Anhang:
Dokumente zum Fall Williamson
1.
Bischof Williamson im schwedischen Fernsehen: "Ich glaube, es gab keine Gaskammern" (21.1.2009)
Interviewer: „Bischof Williamson, sind das Ihre Worte? Es ist nicht ein Jude durch Gaskammern getötet worden. Es waren alles Lügen, Lügen, Lügen. Sind das Ihre Worte?“
Williamson: „Hier zitieren Sie mich aus Kanada, glaube ich, ja. Vor vielen Jahren. Hmmm ... Ich glaube, daß die historischen Beweise, die historischen Beweise sehr stark gegen sie sprechen, massiv dagegen, daß sechs Millionen Juden willentlich in Gaskammern vergast wurden, in einer bewußten Politik von Adolf Hitler.“
Interviewer: „Aber Sie sagen, nicht ein Jude ist getötet worden.“
Williamson: „In Gaskammern.“
Interviewer: „Also gab es keine Gaskammern?“
Williamson: „Ich glaube, es gab keine Gaskammern. Ja. Ich glaube, soweit ich die Beweise studiert habe, ich gehe nicht nach Gefühlen, ich richte mich nach ... soweit ich die Beweise verstanden habe. Ich glaube zum Beispiel, daß Leute, die gegen das, was heutzutage weitestgehend über den „Holocaust“ geglaubt wird (...) schlußfolgern, die Revisionisten, wie sie genannt werden, ich glaube die seriösesten unter ihnen schlußfolgern, daß zwischen 200 und 300.000 Juden in Nazi-Konzentrationslagern umgekommen sind, aber nicht einer durch Vergasung in einer Gaskammer. (...) Sie haben vielleicht von dem Leuchter-Report gehört? Fred Leuchter war ein Experte für Gaskammern. Er entwickelte drei Gaskammern für drei Staaten der fünfzig Staaten der Vereinigten Staaten von Amerika für die Hinrichtung von Verbrechern. Er wußte also, was er dafür benötigt. Und er untersuchte, was angeblich Gaskammern in Deutschland sein sollen, irgendwann in den 80iger Jahren, was da von den angeblichen Gaskammern übrig geblieben ist. Das Krematorium von Birkenau-Auschwitz zum Beispiel. Und seine Schlußfolgerung ist ... seine Experten-Schlußfolgerung war, daß es unmöglich ist, daß dieses jemals dafür gedient haben kann, um eine große Anzahl von Menschen zu vergasen, weil das Gas Blausäure sehr gefährlich ist. Wenn Sie ... nehmen wir an, Sie vergasen 300 Leute, die sie in eine Kammer gepfercht haben und sie vergasen diese, ob sie nun Kleider tragen oder nicht ... also zum Beispiel, sie würden Kleider tragen, so ist es sehr gefähr-lich, da rein zu gehen und die Körper herauszuziehen, denn sollte eine Spur des Gases, das in den Kleidern gefangen ist, entweichen, würde das die Person töten. Es ist besonders gefährlich. (...) Wenn Sie die Leute vergast haben, (...) man muß das Gas herauslassen, um wieder in die Kammer eintreten zu können, um sie neu nutzen zu können. Um das Gas herauszulassen, brauchen Sie einen hohen Schornstein. Wenn es ein kurzer Schornstein ist, dann geht das Gas auf den Gehweg und tötet jeden, der vorbeikommt. Sie brauchen also einen hohen Schornstein, richtig? Ich habe vergessen, wie hoch er seiner Meinung (d.i. Leuchters, Anm.d.Red.) nach sein muß. (...) Wenn dort ein hoher Schornstein gewesen wäre, dann hätte der Schatten ... die meiste Zeit des Tages hätte sich der Schatten auf dem Boden gespiegelt. Und die alliierten Flieger-Photographen, die über den Lagern flogen, hätten die Schatten der Schornsteine aufnehmen müssen. Es gab aber niemals solche Schatten. Es gab nicht solch einen Schornstein. Was gemäß der Aussage von Fred Leuchter bedeutet, daß es keine Gaskammern gegeben haben kann. Er schaut auf die Türen und sagt: die Tür muß absolut luftdicht sein, sonst entweicht wieder das Gas und tötet die Menschen draußen. Die Türen der Gakammer, die in Auschwitz den Touristen gezeigt werden, sind absolut nicht luftdicht, absolut nicht.“
