54. Jahrgang Nr. 6 / September 2024
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Ausgabe Nr. 4 Monat April 2004
Die Passion Christi von Mel Gibson (Filmbesprechung)


Ausgabe Nr. 4 Monat April 2004
Buchhinweise- Der römische Katechismus (Catechismus romanus)


Ausgabe Nr. 5 Monat Juni 2004
Werner Olles: Leben und Werk des heiligen Don Bosco


Ausgabe Nr. 6 Monat Juli 2004
Werner Olles: Islam heißt Gottvertrauen


Ausgabe Nr. 6 Monat Juli 2004
Werner Olles: Warum ich römisch-katholisch bin - Brief an einen muslimischen Freund


Ausgabe Nr. 3 Monat April 2005
Die Krise der Kirche ist hausgemacht


Ausgabe Nr. 3 Monat April 2005
Neues aus der Konzilskirche


Ausgabe Nr. 4 Monat Juni 2005
Neues aus der Konzilskirche


Ausgabe Nr. 9 Monat November 2004
Wider den Relativismus


Ausgabe Nr. 6 Monat Oktober 2005
Vom Elend der Postmoderne


Ausgabe Nr. 7 Monat Dezember 2005
Zur Theologie und Philosophie Joseph Ratzingers


Ausgabe Nr. 7 Monat Dezember 2005
Der Rosenkranz ist unser Maschinengewehr!


Ausgabe Nr. 11 Monat december 2005
A commentary on the present situation of the Church


Ausgabe Nr. 1 Monat Februar 2006
Pro Familia agiert an hessischen Schulen


Ausgabe Nr. 1 Monat Februar 2003
Häresie der Formlosigkeit. Die römische Liturgie und ihr Feind


Ausgabe Nr. 2 Monat März 2003
Wer in der modernen Welt


Ausgabe Nr. 3 Monat April 2003
Vom Kampf der Kulturen zum Krieg der Ideen


Ausgabe Nr. 5 Monat Juni 2003
Von der Weigerung, erwachsen zu werden


Ausgabe Nr. 6 Monat Juli 2003
Zur derzeitigen Situation der Kirche


Ausgabe Nr. 6 Monat Juli 2003
Zum 50. Todestag von Hilaire Belloc


Ausgabe Nr. 7 Monat September 2003
Die Junge Freiheit, Besprechung


Ausgabe Nr. 8 Monat October 2003
Sobre la situación actual de la Iglesia (esp.)


Ausgabe Nr. 8 Monat October 2003
A propos de la situation actuelle de l’Eglise (fr.)


Ausgabe Nr. 8 Monat October 2003
A commentary on the present situation of the Church (engl.)


Ausgabe Nr. 9 Monat November 2003
Kino - Filmbesprechungen: a) Passion und b) Luther


Ausgabe Nr. 10 Monat Dezember 2003
Bücherbesprechung: Udo Ulfkotte/Hans-Peter Raddatz


Ausgabe Nr. 11 Monat December 2003
Dalla „Lotta delle civiltà“ alla „Lotta delle idee“


Ausgabe Nr. 3 Monat Mai 2002
Eine gesellschaftliche Katastrophe


Ausgabe Nr. 5 Monat September 2002
Die göttliche Wahrheit erkennen


Ausgabe Nr. 6 Monat November 2002
Satanistische Tendenzen in der Rock-Musik


Ausgabe Nr. 6 Monat November 2002
Das Wesen aller Kultur ist Religion


Ausgabe Nr. 7 Monat Dezember 2002
Satanische Tendenzen in der Rock Musik


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Sozialpartnerschaft statt Klassenkampf


Ausgabe Nr. 6 Monat Dezember 2001
Streit um das


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Die magische Welt des Harry Potter 1)


Ausgabe Nr. 3 Monat April 2006
Jesus Christus - der deutschen Medien interessantester Fall


