Über den Papst
von
Abbé Georges de Nantes
übers. von Günther Mevec
(aus CRC, Nr. 38 vom November 1970
Wiederabdruck aus EINSICHT, Mai 1971, 1. Jahrg., Nr. 2, S. 9 ff.)
Vorbemerkung der Redaktion:
Heute ist es leicht, sich als Sedisvakantist zu bezeichnen, weil die
theologische Vorarbeit zur Ein-nahme dieser Position längst geleistet
wurde und sie ihre offizielle Bestätigung durch die DECLARATIO S.E.
Mgr. Ngô-dinh-Thuc vor über zwanzig Jahren erhalten hat. Darum scheint
es heute vielen recht einfach zu sagen, Johannes Paul II. okkupiere den
päpstlichen Stuhl. Von dem dramatischen Ringen um diese Position zu
Beginn des Kirchenkampfes, den man n.b. damls - 1970 - als solchen
nicht nur apostrophieren, sondern wirklich als solchen bezeichnen
durfte, wissen heute die wenigsten noch etwas. Darum veröffentlichen
wir den Beitrag des H.H. Abbé de Nantes noch ein-mal, um Sie, verehrte
Leser, an dieser damaligen Auseinandersetzung teilnehmen zu lassen und
zum anderen, um Ihnen zu zeigen, wie schwierig es war, die Position des
Sedisvakantismus einzunehmen.
Für Abbé de Nantes, der mit seiner klaren Darstellung damals im Lager
der Konzilsgegner einer der führenden Köpfe war, geriet mit seinen
Überlegungen nach dem Richter, der Paul VI. wegen Häresie,
Apostasie und Schisma verurteilen sollte, in folgendes Dilemma: Da der
Papst als oberster Hirte und Lehrer von niemandem gerichtet werden
darf, verlangte de Nantes, Paul VI. solle sich selbst verurteilen,
weswegen er dann auch seine Anklageschrift gegen Paul VI. an diesen
sandte. (Paul VI. hat sich aber nie selbst verdammt.)
Wir, die Mitglieder des Freundeskreises der Una Voce, haben zusammen
mit anderen Theologen argumentiert: "Papa haereticus depositus est"
(hl. Bellarmin), aber er ist "deponendus" (hl. Cajetan), weil die
Kirche eine sichtbare Gemeinschaft ist, der der Abfall ihres
Oberhauptes mitgeteilt werden muß. Dieses "depositus est" des hl.
Bellarmin stellt kein Urteil über den Papst dar, sondern stellt nur
fest, daß derjenige, der dieses Amt innehatte, es durch Glaubensverrat
ipso facto verloren hat.
Eberhard Heller
***
Im Jahre 1965 unterhielt sich Kardinal Marty, damals Erzbischof von
Reims, in vertraulicher Weise mit Seminaristen. Einer von ihnen fragte
ihn, was man von einem gewissen Priester N. zu halten habe, der von
sich reden macht. "Ja" - entgegnete er - "darüber habe ich mich erst
neulich mit dem Papst unterhalten und dabei ihm gesagt, welches
Hindernis dieser Abbé für den Fortschritt der Reform darstelle und
wieviel Kummer er uns bereite. Paul Vl. erhob die Hände, indem er
sagte: 'Wie kann er (dieser Priester N.) nur behaupten, daß der Papst
häretisch ist.'"
Aus diesem Ausspruch des Papstes und seinen zum Himmel erhobenen Händen
kann man entnehmen, welche Vorstellung er sich von seiner Unfehlbarkeit
macht, die schon an eine Art dauernder und prophetischer Inspiration
grenzt, und die sozusagen die Untadelhaftigkeit auch seiner geringsten
Meinungen und pastoralen Entscheidungen verbürgt. Von dieser,
ansteckenden Krankheit sind auch unsere Bischöfe erfaßt; denn sie sind
als Kollegen (des Papstes) nicht weit davon entfernt, sich ebenfalls
mit den gleichen Qualitäten begabt zu wähnen.
Eine derartige Auffassung ist der gänzlich sicheren katholischen Lehre,
wie sie das Erste Vatikanische Konzil feierlich und unfehlbar definiert
hat, nichts weniger als entgengesetzt. Daraus erklärt sich wieso dieser
Priester N., der den Papst der Häresie beschuldigt, der an das Hl.
Offizium verwiesen und beurteilt wurde, dennoch nicht mit einer klaren
Verurteilung entlassen wurde. Die Ereignisse haben seither die Mehrzahl
der Katholiken dazu gebracht, die Sache eingehender und mit weniger
Naivität zu untersuchen. Der Ruin der Kirche entspricht viel zu genau
dem gegenwärtigen Pontifikat und verläuft viel zu unmittelbar mit den
reformistischen und revolutionären Ausrichtungen, als daß ihm nicht in
aller Augen die höchste Verantwortlichkeit zufiele. Zudem ereifert sich
der modernistische Clan viel zu sehr gegen die Vorrechte und sogar die
Existenz des Papsttums, als daß nicht wenigstens der Schein der
Glaubwürdigkeit, der es umgibt, durch den demokratischen und
bestreitenden Geist verflüchtigt würde.
Der extreme Gegenstandspunkt, der aggressive Integrismus, macht sich
los von Rom; er schreit von Mißbrauch der Macht, von Verrat, sogar von
Unrechtmäßigkeit (Illegitimität) eines Papstes, der sich der
Pflichtvergessenheit schuldig gemacht hat; letzteres ist aber eine
simplizistische und provozierende Weise, die Frage zu lösen. Daher sind
die besten Theologen dazu verpflichtet, sich in der Verteidigung des
Papsttums an exakt bestimmte Lehre zu halten, ohne Übertreibungen, ohne
Legenden. Es ist notwendig, bemerkt der hl. Paulus, "daß die Kirche
durch Häresien geprüft werde. Diejenige, die uns gegenwärtig bewegt,
wird zweifelsohne etwas Providentielles zur Folge haben: nämlich dies:
den katholischen Gläubigen den rechten Begriff der göttlichen Autorität
des Stellvertreters Jesu Chriti und des Episkopats in seiner ganzen
Bedeutung, aber auch in seinem wahren Wesen und seiner genauen
Bestimmung, wieder erlernen zu lassen. Der Papst hat den Platz Gottes
inne - eine erstaun-liche Tatsache - ; aber er ist in sich selbst nicht
Gott. Die Fortentwicklung des theologischen Gedankens in dieser Sache
wird man nicht aufhalten; umsomehr aber wird der heiligste und
gesundeste Teil der Hierarchie angespornt, gegen die Apostasie, die von
oben kommt, anzugehen. Gewiß, die Kirche hat das Versprechen des ewigen
Lebens; niemals wurde ihr jedoch befohlen, das Heil einfach zu
erwarten, ohne anderes zu tun, als entweder zu erzittern oder zu
unterliegen, oder zum Gegenteil davon, zu revoltieren und sich von Rom
zu trennen.
