Mauern stehen allezeit vor mir. Es eilen deine Kinder schneller her als die, die dich verlassen, als die, die dich verwüstet und vernichtet haben. Erhebe ringsum deine Augen! Schau! Sie alle kommen dir zuhauf. So wahr ich lebe“ – ein Spruch des Herrn -, ‚sie alle legst du dir wie ein Geschmeide an, gleich einem Brautschmuck um. Denn deine Trümmer, deine Öden, dein zerschunden Land, zu enge wird’s für die, die Wohnung suchen, wenn deine Todfeinde erst fort. Vor deinen eigenen Ohren sagen dann die Kinder, dir in deiner Einsamkeit geboren: ‚Der Platz ist mir zu eng. Rück weg, daß ich hier auch noch sitzen kann!’ Du fragst dich dann: ‚Wer hat sie mir geboren? Ich war doch kinderlos und unfruchtbar, gefangen und verbannt! Wer hat mir diese aufgezogen? Ich war allein noch übrig. Was ist’s mit ihnen? Dann spricht der Herr, der Herr, also: ’Bis zu den Heidenvölkern hin erhebe ich die Hand und richte unter den Nationen meine Flagge auf, damit sie im Gewandbausch deine Söhne bringen, herbei auf ihren Schultern deine Töchter tragen. Und deine Wärter sollen Könige und ihre Fürstinnen für dich die Ammen sein. Sie fallen auf ihr Angesicht zur Erde vor dir nieder, den Staub von deinen Füssen küssend. Dann wirst du sehen, daß ich der Herr bin, und daß nicht zu Schanden werden, die auf mich vertrauen. – Kann denn der Raub dem Starken abgejagt, dem Wüterich der Fang entrissen werden? O ja, so spricht der Herr: ‚Dem Starken kann der Fang entrissen, dem Wüterich die Beute abgenommen werden. Wer mit dir kämpft, mit diesem kämpfe ich; ich selber rette deine Söhne. Ich gebe deinen Peinigern ihr eigenes Fleisch zu essen. Sie müssen sich an ihrem eignen Blut berauschen wie am Wein, und alle Welt soll wissen, daß ich, der Herr, dein Retter bin, der Starke Jakobs, dein Erlöser.’“ (AT, Isaias 49, 13 – 26), (1)
„Und ich schaute, und siehe, das Lamm stand auf dem Berge Sion. Bei ihm waren Hundertvierundvierzigtausend, die seinen Namen und den Namen seines Vaters auf der Stirne geschrieben trugen. Ich hörte eine Stimme vom Himmel wie die Stimme vieler Wasser und wie die Stimme gewaltigen Donners, und wie von Harfenspielern, die ihre Harfen schlagen, klang die Stimme, die ich hörte. Sie singen gleichsam ein neues Lied vor dem Throne und vor den vier Wesen und den Ältesten. Niemand konnte das Lied lernen als die Hundertvierundvierzigtausend, die erkauft sind von der Erde. Das sind die, die sich mit Weibern nicht befleckten, denn sie sind jungfräulich. Sie folgen dem Lamme, wohin es geht. Als Erstlinge sind sie aus den Menschen erkauft für Gott und das Lamm. In ihrem Munde ward keine Lüge gefunden. Makellos sind sie (vor Gottes Thron). Ich sah einen anderen Engel hoch oben am Himmel fliegen. Der hatte eine ewige Heilsbotschaft zu verkünden allen, die auf Erden wohnten, allen Völkern und Stämmen, Sprachen und Ländern. Er rief mit lauter Stimme: Fürchtet Gott und gebt ihm die Ehre. Denn gekommen ist die Stunde seines Gerichtes. Betet ihn an, der Himmel und Erde, Meer und Wasserquellen erschaffen hat. Ein zweiter Engel folgte ihm und rief: Gefallen, gefallen ist das große Babylon, das von dem Glutwein seiner Unzucht alle Welt hat trinken lassen (Jeremias 50, 7). Nach ihnen folgte ein dritter Engel, der mit lauter Stimme rief: Wenn jemand das Tier und sein Bild anbetet und sein Zeichen empfängt auf Stirn oder Hand, so soll er auch trinken vom Zornwein Gottes, der unvermischt eingeschenkt ist im Becher seines Zornes. Er wird gequält werden mit Feuer und Schwefel vor den heiligen Engeln und vor dem Lamme. Und der Rauch ihrer Qual steigt auf von Ewigkeit zu Ewigkeit; sie haben keine Ruhe Tag und Nacht, die das Tier und sein Bild anbeten und das Zeichen seines Namens an sich tragen. Hier gilt es auszuharren für die Heiligen, die Gottes Gebote und den Glauben an Jesus bewahren.“ (NT, Offenbarung des hl. Johannes 14, 1 – 12), (2)