Ausgabe Nr. 3 Monat April 2006
Leserbriefe zu dem Artikel


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Der Teufel im Kino


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Ausgabe Nr. 5 Monat Oktober 2023
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Ausgabe Nr. 5 Monat Oktober 2023
À la recherche de ´unité perdue


Ausgabe Nr. 5 Monat Oktober 2023
Auf der Suche nach der verlorenen Einheit


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Tradition versus Postmoderne


Ausgabe Nr. 6 Monat September 2024
Buchbesprechung


Kino - Filmbesprechungen: a) Passion und b) Luther
 
Kino:

Zum Konflikt um Mel Gibsons "The Passion"

"Da nun die Stunde des Herrn gekommen war, rang er mit dem Tode, und ein kalter Schweiß drang aus seinen Gliedern. Johannes stand an dem Kreuz und trocknete Jesu Füße mit seinem Schweißtuch. Magdalena lehnte, ganz von Schmerz zermalmt, an der Rückseite des Kreuzes. Die heilige Jungfrau stand zwischen Jesu und des guten Schächers Kreuz, von den Armen der Maria Kleophä und der Salome unterstützt, und sah zu ihrem sterbenden Sohn hinauf. Da sprach Jesus: "Es ist vollbracht und richtete das Haupt empor und rief mit lauter Stimme: "Vater, in deine Hände empfehle ich meinen Geist!" Es war ein süßer, lauter Schrei, der Himmel und Erde durchdrang; dann senkte er sein Haupt und gab seinen Geist auf. Johannes und die heiligen Frauen sanken zur Erde auf ihr Antlitz nieder."

Clemens von Brentano, der Dichter der Romantik, schrieb diese Zeilen "nach den Betrachtungen der gottseligen Anna Katharina Emmerich", Augustinerin des Klosters Agnetenberg zu Dülmen. Neben den Evangelien waren die Visionen dieser begnadigten Nonne eine Hauptquelle für den von dem zweifachen Oscarpeisträger, ("Braveheart") Hollywood-Schauspieler und -Regisseur Mel Gibsons gedrehten - und heftig unstrittenen - Film über die Leidensgeschichte Christi "The Passion". Gibson, der selbst aus einer frommen katholischen Familie stammt, seit fast dreißig Jahren in erster Ehe ver-heiratet ist und sieben Kinder hat, was inzwischen nicht nur für Hollywoodstars ungewöhnlich ist - die einzige Tochter ist Ordensfrau in einer traditionalistischen Schwesterngemeinschaft -, ist gläubiger Katholik, der jedoch mit der nachkonziliären Kirche seine Schwierigkeiten hat. Er hält daher u.a. auch an der alten lateinischen Messe fest.

Seit zwölf Jahren trug er sich mit dem Gedanken einen Film über die letzten Stunden im Leben Jesu Christi zu drehen. Nun gab es bis jetzt eine ganze Reihe Filme zu diesem Thema von Pier Paolo Pasolinis Werk "Das erste Evangelium Matthäus" bis zu Martin Scorseses "Die letzte Versuchung Christi", aber Pasolini war Atheist und Scorsese ist Agnostiker, sein Jesusbild ist alles andere als bibeltreu. Gibson hingegen ist nicht nur der Ansicht, die Bibel sei das größte Abenteuer der Welt, sondern bekannte auch unumwunden, daß dieser Film für ihn ein Zeichen der Dankbarkeit seinem Herrn und Erlöser gegenüber sei. So steckte er 25 Millionen Dollar aus seinem Privatvermögen in die Produktion, und ließ sich bei den Dreharbeiten im süditalienischen Städtchen Sassi di Matera - in dem auch der Pasolini-Film gedreht wurde - von ausgewiesenen Theologen und Historikern beraten. Vor dem Beginn der Arbeiten besuchte er täglich in einer kleinen Kapelle die heilige Messe im traditionellen lateinischen Ritus, dem er sich besonders verbunden fühlt. Dadurch habe er Gottes Führung erfahren, die ihn die strapaziösen Dreharbeiten zu diesem bisher "härtesten Projekt" seines Lebens durchstehen ließ. )

