Die menschlichen Stellvertreter:
Der heilige Petrus
Jesus Christus hat demnach den heiligen Petrus zum obersten Lenker der Kirche bestimmt; und er ordnete an, dass dieses obrigkeitliche Amt, zum Heile aller für alle Zeiten eingesetzt, auf dessen Nachfolger übergehe, in denen somit Petrus durch seine Gewalt für immer fortleben sollte. Tatsächlich machte er jene große Verheißung nur dem heiligen Petrus, keinem andern: Du bist Petrus, der Fels, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen (90). „Zu Petrus sprach der Herr, zu ihm allein, um auf den einen die Einheit zu gründen“ (91). - Ohne ein Wort vorauszuschicken, nennt er des Apostels Vater und ihn selbst mit Namen (Selig bist du, Simon, Sohn des Jonas (92); aber er will nicht, dass er weiterhin Simon genannt werde; er nimmt ihn schon kraft seiner Gewalt als den Seinigen für sich in Anspruch und gefällt sich darin, ihn mit dem passenden Vergleich auch Felsenmann (Petrus) zu nennen, da er auf ihn die Kirche bauen will“ (93).
12 Aus diesen Worten folgt, dass die Kirche nach Gottes Willen und Befehl auf dem heiligen Petrus, wie das Gebäude auf seinem Fundamente, ruht. Nun aber gehört es zur Natur und Wirkung eines Fundamentes, dass es das Gebäude durch feste Verbindung der einzelnen Teile zusammenhalte und für das Ganze das notwendige Band der Unversehrtheit und Sicherheit bilde; wird das Fundament beseitigt, so stürzt das ganze Gebäude zusammen. Petrus hat also die Kirche zu stützen, zu schützen und durch ein unlösbares Band zu einigen und zu festigen. Wie könnte aber jemand dieser wichtigen Aufgabe genügen, ohne die Gewalt, zu befehlen, zu verbieten und zu richten, die wir wahrheitsgemäß und zutreffend als richterliche Vollmacht oder „Jurisdiktion“ bezeichnen? Kein Staat und kein öffentliches Gemeinwesen kann ohne diese Jurisdiktionsgewalt bestehen. Der Vorrang der Ehre und die schwache Vollmacht zu raten und zu mahnen, die man als Oberleitung oder „Direktion“ bezeichnet, nützt einer menschlichen Gesellschaft gar wenig und ist nicht imstande, ihr wahre Einheit und Festigkeit zu verleihen.
Jene volle Gewalt hingegen, von der Wir reden, ist ausgedrückt und bekräftigt durch die Worte: Und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen (94). – „Was werden sie nicht überwältigen? Die heilige Grundlage, worauf Christus die Kirche baut, oder die Kirche selber? Das Wort ist doppelsinnig. Oder gilt dies von bei den zugleich wie von einer und derselben Sache, vom Felsenfundament und von der Kirche? Ich halte dafür: die Pforten der Hölle werden weder den Felsen, auf den Christus die Kirche gründet, noch die Kirche überwältigen“ (95). Dieses göttliche Wort hat folgenden Sinn: Was immer für Gewaltmittel, was immer für Kunstgriffe die sichtbaren und unsichtbaren Feinde anwenden mögen, es wird ihnen nicht gelingen, die auf Petrus gestützte Kirche zu Fall zu bringen oder zugrunde zu richten. „Die Kirche, das Gebäude Christi, der mit Weisheit sein Haus auf Fels gebaut hat (96), ist für die Mächte der Hölle unerreichbar; sie überwinden zwar jeden, der abseits vom Felsen und von der Kirche steht, gegen die Kirche aber vermögen sie nichts“ (97). Gott hat mithin seine Kirche dem Petrus anvertraut, damit er sie stets unversehrt erhalte als unbesiegbarer Schutzpatron. Darum hat er ihn mit der nötigen Gewalt ausgestattet, denn wer eine Gesellschaft von Menschen tatsächlich und wirksam schützen soll, muss auch das Recht haben zu befehlen.
Ferner fügte Jesus hinzu: Und ich werde dir die Schlüssel des Himmelreiches geben (98). Ohne Zweifel spricht er hier weiterhin von der Kirche, die er kurz zuvor die Seine nennt, und die er auf Petrus als ihrem Fundamente errichten wollte. Die Kirche hat auffallende Ähnlichkeit sowohl mit einem Gebäude als auch mit einem Reiche, und jedermann weiß, dass die Schlüssel ein gebräuchliches Sinnbild für die oberste Gewalt sind. Wenn also Jesus dem Petrus die Schlüssel des Himmelreiches verspricht, so verheißt er ihm damit auch die Gewalt und die Rechtsvollmacht über die Kirche. „Der Sohn aber gab ihm (dem Petrus) den Auftrag, die Erkenntnis des Vaters und des Sohnes zu verbreiten; einem sterblichen Menschen übertrug er, indem er ihm die Schlüssel gab, alle Gewalt im Himmel; und dieser hat die Kirche über die weite Erde hin verbreitet und gezeigt, dass sie unerschütterlicher ist als der Himmel“ (99).
Damit stimmt das Folgende überein: Was immer du binden wirst auf Erden, wird auch im Himmel gebunden sein, und was immer du lösen wirst auf Erden, wird auch im Himmel gelöst sein (100). Die bildliche Redensart „binden und lösen“ bezeichnet das Recht, Gesetze zu erlassen, sowie die Gewalt zu richten und zu strafen. Diese Gewalt, heißt es ebendort, werde eine solche Ausdehnung und Wirkung haben, dass alle ihre Entscheide von Gott gutgeheißen werden. Es ist also diese Gewalt die höchste und eine vollkommen selbständige, weil keine auf Erden über ihr steht und sie die ganze Kirche umfasst sowie alles, was der Kirche anvertraut ist.
Diese Verheißung ging in Erfüllung, als Christus der Herr nach seiner Auferstehung Petrus dreimal fragte, ob er ihn mehr liebe als die anderen, und ihm den Befehl erteilte: Weide meine Lämmer ... weide meine Schafe (101). Alle ohne Ausnahme, die zu seiner Herde gehören sollten, übergab er dem Petrus als ihrem Hirten. „Der Herr weiß alles. Er fragt nicht, um zu lernen, sondern um zu lehren, wen er uns bei seiner Rückkehr in den Himmel als ,den Stellvertreter seiner Liebe hinterlassen wollte ... Und weil er (Petrus) von allen allein seine Liebe bekennt, wird er allen vorgesetzt ..., damit er die Vollkommenen als der noch Vollkommenere regiere“ (102). Nun aber bestehen Amt und Aufgabe des Hirten darin, der Herde ein Führer zu sein, ihr durch bekömmliche Weide Nahrung zu verschaffen, von ihr Gefahren fernzuhalten, sie vor Nachstellungen zu beschützen, sie gegen Gewalt zu verteidigen, mit einem Wort, sie zu regieren und zu leiten. Da Petrus der Herde Christi als Hirt vorgesetzt ist, so hat er die Gewalt erhalten, alle Menschen zu regieren, für deren Heil Christus sein Blut vergossen hat. „Warum hat er sein Blut vergossen? Um jene Schäflein zu erkaufen, die er dem Petrus und dessen Nachfolgern übergeben hat“ (103).