„Ich harrte voll Sehnsucht des Herrn… Er neigte sich gnädig mir zu und hörte mein lautes Gebet. Aus verderblicher Grube zog er mich, heraus aus dem schlammigen Pfuhl. Er stellte auf Fels meine Füße, meine Tritte machte er fest, gab in den Mund mir ein neues Lied, ein Loblied auf unseren Gott. Viele sollen’s voll Ehrfurcht erfahren und Vertrauen fassen zum Herrn.“ (Henne/Rösch, AT, Psalm 40 (39), 1 – 4)
Und in der letzten Zeit werden die Völker zum Hause des Herrn - und nicht von ihm weg - strömen und sie geben Gott die Ehre: „Die Überlebenden gerieten in Schrecken und gaben dem Gott des Himmels die Ehre.“ (NT, Offenbarung des hl. Johannes 11, 13), „Siehe, diese will ich dazu bringen, daß sie kommen, dir zu Füßen fallen und einsehen, daß ich dich liebgewann.“ (NT, Offenbarung des hl. Johannes 3, 9), „Auf! Werde Licht! Dein Licht will kommen; die Herrlichkeit des Herrn strahlt über dir. Denn Finsternis bedeckt die Erde und Wolkendunst die Nationen. Doch über dir erstrahlt der Herr, und über dir strahlt seine Herrlichkeit. Bei deinem Lichte wandeln Heidenvölker und Könige im Glanze deines Strahlens. Auf, erhebe deine Augen! Schau ringsumher! Sie alle sammeln sich und kommen zu dir her. Aus weiter Ferne kommen deine Söhne, und deine Töchter werden auf der Hüfte hergetragen. Du siehst es und erstrahlst; dein Herz erbebt und regt sich freudig; denn plötzlich strömt zu dir des Meeres Reichtum und kommen zu dir her der Heidenvölker Schätze. Dann deckt dich der Kamele Schwall, von Midian und Epha junge Tiere. Von Saba kommen sie zuhauf und tragen Gold und Weihrauch her und künden froh des Herren Ruhmestaten. Dir werden alle Schafe Kedars zugetrieben, und Nabatäas Widder stehen dir zu Diensten. Auf meinen Altar kommen sie zum Wohlgefallen, und also schmücke ich mein herrlich Haus. – Wer sind doch jene, die herbei wie Wolken fliegen, wie Tauben schnell zu ihren Schlägen? Die Küstenländer mühen sich für mich, voran die Tarsis-Schiffe, und bringen aus der Ferne deine Söhne heim, - mit ihnen auch ihr Silber und ihr Gold, zu Ehren deines Herrn und Gottes, des Heiligen Israels, der dich verherrlicht. Und deine Mauern bauen Ausländer, und ihre Könige bedienen dich. Ich habe dich in meinem Groll geschlagen; nun tue ich dir wieder wohl in meiner Liebe. Beständig stehen deine Tore offen, unverschlossen Tag und Nacht, daß man der Heiden Reichtum bei dir einführe mit ihren Königen, umgeben von Geleiten. Denn Volk und Reich, das dir nicht dienen will, wird untergehen, und Heidenvölker werden völlig ausgerottet. Die Pracht des Libanon kommt zu dir her, Zypressen, Fichten, Ulmen allzumal, um deine heilige Stätte auszuschmücken, und meiner Füße Schemel zu verherrlichen. Dir nahen sich, gebückt, die Söhne deiner Unterdrücker und werfen sich zu deinen Füssen nieder, sie alle, die dich einst verhöhnt. Sie heißen dich ’Die heilige Stadt des Herrn’, ‚Sion des Heiligen Israels’. Wie du verlassen warst, gehaßt und unbesucht, so mache ich dich jetzt zum ewigen Stolz, zur Wonne kommender Geschlechter.“ (AT, Isaias 60, 1 – 15), „Auf! Allesamt herbei! Nur näher her der Heidenvölker Rest! Sie schleppen unverständig sich mit ihres Götzenbildes Holz und flehn zu einem Gotte, der nicht hilft. Fragt an! Herbei mit ihnen! Sie mögen alle miteinander sich beraten! Wer tat dergleichen jemals kund? Wer zeigte je dergleichen an? War ich, der Herr, es nicht? Ja, außer mir gibt’s keinen Gott. Kein wahrer Gott und Helfer außer mir! Zu mir nur wendet euch und laßt euch helfen, all ihr Erden-Enden! Denn ich bin Gott und keiner sonst. Bei mir geschworen habe ich. Nur Wahrheit kommt aus meinem Munde, nur Worte ohne Widerruf; ein jeglich Knie beugt sich vor mir, und jede Zunge schwört: ‚Wahrhaftig! Nur beim Herrn’, so wird man sprechen, ‚ist Wahrheit und ist Kraft für mich.’ Sie kommen voller Scham zu ihm, sie alle, die einst gegen ihn geeifert. Im Herrn dagegen siegt und triumphiert die ganze Nachwelt Israels.’