Niemand sei von der Arbeit an dem Film unberührt geblieben, erzählte der Hollywood-Star. Die epileptische Tochter eines Kameramannes, mit mehreren Anfällen pro Tag, sei überraschend und spontan geheilt worden, und einige Agnostiker und Moslems aus dem bunt zusammengewürfelten Team hätten unter dem Eindruck ihrer Arbeit zum Glauben an Jesus Christus gefunden. Seine eigene Hoffnung ist, daß durch "The Passion" der Glaube wächst, da die Bilder auf den Evangelien basieren und diese das Verständnis der ganzen Wirklichkeit und des Geheimnisses vertiefen, das darin enthalten ist. So hat der Regisseur die letzten Stunden Christi aus den gewohnten sentimentalen Bildzusammenhängen gelöst und genau nach den Regieanweisuungen der Evangelien auf die Straßen und Plätze versetzt, auf denen sie sich real abgespielt haben und seit fast tausend Jahre den Kern des Kanons des christlichen Glaubens und der abendländischen heiligen Kunst bilden. Neben den Texten der Evangelien dienten Gibson auch die Passions-Visionen der Augustinerin Anna Katharina Emmerich und der spanischen Äbtissin Maria von Agreda als Quelle der Inspiration.

Sehr früh, der Film war, außer einer Rohfassung, noch gar nicht fertiggestellt, ertönten die ersten Antisemitismus-Vorwürfe der jüdischen "Anti-Defamation-League", dem Hauptsprachrohr Israels in den USA. Auf illegale Weise in den Besitz einer Drehbuch-Kopie gekommen, wurde eine angebliche "Expertenkommission" "katholischer" und jüdischer Theologen beauftragt, das Skript zu "prüfen". In der "New Republic" bestätigte die Theologin Paula Frederiksen dann die Vorwürfe ihrer Auftraggeber, jedoch waren die Argumente waren offenbar derart dürftig, daß die US-Bischofskonferenz sich prompt bei Mel Gibsons Anwälten für ihre prophylaktische Kritik, die wohl einer auch in den USA grassierenden politischen Korrektheit geschuldet war, entschuldigte. John Foley, der Präsident des Vatikanischen Medienrates nannte "The Passion", nachdem er Ausschnitte gesehen hatte, "exzellent", wer den Film kritisiere, der kritisiere gleichzeitig das Evangelium. Der Präfekt der Klerus-Kongregation, Kardinal Hoyos gratulierte Gibson persönlich. Andere, wie die Theologie-Professorin Mary Boys legten dagegen noch einmal nach: der Film würde angeblich "Judenhaß schüren", da diese durchgängig als "blutrünstig, rachsüchtig und geldgierig" dargestellt würden. Die Rolle des römischen Statthalters Pilatus werde dagegen "heruntergepielt".

Den Vorwurf, "The Passion" laste den Juden den Tod Christi an, während die Römer exkulpiert würden, und sei mithin "antisemitisch", hält Gibson für unhaltbar. Weder er noch sein Film seien antisemitisch, im übrigen halte der Film sich an die Botschaft des Neuen Testaments und handle von "Glauben, Liebe, Hoffnung und Vergebung." Dies bestätigten auch über 800 Prediger der "Life Giving Leadership Conference", die den Film auf dem Jahrestreffen der evangelikalen "New Life Church" zu sehen bekamen, während Ted Haggard, der Präsident der einflußreichen konservativen "National Association of Evangelicals", Gibson mit Michelangelo verglich. "The Passion" sei ein "unglaubliches Kunstwerk und eine wunderbare Darstellung der letzten zwölf Stunden im Leben von Jesus Christus", vor allem aber halte es sich an die Fakten, da es mit den Überlieferungen der Apostel völlig übereinstimme. Und über Vorwürfe von "antisemitischen Tendenzen" könne er nur lachen.