Interviewer: „Was Sie jetzt sagen ist, daß der Holocaust niemals stattgefunden hat. Nicht in der Weise, wie es die Historiker heute sagen.“
Williamson: „Ich richte mich danach, was ich beurteile: historische Beweismittel zu sein, entsprechend den Aussagen von Leuten, die diese Beweismittel begutachtet und untersucht haben. Ich glaube, daß das, was sie schlußfolgern ... wenn sie ihre Schlußfolgerungen ändern würden, dann würde ich mich gerne diesen neuen Schlußfolgerungen anschließen. Weil ich glaube, daß sie gemäß der Beweise urteilen. Ich glaube, daß 200 bis 300.000 Juden in Nazi-Konzentrationslagern umgekommen sind, aber nicht dergleichen ... keiner von denen durch eine Gaskammer. Ich weiß nicht, ob Sie wissen ...“
Interviewer: „Wenn das nicht Antisemitismus ist, was ist dann Antisemitismus?“
Williamson: „Antisemitismus ... wenn Antisemitismus schlecht ist ... dann ist es gegen die Wahr-heit gerichtet. Wenn etwas wahr ist, dann ist es nicht schlecht. Mich interessiert der Begriff Antisemitismus nicht. Das Wort ist sehr gefährlich.“
Interviewer: „Der Bischof nennt Sie einen Antisemiten.“
Williamson: „Der Bischof kann mich nennen ... er kann mich einen Dinosaurier nennen, er kann mich einen Idioten nennen, er kann mich nennen, wie er will. Es ist nicht eine Frage von Beschimpfungen. Es ist eine Frage der geschichtlichen Wahrheit. Historische Wahrheit richtet sich an Beweise, nicht an Gefühle. Es hat sicherlich eine massive Ausbeutung gegeben. Deutschland hat Milliarden gezahlt, Milliarden an Deutschen Mark und jetzt Euros, weil die Deutschen einen Schuldkomplex haben, daß sie ... SIE sechs Millionen Juden vergast haben. Aber ich glaube nicht, daß sechs Millionen Juden vergast wurden. Aber jetzt, seien Sie vorsichtig, ich bitte Sie, das ist gegen das Gesetz in Deutschland. Wenn hier ein deutscher Staatsbeamter wäre, so könnten Sie mich ins Gefängnis werfen lassen, bevor ich Deutschland verlasse. Ich hoffe, das ist nicht Ihre Absicht.“
(aus: http://www.youtube.com/watch?v=l0_H_Apgqdg)
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2.
Dekret der Bischofskongregation zu den Bischöfen der Priesterbruderschaft St. Pius X.
Mit Schreiben vom 15. Dezember 2008 an S. Em. Kardinal Dario Castrillon Hoyos, den Präsidenten der Päpstlichen Kommission Ecclesia Dei, hat Bischof Bernard Fellay – auch im Namen der drei übrigen am 30. Juni 1988 geweihten Bischöfe – erneut die Rücknahme der Exkommunikation latae sententiae (als Tatstrafe) erbeten. Diese war formell mit einem Dekret des Präfekten dieser Kongregation für die Bischöfe vom 1. Juli 1988 erklärt worden. In dem genannten Schreiben versichert Bischof Fellay unter anderem: „Wir haben den Willen und sind fest entschlossen, katholisch zu bleiben und alle unsere Kräfte in den Dienst der Kirche Unseres Herrn Jesus Christus zu stellen, die die römisch-katholische Kirche ist. Wir nehmen ihre Lehren in kindlicher Gesinnung an. Wir glauben fest an den Primat Petri und an seine besondere Stellung. Und darum leiden wir so sehr unter der gegenwärtigen Situation.“
Papst Benedikt XVI. hat – bewegt von väterlichen Empfindungen angesichts der von den Betroffenen bekundeten geistlichen Notlage wegen der erfolgten Exkommunikation und im Vertrauen auf ihre in dem genannten Schreiben geäußerte Verpflichtung, keine Mühe zu scheuen, um die Gespräche mit dem Heiligen Stuhl in der noch offenen Frage zu vertiefen und dadurch zu einer vollständigen und befriedigenden Lösung des entstandenen Problems zu gelangen – beschlossen, die kirchenrechtliche Situation der Bischöfe Bernard Fellay, Bernard Tissier de Mallerais, Richard Williamson und Alfonso de Gallareta neu zu bedenken, die durch ihre Bischofsweihe entstanden war.