1.
Von M. Feuillet ist in der Zeitschrift "l'Ami du Clergé" ein Artikel
erschienen: "Die Vorrechte des Petrus und seiner Nachfolger nach den
Evangelien." (Der Artikel wurde am 4. Okt. in "l'Homme Nouveau"
vollständig abgedruckt.)
M. Feuillet ist einer der hervorragendsten Exegeten jener Schule, die
ich unsere französische Schule der Exegese zu nennen pflege. Seine
Studie ist von einer bewundernswerten Klarheit und von einer
unbestreitbaren wissenschaftlichen Strenge. Ihre wesentlichen
Folgerungen heben die biblische Grundlage der obersten Gewalt des
Nachfolgers, des hl. Petrus hervor. Jedoch ganz bewußt und nebenher,
bestimmt der Exeget die Grenzen dieser Autorität, die nicht
ihresgleichen hat, und unterstreicht die fortwährende Schwachheit des
Menschen, dem sie (die Autorität) übertragen ist. Bedenken wir den
gegenwärtig so brauchbaren Absatz: "Was den Text von Math. 16,13-23
besonders wertvoll macht, ist seine Zusammensetzung aus zwei gänzlich
antithetischen Punkten: Simon Petrus, der Fels der Kirche (13-20), und
Simon Petrus, Stein des Anstoßes, d.h. des Hindernisses auf dem Weg,
der zu Gott führt (21-23)."
"Dieser Absatz unterstreicht also das persönliche Privileg Petri,
zugleich aber wendet er mit aller Energie jede unbedachte Erhöhung von
der Person Petri und von seinen Nachfolgern ab, und damit auch das, was
man Papolatrie (in Anlehnung an Idolatrie = Götzenbildverehrung,
Götzenkult) d.i. götzenhafte Papstverehrung genannt hat. Der Absatz
verwirft bezeichnenderweise den häufigen Fehler, bei dem die
Unfehlbarkeit mit der Sündenlosigkeit verwechselt wird. Petrus, in so
vielem durch den Vater erleuchtet und den Glauben Christi, des
Gottessohnes bekennend, ist der Fels, auf den Christus seine Kirche
bauen wollte. Aber der gleiche Petrus ist, wenn vom göttlichen Beistand
abstrahiert wird, ein Mensch, so arm und schwach wie die anderen. Weit
davon entfernt, ein Fels zu sein, kann er sogar ein Stein des Anstoßes
sein und satanische Gedanken haben: "Hinweg Satan; Du bist mir ein
Hindernis; denn deine Gedanken sind nicht die Gottes, sondern die des
Menschen." (Math. 16,23)
So spricht ein Exeget, ohne jeden Bezug zur Polemik. Er ist daneben ein
bedeutender Priester, den der Papst oft in vertraulicher Weise
empfängt. Es ist gut, daß M. Feuillet ihn daran erinnern kann, ohne daß
er (der Papst) die Hände gegen den Himmel streckt, daß der Papst Anlaß
zu Ärgernis, bei Gelegenheit sogar der Diener Satans sein kann.
2.
Ein Artikel von "Civis Romanus", erschienen in "Rivaroll" v. 29. Oktober verweist in klarer Weise auf die gleichen Wahrheiten.
"Unser Respekt in Bezug auf die Hierarchie ist vollkommen und unser
Gehorsam in Bezug auf das uns von ihr Befohlene ohne Einschränkung...
Aber die Verwalter einer solch hohen und heiligen Autorität sind
Menschen; sie üben sie als Menschen aus und unter Bedingungen, die
einen großen Anteil des Menschlichen miteinschließen mit all den
implizierten Risiken für Fehler, der Selbstzufriedenheit, der Schwäche,
der Verwicklungen, der Parteilichkeit, des Vorurteils, des Risikos, daß
die Kirche und letztlich die Seelen, Schaden leiden, die doch in ihre
Obhut gestellt sind. Das bedeutet, daß es außer den wirklich sicheren
Fällen keinen Papst, keinen Bischof, a fortiori keinen einfachen
Priester gibt, der das Recht hätte, für sich vollkommene
Sündenlosigkeit und Unfehlbarkeit in Anspruch zu nehmen. Wenn einer
dieser Geistlichen, gleichgültig auf welcher Stufe der Leiter es sei,
durch seinen Wandel Ärgernis gibt, oder fehlerhafte Lehren weitergibt,
entweder begünstigt, oder ihre Erfindung beschließt und dadurch z.B.
der für den Kult erforderlichen Würde schadet, so liegt es auf der
Hand, daß jeder Gläubige das Recht, manchmal sogar die Pflicht hat,
seine mehr oder weniger starke Ablehnung zu zeigen, je nach dem Ernst
der Verfehlung und den verschiedenen Umständen, unter denen sie
geschehen. Ich erkenne an, daß das eine besondere Frage des Urteilens,
des Erwägens, der Information, der Vorsicht und des Rechtsstandpunktes
ist. Wenn aber alle Vorsichtsmaßnahmen getroffen sind, damit keine noch
schlimmere Unordnung verursacht wird, als diejenige, die man
verurteilen will, so ist die Hierarchie schlecht beraten, wenn sie sich
Ihrerseits über einen Mangel an Rücksicht oder Unergebenheit beklagt."
3.
Abbé Dulac fragt sich seinerseits in der Zeitschrift "Le Courrier de
Rome": "Sollte man zuerst die Einheit der Katholiken
wiederherstellen... Jedoch...Welches katholischen Glaubens... und...
welches Papstes?" (30. Sept.)