“ (AT, Isaias 45, 20 – 25), „Die Zeit erscheint, wo alle Heiden, alle Zungen sich versammeln. Sie kommen her und schauen meine Herrscherwürde. Ich stelle dann ein Beispiel auf an jenen und schicke einige von ihnen, die noch übrig, zu den Heidenvölkern nach Tarsis, Phul und Lud und zu den Bogenspannern, Tubal und zu Javan nach den fernen Küstenländern, die noch nie etwas von mir gehört, die meine Herrlichkeit noch nie geschaut. Sie sollen meine Herrlichkeit auch bei den Heiden künden.“ (AT, Isaias 66, 18 und 19), „In ferner Zukunft wird der Berg, auf dem das Haus des Herrn gebaut ist, an der Spitze aller Berge stehen; er übertrifft die anderen Hügel, und alle Heidenvölker strömen freudig zu ihm hin. Und große Völker kommen, also sprechend: ‚Auf! Wallen wir zum Berg des Herrn, zum Hause des Jakobs-Gottes! Belehre er uns über seine Wege! Auf seinen Pfaden laßt uns wandeln.’ Weit über Sion geht die Lehre dann hinaus, und aus Jerusalem das Wort des Herrn. Und bei den Heiden hält das Jakobshaus Gericht und spricht bei großen Völkern Recht. Zu Pflügen schmieden sie die Schwerter, zu Winzermessern ihre Lanzen. Kein Heidenvolk zückt gegen andere das Schwert; das Kriegshandwerk hat keine Schüler mehr. – O Jakobshaus! Auf! Wandeln wir im Licht des Herrn.“ (AT, Isaias 2, 2 – 5; siehe auch Michäas 4, 1 - 7) „So spricht der Herr der Heerscharen: ‚Noch kommen Völker und die Bewohner großer Städte. Der einen Stadt Bewohner ziehen hin zur anderen und rufen: ‚Laßt uns zusammen gehen, vor dem Herrn die Andacht zu verrichten und dann den Herrn der Heerscharen zu fragen. Auch ich wallfahre hin.’ So kommen große Nationen, viele Heidenvölker, und fragen zu Jerusalem den Herrn der Heerscharen und sie verrichten ihre Andacht vor dem Herrn.’ So spricht der Herr der Heerscharen: ‚An jenem Tage hängen sich zehn Männer aus allen Heidensprachen an eines Juden Kleiderzipfel mit den Worten: ‚Wir wollen mit euch ziehn; wir hören: Gott sei jetzt mit euch.’ “ (AT, Zacharias 8, 20 – 23) (3)
„’Die ihr den Herrn fürchtet, preiset ihn! Von Jakobs Stamm ihr alle, ehret ihn! Von Israels Geschlecht ihr alle, fürchtet ihn! Denn er verachtet und verschmäht es nicht, den Armen zu erhören, verhüllt sein Antlitz nicht vor ihm, und wenn er zu ihm ruft, erhört er ihn.’ Dann trag ich meine Dankesschuld in großer Volksgemeinde ab; ich bringe dann gelobte Opfer dar vor denen, die ihn fürchten. Dann sollen satt die Armen werden, den Herrn rühmen, die ihn suchen: ‚Auflebe euer Herz für immer!’ Dann kehren sich zum Herrn der Erdenenden alle, und alle Heidenstämme beten vor Dir dann an, bedenkend, daß nur dem Herrn das Königtum gebührt, und daß er auch den Heiden Herrscher ist. Nur ihn allein beten auf Erden alle an.“ (AT, Psalm 22 (21), 24 – 30),
b. aa. Christus König
Wer Herrscher ist und es künftig sein wird, dazu aus dem Apostolischen Rundschreiben Papst Pius XI. „Quas primas“ vom 11.12.1925 (aus A. Rohrbasser (Hg.), Die Heilslehre der Kirche, Dokumente von Pius IX. bis Pius XII., Freiburg/Schweiz 1953, Nr. 61ff.):
„Daß Christus König ist, lesen wir das nicht häufig genug in den Heiligen Schriften?… Wir wollen nun Wesen und Bedeutung dieses Königtums darlegen. Es braucht eigentlich kaum bemerkt zu werden, daß es eine dreifache Gewalt umfaßt, ohne die von einer Herrschaft nicht die Rede sein könnte. Die aus der Heiligen Schrift geschöpften Zeugnisse für die allumfassende Herrschaft unseres Erlösers beweisen mehr als genügend, und zudem ist es auch katholischer Glaubenssatz, daß Jesus Christus den Menschen gegeben wurde als Erlöser, dem sie vertrauen, und gleichzeitig als Gesetzgeber, dem sie gehorchen sollen (vgl. Konzil von Trient, Sess. VI, c. 21). Die Evangelisten berichten nicht nur, daß Christus Gesetze gegeben habe, sondern sie stellen ihn in der Ausübung seiner gesetzgebenden Gewalt dar. Und der göttliche Meister betonte bei verschiedenen Anlässen in verschiedener Weise, jeder, der seine Gebote beobachte, beweise dadurch, daß er ihn liebe, und ein solcher werde auch in seiner Liebe verbleiben (vgl. Joh 14,15; 15,10).