Diese Maßnahme soll die gegenseitigen vertrauensvollen Beziehungen stärken und die Kontakte zwischen der Bruderschaft St. Pius X. und dem Heiligen Stuhl festigen. Dieses Geschenk des Friedens soll – am Ende des weihnachtlichen Festkreises – auch ein Zeichen sein, um die Einheit in der Liebe der Universalkirche zu fördern und das Ärgernis der Spaltung zu überwinden.
Es ist zu hoffen, dass diesem Schritt die baldmögliche Verwirklichung der vollen Gemeinschaft von Seiten der gesamten Bruderschaft St. Pius X. mit der Kirche folgt, um so die echte Treue und wahre Anerkennung des Lehramts und der Autorität des Papstes durch ein Zeichen der sichtbaren Einheit zu bezeugen.
Auf Grundlage der mir ausdrücklich vom Heiligen Vater Benedikt XVI. übertragenen Vollmacht hebe ich Kraft dieses Dekrets für die Bischöfe Bernard Fellay, Bernard Tissier de Mallerais, Richard Williamson und Alfonso de Gallareta die Strafe der Exkommunikation latae sententiae auf, die von dieser Kongregation mit Datum vom 1. Juli 1988 erklärt worden war. Ich erkläre das damals erlassene Dekret ab dem heutigen Datum für juristisch wirkungslos.
Rom, am Sitz der Kongregation für die Bischöfe, 21. Januar 2009
Kardinal Giovanni Battista Re, Präfekt der Kongregation für die Bischöfe
(Dekret der Bischofskongregation in der offiziellen vatikanischen Übersetzung der Katholischen Nachrichtenagentur, zitiert nach MITTEILUNGSBLATT vom März 2009)
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3.
Kommunikee des Generaloberen der Priesterbruderschaft St. Pius X., Bischof Bernard Fellay zu Bischof Williamson
Menzingen, den 27. Januar 2009
Wir haben von einem Interview Kenntnis erlangt, das Bischof Richard Williamson, der ein Mitglied unserer Bruderschaft ist, dem schwedischen Fernsehen gab. In diesem Interview äußert er sich auch zu historischen Fragen, insbesondere zum Judenmord der Nationalsozialisten. Es ist offensichtlich, dass ein Bischof nur zu Fragen des Glaubens und der Moral mit religiöser Autorität sprechen kann. Unsere Bruderschaft beansprucht keinerlei Autorität über historische oder andere säkulare Fragen. Die Mission der Priesterbruderschaft ist die Verbreitung und Wiederherstellung der authentischen katholischen Lehre, wie sie in den Dogmen niedergelegt ist. Dafür sind wir weltweit bekannt, akzeptiert und geschätzt. Wir sehen mit großer Sorge, wie die Überschreitung dieses Auftrages durch unser Mitglied unserer religiösen Mission schweren Schaden zufügt. Wir bitten den Heiligen Vater und alle Menschen guten Willens um Entschuldigung für den dadurch hervorgerufenen Ärger. Dabei muss klar sein, dass diese Äußerungen in keiner Weise die Haltung unserer Gemeinschaft wiedergeben. Deshalb habe ich Bischof Williamson bis auf weiteres jedwede öffentliche Stellungnahme zu politischen oder historischen Fragen untersagt.
Die ständig vorgebrachten Anklagen gegen unsere Bruderschaft dienen offenkundig auch dem Zweck, unsere Mission zu diskreditieren. Das werden wir nicht zulassen, sondern fortfahren, die katholische Lehre zu verkünden und die Sakramente in ihrer altehrwürdigen Form zu spenden.