"Diese Frage ist schrecklich. Es wäre jedoch Heuchelei, sie zu
verschleiern... Welchem Papst soll man ergeben sein, um an dem Tag, wo
es durch ein schreckliches Unglück scheinen wird, daß es mehrere
Katholizismen gibt, die sich entgegengesetzt sind, dem richtigen
Glauben anzugehören? Die Hypothesen eines Papstes, der der geistigen
Umnachtung verfallen ist, der gefangen genommen wurde, haben sich in
der Geschichte der Kirche nicht realisiert, sind aber zweifelsohne
möglich. Eine weitere von der gleichen Art läßt sich hinzufügen; eine,
die durch die teuflischen Erfindungen der modernen Chemie vollkommen
denkbar gemacht wurde: der Fall eines drogensüchtigen Papstes. Es gibt
gegenwärtig Drogen, die es vermögen, den Willen entweder, ganz
auszulöschen, oder ihn schwankend, in Bezug auf wesentliche
Entscheidungen sogar widersprüchlich zu machen. Damit fände man sich
einem Menschen gegenüber, der nicht mehr fähig ist, die menschlichen
Akte zu vollziehen, ausgenommen zeitweilige Unterbrechungen, was jedoch
bezweifelbar ist. Oft zögert er im Moment, da zu zögern kriminell ist;
oft widerspricht er sich von einer Woche auf die nächste, von einem
Jahr zum nächsten. Er sagt das Gegenteil dessen, was er tut, und tut
das Gegenteil dessen, was er sagt. Man bezichtigt ihn des Doppelspiels,
in Wirklichkeit handelt es sich gar nicht um Duplizität, sondern um
Dualität."
"... Die Perplexität des Themas ist umso dramatischer, als die
Schwankungen des Willens des Oberhauptes jedesmal unwahrnehmbar, aber
in sich fortschreitend sein können, so daß das Abweichen vom
eigentlichen Mittelpunkt erst mit der Zeit sichtbar wird. Und man
zögert, das Abweichen als solches zuerkennen, weil man denkt, es
nur auf eine Ursache beziehen zu können: eine Ursache, die die
moralische Verantwortung des Oberhauptes betrifft und bei der es zu
wissen gilt, daß er die Ausübung seines Amtes verraten hat. Nun, wir
haben es gesagt: die Droge, von der wir sprachen, zeitigt den Effekt,
die psycho-somatischen Bedingungen, die das psychologische und
moralische Gewissen regieren, auszuschalten. Wenn das Oberhaupt zum
Verräter geworden ist, so ist er unbewußt dazu geworden und, so kann
man sagen, unschuldigerweise..."
"Man kann diese Hypothesen bei einem Papst aufrichtigerweise nicht
ausschließen. Christus hat Petrus versprochen, daß sein Glaube nicht
wanke. Er hat ihm jedoch nicht versprochen, daß seine Vernunft und
Vorsicht diese Schwächen nicht erleiden würden. Das gleiche gilt für
seine Tugend. Petrus hat seinen Herrn in der Passionsnacht dreimal
verleugnet. Ein anderes Mal ist Petrus dem Bericht des hl. Paulus
zufolge der Schwäche erlegen, dem Geiste des Evangeliums zu
widersprechen, weswegen ihm Paulus "... ins Angesicht widerstand" (Gal.
2,11-14).
Wir wollen hier nicht auf den Fall Honorius I. zurückkommen; aber wir
sollten es nicht unterlassen, daran zu denken. Aber selbst mit der
Hypothese eines Papstes, der durch die Auswirkung einer Droge bis zu
einem gewissen Grad unzurechnungsfähig gemacht wird, bleibt die Frage:
welche Position muß der Katholik einnehmen? Ist es noch erforderlich
hinzuzufügen, daß mit unserer Hypothese eines in sich gespaltenen
Papstes das Drama des Katholiken ohne Zweifel schmerzlicher wäre als im
Falle, wo zwei Anwärter das Papsttum für sich beanspruchen? Hinfort
handelt es sich jedoch nicht mehr darum, auf die Frage zu antworten:
"Wer Ist der Papst?", sondern: "Wer ist der wahre Coelestin VI.?" (Wir
erfinden diesen Namen für die bessere Durchführung des Argumentes).
"Der wahre Coelestin VI. bedeutet: jener von den "beiden" (Teilen des
innerlich gespaltenen Papstes, Zusatz des Übers.), der - selbst wenn es
durch Ausschluß von etwas anderem geschehen ist -, das BEWUSSTSEIN
seines Amtes erhalten hat und es bewußt ausübt. Der wahre Coelestin VI.
(d.i. der intakt gebliebene Teil von Paul VI., Zusatz v. Übers.) wird
derjenige sein, der als der wahre Papst übrig geblieben ist, der weder
eine Marionette, noch ein Doppel des wahren ist."
"Der zitternde Fels ist im Moment des Erzitterm, nicht mehr der Fels.
Es ist gar nicht gewiß, daß es in der Kirche irgendeine Autorität gibt,
die Ihn abzusetzen vermag. Er wird dort stehen bleiben, wohin Christus
ihn gestellt hat, bis Er selbst und er allein kommt und ihn wegnimmt."
Abbé Dulae bleibt also der von ihm vertretenen Position treu: ein Papst
kann nicht häretisch sein, und in keinem Fall kann er abgesetzt werden.
Das gibt es einfach nicht... Die Lösung des Problems mittels der Droge
ist ein genialer Griff, um die theologische Schwierigkeit zu
überwinden, indem dazu angenommen wird, der Papst sei sich, jedesmal
wenn er Ärgernis gibt, seiner Handlung nicht bewußt, wogegen er als
bewußt beurteilt wird, wo er im Sinne unserer Überzeugungen handelt. Es
liegt auf der Hand, was derartige Differenzierungen Subjektives in sich
haben können! Meiner Ansicht nach schien Paul VI. selten bewußter und
mehr seinem Willen entsprechend zu handeln, d.h. mehr seiner mächtig
mit einem Wort, als wenn es um die liturgischen Zerrüttungen und die
revolutionären Predigten geht, die er als göttliche Eingebungen seines
Konzils und seines Pontifikats hinstellt. Wie steht es also mit der
Erklärung durch die Droge?
4.
DER PAPST IST BEREIT ABZUDANKEN. Alarmierende Veröffentlichungen
über seine Gesundheit bekräftigen die Gerüchte über seine Demission.
Wird Kardinal VILLOT der Nachfolger sein? Progressistisches Komplott
zur Manövrierung des nächsten Konlave". ("Minute", 29. Oktober). Und
das wäre wohl noch etwas, die Hypothese des unter "Drogeneinfluß"
stehenden Papstes zu stützen!