Da nun alle Christen in der Gemeinschaft des unveränderlichen Glaubens vereint sein müssen, hat Christus der Herr durch die Kraft seines Gebetes dem Petrus die Gnade erfleht, in der Verwaltung seines Amtes niemals im Glauben zu wanken: Ich habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht wanke (104) Außerdem hat er ihm den Auftrag gegeben, sooft die Zeitverhältnisse es forderten, seinen Brüdern Belehrung und Stärkung zuteil werden zu lassen: Stärke deine Brüder (105). Denselben, den Christus zum Fundament seiner Kirche gemacht, wollte er zur Säule des Glaubens machen. „Wie hätte er den Glauben desjenigen nicht stärken können, dem er aus eigener Machtvollkommenheit das Reich übergab, und den er, da er ihn Fels nannte, als Fundament der Kirche bezeichnete?“ (106)
Deshalb wollte Jesus auch einige bedeutungsvolle Titel, „die ihm wegen seiner Machtvollkommenheit eignen, mit Petrus teilen und gemeinsam haben“ (107), damit nämlich in der Gemeinschaftlichkeit der Namen auch die Gemeinschaft der Gewalt zum Ausdruck komme. So hat er, welcher der Eckstein ist, worauf das ganze Gebäude beruht und emporwächst zu einem heiligen Tempel im Herrn (108), den Petrus zum Felsen bestimmt, auf dem die Kirche ruhen sollte. „Durch das Wort: Du bist der Fels, ist er hoch geehrt worden. Obgleich er aber ein Fels ist, so ist er trotzdem nicht ein Fels wie Christus, sondern Fels als Petrus. Christus ist seinem Wesen nach ein unerschütterlicher Fels: Petrus aber erst durch den Felsen (Christus). Denn Jesus teilt seine Würden mit, erschöpft sich aber nicht ... Er ist Priester und macht Priester ..., er ist ein Fels und macht zum Felsen“ (109).
Christus ist ferner der König der Kirche, der den Schlüssel Davids hat, er schließt und niemand öffnet, er öffnet und niemand schließt" (110); dadurch, dass er dem Petrus die Schlüssel überreicht, erklärt er ihn auch zum Fürsten der Christenheit. Ebenso hat der oberste Hirt, der sich selbst den guten Hirten (111) nennt, den Petrus zum Hirten seiner Lämmer und Schafe bestellt: Weide meine Lämmer, weide meine Schafe (112). Deshalb sagt Chrysostomus : „Er ragt unter den Aposteln hervor, er ist der Mund der Jünger und das Haupt ihrer Gemeinschaft ... Er spricht ihm zu, fürderhin Vertrauen zu haben, und nachdem die Erinnerung an die Verleumdung gleichsam ausgelöscht war, überträgt er ihm die Oberleitung der Brüder ... Er sagt ja: Wenn du mich liebst, dann stehe den Brüdern vor“ (113). Endlich hat er, der stärkt zu jedem guten Wort und Werk (114), den Petrus beauftragt, seine Brüder zu stärken. Mit Recht bemerkt daher Leo der Große: „Aus der ganzen Welt wird nur der eine Petrus bestimmt zum Oberhaupt aller auserwählten Völker, aller Apostel und aller Väter der Kirche; wenn auch im Volke Gottes viele Priester sind und viele Hirten, so herrscht doch im eigentlichen Sinne Petrus über alle jene, über die an erster Stelle auch Christus herrscht“ (115). Deshalb schreibt Gregor der Große an den Kaiser Mauritius Augustus: „Allen, die das Evangelium kennen, ist es klar, dass durch das Wort des Herrn dem Apostelfürsten Petrus die Sorge für die ganze Kirche übertragen wurde ... Siehe, er empfing die Schlüssel des Himmelreiches, ihm wird die Macht übertragen, zu binden und zu lösen, und er wird mit der Sorge und Oberleitung der ganzen Kirche betraut“ (116).
Die Päpste als Nachfolger im Primat
13 Weil diese oberste Autorität als Hauptbestandteil zur Verfassung und Organisation der Kirche gehört, und zwar als die Grundlage der Einheit und als Fundament ihrer dauernden Unversehrtheit, so durfte sie nicht mit dem heiligen Petrus untergehen, sondern musste sich auf seine Nachfolger von einem zum andern fortpflanzen: „Es bleibt also die Anordnung der Wahrheit bestehen, und der heilige Petrus lebt fort in der ihm als Fels verliehenen Kraft, und das einmal erfasste Steuerruder lässt er nicht mehr los“ (117). Deshalb besitzen die Päpste, die dem Petrus auf dem römischen Bischofsstuhle folgen, kraft göttlichen Rechtes die höchste Gewalt in der Kirche. „Wir erklären, dass der römische Stuhl und der römische Papst den Primat innehat über die ganze Welt, dass der römische Papst der Nachfolger des heiligen Apostelfürsten Petrus und der wahre Stellvertreter sowie das Haupt der ganzen Kirche ist, der Vater und Lehrer aller Christen; dass ihm in der Person des heiligen Petrus durch unseren Herrn Jesus Christus die Vollmacht verliehen wurde, die ganze Kirche zu regieren und zu leiten, wie dies auch in den Verhandlungen der allgemeinen Kirchenversammlungen und in den heiligen Kirchensatzungen enthalten ist“ (118). Ähnlich äußert sich das IV. Laterankonzil: „Die römische Kirche besitzt gemäß der Anordnung Christi den Vorrang der ordentlichen Gewalt über alle anderen Kirchen, denn sie ist ja die Mutter und Lehrmeisterin aller Christen“ (119).
Vorausgegangen war schon die einhellige Auffassung des Altertums, das die römischen Päpste ohne jeden Zweifel als die rechtmäßigen Nachfolger des heiligen Petrus betrachtete und ehrte. Wer kennt nicht die zahlreichen und herrlichen Zeugnisse der Väter? Unter allen ragt jenes des heiligen Irenäus hervor, der sich folgendermaßen über die römische Kirche äußert: „Mit dieser Kirche müssen wegen ihres höheren Vorranges alle Kirchen in Einklang stehen“ (120).