+ Bernard Fellay, Generaloberer
(MITTEILUNGSBLATT vom März 2009)
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4.
Brief von S. E. Bischof Williamson an Kardinal Castrillón
La Reja, 28. 1. 2009
Eminenz!
Inmitten des gewaltigen Mediensturmes, der durch meine unklugen Bemerkungen vor dem Schwedi-schen Fernsehen hervorgerufen wurde, bitte ich Sie – wie es nur angemessen ist und dem Respekt entspricht –, mein tiefes Bedauern anzunehmen, weil ich Ihnen und dem Heiligen Vater so viel unnötiges Leid und unnötige Probleme beschert habe.
Für mich zählt nur die fleischgewordene Wahrheit und die Interessen seiner einzigen Kirche. Allein durch sie können wir unsere Seelen retten und dem allmächtigen Gott mit unseren bescheidenen Möglichkeiten die ewige Ehre geben.
Ich habe zu der Sache nur einen einzigen Kommentar, entnommen dem Propheten Jonas, 1,12: „Nehmt mich und werft mich ins Meer, damit sich das Meer beruhigt und euch verschont. Denn ich weiß, dass dieser gewaltige Sturm durch meine Schuld über euch gekommen ist.“
Akzeptieren Sie bitte auch meinen tiefen persönlichen Dank für das Dokument vom letzten Mittwoch, das am Samstag veröffentlicht wurde, und leiten Sie diesen Dank auch dem Heiligen Vater weiter.
Demütigst werde ich für Sie und den Heiligen Vater eine Messe aufopfern.
Ergebenst, Ihrer in Christus
+ Richard Williamson
(MITTEILUNGSBLATT vom März 2009)
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5.
BRIEF SEINER HEILIGKEIT PAPST BENEDIKT XVI. AN DIE BISCHÖFE DER KATHOLISCHEN KIRCHE IN SACHEN AUFHEBUNG DER EXKOMMUNIKA-TION DER VIER VON ERZBISCHOF LEFEBVRE GEWEIHTEN BISCHÖFE
Liebe Mitbrüder im bischöflichen Dienst!
Die Aufhebung der Exkommunikation für die vier von Erzbischof Lefebvre im Jahr 1988 ohne Mandat des Heiligen Stuhls geweihten Bischöfe hat innerhalb und außerhalb der katholischen Kirche aus vielfältigen Gründen zu einer Auseinandersetzung von einer Heftigkeit geführt, wie wir sie seit langem nicht mehr erlebt haben. Viele Bischöfe fühlten sich ratlos vor einem Ereignis, das unerwartet gekommen und kaum positiv in die Fragen und Aufgaben der Kirche von heute einzuordnen war. Auch wenn viele Hirten und Gläubige den Versöhnungswillen des Papstes grundsätzlich positiv zu werten bereit waren, so stand dagegen doch die Frage nach der Angemessenheit einer solchen Gebärde angesichts der wirklichen Dringlichkeiten gläubigen Lebens in unserer Zeit. Verschiedene Gruppierungen hingegen beschuldigten den Papst ganz offen, hinter das Konzil zurückgehen zu wollen: eine Lawine von Protesten setzte sich in Bewegung, deren Bitterkeit Verletzungen sichtbar machte, die über den Augenblick hinausreichen. So fühle ich mich gedrängt, an Euch, liebe Mitbrüder, ein klärendes Wort zu richten, das helfen soll, die Absichten zu verstehen, die mich und die zuständigen Organe des Heiligen Stuhls bei diesem Schritt geleitet haben. Ich hoffe, auf diese Weise zum Frieden in der Kirche beizutragen.