"Um seinen niederdrückenden Pflichten mit einem beinahe erschütternden
Mut zu begegnen, um seinen Tagesplan zu bewältigen, der keinerlei Rast
kennt, erklären die Ärzte des Vatikans (wir sagen nicht die des
Papstes), gebraucht und mißbraucht Paul VI. Medikamente. Man kann
beinahe behaupten, daß er sich in einem Zustand der fortgesetzten
physischen Aufputschung befindet. Das bedeutet augenscheinlich die
Kerze an zwei Enden zugleich anzuzünden. Nun werden Sie sagen, für den
Papst ist das die einzige Möglichkeit, z.B. die Müdigkeit der langen
Reise, die er nach Australien und den Philippinen unternommen hat, zu
ertragen." Die Behandlungen, die die Lage umsomehr verschlimmern, als
sie ihn den Zustand seiner Gesundheit vergessen lassen, sind dem
gequälten Psychismus des Papstes sicherlich nicht fremd. Gewiß, man
kennt ihn bis zum Exzess von seiner Mission durchdrungen -, und man
kennt seinen ängstlichen Charakter. Gewiß, die Motive zur Beunruhigung
fehlen bei ihm nicht. Die Tatsache jedoch, daß seine tägliche Existenz
ein langes Martrium ist, der teuflische Zyklus seines
Medikamentengebrauchs, tragen dazu bei, aus Papst Paul VI. im
wörtlichen Sinne einen Menschen zu machen, der durch seine Angst und
seine Skrupel untergraben ist.
Aber selbst wenn das wahr sein sollte, ist es doch nicht zufällig. Wir
unsererseits verfolgen seit sechs Jahren die fortschreitende Predigt
einer häretischen Ideologie und die Verwirklichung subversiver Pläne
der Kirche durch Paul Vl. Ohne Zweifel spielt sich das im eigentlichen
Sinne am Rande seiner Herrschaft ab, jedoch mit einer Verwegenheit und
einer Verwirrung der Bereiche, die beständig anwächst. Paul VI.
unterscheidet sehr genau, und mit ihm die Theologen, wann er als
unfehlbarer Lehrer spricht (das geschieht praktisch nie und also ohne
bindende Folgen) und wann er als Jünger von Lamennais und von Maritain
prophetisiert. Der eine ergeht sich in christlich-demokratischen
Prophezeiungen und verwirft die Lehre des Dogmas, der andere nimmt die
Dinge aus dem entgegengesetzten Blickpunkt. Wie sollte diese gekonnte
Strategie diese feine und fortwährende Gleichgewichtshalterei die Tat
eines Mannes sein, der in einem Maße der Droge verfallen wäre, daß er
sich nicht mehr bewußt ist, was er sagt, was er tut und was er noch tun
will?
Geben wir also diese einfache Hypothese auf, welche den "Integristen"
erlaubt, ihren Papstkult und die Überzeugung seiner Unantastbarkeit
trotz ihrer wachsenden Unzufriedenheit und ihres passiven Widerstandes
gegen die Lehren und Entscheidungen Pauls VI. aufrechtzuerhalten.
Wir aber ziehen es vor, in jenem einen der "beiden blassen,
wurmstichigen und zweifelhaften Päpste zu sehen, von welchen die
Prophezeiung von La Salette's spricht; der zweite ist entweder sein
Vorgänger oder - leider - sein Nachfolger. Aber nichts zwingt die
Kirche, eine derartige Tyrannei eines Apostaten - gleichgültig ob er
drogensüchtig ist oder nicht - zu erdulden, ohne etwas dagegen zu sagen
oder zu versuchen.
In dieser untragbaren Krise verbleiben zwei Punkte: Der, den der
progressistische Klan, im Maße wie das Jahr 1972 heranrückt, mit
wachsender Aggressivität die DEMISSION des Papstes nennt, bezüglich
welcher die Coelestins ein einmaliges Beispiel darstellt, ohne daß
diese Lösung (der Demission) die Lage bessern könnte; und der zweite,
daß wir unsererseits die Absetzung verlangen, eine vernünftige
und angemessene Lösung, dazu die Verfahrensweise weder so kompliziert,
noch die Realisation so undenkbar ist, wie man es gewöhnlich hinstellen
möchte.
5.
Der österreichische Historiker Harald Zimmermann hat die
Papstabsetzungen des Mittelalter studiert (Papstabsetzungen des
Mittelalters, Wien 1968), ein Werk, welches uns soeben in Frankreich
bekannt wurde durch eine reichhaltige Rezension von Robert Folz in
Erasmus (1970, col. 508-511), auf die mich unser Freund Prof. Pedech
aufmerksam machte.
"Zimmermann untersucht eine Reihe von Tatsachen die offensichtlich dem
Satz "PRIMA SEDES A NEMINE JUDICATUR" (der erste Bischofsstuhl kann von
niemandem gerichtet werden), wie er seit dem Pontifikat von Symmachus
(498-514) formuliert wurde, widersprechen. Nun hat es jedoch trotz
dieses Prinzips Papstabsetzungen gegeben: Johannes II. (532-535), Leo
VIII. (963-965), Benedikt V. (-964). Der Darlegung der Fakten folgt
eine systematische Analyse der Prinzipien und Methoden, die bei der
Absetzung von Päpsten während der ins Auge gefaßten Periode, ...etwa
zwischen der Mitte des 7. Jhdts. und der Inthronisation Gregors VII.
angewandt wurden".
Zu den Prinzipien:
Unter den Gründen, auf die man sich bezog, um einen Absetzungsprozess
anhängig zu machen, ist der schwerwiegendste die Anklage der Häresie.
Zum ersten Mal von Isidor von Sevilla ins Auge gefaßt, wäre die
Möglichkeit einer derartigen Anklage, gemäß den "Fausses Décrétales",
vom Papst Symmachus selbst formuliert worden, indem er auf seinen
eigenen Prozeß und auf mehrere Dekrete seiner Vorgänger verwies und
erklärte, daß "die dem Hirten anvertrauten Schafe nicht das Recht
hätten, Ihn zu rügen, es sei denn, daß sie denken, daß er vom rechten
Glauben abweiche". Eine furchtbare Anklage wie diese wurde 963 gegen
Johannes XII. und 998 gegen Johannes Philagathos, die beide der
Apostasie angeklagt waren, vorgebracht. Ein anderer Grund (für die
Anklage) ist Simonie, sei es, daß sie ausdrücklich als solche genannt
wird, wie im Prozess von Formosus oder bei den drei Papstabsetzungen im
Jahre 1046, sei es, daß sie als Ehebruch (geistig) bestimmt wird:
letzteres ist der Sinn des Ehebruches (adulterium), wie er im Jahre 799
z.B. Leo III. vorgeworfen wurde. Noch häufiger als der Vorwurf der
Simonie erscheint der der "Invasion", d.i. der des Mißbrauchs des
Apostolischen Stuhls zur Einschleusung falscher Lehren der nach einiger
Zeit eintreten kann; Constantin Il. wurde so verurteilt, weil der den
Papstthron als Laie und mittels irregulärer Ordinationsbedingungen
bestiegen hatte; Formosus hingegen, weil er gegen die Bestimmung
ver-stoßen hatte, die die Übertragungen eines Sitzes zu einem anderen
untersagten. Ein weiterer Grund liegt im Eidbruch, der entweder als
Verrat eines Papstes bezüglich eines anderen verstanden werden kann,
wie dies bei Leo VIII. betreffs Johannes XII. der Fall war, oder als
Abschwören, wie im Falle Benedikts X., der vor seiner Wahl der
refomistischen Partei angehört hatte."