Was die richterliche Gewalt anbelangt, erklärt Jesus selbst vor den Juden, sie sei ihm vom Vater übertragen worden. Als sie ihn nämlich anklagten, er habe durch die Heilung des Lahmen den Sabbat entheiligt, antwortete er: ‚Der Vater richtet niemanden, das ganze Gericht hat er vielmehr dem Sohne übergeben’ (Joh 5, 22). Darin ist auch das Recht inbegriffen, die Menschen schon während ihres Lebens zu belohnen und zu bestrafen, denn das läßt sich von der richterlichen Gewalt nicht trennen.
Ferner muß auch die ausführende Gewalt Christus zuerkannt werden, denn alle müssen seiner Befehlsgewalt gehorchen und kein Widerspenstiger wird der Strafe entgehen können, die Christus über ihn verhängt. Doch ist diese Herrschaft vor allem geistiger Natur und betrifft die geistigen Belange. Das zeigen sehr deutlich die oben angeführten Stellen aus der Heiligen Schrift, das beweist auch Christus der Herr selbst durch die Art und Weise seines Handelns.
Zu wiederholten Malen hören wir von den Juden, ja von den Jüngern selbst die irrtümliche Meinung, der Messias werde dem Volke wieder zur Freiheit verhelfen und das Reich Israel wieder aufrichten. Christus zerschlug diese Einbildung und verachtete dieses Hoffen. Als das von Bewunderung ergriffene Volk ihn zum König ausrufen wollte, da lehnte er sowohl Titel als auch Ehre ab, indem er floh und sich verbarg. Dem römischen Landpfleger erklärte er, sein Reich sei nicht von dieser Welt (vgl. Joh 18, 36). Dieses Reich wird in den Evangelien dahin umschrieben, daß die Menschen ihren Eintritt in dasselbe durch Buße vorbereiten sollen, daß sie aber in dasselbe nur durch den Glauben eingehen können und durch die Taufe, die zwar eine äußere Handlung ist, aber dennoch die innere Wiedergeburt anzeigt und bewirkt…
Anderseits würde derjenige sich schwer irren, der Christus als Mensch die Macht über alle zeitlichen Dinge absprechen wollte. Denn er hat vom Vater ein so unumschränktes Recht über alle Geschöpfe bekommen, daß alles seinem Willen unterstellt ist. Doch hat er sich während seines Erdenlebens der Ausübung dieser irdischen Herrschergewalt völlig enthalten. Er selbst hat Besitz und Erwerb menschlicher Dinge verachtet, und beließ sie und beläßt sie noch heute ihren Besitzern. Daran erinnert uns das schöne Wort: ‚Es greift ein sterblich Reich nicht an, der’s Reich des Himmels geben kann’ (aus dem Hymnus Crudelis Herodes, zum Fest der Erscheinung des Herrn).
So umfaßt also das Reich unseres Erlösers alle Menschen, wie dies folgende Worte Unseres Vorgängers Leo XIII., unsterblichen Andenkens, ausdrücken und die Wir gerne zu Unsern eigenen machen: ‚Seine Herrschaft erstreckt sich nicht nur auf die katholischen Völker, auch nicht nur auf jene, die durch die Taufe von Rechts wegen der Kirche angehören, mögen auch irrige Anschauungen sie fernhalten oder Uneinigkeit sie von der Liebesgemeinschaft scheiden, sondern sie umfaßt auch jene, die den christlichen Glauben nicht besitzen; somit untersteht im vollsten Sinne die ganze Menschheit der Herrschaft Jesu Christi’ (Leo XIII., Rundschreiben Annum sacrum vom 25. Mai 1899).
Auch ist in dieser Hinsicht kein Unterschied zu machen zwischen Einzelmenschen und häuslichen oder bürgerlichen Gemeinschaften, denn die in Gemeinschaften vereinigten Menschen stehen nicht minder unter der Herrschermacht Christi als die Einzelmenschen. Es gibt ja nur eine Quelle des Heiles, des persönlichen wie des gemeinschaftlichen: ‚Es ist in keinem andern Heil; und kein anderer Name unter dem Himmel ist den Menschen gegeben, durch den wir selig werden sollten’ (Apg. 4,12). Ein und derselbe ist Urheber des Gedeihens und wahren Glückes für die einzelnen Bürger wie für die Staaten: ‚Das Glück des Staates fließt nicht aus einer andern Quelle als das des Einzelmenschen, denn der Staat ist nichts anderes als eine Vielheit von Menschen, die in Eintracht zusammenlebt’ (Augustinus, Epist. CLV ad Macedonium, c. III 9. PL 33, 670). Wenn daher die Staatenlenker Unversehrtheit ihrer Autorität sowie Gedeihen und Fortschritt des Vaterlandes bezwecken, so dürfen sie sich nicht weigern, in ihrem persönlichen Namen und mit ihrem ganzen Volke der Herrschermacht Christi ihre Verehrung und Ergebenheit öffentlich zu bezeugen.