Eine für mich nicht vorhersehbare Panne bestand darin, daß die Aufhebung der Exkommunikation überlagert wurde von dem Fall Williamson. Der leise Gestus der Barmherzigkeit gegenüber vier gültig, aber nicht rechtmäßig geweihten Bischöfen erschien plötzlich als etwas ganz anderes: als Absage an die christlich-jüdische Versöhnung, als Rücknahme dessen, was das Konzil in dieser Sache zum Weg der Kirche erklärt hat. Aus einer Einladung zur Versöhnung mit einer sich abspal-tenden kirchlichen Gruppe war auf diese Weise das Umgekehrte geworden: ein scheinbarer Rückweg hinter alle Schritte der Versöhnung von Christen und Juden, die seit dem Konzil gegangen wurden und die mitzugehen und weiterzubringen von Anfang an ein Ziel meiner theologischen Arbeit gewesen war. Daß diese Überlagerung zweier gegensätzlicher Vorgänge eingetreten ist und den Frieden zwischen Christen und Juden wie auch den Frieden in der Kirche für einen Augenblick gestört hat, kann ich nur zutiefst bedauern. Ich höre, daß aufmerksames Verfolgen der im Internet zugänglichen Nachrichten es ermöglicht hätte, rechtzeitig von dem Problem Kenntnis zu erhalten. Ich lerne daraus, daß wir beim Heiligen Stuhl auf diese Nachrichtenquelle in Zukunft aufmerksamer achten müssen. Betrübt hat mich, daß auch Katholiken, die es eigentlich besser wissen konnten, mit sprungbereiter Feindseligkeit auf mich einschlagen zu müssen glaubten. Um so mehr danke ich den jüdischen Freunden, die geholfen haben, das Mißverständnis schnell aus der Welt zu schaffen und die Atmosphäre der Freundschaft und des Vertrauens wiederherzustellen, die – wie zur Zeit von Papst Johannes Paul II. – auch während der ganzen Zeit meines Pontifikats bestanden hatte und gottlob weiter besteht.
Eine weitere Panne, die ich ehrlich bedaure, besteht darin, daß Grenze und Reichweite der Maßnahme vom 21.1.2009 bei der Veröffentlichung des Vorgangs nicht klar genug dargestellt worden sind. Die Exkommunikation trifft Personen, nicht Institutionen. Bischofsweihe ohne päpstlichen Auftrag bedeutet die Gefahr eines Schismas, weil sie die Einheit des Bischofskollegiums mit dem Papst in Frage stellt. Die Kirche muß deshalb mit der härtesten Strafe, der Exkommunikation, reagieren, und zwar, um die so Bestraften zur Reue und in die Einheit zurückzurufen. 20 Jahre nach den Weihen ist dieses Ziel leider noch immer nicht erreicht worden. Die Rücknahme der Exkommunikation dient dem gleichen Ziel wie die Strafe selbst: noch einmal die vier Bischöfe zur Rückkehr einzuladen. Diese Geste war möglich, nachdem die Betroffenen ihre grundsätzliche Anerkennung des Papstes und seiner Hirtengewalt ausgesprochen hatten, wenn auch mit Vorbehalten, was den Gehorsam gegen seine Lehrautorität und gegen die des Konzils betrifft. Damit komme ich zur Unterscheidung von Person und Institution zurück. Die Lösung der Exkommunikation war eine Maßnahme im Bereich der kirchlichen Disziplin: Die Personen wurden von der Gewissenslast der schwersten Kirchenstrafe befreit. Von dieser disziplinären Ebene ist der doktrinelle Bereich zu unterscheiden. Daß die Bruderschaft Pius’ X. keine kanonische Stellung in der Kirche hat, beruht nicht eigentlich auf disziplinären, sondern auf doktrinellen Gründen. Solange die Bruderschaft keine kanonische Stellung in der Kirche hat, solange üben auch ihre Amtsträger keine rechtmäßigen Ämter in der Kirche aus. Es ist also zu unterscheiden zwischen der die Personen als Personen betreffenden disziplinären Ebene und der doktrinellen Ebene, bei der Amt und Institution in Frage stehen. Um es noch einmal zu sagen: Solange die doktrinellen Fragen nicht geklärt sind, hat die Bruderschaft keinen kanonischen Status in der Kirche und solange üben ihre Amtsträger, auch wenn sie von der Kirchenstrafe frei sind, keine Ämter rechtmäßig in der Kirche aus.