In den biblischen Texten und in den kanonischen Evangelien liest man dazu über die starken Bedenken des Pontius Pilatus, der noch dazu von seiner Frau Claudia bedrängt wurde, Jesu Kreuzigung nicht zuzulassen. Pilatus Opportunismus überwog jedoch schließlich und er überließ Jesus den Hohepriestern und jüdischen Autoritäten, die ihn regelrecht erpreßt hatten: "Wenn du ihn freiläßt, bist du kein Freund des Kaisers. Wer sich zum König erklärt, empört sich gegen den Kaiser" (Joh. 19,12). Wer die Hauptschuldigen sind, von denen die Tötungsabsicht ausging, ist also klar. Tatsächlich zeigte die jüdische Forschung bislang naturgemäß "Interesse an der Belastung des Pilatus und der Römer", wie Klaus Berger schreibt ("Pilatus heißt die Kanaille", FAZ v. 21.8.03). Dagegen werde er in der äthiopischen gar als Heiliger verehrt, eine Einschätzung die die apokryphen "Akten des Pilatus" vorbereiten. Lorenz Jäger hat nun dankenswerterweise auf eine innerjüdische Debatte hingewiesen ("Mel Gibsons Film "Passion": Nun auch ein innerjüdisches Echo", FAZ v.13.10.03). Danach zitiert der für zeitgeschichtliche Themen im "American Jewish Committee" zuständige Gelehrte, Steven Bayme, talmudische Quellen, die die Bereitschaft der Rabbiner belegen, Verantwortung für Christi Tod am Kreuz zu übernehmen. Den Hinweis auf die Obergewalt der römischen Besatzungsmacht hält der Gelehrte hingegen für apologetisch. Zudem würden im christlich-jüdischen Dialog die talmudischen Bezüge auf Jesus verschwiegen. Als die Nachfragen begannen, verschwand Baymes Artikel jedoch von der Internet-Seite des AJC. Doch sprang ihm kurz darauf ein weiterer Gelehrter bei. Der am "Jewish Theological Seminary" talmudische Studien lehrende David Kraemer erklärte, daß "Tatsächlich zwischen dem Judentum und der frühen Kirche ein scharfer Konkurrenzkampf" geherrscht habe, worauf "manche der haßerfüllten Passagen des Talmuds" zurückzuführen seien. Für einen offenen Glaubensdialog sei es "geradezu zwingend, sich diesen Fragen zu stellen."

Die New York Times, das Zentralorgan der US-Linken, schießt dagegen immer noch aus allen Rohren auf das Engagement des Schauspielers und Regisseurs in einer traditionalistisch-katholischen Gemeinde in Los Angeles und auf "The Passion", obwohl, wie Gibsons Pressesprecher mitteilte, der Film inzwischen überarbeitet wurde, und einen "weicheren" Verlauf erhielt, um ihn der Kritik "verdaulicher" zu machen. So würden jetzt auch Juden gezeigt, die nicht zu der Menge gehören, die Christi Kreuzigung fordert. Auch gegenüber den Evangelienberichten habe man den Lauf der Erzäh-lung gemildert. Auf die Aussage bei Matthäus 27,25 "Sein Blut komme über uns und unsere Kinder", die als biblischer Text bezeugt, wie sehr das jüdische Volk von Jesu Schuld überzeugt war, daß es nicht einmal vor dieser Selbstverwünschung zurückschreckte, habe man beispielsweise verzichtet. An der Darstellung der Darbringung des Opfers Christi am Kreuz ändern diese Einschränkungen und Auslassungen jedoch nichts.