Zum Verfahren:
"Zimmermann zeigt, daß das Erfordernis eines "Libellus accusatorius"
nicht immer beachtet worden ist: die lange Liste von Vergehen, die
Johannes XII. vorgeworfen wurden und die nach Liutprand von Cremona von
einem Kardinal dem Konzil, dem Otto I. präsidierte, trat an seinen
Platz. Was als besser angesehen wird, ist, daß ein Geistlicher von
höherem Rang als Probator oder als testis legitimus die Anklage
unterstützt. Läßt sie sich nicht aufrechterhalten (z.B. zu Rom im Jahre
800 oder zu Mantua 1064), so schließt man auf Verleumdung und der
Angeklagte wird in seiner Würde bestätigt. Eine Voruntersuchung war
immer notwendig, wobei der Angeklagte aufgefordert wurde, sich selbst
zu verteidigen, andernfalls man über ihn als Nichterschienenen
urteilte. Die Komplexität derartiger Prozesse brachte es mit sich, daß
sich die weltliche Macht beinahe in alle Papstabsetzungen verwickelt
fand. Aber selbst, wenn der Anteil des Kaisers in solchen
Angelegenheiten bemerkenswert war und wenn infolge dieser Tatsache die
Absetzungsprozesse oft durch politische Überlegungen oder persönliche
Streitereien bestimmt wurden, so bleibt doch bestehen, daß die oberste
Instanz, die sich in der Angelegenheit auszusprechen hatte, das Konzil
ist: denn keine einzige Verurteilung wurde außerhalb einer geistlichen
Versammlung ausgesprochen. Die Quellen zeigen jedoch, auf welche
Schwierigkeiten man stieß, wenn es sich darum handelte, im Falle des
Schismas urkundliche Handlungen vorzunehmen, oder wenn die Legitimität
eines Papstes in Zweifel gezogen wurde. Wie immer dem sei, bei einem
(derart urteilenden) Konzil, müßte die Römische Partei die Priorität
innehaben. Insofern jedoch die Verurteilung eines Papstes die ganze
Kirche angeht, würde die Angelegenheit ökumenischen Charakter annehmen.
Auf solche Weise ließ Stephan III: durch fränkische Bischöfe die
Verurteilung Konstantins II. ratifizieren; der Rehabilitationsprozeß
Formosus begann in Rom, endete aber unter Mitwirkung langobardischer
Bischöfe in Ravenna; andererseits wurden nach 1046 in Frankreich gegen
die Intervention Heinrichs III. in die römischen Angelegenheiten Klagen
laut, weil der gallische Episkopat nicht konsultiert worden war."
Zum Urteil:
Was bei einem Konzil vorging, das einberufen wurde, um über einen Papst
zu urteilen, kann man manchmal erahnen. Der Angeklagte konnte sich
durch einen Reinigungseid rechtfertigen: Leo III. akzeptierte diese
Lösung, die auch - jedoch ohne Erfolg - Johannes XII. angeboten wurde.
Wenn der Fehler offensichtlich war, so zog man vor, daß, der Betroffene
ihn anerkenne und verlangte seine Verzeihung. lm Falle daß die
Versammlung ein Urteil fällte, machte sie doch nichts anderes, als zu
bestätigen, was der Papst selbst deklariert hatte. Die Strafe, die über
den Schuldigen verhängt wurde, war die Absetzung, der die Degradierung
des geistlichen Standes folgte. Der abgesetzte Papst wurde in ein
Kloster eingewiesen, oder aus Rom verbannt... Zu all diesen Maßnahmen
kam noch die Exkommunikation hinzu. Die Verstümmelungen, deren letztes
Opfer Johannes Philagathos 998 war, hatten ihren wesentlichen Grund im
Gedanken, jede spätere Wiedereinsetzung dieser Person als Papst
unmöglich zu machen..."
Was in der Studie Zimmermanns letztlich als begründet erscheint ist
dies: "Die Männer, die über diesen oder jenen Papst wegen Häresie oder
Mißbrauch (seines Amtes) urteilten, waren, wie alle anderen jederzeit
überzeugt, daß "die oberste Instanz (der Papst) durch keine Person zu
richten sei; sie gaben auch gar nicht vor, über einen Papst zu Gericht
zu sitzen, sondern wollten mit ihrer Handlung das Evangelium vor einem
Pseudopapst bewahren."
Es ist damit durch die Geschichte als begründet erwiesen, daß die
Absetzung eines Papstes, der offenbar häretisch, apostatisch,
simonistisch (oder drogensüchtig) ist, legitimerweise gefordert werden
kann. Nicht weniger gewiß ist, daß ein Verfahren absolut notwendig ist
und daß es von einer geistlichen Versammlung geführt werden muß, die in
ihrer Priorität und Majorität römisch ist. Was die nachfolgende
dogmatische Entwicklung, wie mir scheint, allein präzisiert hat, ist,
daß eine derartige Versammlung in keiner Hinsicht beansprucht, "über
dem Papst" zu stehen, noch daß sie berufen ist, in bezug auf, oder
gegen ihn, einen die Lehre betreffenden Punkt zu entscheiden. Eine
derartige Versammlung bindet den Papst sich persönlich, offen und ohne
Ausflüchte entweder als treu katholisch oder als häretisch, als
schismatisch oder apostatisch auszusprechen. Damit deklariert und
spricht sich der Papst selbst sein eigenes Urteil zu, das die
Versammlung nur bezeugt und ausführt.
An welchem Punkt sind wir diesen Herbst 1970 angelangt?