Angesichts dieser Situation beabsichtige ich, die Päpstliche Kommission "Ecclesia Dei", die seit 1988 für diejenigen Gemeinschaften und Personen zuständig ist, die von der Bruderschaft Pius’ X. oder ähnlichen Gruppierungen kommend in die volle Gemeinschaft mit dem Papst zurückkehren wollen, in Zukunft mit der Glaubenskongregation zu verbinden. Damit soll deutlich werden, daß die jetzt zu behandelnden Probleme wesentlich doktrineller Natur sind, vor allem die Annahme des II. Vatikanischen Konzils und des nachkonziliaren Lehramts der Päpste betreffen. Die kollegialen Organe, mit denen die Kongregation die anfallenden Fragen bearbeitet (besonders die regelmäßige Kardinalsversammlung an den Mittwochen und die ein- bis zweijährige Vollversammlung), garantieren die Einbeziehung der Präfekten verschiedener römischer Kongregationen und des weltweiten Episkopats in die zu fällenden Entscheidungen. Man kann die Lehrautorität der Kirche nicht im Jahr 1962 einfrieren – das muß der Bruderschaft ganz klar sein. Aber manchen von denen, die sich als große Verteidiger des Konzils hervortun, muß auch in Erinnerung gerufen werden, daß das II. Vaticanum die ganze Lehrgeschichte der Kirche in sich trägt. Wer ihm gehorsam sein will, muß den Glauben der Jahrhunderte annehmen und darf nicht die Wurzeln abschneiden, von denen der Baum lebt.
Ich hoffe, liebe Mitbrüder, daß damit die positive Bedeutung wie auch die Grenze der Maßnahme vom 21.1.2009 geklärt ist. Aber nun bleibt die Frage: War das notwendig? War das wirklich eine Priorität? Gibt es nicht sehr viel Wichtigeres? Natürlich gibt es Wichtigeres und Vordringlicheres. Ich denke, daß ich die Prioritäten des Pontifikats in meinen Reden zu dessen Anfang deutlich gemacht habe. Das damals Gesagte bleibt unverändert meine Leitlinie. Die erste Priorität für den Petrusnachfolger hat der Herr im Abendmahlssaal unmißverständlich fixiert: „Du aber stärke deine Brüder" (Lk 22, 32). Petrus selber hat in seinem ersten Brief diese Priorität neu formuliert: „Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die in euch ist" (1 Petr 3, 15). In unserer Zeit, in der der Glaube in weiten Teilen der Welt zu verlöschen droht wie eine Flamme, die keine Nahrung mehr findet, ist die allererste Priorität, Gott gegenwärtig zu machen in dieser Welt und den Menschen den Zugang zu Gott zu öffnen. Nicht zu irgendeinem Gott, sondern zu dem Gott, der am Sinai gesprochen hat; zu dem Gott, dessen Gesicht wir in der Liebe bis zum Ende (Joh 13, 1) - im gekreuzigten und auferstandenen Jesus Christus erkennen. Das eigentliche Problem unserer Geschichtsstunde ist es, daß Gott aus dem Horizont der Menschen verschwindet und daß mit dem Erlöschen des von Gott kommenden Lichts Orientierungslosigkeit in die Menschheit hereinbricht, deren zerstörerische Wirkungen wir immer mehr zu sehen bekommen.
Die Menschen zu Gott, dem in der Bibel sprechenden Gott zu führen, ist die oberste und grundlegende Priorität der Kirche und des Petrusnachfolgers in dieser Zeit. Aus ihr ergibt sich dann von selbst, daß es uns um die Einheit der Glaubenden gehen muß. Denn ihr Streit, ihr innerer Widerspruch, stellt die Rede von Gott in Frage. Daher ist das Mühen um das gemeinsame Glaubenszeugnis der Christen – um die Ökumene – in der obersten Priorität mit eingeschlossen. Dazu kommt die Notwendigkeit, daß alle, die an Gott glauben, miteinander den Frieden suchen, versuchen einander näher zu werden, um so in der Unterschiedenheit ihres Gottesbildes doch gemeinsam auf die Quelle des Lichts zuzugehen – der interreligiöse Dialog. Wer Gott als Liebe bis ans Ende verkündigt, muß das Zeugnis der Liebe geben: den Leidenden in Liebe zugewandt sein, Haß und Feindschaft abwehren - die soziale Dimension des christlichen Glaubens, von der ich in der Enzyklika Deus caritas est gesprochen habe.