Denn was Wir zu Beginn Unseres Pontifikates über die stark erschütterte Autorität des Rechtes und die merklich verminderte Achtung vor der öffentlichen Gewalt geschrieben haben, das gilt nicht weniger für die Gegenwart: ‚Hat man Gott und Jesus Christus aus der Gesetzgebung und der Politik hinausgewiesen und leitet man die Autorität nicht mehr von Gott her, sondern von den Menschen, dann fehlt den Gesetzen ihre wahre und wirksame Sanktion, dann fehlen ihnen die höchsten Kriterien des Rechtes – und das haben schon heidnische Philosophen wie Cicero begriffen, daß Menschengesetze nur im ewigen Gesetz Gottes verankert sein können; ja sogar die Grundlage der Autorität ist zerstört in dem Augenblick, da man die Quelle verschüttet, aus der den einen das Recht zufließt zu befehlen, den andern die Pflicht zu gehorchen. So mußte mit unerbittlicher Notwendigkeit das ganze Gesellschaftsleben erschüttert werden; es war eben jeder festen Stütze und jedes Schutzes beraubt und wurde ein Tummelplatz für die Parteien; diesen aber ist es nur zu tun um den Besitz der Macht, nicht um das Wohl des Vaterlandes.’ (Pius XI., Rundschreiben Ubi arcano vom 23. Dezember 1922).
Wenn daher die Menschen die königliche Macht Christi im persönlichen und öffentlichen Leben anerkennen würden, so würden notwendigerweise unglaubliche Wohltaten, wie gerechte Freiheit, Ordnung und Ruhe, Eintracht und Friede, die bürgerliche Gesellschaft beglücken. Wie nämlich die königliche Würde Unseres Herrn der menschlichen Autorität der Fürsten und Staatsoberhäupter eine religiöse Weihe verleiht, so adelt sie die Pflichten der Bürger und ihren Gehorsam. Obwohl der Apostel Paulus Frauen und Sklaven aufforderte, in ihrem Manne, bzw. in ihrem Herrn, Christus zu ehren, so hat er sie doch auch eben deswegen ermahnt, ihnen nicht als Menschen zu gehorchen, sondern einzig als Stellvertretern Christi; denn es zieme sich nicht, daß die von Christus erlösten Menschen andern Menschen knechtisch dienen: ‚Um teuren Preis seid ihr erkauft, macht euch also nicht zum Sklaven von Menschen’ (1 Kor. 7, 23).
Wenn einmal die Fürsten und die rechtmäßig gewählten Staatsmänner davon überzeugt sein werden, daß sie nicht so sehr kraft eigenen Rechtes befehlen als vielmehr im Auftrage und an Stelle des göttlichen Königs, so werden sie – wie jedermann leicht einsieht – von ihrer Autorität einen heiligen und weisen Gebrauch machen und beim Erlassen und Handhaben der Gesetze auf das allgemeine Wohl und die menschliche Würde der Untergebenen Rücksicht nehmen.
So werden alsbald Ruhe und Ordnung wiederkehren und herrschen, weil jeder Anlaß zur Auflehnung beseitigt ist. Denn, wenn auch der Bürger im Fürsten und in den übrigen Staatsoberhäuptern Menschen vor sich hat, die seinesgleichen sind, oder die aus irgendeinem Grunde unwürdig oder tadelnswert erscheinen, so wird er ihnen dennoch den Gehorsam nicht verweigern, soIange er in ihnen Abbild und Autorität des Gottmenschen Christus erblickt.
Was sodann die Eintracht und den Frieden anbelangt, ist folgendes einleuchtend: je weiter sich ein Reich ausdehnt und je vollständiger es die Gesamtheit des Menschengeschlechtes umfaßt, desto stärker werden sich die Menschen der Gemeinschaft bewußt, die sie eint. Und wie dieses Bewußtsein häufigen Streitigkeiten vorbeugt und sie unterdrückt, so nimmt es ihnen ihre Bitterkeit und ihre Härte. Wenn also das Reich Christi tatsächlich alle umfassen würde, wie es sie von Rechts wegen umfaßt, warum sollten wir dann die Hoffnung auf jenen Frieden aufgeben, den der Friedenskönig auf die Erde gebracht hat? Er, der kam, ‚um alles zu versöhnen’ (Kol. 1,20); ‚der nicht kam, um bedient zu werden, sondern um zu dienen’ (Matth. 20, 28), und der, obgleich er der Herr aller ist, sich zum Vorbild der Demut machte und diese samt der Liebe zu seinem Hauptgesetz erhob; er, der gesagt hat: ‚Mein Joch ist sanft und meine Bürde ist leicht’ (Matth. 11,30)…
Wenn Wir nun anordnen, Christus solle von den ganzen katholischen Welt als König verehrt werden, so wollen Wir damit auch dem Bedürfnis unserer Zeit entgegenkommen und ein wirksames Heilmittel jener Pest entgegenstellen, welche die menschliche Gesellschaft befallen hat. Die Pest unserer Zeit ist der sogenannte Laizismus mit seinen Irrtümern und gottlosen Absichten.