An dem, daß Papst Paul VI. keinerlei Regel, keinerlei Autorität der
Tradition noch des Rechtes akzeptiert, daß er die Riten mißachtet, daß
er zuläßt, daß die Moral und seine Lehre mißachtet wird, daß er die
berüchtigtsten Häretiker dieser Zeit unterstützt, daß er ein seit
langer Zeit von der Kirche verurteiltes politisch-religiöses
Hirngespinst verfolgt, aber auf die Anschuldigungen hin, er sei
Häretiker, als einzige Antwort nur die Hände zum Himmel erhebt. Eine
unwürdige, ungenügende, unmoralische Antwort. Es ist daher hoch an der
Zeit,
1. alle Gläubigen darin zu unterweisen, daß ein Papst nicht in allen Dingen unfehlbar ist, und noch weniger sündlos ist;
2. den Verständigsten unter
ihnen die Irrungen und öffentlichen Fehler Pauls VI. zu erklären, die
die Existenz der Kirche, die Einheit des Glaubens und das Heil der
Seelen aufs Spiel setzen;
3. den römischen Klerus und
besonders die Kardinäle an ihre Vorrechte erinnern, an ihre Pflicht der
Ermahnung und des Zwanges, damit sie die doktrinären und pastoralen
Entgleisungen Pauls VI. eindämmen;
4. die festesten Verteidiger
des Glaubens ermutigen, daß sie dem Papst mit einer geistlichen und
rechtmäßig einberufenen und konstituierten Versammlung drohen, und Ihm
auferlegen, auf die gegen ihn vorgebrachten Anschuldigungen zu
antworten.
5. Sollte kein Kardinal, kein
Mönch, kein Priester noch irgend ein im Dienste Gottes ausgezeichneter
Diener es wagen, sich hierfür zur Verfügung zu stellen, um die Anklage
als "Probator et testis legitimus" vorzutragen, so will Abbé de N., der
seit sechs Jahren sagt und veröffentlicht, daß dieser Papst häretisch
ist, um die Anklage der Häresie und der praktischen Apostasie zu
stützen, sich - obwohl unwürdig - präsentieren. Der römischen
Geistlichkeit obliegt es jedoch, vom Papst zu verlangen, daß er dazu
unter Androhung der Exkommunikation und der Absetzung eindeutig und
endgültig darauf antworte.
Die Absetzung eines Papstes zu verlangen, der nach den Worten Pauls VI.
"unfähig und unwürdig" ist, (dies sind seine Worte, die er unlängst
gebrauchte, um sich selbst zu beschreiben), heißt, der Kirche dienen
und das Papsttum höher denn je verehren.
Mein Gott, gib mir den Mut, bis zum Ende durchzugehen. Und schenke
Deiner Kirche heilige Lehrer und Bischöfe, die die erforderlichen
Schritte zur Absetzung Pauls unternehmen!
Wieso ist die Absetzung dies Papstes das einzige und dringliche Heilmittel in der gegenwärtigen Krise?
Weil die guten Katholiken, die es in der Hierarchie allerorts und auch
unter dem gläubigen Volk gibt, gegenwärtig durch zwei Versuchungen
gepeinigt werden, gegen die sie sich wehren müssen. Die erste besteht
darin, ALLES HINZUNEHMEN, den Mißstand und die Korruption des Kultes,
des Glaubens, der Sitten und das alles befohlen und autorisiert durch
eine darin übereinstimmende Hierarchie, deren Oberhaupt der Papst ist,
weswegen die Gläubigen stark bewegt und gedrungen sind, alles
hinzunehmen. Die zweite besteht darin, ALLES ABZULEHNEN, weil es
wahrhaftig zu widersinnig, traurig, unkeusch und bösartig ist, und
deswegen die Kirche zu verlassen, die sie zur Revolte aufreizt und ihr
Fernbleiben offen wünscht. Beides sind einfache, zu einfache Lösungen,
die sündhaft sind. Denn man verlässt die Kirche Jesu Christi nicht. Man
soll sich weder der modernisti-schen Reform noch der progressistischen
Revolution anschließen. Worin besteht dann die Lösung des Problems?
Darin, daß man die Reform ablehnt; aber dennoch in der Kirche bleibt.
Die Möglichkeit in der gegenwärtigen Lage, die Reform von der Kirche
abzutrennen, besteht nicht, es sei denn... man greift die Person des
Papstes als die alleinige an, die in sich die beiden Welten vereinigt,
die der Ordnung und der Unordnung, der Tradition und der Zerrüttung,
der des Werkes Christi und des Machwerkes Belials. Paul VI. allein
vermag in seiner Person zwei sich entgegengesetzte, antagonistische
Geisteshaltungen in sich zu vereinigen und uns die eine um der anderen
willen aufzuzwingen. Einem modernistischen Priester kann man nur
widerstehen, indem man an den eigenen Glauben appelliert; dagegen ist
der Glaube der Kirche im Bischof verkörpert. Daher muß man den
häretischen Priester gegenüber seinem Bischof rügen! Verteidigt der
Bischof seinen häretischen Untergebenen, so muß man dem
pflichtvergessenen Bischof widerstehen, indem man den Glauben und die
Disziplin der römischen Kirche anruft, welche im Papst verkörpert ist;
d.h. man muß Rom anrufen.
Wenn aber das Appellieren an Rom vergeblich ist? Wenn der Papst unsere
Beunruhigung und unsere Verärgerung mißachtet? Wenn seine starrsinnige,
seine absolute und erschreckende Willenshaltung die Zerstörer der
Kirche und die Mörder des Glaubens unterstützt? Wenn das der Wille des
Papstes, der Wille des wahren Vikars Jesu Christi ist, so steht damit
Gott gegen sich und um den Glauben ist es geschehen... Es bleibt aber
eine Möglichkeit offen, die alles zu erklären vermag: daß diese
Willenshaltung die eines Papstes...., eines Apostaten ist.
Und die einzige Möglichkeit, diesen unleugbaren Zweifel zu überwinden,
besteht darin, den Papst herauszufordern, sich zu erklären. Denn wenn
der Papst unwürdig ist, wenn sein Unterstützen aller Zerrüttung der
Gegenstand gerechtfertigter Verurteilung ist, so findet unser Glaube
seine Gewißheit wieder, die auf der (im Wesen) unfehlbaren,
unsterblichen Kirche ruht, die in sich alle erforderlichen Kräfte
birgt, die sie zerstörenden Apostaten zu entfernen.
Denn es steht geschrieben: "Entfernet den Übeltäter aus eurer Mitte."
(1 Kor. 5,13); und: "Sein Amt übernehme ein anderer." (Apoc. 1,20) Nur
um diesen Preis wird der Friede der Kirche zurückkehren.