Wenn also das Ringen um den Glauben, um die Hoffnung und um die Liebe in der Welt die wahre Priorität für die Kirche in dieser Stunde (und in unterschiedlichen Formen immer) darstellt, so gehören doch auch die kleinen und mittleren Versöhnungen mit dazu. Daß die leise Gebärde einer hingehaltenen Hand zu einem großen Lärm und gerade so zum Gegenteil von Versöhnung geworden ist, müssen wir zur Kenntnis nehmen. Aber nun frage ich doch: War und ist es wirklich verkehrt, auch hier dem Bruder entgegenzugehen, „der etwas gegen dich hat" und Versöhnung zu versuchen (vgl. Mt 5, 23f)? Muß nicht auch die zivile Gesellschaft versuchen, Radikalisierungen zuvorzukommen, ihre möglichen Träger - wenn irgend möglich - zurückzubinden in die großen gestaltenden Kräfte des gesellschaftlichen Lebens, um Abkapselung und all ihre Folgen zu vermeiden? Kann es ganz falsch sein, sich um die Lösung von Verkrampfungen und Verengungen zu bemühen und dem Raum zu geben, was sich an Positivem findet und sich ins Ganze einfügen läßt? Ich habe selbst in den Jahren nach 1988 erlebt, wie sich durch die Heimkehr von vorher von Rom sich abtrennenden Gemeinschaften dort das innere Klima verändert hat; wie die Heimkehr in die große, weite und gemeinsame Kirche Einseitigkeiten überwand und Verkrampfungen löste, so daß nun daraus positive Kräfte für das Ganze wurden. Kann uns eine Gemeinschaft ganz gleichgültig sein, in der es 491 Priester, 215 Seminaristen, 6 Seminare, 88 Schulen, 2 Universitäts-Institute, 117 Brüder und 164 Schwestern gibt? Sollen wir sie wirklich beruhigt von der Kirche wegtreiben lassen? Ich denke zum Beispiel an die 491 Priester. Das Geflecht ihrer Motivationen können wir nicht kennen. Aber ich denke, daß sie sich nicht für das Priestertum entschieden hätten, wenn nicht neben manchem Schiefen oder Kranken die Liebe zu Christus da gewesen wäre und der Wille, ihn und mit ihm den lebendigen Gott zu verkünden. Sollen wir sie einfach als Vertreter einer radikalen Randgruppe aus der Suche nach Versöhnung und Einheit ausschalten? Was wird dann werden?
Gewiß, wir haben seit langem und wieder beim gegebenen Anlaß viele Mißtöne von Vertretern dieser Gemeinschaft gehört – Hochmut und Besserwisserei, Fixierung in Einseitigkeiten hinein usw. Dabei muß ich der Wahrheit wegen anfügen, daß ich auch eine Reihe bewegender Zeugnisse der Dankbarkeit empfangen habe, in denen eine Öffnung der Herzen spürbar wurde. Aber sollte die Großkirche nicht auch großmütig sein können im Wissen um den langen Atem, den sie hat; im Wissen um die Verheißung, die ihr gegeben ist? Sollten wir nicht wie rechte Erzieher manches Ungute auch überhören können und ruhig aus der Enge herauszuführen uns mühen? Und müssen wir nicht zugeben, daß auch aus kirchlichen Kreisen Mißtönendes gekommen ist? Manchmal hat man den Eindruck, daß unsere Gesellschaft wenigstens eine Gruppe benötigt, der gegenüber es keine Toleranz zu geben braucht; auf die man ruhig mit Haß losgehen darf. Und wer sie anzurühren wagte – in diesem Fall der Papst -, ging auch selber des Rechts auf Toleranz verlustig und durfte ohne Scheu und Zurückhaltung ebenfalls mit Haß bedacht werden.