Tatsächlich steht hinter dem Konflikt auch die notorische Feindschaft zwischen den Liberalen, die in den USA fast immer Linke sind, auf der einen und den Christlich-Konservativen auf der anderen Seite. Das offizielle Hollywood hat sich - von wenigen Ausnahmen abgesehen - zu Mel Gibsons Film bisher noch nicht geäußert. William Peter Blatty, der Autor des "Exorzist", nannte "The Passion" eine "gewaltige Darstellung des Bösen", und für Jack Valenti, den Chef der "Motion Picture Association of America" ist er ein "eindringliches Kunstwerk". Nun hat sich offenbar, nachdem die Fox abgesprungen war, doch ein Verleih für den ausschließlich in Aramäisch und in lateinischer Sprache - mit nur wenigen Untertiteln - gedrehten Film gefunden. Mel Gibson hat nach neuesten Meldungen mit der Firma Newmarket einen Vertrag unterzeichnet, diese soll den Vetrieb in den USA übernehmen und wird auch an den Einspielergebnissen beteiligt, während die Rechte für den Welt-markt zunächst bei Gibsons eigener Firma Icon verbleiben. Unter dem Titel "The Passion of Christ" soll der Start jetzt endgültig am Aschermittwoch, der 2004 auf den 25. Februar fällt, erfolgen.

Werner Olles

***

"Luther" von Eric Till

(Start: 30.10.2003)

Wir schreiben das Jahr 1505. Seit vier Jahren studiert der aus einer Bergarbeiterfamilie stammende Martin Luther (Joseph Fiennes) in Erfurt, mit dem Ziel Jurist zu werden. Als er in einem gewaltigen Unwetter fast von einem Blitz getroffen wird und nur knapp dem Tode entrinnt, entschließt er sich Mönch zu werden und zieht sich in ein Augustiner-Kloster zurück. Eine Pilgerfahrt führt ihn 1510 nach Rom, wo Papst Leo X. (Uwe Ochsenknecht) zur Finanzierung des Neubaus des Petersdoms einen schwunghaften Ablaßhandel betreibt. Zurück in Wittenberg ruft Luther zu einer akademischen Disputation über den Mißbrauch kirchlicher Gnadenmittel auf. In 95 Thesen, die er an die Tür der Schloßkirche nagelt, fordert er Rom auf, den Ablaßhandel zu unterbinden. Seine öffentliche Kritik führt schließlich zur Eröffnung des Ketzerprozeßes, der mit der Exkommunikation, der Verhängung des Kirchenbannes und der Reichsacht 1521 auf dem Reichstag zu Worms vor Kaiser Karl V. seinen Abschluß findet. Um Luthers Leben zu schützen läßt ihn sein Kurfürst Friedrich der Weise von Sachsen (Peter Ustinow) scheinbar entführen. Ein ganzes Jahr lebt Luther als Junker Jörg auf der Wartburg bei Eisenach und übersetzt hier das Neue Testament aus dem Griechischen in die deutsche Sprache.

Zwar findet seine neue Lehre immer mehr Anhänger, doch der Preis dafür ist hoch. Luthers geistiger Kampf schlägt in offenen Aufruhr um, als aufständische Bauern mit seinem ehemaligen Professor Carlstadt (Jochen Horst) an der Spitze, Heiligenbilder zerstören, Kirchen in Flammen setzen und Priester ermorden. Von Luther zur Wiederherstellung der Ordnung ermutigt, lassen die deutschen Landesherren zehntausende Bauern niedermetzeln. In dieser wohl dunkelsten Stunde seines Lebens begegnet er der nach Wittenberg geflüchteten Nonne Katharina von Bora (Claire Cox), die er 1525 heiratet. Inzwischen hat Kaiser Karl V. die Landesherren nach Augsburg einberufen, um sie dort zur Abkehr von Luthers Lehren zu zwingen. Doch diese lassen sich nicht einschüchtern, und Melanchton übergibt dem Kaiser das Glaubensbekenntnis der Protestanten, das zum ersten Mal öffentlich verlesen wird. Die Reformation ist nicht mehr aufzuhalten...