WENN DER PAPST HÄRETISCH IST, SO MUSS NICHT DER GLÄUBIGE DIE KIRCHE VERLASSEN, SONDERN DER PAPST MUSS AUS IHR ENTFERNT WERDEN.
1. Das offenkundige Delikt Pauls VI.
Jede gegen den Papst gerichtete Anklage wird sich vor allem auf ein
öffentliches, unbestreitbares, permanentes und fortgesetztes Delikt zu
beziehen haben:
dieser Papst sanktioniert die Häresie nicht direkt, aber er weigert
sich hartnäckig, die Häresie, das Schisma und das offen begangene
Sakrileg zu bekämpfen, das von zahlreichen und bedeutenden Mitgliedern
der Hierarchie offen begangen, verübt und verkündet wird.
In gleicher Weise läßt er sich, oder seine unmittelbaren Untergebenen
der Häresie bezichtigen, ohne anderes zu tun, als die Hände zum Himmel
zu erheben, nur darauf wartend, daß seine verzweifelten Ankläger die
Kirche verlassen, von der sie solcherweise mißachtet werden. Keines der
modernen Prinzipien, auf die er sich beruft, vermag zu entschuldigen,
daß er sich der wesentlichen Pflichten seiner Autorität als der
obersten, entledigt hat. Die Tatsache, daß Paul VI. selbst über die
entsetzlichsten Häresien keinen Bann verhängt, daß er kein Verbot über
die Kirchen verhängt, in denen die ungültigen Messen gehalten und
Sakrilegien verübt werden, daß er die Priester und Laien, die an den
ökumenistischen Kultveranstaltungen und der skandalösen Interkommunion
teilnehmen, nicht exkommuniziert, genügt, um den gegenwärtigen Papst
wegen Verrats anzuklagen.
Es besteht kein unerschütterlicher katholischer Glaube mehr, kein
fester Ritus, in der Kirche gibt es keine Gerechtigkeit mehr, wenn der
römische Pontifex sich weigert, seine dreifache Gewalt aus-zuüben, und
wenn er jeden anderen Bischof hindert, es anstatt seiner zu tun. Daß
ein solcher Sabboteur dennoch darauf besteht, den apostolischen Stuhl
besetzt zu halten, ist ein Mißstand, dem die Kirche abhelfen muß. Der
Stuhl Petri ist nicht vakant; schlimmer ist, daß er rechtens von einer
Person besetzt gehalten wird, die sich weigert, seine Funktion zu
vollziehen. Die Abhilfe für diese unzulässige Untätigkeit der obersten
Instanz besteht in der durch den römischen Klerus zu tätigenden
Aufforderung an Paul VI. entweder als Papst zu handeln, oder durch die
Kirche als (seines Amtes) nicht mächtig und abgesetzt erklärt zu werden.
2. Drei Anklagegründe pastoraler Art: Simonie, Einschleusung von Irrlehren, Eidbruch.
Die Religion - wage ich zu behaupten - ist, von Paul VI. losgelöst,
nicht betroffen. Seine Religion ist in allen Bereichen des Glaubens an
die transzendenten Mysterien, sowie des privaten Kultes die gleiche wie
die unsere. Trotz seiner thuriféraires scheint es, daß Paul keine
wirkliche Frömmigkeit besitzt, oder dann bleibt sie wohl verborgen.
Denn das Gewisse, das Beweisbare bezüglich seiner Haltung ist, daß er
in allem, was diese reine Religion im täglichen und universellen Leben
der Kirche angeht, von einer tödlichen Gleichgültigkeit ist.
Seine fieberhafte Sorge, seine Leidenschaft, seine großartigen Projekte
liegen auf anderen Gebieten. Daher kann man ihn auf diesem Gebiet
ziemlich traditionell gehaltene Ansprachen und Klagereden halten sehen,
die einen integristischen Tenor haben; sogar Enzykliken mit einem
fundierten Lehrgehalt vermag er feierlich zu verkünden, wenn man es von
ihm verlangt und ihn dazu zwingt. Wiewohl er kurz darauf das Gegenteil
bekräftigt und lobt, und sogar bis zur Lüge geht, um die in
Schwierigkeit geratene Reformerpartei zu retten, wie er es bezüglich
des Lateins der Messe im November 1969 (vgl. CRC 28, Suppl.) getan hat.
Der Bereich, der uns am meisten bedeutet, besagt ihm am wenigsten. Ob
katholische Messe oder protestantisches Mahl? Er zelebriert die
katholische Messe - und glaubt mit Bestimmtheit an sie -, ohne sich um
die Masse der ungültigen Messen zu sorgen, die infolge seiner
Nachlässigkeit gehalten werden, unter seiner Verantwortlichkeit, durch
seine Mittäterschaft in Holland, überall anderswo und bis in seine
Diözese hinein, die Roms! Durch seinen Dienst findet sich die ganze
Liturgie vollständig verkehrt, von Gott zu den Menschen hin, ohne daß
er darauf achtet, es sei denn, daß das heißt, daß er alles in seinem
Wollen und seinem Ruhm als Reformer zusammenfassen will. Auch
hinsichtlich der Zerrüttung des Glaubens sehen wir ihn absolut
gleichgültig, er, der sich gegen seine persönlichen Überzeugungen
stellt im Augenblick, da die mit der Bezeichnung Agiornamento
versehenen Neuerungen der Konzilsmenge vorgestellt werden. Daß Seelen
verloren gehen, scheint ihn, der nur theoretisch, niemals praktisch an
die Hölle geglaubt, wenig zu kümmern.
Aus dieser Fahrlässigkeit bezüglich
des Wesentlichen können, nach der alten Ausdrucksweise, die drei
Hauptpunkte der Anklage aufgestellt werden:
SIMONIE, weil sie der Preis
ist, den er zahlen muß, um seine Beliebtheit in allen progressistischen
Lagern bis zu den größten Feinden der Kirche hin zu erhalten. So z.B.,
wenn er es wagt, vor der UNO in New York die Religionsfreiheit als ein
universell anerkanntes Dogma zu verkünden, während das Konzil selbst
noch darüber als von einer zweifelhaften Neuerung spricht. An diesem
Tag, da er diese Aussage machte, diente der Glaube als das Wechselgeld
für seinen Beitritt zur jüdisch-freimaurerischen Versammlung von
Manhatten, ein wahrlich simonistischer Kontrakt!
EINSCHLEUSUNG VON IRRLEHREN
denn der unantastbare Bereich der göttlichen Reli-gion ist angegriffen,
besetzt, täglich ernsthaft verheert durch diplomatische Überlegungen,
politische und gänzlich menschliche (weltliche) Gründe und zwar bis zu
dem Punkt, wo man das Gebet des Herrn und die Worte der Eucharistischen
Wandlung verändert, um den Häretikern und Schismatikern zu gefallen.