Liebe Mitbrüder, in den Tagen, in denen mir in den Sinn kam, diesen Brief zu schreiben, ergab es sich zufällig, daß ich im Priesterseminar zu Rom die Stelle aus Gal 5, 13 – 15 auslegen und kommentieren mußte. Ich war überrascht, wie direkt sie von der Gegenwart dieser Stunde redet: „Nehmt die Freiheit nicht zum Vorwand für das Fleisch, sondern dient einander in Liebe! Das ganze Gesetz wird in dem einen Wort zusammengefaßt: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst! Wenn ihr einander beißt und zerreißt, dann gebt acht, daß ihr euch nicht gegenseitig umbringt." Ich war immer geneigt, diesen Satz als eine der rhetorischen Übertreibungen anzusehen, die es gelegentlich beim heiligen Paulus gibt. In gewisser Hinsicht mag er dies auch sein. Aber leider gibt es das „Beißen und Zerreißen" auch heute in der Kirche als Ausdruck einer schlecht verstandenen Freiheit. Ist es verwunderlich, daß wir auch nicht besser sind als die Galater? Daß uns mindestens die gleichen Versuchungen bedrohen? Daß wir den rechten Gebrauch der Freiheit immer neu lernen müssen? Und daß wir immer neu die oberste Priorität lernen müssen: die Liebe? An dem Tag, an dem ich darüber im Priesterseminar zu reden hatte, wurde in Rom das Fest der Madonna della Fiducia – unserer Lieben Frau vom Vertrauen – begangen. In der Tat – Maria lehrt uns das Ver-trauen. Sie führt uns zum Sohn, dem wir alle vertrauen dürfen. Er wird uns leiten – auch in turbu-lenten Zeiten. So möchte ich am Schluß all den vielen Bischöfen von Herzen danken, die mir in dieser Zeit bewegende Zeichen des Vertrauens und der Zuneigung, vor allem aber ihr Gebet geschenkt haben. Dieser Dank gilt auch allen Gläubigen, die mir in dieser Zeit ihre unveränderte Treue zum Nachfolger des heiligen Petrus bezeugt haben. Der Herr behüte uns alle und führe uns auf den Weg des Friedens. Das ist ein Wunsch, der spontan aus meinem Herzen aufsteigt, gerade jetzt zu Beginn der Fastenzeit, einer liturgischen Zeit, die der inneren Läuterung besonders förderlich ist und die uns alle einlädt, mit neuer Hoffnung auf das leuchtende Ziel des Osterfestes zu schauen.
Mit einem besonderen Apostolischen Segen verbleibe ich im Herrn Euer
BENEDICTUS PP. XVI
Aus dem Vatikan, am 10. März 2009
www.vatican.va/holy_father/benedict_xvi/letters/2009/documents/hf_ben-xvi_let_20090310_remissione-scomunica_ge.html
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Zitat:
Von den Gelehrten sagt Johann Gottlieb Fichte: "Der würdige Gelehrte will kein anderes Leben und Wirken haben, sich gestatten und an sich dulden, ausser dem unmittelbaren Leben und Wirken der göttlichen Idee in ihm. Dieser unveränderliche Grundsatz durchdringt und bestimmt nach sich innerlich sein ganzes Denken; derselbe Grundsatz durchdringt und bestimmt nach sich äusserlich sein Handeln. Was zuvörderst das erste betrifft (...) , so wird begleitet sein ganzes Leben von dem unerschütterlichen Bewusstseyn, dass es einig sey mit dem göttlichen Leben, dass an ihm und in ihm Gottes Werk vollbracht werde, und sein Wille geschehe; er ruhet darum auf demselben mit unaussprechlicher Liebe und mit der unzerstörbaren Ueberzeugung, dass es recht sey und gut. (...) Er hat mit diesem Handeln niemals noch einen anderen Zweck ausser dem, seine Idee auszudrücken, und die erkannte Wahrheit darzustellen in Werk und Wort." ("Ueber das Wesen des Gelehrten" in SW, Bd. 6, Berlin 1971, S.418)
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