Eric Gills "Luther" schlichtweg als "anti-römisch" oder "anti-katholisch" abzutun, trifft den Kern der Sache nicht. Was man dem Film jedoch mit Fug und Recht vorhalten darf, ist, daß er gewissermaßen im Schweinsgalopp durch die Geschichte eilt und es vor allem mit der Historie nicht so genau nimmt. So hat es ein Treffen zwischen Luther und dem alten Kurfürst Friedrich, bei dem ihm der Reformator seine Übersetzung des Neuen Testaments zum Geschenk macht, nie gegeben. Auch die Freundschaften zu der armen Holzhändlerin Hanna und ihrer behinderten Tochter Grete, zu dem Augustiner-Mönch Ulrich und dem einfachen Maurer Otto sind fiktiv. Und eine der Schlüsselszenen des Films, als Luther Ottos Sohn, der Selbstmord beging, gegen den Willen der Kirche in geweihter Erde beisetzt, ist es ebenfalls. In Wahrheit war es wohl so, daß er sein "Erweckungserlebnis", die Vorstellung eines gerechten und gnädigen anstatt eines strafenden Gottes, die zum zentralen Element seines Glaubens wurde, "während Tagen und Nächten der Reflektion über Paulus' Römerbriefe" (Martin Luther) in seiner Zelle im Schwarzen Kloster zu Wittenberg hatte.

All dies könnte man dem Film - auch aus dramaturgischen Gründen - noch verzeihen, denn er beruht nun einmal nicht auf geschichtlichen Tatsachen, sondern auf dem gleichnamigen Roman des 1969 geborenen Guido Dieckmann. Was jedoch schwerer wiegt, ist seine einseitige Darstellung des mittelalterlichen Katholizismus, die notorische Verwechslung von Religionsfreiheit und religiöser Freiheit, die Bedienung gängiger Klischees über die römische Inquisition, die im Gegensatz zur spanischen geradezu eine tolerante Veranstaltung war, und eine gewagte Verschiebung der Akzente, Luthers Motivation für seine Rebellion gegen Rom betreffend. In der Tat wurde Papst Leo X. das Wort nachgesagt: "Der Herr hat mir das Papsttum gegeben. Ich möchte es genießen!" Die Bischöfe gingen auf die Jagd, nahmen ihre Mätressen, es gab spezielle Bordelle für die römischen und auswärtigen Kleriker; die Verhältnisse, die Luther bei seiner Pilgerfahrt in Rom wahrnahm, waren moralisch unter aller Kritik. Er empörte sich über den Ablaßhandel, doch war dies nur der äußere Anlaß für seine Auseinandersetzungen mit der Kirche. Entscheidend war vielmehr seine Ablehnung der Tradition als Glaubensquelle - er anerkannte nur die Heilige Schrift - und seine Ablehnung der Sakramente, abgesehen von der Taufe und dem Abendmahl, die jedoch nach seiner Lehre auch nicht aus sich, sondern nur als Bekräftigungsmittel wirken. Die bischöfliche Sukzession und das von einem geweihten Priester vollzogene Meßopfer galten ihm gar als "götzendienerisch". Das päpstliche Primat griff er immer heftiger an ("Das Papsttum zu Rom, vom Teufel gestiftet"), und verstand dabei nicht, daß auch die päpstliche Unfehlbarkeit nie etwas anderes als die Unterwerfung des Oberhauptes der Kirche unter die Offenbarung und die Autorität Gottes bedeutete.

Für Luther konnte jedoch nur die "unsichtbar" bleibende Kirche, als Gemeinschaft der Heiligen und in Jesus Christus geglaubt, die Einheit der Christenheit wahren. Doch um die Einheit der Kirche ging es auch seinen Widersachern. Und so glaubte er persönlich auch nicht eine neue Kirche gegründet, sondern nur die alte eigentliche Kirche wiederhergestellt zu haben. Aber während seine Anhänger, der öbersetzung Luthers folgend, "das Neue Testament im Blute Christi" feierten, beteten die Katholiken - der Tradition folgend - weiter "den Kelch des Neuen und Ewigen Bundes" an. Damit war das Schisma vollzogen.