Ihr wißt, ehrwürdige Brüder, daß diese Plage nicht an einem Tage ausbrach, sondern seit langem die Staaten insgeheim bedrohte. Man begann damit, Christi Herrschaft über alle Völker zu leugnen; man stritt der Kirche ihr Recht ab, das aus dem Rechte Jesu Christi selbst hervorgeht, die Menschheit zu lehren, Gesetze zu geben, die Völker zu leiten, um sie zur ewigen Seligkeit zu führen. Nach und nach wurde die christliche Religion mit den andern, falschen Religionen gleichgestellt und auf äußerst entwürdigende Weise mit diesen auf eine Stufe gestellt; sodann unterwarf man sie der weltlichen Gewalt und lieferte sie der Willkür der Fürsten und Staatsmänner aus. Noch weiter gingen jene, die darauf sannen, die göttliche Religion zu ersetzen durch so etwas wie eine natürliche Religion oder eine bloß gefühlsmäßige Religiosität. Gewisse Staaten glaubten sogar, Gott entbehren zu können; sie machten den Unglauben zu ihrer Religion und bemühten sich, bewußt und absichtlich Gott zu vergessen.
Die überaus bitteren Früchte, welche diese Abkehr der Einzelnen und der Staaten von Gott in so großer Zahl und andauernd zeitigte, haben Wir im Rundschreiben Ubi arcano (Pius XI., Rundschreiben Ubi arcano vom 23.12.1922) beklagt und beklagen sie heute wieder: nämlich den weitverbreiteten Samen der Zwietracht, jenen verzehrenden Neid und jene aufgestachelten Eifersüchteleien unter den Völkern, die eine friedliche Wiederversöhnung noch weitgehend behindern; die Zügellosigkeit der Leidenschaften und Begierden, die sich nicht selten unter der Maske der Vaterlandsliebe verbergen; und als Folgen dieser Unbeherrschtheit sowohl Streitigkeiten unter den Bürgern als auch jene blinde und schrankenlose Selbstsucht, die nur auf den eigenen Vorteil und Nutzen schaut und alles einzig danach bemißt. Der häusliche Friede ist durch Pflichtvergessenheit und Pflichtvernachlässigung völlig zerrüttet; die Einheit und die Beständigkeit der Familiengemeinschaft ist untergraben; die menschliche Gesellschaft selbst ist erschüttert und treibt dem Abgrunde zu.
Das fürderhin alljährlich wiederkehrende Christkönigsfest gibt Uns jedoch Anlaß zu der Hoffnung, daß die Menschheit sich bald zu ihrem liebenswertesten Erlöser zurückfinden wird. Es wäre nun freilich Pflicht der Katholiken, mit eifriger Bemühung diese Rückkehr herbeizuführen und zu beschleunigen.“
Anmerkung: (1) „Und könnten Mütter sie vergessen, so vergesse ich dich nicht“: „In
besonderer Weise aber hat unserer Heiland Seine glühende Liebe zur
Kirche durch die innigen Gebete geoffenbart, die Er an den Himmlischen
Vater für sie richtete, wie allen bekannt ist, Ehrwürdige Brüder. Um
nur einige in Erinnerung zu rufen, betete Er kurz vor dem Kreuzestod
aus ganzem Herzen für Petrus, für die Apostel, und dann für alle, die
durch die Predigt des Göttlichen Wortes an Ihn glauben würden.“ (aus
dem Apostolischen Rundschreiben „Mystici corporis Christi“ Papst Pius
XII. v. 29.6.1943) „In meinen Händen trage ich dich eingezeichnet“:
Das Volk, das Sion, das Gott scheinbar verlassen und vergessen hat und
das er doch ‚in seinen Händen eingezeichnet’ trägt: wer anders ist es
als seine Braut, die Kirche, die er in seinen Wundmalen eingegraben,
eingezeichnet trägt? „Es eilen deine Kinder schneller her als die,
die dich verlassen“: Den Vulgata-Text „venerunt structores tui
destruentes te et dissipantes a te exibunt“ überträgt die Allioli-Bibel
richtig ohne den zeitlichen Komparativ „schneller“, sondern: “Deine
Aufbauer werden herbeikommen, deine Zerstörer und Verwüster von dir
ausziehen“. „wenn deine Todfeinde erst fort“: Die heutige
Situation der Kirche ist nicht ‚von selbst’ eingetreten, sondern das
Werk eines gegen sie geführten Vernichtungskrieges: „Siehe Leute aus
der Synagoge Satans führe ich zu dir, Leute, die sich Juden nennen,
doch sie sind es nicht, sondern lügen.“ (NT, Offenbarung des hl.