Und Cyprian sagt gleichfalls von der römischen Kirche, sie sei „Wurzel und Mutterstamm der katho-lischen Kirche“ (121), sie sei „der Stuhl Petri und die Hauptkirche, von wo die Einheit des Priester-tums ausgegangen ist“ (122). Er nennt sie „Stuhl Petri“, weil der Nachfolger Petri auf ihm sitzt; er nennt sie „Hauptkirche“ wegen des Vorranges, der dem Petrus und seinen rechtmäßigen Nachfolgern verliehen wurde; er sagt, von dort sei die Einheit ausgegangen, weil die römische Kirche die bewirkende Ursache der Einheit im Christentum ist.
Deshalb redet der heilige Hieronymus den Papst Damasus mit folgenden Worten an: „Ich rede mit dem Nachfolger des Fischers und mit dem Jünger des Kreuzes ... In enger Gemeinschaft schließe ich mich Eurer Heiligkeit an, d. h. dem Stuhle Petri. Ich weiß, auf diesem Felsen ist die Kirche aufgebaut“ (123). Den Katholiken pflegt er an der Gemeinschaft mit dem römischen Stuhle zu erkennen: „Wer mit dem Stuhle Petri verbunden ist, das ist mein Mann“ (124). Der heilige Augustinus legt ebenfalls Zeugnis ab dafür, „dass in der römischen Kirche der Vorrang des apostolischen Stuhles stets bestanden habe“ (125). Das sei kein Katholik, der vom römischen Glauben abweiche: „Man glaubt dir nicht, dass du den katholischen Glauben besitzest, da du nicht lehrst, man müsse den römischen Glauben befolgen“ (126). Ebenso der heilige Cyprian: „Mit Papst Cornelius in Gemeinschaft stehen, heißt mit der katholischen Kirche in Gemeinschaft stehen“ (127).
In ähnlicher Weise lehrt der Abt Maximus, es sei das Merkmal des wahren Glaubens und der wahren Gemeinschaft, dem römischen Papste untertan zu sein: „Wer daher kein Häretiker sein noch heißen will, braucht sich nicht erst vor diesem oder jenem zu rechtfertigen. Vor allem soll er sich schnell vor dem römischen Stuhle rechtfertigen. Ist dieser mit ihm zufrieden, so werden ihn alle überall als fromm und rechtgläubig betrachten. Ganz umsonst redet jener, der meinesgleichen überzeugen will und sich nicht vor dem Heiligen Vater der heiligen römischen Kirche, nämlich, vor dem apostolischen Stuhle, rechtfertigt und ihn anruft.“ (128) Der Grund hierfür liegt seines Erachtens darin, „dass dieser vom menschgewordenen Worte selber, nach der Lehre aller heiligen Kirchenversammlungen, gemäß der kirchlichen Satzungen und Bestimmungen, über alle heiligen Kirchen Gottes in der ganzen Welt in allem und durchwegs die Regierungsgewalt: erhalten hat und innehält, sowie die Vollmacht zu binden und zu lösen. Zugleich mit dem Papst bindet und löst auch im Himmel das Wort, das über alle himmlischen Heerscharen regiert“ (129).
An diesen christlichen Glauben, den nicht ein Volk oder eine Zeit, sondern alle Zeiten und das Morgenland so gut wie das Abendland stets anerkannt und hochgehalten haben, erinnert, ohne Widerspruch zu erfahren, der vom Papste delegierte Priester Philippus die Kirchenversammlung von Ephesus: „Es wird von niemandem angezweifelt, ja es ist allen Jahrhunderten bekannt, dass der heilige Petrus, der Fürst und das Haupt der Apostel die Säule des Glaubens und das Fundament der katholischen Kirche, von unserem Herrn Jesus Christus, dem Erlöser und Heiland der Welt, die Schlüssel des Reiches bekommen hat; zugleich ist ihm auch die Gewalt verliehen, Sünden zu lösen und zu behalten, ihm, der bis heute und für alle Zeiten in seinen Nachfolgern fortlebt und die richterliche Gewalt ausübt.“ (130) Allgemein bekannt ist ferner das Urteil der Kirchenversammlung von Chalzedon über den gleichen Gegenstand: „Petrus hat durch Leo ... gesprochen“ (131). Dieselbe Lehre hallt wider wie ein Echo auf der dritten Kirchenversammlung von Konstantinopel: „Der oberste Fürst der Apostel kämpfte mit uns: für uns trat ein sein Nacheiferer und Nachfolger auf dem Stuhle ... Es schien sein Schreiben nur Papier und Tinte zu sein, und doch sprach Petrus durch den Papst Agatho“ (132). In der katholischen Glaubensformel, die zu Anfang des 6. Jahrhunderts von Papst Hormisdas verfasst und von Kaiser Justinian sowie von den Patriarchen Epiphanius, Johannes und Mennas unterzeichnet wurde, findet sich in kräftiger Sprache die Erklärung: „Der Ausspruch unseres Herrn Jesus Christus: Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen, kann nicht unbeachtet bleiben... Was hier gesagt ist, hat sich tatsächlich erwiesen, da sich auf dem apostolischen Stuhle die katholische Religion stets makellos erhalten hat“ (133).
Wir wollen nicht alle Zeugnisse einzeln anführen; nur an das Glaubensbekenntnis sei erinnert, das Michael Paleologus auf dem zweiten Konzil von Lyon ablegte: „Die heilige römische Kirche besitzt den obersten, vollen Primat und die Regierungsgewalt über die ganze katholische Kirche. Sie hat ihn mit der ganzen Machtfülle vom Herrn selbst empfangen in der Person des heiligen Petrus, des Fürsten und Hauptes der Apostel, dessen Nachfolger der römische Papst ist; das anerkennt die römische Kirche in Wahrheit und in Demut. Und wie sie vor allen anderen die Wahrheit des Glaubens verteidigen muss, so müssen auch alle Fragen, die sich etwa bezüglich des Glaubens stellen, durch ihr Urteil entschieden werden“ (134).
Die Bischöfe als Nachfolger der Apostel
14 Wenn auch die Gewalt des heiligen Petrus und seiner Nachfolger die vollste und höchste ist, so darf man doch nicht meinen, sie sei die einzige. Derselbe nämlich, der den heiligen Petrus zum Fundament der Kirche bestimmte, wählte sich auch zwölf, ... die er Apostel nannte. (135) Wie die Gewalt des heiligen Petrus im römischen Papste fortleben muss, genau so erben auch die Bischöfe als Nachfolger der Apostel die ordentliche Gewalt, so dass der Episkopat notwendigerweise zur inneren Verfassung der Kirche gehört. Wenn sie auch keine volle, allgemeine und höchste Gewalt besitzen, so sind sie doch nicht bloße Stellvertreter der römischen Päpste, denn eine eigene Gewalt und heißen im vollen Sinne des Wortes ordentliche Oberhirten der ihnen unterstellten Völker.
