Weihnachten 2008
Wenn man die Begebenheiten um die Geburt Christi betrachtet, so fallen zwei Ereignisse besonders auf: die Hirten auf dem Felde, denen als ersten durch die Engel die Geburt des Gottessohnes angekündigt wurde mit ihrem Gesang "Ehre sei Gott in der Höhe und Friede den Menschen, die guten Willens sind", und zum anderen die Anbetung der hl. Drei Könige, die als Fremde von weit her zur Krippe eilen, um das Kind anzubeten, um so seine Herrlichkeit der Welt anzuzeigen, nachdem "die Seinen ihn nicht aufnahmen" (Joh. 1,11). Nicht umsonst heißt das Fest auch "Erscheinung des Herrn".
Wenn man an die Hirten denkt, so verbindet man mit ihnen die sensible Beobachtung der anvertrauten Herde, der Schafe, besonders in der Nacht, die eine besondere Aufmerksamkeit von ihnen verlangt. Nicht umsonst hat die bayerische Volksmusik in freudigen, einfachen Weisen gerade die Hirten von Bethlehem für die gläubige bäuerliche Landbevölkerung adaptiert, um sie so in die Rolle derjenigen schlüpfen zu lassen, die das Privileg hatten, als erste das göttliche Kind in seiner irdischen Erscheinung besuchen zu dürfen.
Es ist mehr als nur ein Hinweis, wenn gerade diejenigen, bei denen Wachsamkeit zum Beruf gehört, auserwählt waren, dem Heiland zu huldigen. Jede der vier Adventskerzen steht für je tausend Jahre der Erwartung auf die Ankunft des Erlösers, des Messias. Zur Wachsamkeit gesellen sich so Geduld und Vertrauen, daß die Verheißung auch eintritt.
Aus heutiger Sicht ist es schon erstaunlich, daß die Welt - die 'Kirche' hat sich ihr längst gleichförmig gemacht -, die "Seine Herrlichkeit gesehen hat" (Joh. 1,14) ihn in einem viel tieferen Sinne "vergißt" als die "Seinen", die damaligen Juden, die unter dem Erlöser einen politischen Befreier mißverstanden. Bereits 1882 läßt Nietzsche seinen "tollen Menschen" ausrufen: "Wohin ist Gott? (...) ich will es euch sagen! Wir haben ihn getötet, – ihr und ich! Wir alle sind seine Mörder!"
Wir alle sind aufgerufen, ähnlich wie die Hirten, auf die Zeichen der Zeit zu achten, in denen sich sowohl die Heils- als auch die Unheilsgeschichte überdeutlich abbildet. Sie richtig zu deuten, bedeutet für uns die Chance, auch in dieser geistigen Finsternis den richtigen Weg für unser Leben zu finden.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein gnadenreiches und gesegnetes Fest der Geburt Christi, "dessen Herrlichkeit wir gesehen haben" (Joh. 1, 14).
Eberhard Heller |