Johannes 3, 9) – der „Schwarm aller Heidenvölker, die gegen Sions Berg
sich scharen“ (AT, Isaias 29, 8), sie werden die Folgen ihres Handelns
tragen müssen! „Ich war doch kinderlos und unfruchtbar, gefangen
und verbannt!“: Kann man die heutige Situation der Kirche, ihr
Verstoßensein vor aller Welt treffender bezeichnen? „Ich war allein
noch übrig“: Das derzeitige Schicksal der Kirche gleicht einem qualvoll
hingezogenem unwürdigen Sterben. Wenn ich die Gesichter der mir
persönlich bekannten, nach dem großen Abfall treu gebliebenen
Mitglieder der Kirche an mir vorüberziehen lasse, so sehe ich viele
Verstorbene, kaum aber Lebende - die hl. Kirche gleicht einer
verlassenen, einer untergegangenen Stadt, einer Nekropole, einer Stadt
der Toten. „Sie fallen auf ihr Angesicht zur Erde vor dir nieder,
den Staub von deinen Füssen küssend“: Allein die Situation, daß die
Lehräußerungen der Kirche nirgends chronologisch und komplett im
deutschen Sprachraum in deutscher Sprache gesammelt worden sind,
sondern überall verstreut, gleichsam als sei das alles nur so flüchtig
Dahingesprochenes, wirft ein bezeichnendes Licht auf die nachlässige
Situation vor dem Großen Abfall. Auch die Herausgabe des ‚Denzingers’
als Kompendium macht die Angelegenheit nicht erträglicher: Der
‚Denzinger’ hat unter den Lehräußerungen der Kirche eine willkürliche,
ausschnittsweise Auskürzung vorgenommen; hier mögen auch Platz- und
Kostengründe ausschlaggebend gewesen sein. Allerdings enthält der
Denzinger, a.a.O., selbst einen entlarvenden Hinweis auf tendenziöse
‚Textbereinigung’: In der Einleitung, dort Ziffer 1.“ Zur „Geschichte
des ‚Denzinger’ “, heißt es: „Mit der 32. Auflage von 1963 legt Adolf
Schönmetzer SJ einen gründlich umgearbeiteten ‚Denzinger’ vor.
Schönmetzer hat fast 150 Dokumente neu aufgenommen, etwa 100 andere
Lehrtexte gekürzt oder erweitert, alle Papstansprachen und eine Reihe
weiterer Dokumente ausgesondert… Hinsichtlich der inhaltlichen
Neugestaltung ist besonders hervorzuheben, wie Schönmetzer
papalistische Überspitzungen Bannwarts abträgt und Texte aufnimmt, die
in der ökumenischen Diskussion wichtig werden, ebenso Dokumente, die
von der Toleranz und der Freiheit des Menschen handeln… G. Maron
kritisiert in seiner Rezensioln im ‚Materialdienst des
konfessionskundlichen Instituts in Bensheim’ das Faktum, daß
Schönmetzer eine Reihe von Texten ausgesondert habe, die im Hinblick
auf die Ökumene wegen ihrer Härte unangenehm gewesen seien. Die
Rezension von J.C. Fenton wirft Schönmetzer vor, er habe die
Unfehlbarkeit des kirchlichen Lehramtes minimalisiert und sei zum
Propagandisten einer bedauerlichen theologischen Zeitströmung geworden.“ Desweiteren
stellt der ‚Denzinger’ unterschiedslos die Lehräußerungen der Kirche
neben die Direktiven der Konzilskirche, denn er hat erst unter der
Schirmherrschaft der Konzilskirche den Abdruck in deutscher Sprache
vorgenommen. Man mag zwar die Lehräußerungen der Kirche zum Zwecke
der Erläuterung einzelner Punkte auszugsweise zitieren, wie es auch in
dieser Ausarbeitung, die in aller Eile die Lehre der Kirche
zusammenrafft, geschehen ist. Es fehlt aber eine lückenlose
chronologische Darstellung der Lehre der Kirche in deutscher Sprache,
verbunden mit einem akribisch geführten und tief gestaffelten
Stichwortverzeichnis als Nachschlagewerk und raschem Zugang zu allen
Fragen der Religion und des Lebens; das wäre Sache einer gemeinsamen
Anstrengung der Bischöfe deutscher Sprache gewesen, sie wurde indessen
schmerzlich versäumt. In der künftigen Kirche wird es jedenfalls
keine Schläfer, keine Einschlafenden, keine Eingeschlafenen, keine
Verschlafenen und nicht solche geben, die während der Feier des hl.