Da aber Petrus nur einen Nachfolger hat, die Apostel hingegen deren viele, so geziemt es sich zu untersuchen, welches nach göttlicher Anordnung die Beziehungen der Bischöfe zum Papste sind. Die erste dieser Beziehungen besteht in der klaren und unzweifelhaften Pflicht der Bischöfe, in Gemeinschaft zu stehen mit dem Nachfolger Petri. Ist dieses Band zerrissen, so löst sich das christliche Volk selbst auf und zerstreut sich, so dass es in keiner Weise einen Leib und eine Herde bilden kann. „Das Heil der Kirche ist mit der Würde des Hohenpriesters verknüpft. Besitzt dieser nicht eine außerordentliche und alle überragende Gewalt, so werden in der Kirche ebenso viele Spaltungen entstehen, als Priester da sind“ (136).
Daher gilt es, hier besonders folgendes zu bemerken: Nichts wurde den Aposteln unabhängig von Petrus verliehen, vieles jedoch dem Petrus eigens und unabhängig von den Aposteln. Der heilige Johannes Chrysostomus stellt bei der Erklärung des Ausspruches Christi (Joh. XXI 15) die Frage: „Warum wendet sich Christus diesbezüglich unter Übergehung der anderen Apostel nur an Petrus ?“ - Und er antwortet unumwunden: „Er war der vornehmste unter den Aposteln, er war der Mund der Jünger und das Haupt in ihrem Kreise“ (137). Er allein ist von Christus zum Fundament der Kirche bestimmt worden, ihm ist die Macht verliehen zu lösen und zu binden, ihm allein die Gewalt gegeben, die Herde zu weiden. Was dagegen die Apostel an Ansehen und Amtvollmachten erhielten, haben sie im Verein mit Petrus bekommen: „Wenn auch die göttliche Huld wollte, dass die anderen Apostel etwas mit Petrus gemeinsam besitzen sollten, so hat sie nie anders als durch ihn verliehen, was sie den anderen nicht verweigerte... Vieles hat er gewiss allein bekommen, nichts ist aber auf einen anderen übergegangen, ohne dass er seinen Anteil daran hatte“ (138).
Daraus geht klar hervor, dass die Bischöfe ihrer Rechte und ihrer Regierungsgewalt verlustig gehen, wenn sie sich absichtlich von Petrus und seinen Nachfolgern trennen. Denn durch diese Trennung werden sie vom Fundament, auf dem das ganze Gebäude ruhen muss, losgelöst; somit sind sie auch von dem Gebäude selbst ausgeschlossen, und ebenso von dem Schafstall abgesondert, dessen Herr der oberste Hirte ist; sie sind aus dem Reiche ausgeschlossen, dessen Schlüssel dem Petrus allein von Gott übergeben wurden.
Hieraus erkennen wir aufs neue den Plan und die Absicht Gottes bei der Gründung des Christentums. Da nämlich der göttliche Stifter wollte, dass die Kirche eins sei im Glauben, in der Verwaltung und in der Gemeinschaft, so wählte er sich den Petrus und seine Nachfolger zur Grundlage und zum Mittelpunkt dieser Einheit. Deshalb sagt der heilige Cyprian: „Der Beweis für den Glauben ist leicht, wenn man die Wahrheit kurz zusammenfasst. Der Herr sagt zu Petrus: Ich sage dir, du bist Petrus ... Auf einen einzigen baut er die Kirche. Und wenn er auch allen Aposteln nach seiner Auferstehung gleiche Gewalt verleiht, indem er spricht: Wie mich der Vater gesandt hat ..., ordnet er doch, um die Einheit zu offenbaren, kraft seiner Vollmacht einen Ursprung für diese Einheit an, die nur aus einem ihren Anfang nehmen sollte. (139) Ebenso Optatus von Mileve: „Du kannst nicht leugnen, dass du weißt: In der Stadt Rom ist zuerst dem Petrus der bischöfliche Stuhl verliehen worden, auf dem er als das Haupt aller Apostel saß; deshalb wurde er auch Kephas genannt. In diesem einen bischöflichen Stuhle sollte von allen die Einheit gewahrt werden, damit die übrigen Apostel nicht einzeln einen eigenen Lehrstuhl für sich beanspruchten; und jeder, der gegen den einzig dastehenden Lehrstuhl einen anderen aufstellen würde, sollte als Schismatiker und Sünder gelten“ (140). Danach ist auch jener Ausspruch des heiligen Cyprian zu erklären, die Häresie wie das Schisma entstehe daraus, dass man der obersten Gewalt den Gehorsam verweigere: „Aus keiner anderen Ursache sind die Häresien und Schismen entstanden, als daraus, dass man dem Priester Gottes nicht gehorchte und vergaß, dass zur selben Zeit in der Kirche nur ein Priester und nur ein Richter die Stelle Christi vertritt. (141)
Niemand kann Anteil haben an der Autorität, wenn er nicht mit Petrus vereint ist; es ist nämlich unsinnig zu glauben, es könne jemand in der Kirche Vorsteher sein, wenn er selber außerhalb der Kirche steht. Aus diesem Grunde tadelte Optatus von Mileve die Donatisten: „Gegen diese Pforten (der Hölle) hat Petrus, unser Haupt, wie wir lesen, die Schlüssel des Heiles erhalten, denn zu ihm hat Christus gesagt: Dir will ich die Schlüssel des Himmelreiches geben und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen. Was unterfangt ihr euch also, die Schlüssel des Himmelreiches an euch zu reißen, die ihr gegen den Stuhl Petri ... ankämpft?“ (142)
15 Der Stand der Bischöfe ist aber erst dann gemäß der Anordnung Christi als mit Petrus vereinigt anzusehen, wenn er dem Petrus untersteht und ihm gehorcht; sonst zerfällt er unvermeidlich in eine lose Menge, wo Verwirrung und Unordnung herrscht. Soll die Einheit des Glaubens und der Gemeinschaft wirklich gewahrt sein, so genügt es nicht, dass einer den Ehrenvorrang habe oder eine gewisse Sorge trage für die anderen; es ist vielmehr unbedingt eine wahre und zugleich höchste Autorität notwendig, der die ganze Gemeinschaft gehorcht. Welches war denn die Absicht des Gottessohnes, als er die Schlüssel des Himmelreiches allein dem Petrus versprach? Dass mit der Bezeichnung „Schlüssel“ an dieser Stelle der höchste Gipfel der Macht gemeint ist, daran lassen weder der biblische Sprachgebrauch noch auch die übereinstimmende Lehre der Väter keinen Zweifel zu. Man wüsste sonst nicht zu erklären, was dem Petrus im besonderen, und was den Aposteln im Verein mit Petrus verliehen worden ist. Verleiht die Vollmacht zu binden und zu weiden den Bischöfen, den Nachfolgern der Apostel, das Recht, ihr Volk mit wahrer Amtsgewalt zu regieren, so muss doch dieselbe Gewalt auch jenem dasselbe verleihen, dem von Gott das Amt übertragen wurde, die Lämmer und die Schafe zu weiden. „Christus hat Petrus nicht nur zum Hirten, sondern zum Hirten der Hirten auserkoren; Petrus weidet daher die Lämmer, er weidet auch die Schafe; er weidet die Kinder, er weidet auch die Mütter; er regiert die Untertanen, er regiert auch die Vorgesetzten, denn außer den Lämmern und den Schafen gibt es in der Kirche nichts“ (143).