EIDBRUCH, insofern er den
Kardinälen, die ihn gewählt, dem Volk und dem römischen Klerus, die ihn
akklamiert haben, der ganzen Kirche, die ihn als rechtmäßigen Papst
angenommen hat, öffentlich versichert und in seinen Glaubenspredigten
eine feste Disziplin zugesagt und Versprechungen hinsichtlich seiner
Stellung zum tradierten Glauben der Kirche gemacht hat, die er niemals
gehalten hat. Erinnere man sich, daß der Papst im Vorwort zu seinem
Credo deklariert hat, daß er all seine Kräfte einsetzen werde, um den
katholischen Glauben zu verteidigen, den er im Angesicht der Welt
verkünde. Aber er hat ihn nicht nur nicht verteidigt, sondern hat ihm
bei hundert Anlässen praktisch widersprochen und ihn mit Füßen getreten.
EHEBRUCH. Um hier einen alten
biblischen Gedanken wieder aufzunehmen, demzufolge jeder Verrat am
göttlichen Glauben Ehebruch und Hurerei ist mit Götzen. Dieser Ehebruch
macht sich im täglichen Leben der Kirche, in Rom und allerorts
bemerkbar. Die Häretiker von innen und von außen sind es, die vor den
treuen Katholiken den Zutritt haben, und die Buddhisten von
Nord-Vietnam werden besser empfangen - bei geheimen Zusammenkünften -
als die Christen des Südens. Was die Juden angeht: sie sind mächtiger
als wir. Die terroristischen Mörder werden empfangen und gesegnet,
nicht aber die bittenden Verteidiger der Messe des hl. Pius V. und des
wahren Katechismus. Dieses Pontifikat ist die Herrschaft des Fremden,
der Fremden und der Vertreibung der legiti-men Kinder, die mehr als nur
vergessen, die gehaßt sind.
3. Der Hauptpunkt der Anklage: DIE APOSTASIE
Der Grund jeden Mißstandes, und um das zentrale Thema der prophetischen
Lehre aufzugreifen, die Abgötterei (Götzendienst), die den geistigen
Ehebruch hervorruft, ist nicht in der reinen (der theore-tischen)
Religion Pauls VI. zu suchen, sondern in seiner angewandten Religion,
in seinem politi-schen Messianismus, in seinem MASDU, (Mouvement
d'anmimation spitirituelle de la démocratie universelle). Außer seinem
Glauben und seiner persönlichen Andacht, die aus guten Gründen als
hypothetisch zu bezeichnen sind, hat er sich im greifbaren Bereich des
zeitlichen Lebens der modernen Humantität eine Ideologie erbaut, eine
außerordentlich strukturierte "Mystik", die machtvoll,
durchbrechend und verzehrend ist. Es handelt sich dabei um ein Projekt
zur vollständigen Erneuerung des menschlichen Zustandes, um ein neues
und endgültiges "Heil", um eine Befreiung, die unendlich wirklicher und
durchgreifender ist, als die Erlösung, die die Kirche Christi in
zweitausend Jahren verwirklicht hat. "Paul außer den Mauern", als den
man ihn so treffend bezeichnet hat, zur Befriedigung Père Congars, hat
sich nach und nach in diesen Traum eingesponnen, in diese UTOPIE außer
den Grenzen der alten Christenheit.
Für diesen Babelsturm, dessen Fundament in Manhatten, Jerusalem oder in
Peking liegt, opfert er rücksichtslos alles und jedes, ausgenommen das
durch die Rückschläge des Heiligen Geistes Gerettete. Der Glaube, die
Moral, der katholische Ritus müßen sich dieser humanitären,
kosmopolitanischen und futuristischen "Mystik" beugen, wie die Mittel
ihrem Zweck; in eben der Weise muß die Kirche sich dem Dienst an dieser
Welt weihen, deren materielle und kulturelle Entwicklung den Menschen
den erhabenen Frieden sichern wird.
Es ist jedoch absolut untragbar, daß der Papst, der Vikar Jesu Christi,
gänzlich von einer POLITISCHEN Chimäre aufgesogen und von ihr
verschlungen wird, daß er ihr alle seine Gedanken und jede seiner
Ansprachen aufopfert, alle seine bedeutenderen Entscheidungen und auf
die Länge der Zeit selbst die RELIGION Gottes, deren oberster und
absoluter Vertreter er auf Erden ist. Denn der Augenblick wird kommen,
da an die Stelle dieser politischen "Mystik" die andere, die wahre
treten wird, wo diese leidenschaftlich gelobte und übermäßig gerühmte
HÄRESIE den ganzen wesentlichen und höheren Raum einnehmen wird,
welcher der des GÖTTLICHEN GLAUBENS ist. Ist dieser zurückgedrängt,
setzt sich die andere absolut: dies ist DIE APOSTASIE PAPST PAULS VI.
Wenn morgen der Prozess wegen Häresie gegen Papst Paul eingeleitet
wird, wird seine Botschaft an die UNO anläßlich ihres 25. Jahrestages,
darin er die Fehler seiner früheren Ansprache an sie, wie auch die
seiner Enzyklika "Eccelesiam Suam" und "Populorum Progressio"
wiederholt und bis zur Blasphemie verschlimmert, hinreichendes Material
für die Verurteilung darstellen. Wenn das (in diesen Enzykliken und
Ansprachen) Ausgesagte das wahre und aufrichtige Credo Pauls VI. ist,
kann die Kirche nicht anders, als ihn bannen. Was mich betrifft, so
will ich der Malediction Gottes verfallen, wenn diese MASDU-Botschaft
kein Werk des Antichrist ist.
Erzittern Sie, lieber, Leser, ob meines Wagemuts? Weil Sie fürchten,
daß nicht die ganze Kirche ihrem Oberhaupt bei diesem "Marsch zu Mao"
folgen werde, das Auge auf ein Hirngespinst gerichtet! Betrachten Sie
den Wirbeltanz des hl. Laurentius... Laurentius, der Martyrer auf dem
Rost verbrannt; welch ein Zeichen der Zeit! "Es gab keine Explosion,
aber das Aufflammen war solcherart, daß die ganze Welt wie vom Blitz
getroffen war." Sollte die Kirche dem Apostaten folgen, wird das die
Züchtigung der Welt sein.
Abbé Georges de Nantes
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