Meßopfers heimlich auf der Orgelempore Karten spielen. Sie werden es
dann nicht mehr wagen, ‚das Christentum’, ‚das Spirituelle’ als elende
Krücke zu benutzen, sozusagen als reine Draufgabe auf dem Weg zum
eigentlich angestrebten Ziel der möglichst schmerzfreien Bewältigung
des bloß diesseitigen Lebens zu verramschen, als schaales Placebo gegen
die seelische Leere und Blindheit: „Ein weiteres Ärgernis schaffen
solche Prediger, die bei ihren Ausführungen das Religiöse allein am
Nutzen und Vorteil für dieses hinfällige (irdische) Leben ausrichten,
dafür aber das künftige und ewige Leben praktisch vergessen. Dabei
legen sie die Früchte, die der (bürgerlichen) Gesellschaft aus der
Religion erwachsen, deutlich dar, allerdings verschweigen sie die
Pflichten, die den Menschen (Gott gegenüber) auferlegt sind. Sie
sprechen über die Liebe Christi, des Retters, schweigen aber von Seiner
Gerechtigkeit. Diese Art der Predigt ist unfruchtbar. Der (den
weltlichen Dingen zugeneigte) Mensch hört zwar zu, wird aber dadurch in
seiner Überzeugung bestärkt, seinen Wandel nicht ändern zu müssen. Um
ein guter Christ zu sein, reiche es zu sagen: ‚Ich glaube an Jesus
Christus’.“ (aus dem Motuproprio „Sacrorum antistitum“ des hl. Papst
Pius X. vom 1.9.1910) Es wird die Arbeit von Titanen erforderlich
werden; die Intelligenten werden eine Weite vorfinden, die äußersten
Einsatz jeglicher Intelligenz mit allen Kraftanstrengungen erfordert,
um diese kahlen Fluren wieder fruchtbar zu machen: Sie werden ‚den
Staub’ des Vergessensseins von den ‚Füssen’, also von den Fundamenten,
den Grundlagen der Kirche küssen. Sie müssen allerdings nicht des
Grabens, sondern des Klettern kundig sein: die Fundamente der Kirche
‚liegen’ nicht unten, sondern oben; die heilige Kirche wurzelt im
Unendlichen, in GOTT. Die Einsichtigen werden als ‚des Heiles Eichen’
die Arbeit und die Früchte ihrer Bildung nicht eigenem Gutdünken,
sondern der hl. Kirche zur Verfügung stellen, damit alle und vor allem
die Nachkommenden sich – durch die hl. Kirche – aus- und fortbilden
können: Die Lehräußerungen der Kirche werden nicht aufgrund ihrer
bloßen Fülle ein unbezwingbares Gebirge bleiben, unerforscht und
dunkel, sondern ‚jedes Kind’ wird unterrichtet sein: „Der Herr
wird unser Richter sein, der Herr nur unser Fürst, der Herr nur unser
König, der uns helfen wird - Wohl hingen deine Taue schlaff hernieder;
sie konnten nicht den Mast in dem Gestelle halten und nicht die Segel
spannen. Nunmehr wird reiche Beute ausgeteilt; selbst Lahme können
Beute machen. Und kein Bewohner sagt: ‚Ich fühle mich erkrankt.’ Dem
Volk, das darin wohnt, ist seine Missetat vergeben.“ (AT, Isaias 33, 22
– 24) (2) „Sie folgen dem Lamme, wohin es geht“: auch in die Wüste,
die Einöde des Ausgestoßenseins, die Verbannung, die Flucht auf die
felsigen, wasserlosen Berge. „Hier gilt es auszuharren für die
Heiligen, die Gottes Gebote und den Glauben an Jesus bewahren.“:
„Halte, was du hast, damit niemand deine Krone nehme.“ (NT, Offenbarung
des hl. Johannes 3, 11) (3) Lassen Sie sich nicht von ‚eines Juden Kleiderzipfel’
verwirren: Auch hier liegt der Schlüssel zum Verständnis dieser und
ähnlicher die ‚Juden’, ‚Juda’ oder die ‚Judäer’ betreffenden
Textstellen in der Aussage Christi auf die Frage: „Bist du der König
der Juden? Er antwortete: Ja, ich bin es.“ (NT, Lukas 23, 3; ebenso
Matthäus 27, 11 und Markus 15, 2) Folgt man dieser Aussage, dann sind
damit die Seinem Reiche, der Kirche Zugehörigen folglich als ‚Juden’
bezeichnet. Jener ‚Kleiderzipfel’ eines ‚Juden’ ist dann als der eines
Mitgliedes der hl. Kirche verstehen.
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