Daher stammen jene besonderen Titel, die von den Alten dem heiligen Petrus beigelegt wurden und den auf die höchste Stufe der Würde und Gewalt Erhobenen nachdrücklich preisen. Durchwegs nennen sie ihn den „Fürsten der Jüngerschar“, den „ Fürsten der Apostel“, „Führer dieses Chores“, „Mund aller Apostel“, „Haupt dieser Familie“, „Vorsteher der ganzen Welt“, den „Ersten unter den Aposteln“, „die Säule der Kirche“.
Das alles sagt offenbar der heilige Bernhard mit seinen Worten an Papst Eugen: „Wer bist du? Der große Priester, der Hohepriester. Du bist der Fürst der Bischöfe, der Erbe der Apostel... Dir sind die Schlüssel gegeben, dir die Schafe anvertraut. Es gibt zwar noch andere Torhüter und Hirten; aber du bist dies umso glorreicher, als du beide Titel in einem weit höheren Sinne als die anderen ererbt hast. Jene haben die ihnen zugewiesenen Herden, jeder die seine; dir sind alle Herden anvertraut, dem einen als eine einzige. Du bist nicht nur der Hirt der Schafe, sondern auch der Hirten, du allein der eine Hirt aller Hirten. Du fragst, wie ich das beweise? Aus dem Worte des Herrn. Wem denn, ich sage nicht von den Bischöfen, sondern selbst von den Aposteln, sind alle Schafe so ganz ausnahmslos anvertraut? Petrus, wenn du mich liebst, so weide meine Schafe. Welche? Die Völker dieser oder jener Stadt, dieser oder jener Gegend, oder eines bestimmten Reiches? - Meine Schafe, sagte er. Wer sieht nicht, dass er damit nicht einige bezeichnete, sondern alle gemeint hat? Wo nichts unterschieden wird, wird auch nichts ausgenommen“ (144).
Es ist falsch und widerspricht offensichtlich der Anordnung Gottes, wenn man meint, die einzelnen Bischöfe unterständen zwar der Gerichtsbarkeit der römischen Päpste, nicht aber alle in ihrer Gesamtheit. Das Wesen eines Fundamentes besteht nämlich darin, dem ganzen Gebäude Einheit und Festigkeit zu verleihen, mehr noch als den einzelnen Teilen. Bei unserem Gegenstand trifft das noch weit mehr zu, weil Christus der Herr durch die Tragkraft des Fundamentes erreichen wollte, dass die Mächte der Hölle die Kirche nicht überwältigen. Diese göttliche Verheißung ist nach der allgemeinen Ansicht von der Gesamtkirche zu verstehen, nicht von ihren einzelnen Teilen, die ja durch den Ansturm der Hölle überwunden werden können; es ist ja auch bei einigen Einzelfällen vorgekommen, dass sie tatsächlich überwunden wurden.
Wer ferner der ganzen Herde vorangestellt ist, muss notwendig Gewalt haben nicht nur über die einzelnen zerstreuten Schafe, sondern über die vereinte Gesamtheit aller. Oder soll die Gesamtheit der Schafe den Hirten regieren und führen? Sind vielleicht die vereinten Nachfolger der Apostel das Fundament, auf das sich der Nachfolger Petri stützen muss, um standhaft zu sein? Wer die Schlüssel des Reiches in seiner Hand hält, der besitzt Rechts- und Amtsgewalt nicht bloß über die einzelnen Provinzen, sondern über die Gesamtheit aller; und ebenso wie die Bischöfe, jeder in seinem Spre-ngel, mit wahrer Amtsgewalt nicht nur über den einzelnen Privatmenschen herrschen, sondern über ihre ganze Herde, so haben auch die römischen Päpste, deren Amtsgewalt sich über die ganze Christenheit erstreckt, alle Teile des Ganzen, auch zusammen genommen, unter ihrer Gewalt und Oberherrschaft. Wie zur Genüge betont wurde, hat Christus der Herr dem Petrus und seinen Nachfolgern die Vollmacht verliehen, seine Stellvertreter zu sein und dieselbe Gewalt stets in der Kirche auszuüben, die er selbst während seines irdischen Daseins ausgeübt hat. Darf man dann sagen, das Apostelkollegium habe seinen Meister noch an Macht übertroffen?
Diese Amtsgewalt über das Gesamtkollegium der Bischöfe, von der die Heilige Schrift in klaren Worten spricht, hat die Kirche zu jeder Zeit ohne Unterlass anerkannt und gelehrt. Dahin gehören die Äußerungen der Kirchenversammlungen: „Wir lesen, dass der römische Papst das Richteramt über die Bischöfe aller Kirchen ausgeübt hat; wir lesen aber nicht, dass er von irgend einem gerichtet wurde“ (145). Als Grund dafür wird angeführt, dass es „keine höhere Autorität gibt als die des apostolischen Stuhles“ (146).