Es mag von einem Spielfilm zuviel verlangt sein, derartig komplexe theologische Fragen in den Vordergrund zu stellen. Tatsächlich hat heute kaum noch jemand eine Ahnung von der Theologie der Väter, oder vermag die christliche Vorstellung von Gott als einem gerechten Vergelter, was übrigens mit Rache nichts zu tun hat, überhaupt zu begreifen. Stattdessen kursieren massenhaft theologische Standpunkte, die keinen Pfifferling wert sind. Insofern tut Gills "Luther" gut daran, nichts vertiefen zu wollen, wo nichts ist. Doch selbst das "Menschelnde" in der Person Luthers, dem Joseph Fiennes ("Shakespiere in Love", "Forever Mine) immerhin überzeugend Gestalt verleiht, kommt nicht so recht zum Zuge. Den sichtbarsten Bruch in seinem persönlichen Leben mit dem Mönchsdasein, seine Hochzeit mit der ehemaligen Nonne Katharina von Bora, vollzieht der Film wie irgendeine beliebige und banale Festivität. Dabei wurde hier die Keimzelle des evangelischen Pfarrhauses geboren, eine bis heute viel zu lange unterschätzte kultur-protestantische Institution. Doch Till, der bereits mit "Bonhoeffer - Die letzte Stufe" einige ausgeprägte inszenatorische Ungeschicklichkeiten bewies, gelingt es auch diesmal nicht, der Vielfältigkeit seiner Hauptfigur gerecht zu werden. Sein Luther ist abwechselnd ein frommer Mönch, ein wütender Ketzer und ein mutiger Reformator. Aber Luther war auch ein großer Verschwender, der das Beste und Schönste an der Kirche auf dem Müll geworfen hat: Die Liturgie und die heilige Kunst, ihre wertvollsten Symbole. Als die Bauern die Ikonen und Reliquien zerstörten, trat er ihnen zwar entgegen, aber er selbst hatte die "sinnliche Architektur" der Kathedralen mit ihren Reliefs und den Gemälden von Giotto, in denen sich das Antlitz Jesu erahnen ließ, zuvor bereits als "gotteslästerlich" gegeißelt. Kein ewiges Licht durfte fortan die Präsenz Gottes anzeigen, kein Tabernakel den Leib Christi bergen, Altäre hatten ohne Reliquien, ohne das Licht von Kerzen vor den Bildern der Muttergottes und der Heiligen zu sein, und verschwinden mußten die Kniebänke, auf denen sich die Menschen vor der Erscheinung des Herrn in Brot und Wein beugten.

Luthers Traum einer reinen "Geistkirche" im Geiste der Gläubigen war indes bereits in den Exzessen der Bilderstürme nach den Hetzpredigten seines einstigen Lehrers Andreas Bodenstein von Carlstadt zerstoben. "Sie hauen hinein wie in ein Gebüsch und Wald, gleichviel ob sie einen Altar oder Gemälde treffen", beklagte sich der Schüler voller Schrecken, als er sah, welche fatalen Folgen seine Schriften zeitigten. Im Film steht er dann auch fassungslos vor den Trümmern einer alten Kirche und kann die Grabschändungen und Bücherverbrennungen, an denen er nicht unschuldig war, nicht verstehen. Und doch war dieser Ikonoklasmus der äußerste Traditionsbruch, denn in dieser Materie fand das Heil statt.

Die letztlich unauflösbare Spannung zwischen protestantischer Freiheit und katholischer Wahrheit konnte auch Luther nicht aufheben. Der von der amerikanischen "Thrivent Financial for Lutherans" und der EKD unterstützte Film "Luther" kann es noch weniger. Immerhin ist er nicht in Versuchung geraten als evangelischer ""Verkündigungsfilm" zu reüssieren oder - noch ärger - den großen Reformator als deutschnationale Symbolfigur zu mißbrauchen.

Werner Olles

 
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