Deshalb gibt Papst Gelasius über die Beschlüsse der Kirchenversammlungen folgendes Urteil ab: „Wie das, was der oberste Lehrstuhl nicht bestätigt hat, überhaupt nicht zu Recht bestehen konnte, so hat die ganze Kirche angenommen, was er zu bestimmen sich entschloß“ (147). Tatsächlich war es stets das Amt der römischen Päpste, die Urteile und Beschlüsse der Kirchenversammlungen zu bestätigen. Die Entscheide des Afterkonzils von Ephesus hat Leo der Große für nichtig erklärt; Damasus jene des Konzils von Rimini; Hadrian I. jene des Konzils von Konstantinopel; der 28. Satz des Konzils von Chalzedon aber ist bekanntlich als ungültig unbeachtet geblieben, weil ihm die autoritative Billigung des apostolischen Stuhles verweigert wurde. Mit Recht behauptete demnach Leo X. auf dem V. Laterankonzil: „Nur der jeweils regierende römische Papst besitzt, kraft seiner Autorität über alle Konzilien, allein das volle Recht und die Macht, ein Konzil einzuberufen, zu verlegen und aufzulösen; das wird nicht nur durch das Zeugnis der Heiligen Schrift, die Aussagen der heiligen Väter und der römischen Päpste sowie durch die Erlasse der heiligen Kirchensatzungen mit aller Klarheit bestätigt, sondern auch durch das eigene Bekenntnis der Konzilien selbst“ (148). Es unterliegt also keinem Zweifel: die Schlüssel des Himmelreiches sind nur dem heiligen Petrus, die Macht zu binden und zu lösen auch den Aposteln im Verein mit Petrus verliehen; dafür zeugt die Heilige Schrift. Nirgends aber ist gesagt, woher die Apostel die höchste Gewalt ohne Petrus oder gegen Petrus empfangen haben sollten. Auf keinen Fall haben sie diese von Christus bekommen. Deshalb ist durch den Entscheid des Vatikanischen Konzils, Natur und Umfang des Primates der römischen Päpste betreffend, keine neu erfundene Ansicht, sondern ein alter und durch alle Jahrhunderte stets bezeugter Glaubenssatz ausgesprochen worden (149).
Wenn auch dieselben Menschen in der Kirche einer doppelten Gewalt unterstehen, so richtet dieser Umstand in der Verwaltung doch keine Verwirrung an. So etwas zu denken, verbietet uns zunächst Gottes Weisheit, durch dessen Ratschluss diese Regierungsform eingeführt wurde. Außerdem ist zu bemerken, dass die Ordnung der Dinge und die gegenseitigen Beziehungen nur dann gestört werden, wenn bei einem Volk zwei Obrigkeiten nebeneinander gleich hoch stehen und keine der anderen unterstellt ist. Nun ist aber die Macht des römischen Papstes die höchste, sie erstreckt sich über die ganze Erde und ist vollkommen unabhängig. „Es ist ein Missstand, wenn zwei in gleicher Weise an die Spitze derselben Herde gestellt werden. Dass aber zwei, von denen der eine über dem andern steht, über dasselbe Volk herrschen, ist keineswegs unschicklich. In dieser Weise nun stehen unmittelbar über demselben Volke der Pfarrer, der Bischof und der Papst“ (150).
Eingedenk ihrer Aufgabe bestreben sich übrigens die römischen Bischöfe, insbesondere all das zu erhalten, was in der Kirche nach Gottes Anordnung vorgesehen ist; wie sie daher ihre eigene Vollmacht mit der erforderlichen Sorgfalt in Schutz nehmen, so haben sie sich auch stets bemüht und werden sich noch weiterhin bemühen, die Autorität der Bischöfe zu wahren. Ja, was immer den Bischöfen an Ehre und Gehorsam erwiesen wird, das betrachten sie als sich selbst erwiesen. „Die Ehre der ganzen Kirche ist auch meine Ehre. Ich fühle mich stets wahrhaft geehrt, wenn allen und jedem die schuldige Ehre erwiesen wird“ (151).
Schluss: Mahnruf an die Gläubigen und Abseitsstehenden
16 Hiermit haben Wir ein treues Bild und das wahre Antlitz der Kirche gezeichnet, so wie sie Gott selber eingerichtet hat. Über die Einheit haben Wir manches gesagt und zur Genüge erklärt, wie sie nach dem Willen des göttlichen Stifters beschaffen sein und kraft welcher Prinzipien sie erhalten werden soll.
Wir zweifeln nicht daran, dass alle, die durch Gottes Gnade und Güte im Mutterschoße der Kirche als ihre Kinder leben, Unsere apostolische Stimme vernehmen werden. Meine Schafe hören auf meine Stimme. (152) Diese Darlegungen mögen sie veranlassen, sich noch besser zu unterrichten und noch bereitwilliger mit ihren zuständigen Hirten und durch sie mit dem obersten Hirten vereinigt zu bleiben, damit sie desto sicherer in dem einen Schafstalle ausharren und noch reichere Früchte des Heiles gewinnen.
Wenn Wir jedoch hinschauen auf Jesus, den Urheber und Vollender des Glaubens (153), dessen Stelle Wir vertreten, dem würdevollen Amte freilich nicht gewachsen, so wird Unser Herz von seiner Liebe entflammt; und nicht ohne Grund machen Wir das Wort Christi auch zu dem Unsrigen: Ich habe noch andere Schafe, die nicht aus diesem Schafstalle sind, auch sie muss ich herbeiführen, und sie werden meine Stimme hören (154). Sie alle mögen doch auf Uns hören und sich Unserer väterlichen Liebe nicht entziehen; sie alle, die bedauern, dass die Gottlosigkeit mit Macht um sich greift; sie alle, die den Sohn Gottes und Erlöser der Menschheit Jesus Christus zwar kennen und bekennen, aber noch fern von seiner Braut im Irrtum befangen sind. Wer Christus annimmt, muss den ganzen Christus annehmen. „Haupt und Leib, das ist der ganze Christus. Der eingeborene Sohn Gottes ist das Haupt, die Kirche sein Leib; Bräutigam und Braut, zwei in einem Fleische. Alle, die bezüglich dieses Hauptes von der Heiligen Schrift abweichen, sind nicht in der Kirche, auch wenn sie überall sind, wo die Kirche ist. Und auch jene, die bezüglich dieses Hauptes mit der Heiligen Schrift einig gehen, aber keine Gemeinschaft haben mit der Einheit der Kirche, gehören nicht zur Kirche“ (155).
Mit gleicher Liebe schlägt Unser Herz für jene, die vom Pesthauch der Gottlosigkeit nicht ganz verdorben, doch noch den wahren Gott, den Schöpfer des Himmels und der Erde, zum Vater haben wollen. Diese mögen bedenken und vollends erkennen, dass sie nicht zu den Kindern Gottes gezählt werden können, wofern sie sich nicht Christus zum Bruder und die Kirche zur Mutter gewählt haben.
Allen rufen Wir in wahrer Liebe die Worte des heiligen Augustinus zu: „Lasset uns lieben den Herrn unseren Gott, lasset uns lieben seine Kirche; jenen als unseren Vater, diese als unsere Mutter. Es sage doch keiner: ich gehe zwar zu den Götzenbildern, ich befrage die Besessenen und Wahrsager, aber die Kirche Gottes will ich nicht verlassen: ich bin Katholik. Du hältst zur Mutter, den Vater aber beleidigst du. Ein anderer wiederum sagt: Nein, ich befrage nicht den Wahrsager, ich gehe nicht zu einem Besessenen, ich forsche nicht in gotteslästerlichen Wahrsagungen, ich bete nicht die Dämonen an, ich diene nicht den Bildern von Stein; aber ich gehöre zu Donatus. Was nützt es dir, wenn du den Vater nicht beleidigst, da er doch die Kränkung der Mutter rächt? Was nützt es dir, wenn du den Herrn bekennst, Gott die Ehre gibst, ihn verkündest, seinen Sohn anerkennst, den bekennst, der zur Rechten des Vaters sitzt, seine Kirche aber lästerst? ... Wenn du einen Gönner hättest, dem du alle Tage zu Diensten wärest, beleidigtest aber seine Gattin durch eine schändliche Anklage, würdest du noch einmal sein Haus betreten dürfen? Haltet also, Geliebte, haltet alle einmütig treu zu Gott als eurem Vater und zur Kirche als eurer Mutter“ (156).
Im vollen Vertrauen auf Gottes Barmherzigkeit, der die Herzen der Menschen am leichtesten rühren und bewegen kann, wann und wohin er will, empfehlen Wir angelegentlichst seiner Güte alle, die Wir in Unserer Darlegung im Auge hatten. Als Unterpfand der himmlischen Güter aber und als Zeichen Unseres Wohlwollens erteilen Wir Euch, geliebte Brüder, Eurem Klerus und Eurem Volke in großer Liebe den apostolischen Segen im Herrn.
Gegeben zu Rom bei St. Peter, am 29. Juni 1896,
im neunzehnten Jahre Unseres Pontifikates.
Leo XIII. PP.
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Anmerkungen
(1) Eph 5,25. (2) Mt 11,30. (3) Jak 1,17. (4) 1 Kor 3,6. (5) Phil 9,6-7. (6) Röm 10,17. (7) Röm 10, 10. (8) 1 Kor 12, 27. (9) JOHANNES CHRYSOSTOMUS, Homil. Je capto Eutropio n. 6. PG 52, 402. (10) AUGUSTINUS, In Psalm. LXXI, 8. PL 36, 906. (11) AUGUSTlNUS, Enarratio in Psalm. CIII, sermo II, 5. PL 37, 1353. (12) CLEMENS VON ALEX., Stromat. lib. VII cap. 17. CV 3, 76. PG 9, 551. (13) Mt 16, 18. (14) Joh 20, 21. (15) Joh 17, 18. (16) VgI. Mt. 18, 11. (17) Joh. 3, 17. (18) Apg. 4, 12. (19) Is 2, 2. (20) Is 2, 2-3. (21) OPTATUS VON MILEVE, De Schism. Donatist. lib.III 2. CV26 (Edit. C.Ziwsa 1893) 70- 71. PL 11, 995-997. (22) AUGUSTINUS, In epist. Joan. tract. I n. 13. PL 35, 1988. (23) Eph 1, 22-23. (24) 1 Kor 12, 12. (25) Eph 4, 15-16 (26) CYPRIANUS, De cath. Eccl. unitate n.23. CV 3, I, 231. PL 4, 517. (27) CYPRIANUS, De cath. Eccl. unitate n.23. CV 3, 1,231. PL 4, 517. (28) Eph 5, 29-30. (29) AUGUSTINUS, Sermo CCLXVII, n.4. PL 38, 1231. (30) CYPRIANUS, De cath. Eccl. unitate n. 6. CV 3, 1, 214. PL 4, 503. (31) Eph 4, 4. (32) Joh 17, 20, 21, 22. (33) Joh 17, 21. (34) Eph 4, 5. (35) 1 Kor. 1, 10. (36) IRENAEUS, Adversus haereses lib. III cap. 12 n. 12. PG 7, 906. (37) AUGUSTINUS, In Evang. Joan. tract. XVIII, cap. 5 n. 1. PL 35, 1536. (38) 1 Joh 10, 37. (39) Joh 15, 24. (40) 3 Joh 10, 38. (41) Mt 28, 18-20. (42) Mk 15, 16. (43) Joh 16, 7-13. (44) Joh 14, 16-17 (45) Joh 15, 26-27. (46) Lk 10, 16. (47) Joh 20, 21. (48) Röm 1, 5. (49) Mk 16, 20. (50) Vgl. Mk 16, 15. (51) Vgl. Apg 9, 15. (52) Vgl. Apg 1, 8. (53) Mt 28, 20. (54) HIERONYMUS, In Mt. IV, 28. PL 26, 218. (55) Apg 20, 24. (56) 2 Tim 2, 1-2. (57) CLEMENS VON ROM, Epist. I ad Cor., cap. 42-44. PG 1, 291-298. (58) CYPRIANUS, Epist. LXIX ad Magnum n. 1. CV 3, 2; 749-750, PL 3, 1138. (59) Lk 9, 23. (60) Der Verfasser des Tractatus de Fide orfhodoxa contra Arianos c.1 PL 17, 552. (61) AUGUSTINUS, De haeresibus n. 88. PL 42, 50. (62) Eph 4, 3. (63) Eph 4, 5. (64) Eph 4, 14. (65) Eph 4, 13. (66) Eph 4, 11-12. (67) ORIGINES, Serius veteris interpret. commentar. in Mt. n. 46. PG 13,l 1667. (68) lRENAEUS, Adversus haeresis, lib. IV cap. 33 n. 8. PG 7, 1077. (69) TERTULLIANUS, De praescript. cap. XXI. PL 2, 33. (70) HILARIUS, Comment. in Mt XIII 1. PL 9, 993. (71) RUFINUS, Hist. Eccl. lib. II cap.9. CV Eusebius, 2, 1014 (lib. XI c.9). PL 21, 518. (72) RICHARD VON ST. VIKTOR, De Trinit. lib. I cap. 2. PL 196, 891. (73) Vatikanisches Konzil, Sess. III cap. 3. Denzinger Nr. 1789. (74) Jak 2, 10. (75) AUGUSTlNUS, In Psalm. LIV n.19. PL 36, 641. (76) VgI. 2 Kor 10, 5. (77) AUGUSTlNUS, Contra Faustum Manichaeum lib. XVII cap. 3. CV 25, 1,486. PL 42, 342. (78) Vatikanisches Konzil, Sess. III cap.3. Denzinger Nr.1792. (79) AUGUSTINUS, De utilitate credendi cap. XVII n. 35. CV 25, 1, 45-46 PL 42, 91. (80) Mk 16, 15. (81) Mt 18, 19. (82) Lk 22, 19. 1 Kor 11, 24. (83) Joh 20, 23. (84) 1 Kor 4, 1. (85) THOMAS VON AQUIN, Sum. theol. II-II q.39 a. 1. (86) HIERONYMUS, Comment. in Epist. ad Titum III 10-11. PL 26, 598. (87) JOHANNES CHRYSOSTOMUS, Homil. Xl in Epist. ad Ephes. n. 5. PG 62,87. (88) AUGUSTINUS, Contra epist. Parmeniani lib. II cap. II n.25. C 51, 76. PL 43, 69. (89) THOMAS VON AQUIN, Contra Gentiles lib. IV cap. 76. (90) Mt 16, 18. (91) PACIAN VON BARCELONA, Epist.III, ad Sempronium n. 11. PL 13,1071. (92) Mt 16, 17. (93) CYRILLUS VON ALEXANDRIEN, In Evang. Joan. lib. II, in cap. 1 v. 42. PG 73, 219. (94) Mt 16, 18. (95) ORIGENES, Comment. in Mt t. XII n.11. PG 13, 1003. (96) Mt 7, 24. (97) ORIGENES, Comment. in Mt t. XII n.11. PG 13, 1003-1006. (98) Mt 16, 19. (99) JOHANNES CHRYSOSTOMUS, Homil. LIV in Mt n. 2. PG 5.8, 534-535. (100) Mt 16, 19. (101) Joh 21, 16-17. (102) AMBROSIUS, Exposit. in Evang. sec. Lucam, lib. X n. 175-176. CV 32, 4; 523-524. PL 15, 1848. (103) JOHANNES CHRYSOSTOMUS, De sacerdotio lib. II. PG 48, 632. (104) Lk 22, 32. (105) Ebd. (106) AMBROSIUS, De fide lib. IV n. 56. PL 16, 628. (107) LEO MAGNUS, Sermo IV cap. 2. PL 54, 150. (108) Eph 2, 20-21. (109) Homil. de poenitentia n. 4, in appendice opp. S. Basilii. PG 31, 1483. (110) Offb 3, 7. (111) Joh 10, 11. (112) Joh 21, 16-17. (113) JOHANNES CHRYSOSTOMUS, Homil. LXXXVIlI in Joan. n. 1. PG 59,478-479. (114) 2 Thess 2, 16. (115) LEO MAGNUS, Sermo IV cap. 2. PL 54, 149-150. (116) GREGORIUS MAGNUS, Epistolarum lib. v, epist. xx. PL 77, 745-746. (117) LEO MAGNUS, Sermo III cap. 3. PL 54, 146. (118) Konzil von Florenz, Decretum pro Graecis. Denzinger Nr. 694. (119) IV. Konzil vom Lateran, cap. 2. Denzinger Nr. 433. (120) IRENAEUS, Adversus haereses lib. III cap. 3 n. 2. PG 7, 849. (121) CYPRIANUS, Epist. XLVIII ad Cornelium n. 3. CV 3, 2, 607. PL 3, 710. (122) CYPRIANUS, Epist. LIX ad Cornelium n. 14. PL 3, 732. (123) HIERONYMUS, Epist. xv ad Damasum n. 2 CV 54, 63. PL 22, 355. (124) HIERONYMUS, Epist. XVI ad Damasum n. 2. CV 54, 69. PL 22, 359. (125) AUGUSTlNUS, Epist. XLIII n. 7. CV 34, 90. PL 33, 163. (126) AUGUSTINUS, (Der Verweis der Acta auf Sermo CXX n. 13 stimmt nicht; Quelle nicht ausfindig zu machen.) (127) CYPRIANUS, Epist. LV n. 1. CV 3, 2, 624. PL 3, 765. (128) Abt MAXIMUS, Defloratio ex epist. ad Petrum illustr. PL 129, 576. (129) Ders., 1. c. (130) Konzil von Ephesus, Actio III. Mansi 4, 1295. (131) Konzil von Chalzedon, Actio II. Mansi 6, 971. (132) Konzil von Konstantinopel, Actio XVIII. Mansi 11, 666. (133) Post Epist. XXVI ad omnes Episc. Hispan. n.4. Mansi 8, 467. PL 63, 460. Denzinger Nr.171. (134) Konzil von Lyon, Actio IV. Denzinger Nr. 466. (135) Lk 6, 13. (136) HIERONYMUS, Dial. contra Luciferianos n. 9. PL 23, 165. (137) JOHANNES CHRYSOSTOMUS, Homil. LXXXVIII in Joan. n. 1. PG 59, 478. (138) LEO MAGNUS, Sermo IV cap. 2. PL 54, 150. (139) CYPRIANUS, De unitate Eccl. n. 4. CV 3, 1, 212. PL 4, 498. (140) OPTATUS VON MILEVE, De schism. Donatist. lib. II, 2. CV 26, 36. PL 11; 947. (141) CYPRIANUS, Epist. XII ad Cornelium n. 5. PL 3, 802. (142) OPTATUS VON MILEVE, De schism. Donatist. lib. II n. 4-5. CV 26,39. PL 11, 955-956. (143) BRUNO VON SEGNI, Comment. in Joan. III cap. 21 n. 55. (144) BERNHARD, De consideratione lib. II cap.8. PL 182, 751. (145) IV. Konzil von Konstantinopel, Actio VII. (HADRIAN ll., in allocutione III ad Synodum Romanum an. 869). Mansi 16, 126. (146) NIKOLAUS I., Epist. LXXXVl ad Michael. Imperat.: „Patet profecto Sedis Apostolicae, cuius auctoritate major non est, iudicium a nemine fore retractandum, neque cuiquam de eius liceat iudicare iudicio". PL 119, 954. (147) GELASIUS, Epist. XXVI ad Episcopos Dardoniae n. 5. PL 59, 67. (148) V. Konzil vom Lateran, Sess. XI. Mansi 32, 967. Denzinger Nr. 740. (149) VgI. Vatikan. Konzil, Sess. IV cap. 3. Denzinger Nr.1826. (150) THOMAS VON AQUIN, In IV. Sent. dist. XVII a.4, ad q.4 ad 3. (151) GREGORIUS MAGNUS, Epistolarum lib. VIII, epist. XXX ad Eulogium. PL 77, 933. (152) Joh 10, 27. (153) Hebr 12, 2. (154) Joh 10, 16. (155) AUGUSTINUS, De unitate Eccl. contra Donatist. cap. IV n. 7. CV 52, 238 (epist. ad catholicos). PL 43, 395. (156) AUGUSTINUS, Enarratio in Psalm. LXXXVIII, sermo II n. 14. PL37, 1140.
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