Am 7. März 1976, dem ersten Fastensonntag, tritt das Verbot der 'Deutschen Bischöfe' in kraft, mit dem die hl. Messe offiziell abgeschafft werden soll. Hierzu veröffentlichen wir einen Beitrag eines katholischen Priesters, einer der wenigen treuen, von denen wir uns jedoch in dieser fast trostlosen Zeit noch sehr viele wünschen würden.
"WAS IST WAHRHEIT?"
von H.H. Pfarrer Alois Aßmayr
Wenn man die Reden, Schriften und Taten vieler Priester, Theologieprofessoren, Bischöfe, Kardi-näle und auch des Papstes heute so überdenkt, drängt sich manchem die mißtrauische Frage des Pilatus an Jesus auf: "Was ist Wahrheit?" - So vieles und widersprüchliches Zeug kommt da daher, daß nicht nur ein gewöhnlicher Christ, sondern auch ein Priester oft nicht mehr weiß, was denn überhaupt noch wahr ist. Alles, was man früher gelehrt, geglaubt und getan hat, soll ja alles falsch gewesen sein. Heute weiß man doch alles viel besser, da die Wissenschaft so große Fortschritte gemacht hat.
Wenn man z.B. die Auslassungen des päpstlichen Visitators in Ecône, Bischofs Descamps, liest, erst recht, wenn man den ganzen Kampf gegen Erzbischof Lefèbvre und seine Behandlung in Rom überdenkt, muß man wohl an der gesamten heutigen Führung der Katholischen Kirche irre werden. Wenn Askese - wie dieser hochwürdigste Herr geäußert hat - sinnlos ist, wenn die Auferstehung Christi ganz anders erklärt werden muß als man sie bisher erklärt hat, wenn es keine bleibende, unveränderliche Wahrheit gibt, wenn mit dem Tode wahrscheinlich alles aus ist, dann beginnt man zu begreifen, daß die kath. Religion und die Kirche heute nur noch als Menschenwerk betrachtet wird, und daß daher die Führung in der Kirche glaubt, alles ändern zu können wie eine willkürliche Staatsführung, die auch "Gesetze" und "Vorschriften" mutwillig ändert. Fenn man das alles hört und liest, beginnt man zu verstehen, daß man heute mit der Lehre Christi, Seinen Geboten und Sakramenten umgehen will, als ob alles nur Menschenwerk wäre, über das man beliebig verfügen dürfte.
Aber, meine hochwürdigsten Herren, eine veränderliche Wahrheit ist ein Unsinn! Wenn ihr an Eine, unveränderliche Wahrheit nicht glaubt, dann habt ihr uns nichts mehr zu sagen und habt kein Recht mehr auf Glauben und Gehorsam. Ihr seid überflüssig, ja mehr als das: Eure Taten legen Zeugnis ab von eurem Unglauben. Das sind dann die "Reformen", die vor nichts, selbst nicht einmal vor den Sakramenten und Dogmen halt machen. Ihr gebraucht, besser mißbraucht für eure Taten das Wort "Reform" genau so wie die Kommunisten und andere das Wort "Freiheit" und "Frieden". Ihr legt dem Wort "Reform" eine Bedeutung bei, die es nicht hat, um die Gläubigen irre zu führen. Einen verlotterten Orden reformieren heißt, ihn in seinen ursprünglichen Zustand zurückversetzen, nicht umgekehrt! Ihr gebraucht dieses Wort für die Zerstörung! Was haben die Kommunisten z.B. im Namen des Friedens und der Freiheit nicht alles verbrochen? Was habt ihr unter dem Deckmantel der "Reform" nicht schon alles zerstört in der katholischen Kirche?! Ich glaube, daß es euch schwer fal-len wird, noch etwas zu finden, was ihr nicht schon zerstört habt, vielleicht noch manches zu wenig gründlich - das wird aber auch noch kommen.
Angefangen hat dieses Zerstörungswerk eigentlich schon vor dem, "Konzil", die feste Grundlage hierfür aber hat das "Konzil" geschaffen. Wohl ist man zuerst recht vorsichtig zu Werke gegangen, damit die Leute nicht merken, auf was man hinaus will, um möglichst keinen oder nur geringen Widerstand zu erregen, mit Absicht hat man mit den "Reformen" bei den Kernstück der kath. Kirche begonnen: der Liturgie und der Hl. Messe. Zu Beginn, so rechnete man, sind viele Konzilsväter noch nicht so hellhörig, um zu merken, worauf die "Reformen" abzielen. Auch hat man ja mit ganz bescheidenen und fast harmlosen Änderungen angefangen, aber doch die Türe für spätere und weiterreichende Veränderungen ein wenig geöffnet, ohne daß es viele Konzilsväter merkten. Wenn einer bedenken äußerte, verstand man es, ihn zu beruhigen. Als dann 1963 die neue Messe auch in der Volkssprache erschien und angeordnet wurde, griffen viele voll Begeisterung danach, manche jedoch - auch ich - schüttelten den Kopf, andere warnten sehr eindringlich davor. Mich haben besonders die leeren nichtssagenden, eigentlich verlogenen Opfergebete und die Verfälschung in den Wandlungsworten stutzig gemacht. Ich habe zum Schott gegriffen. Es kamen dann in einem fort Änderungen. Als dann die "Ökumenische Übersetzung" kam, sagte ich offen: "Ich laß mich nicht mehr länger zum Narren halten und geh ganz zur alten lateinischen Messe zurück, dann können die Affen übersetzen, was und wie sie wollen. Wenn wir bei der Matura so übersetzt hätten, wären wir alle durchgeflogen. Epistel und Evangelium werde ich an Sonn- und Feiertagen deutsch vorlesen, und ihr könnt hinten beten, was und wie ihr wollt." Es ist mir dann "Quo primum" und "Auctorem fidei" bekannt geworden. "Pascendi" war mir schon früher bekannt, ebenso der ganze Kampf Pius X. gegen den Modernismus. Heute steht fest, daß die ganze maßgebende Führung der kath. Kirche modernistisch ist und daher die Kirche auch. Die 'Reformen" beweisen es. Auch ist heute bekannt, daß die neue Messe ein Fabrikat von liberalen Protestanten und modernistischen Katholiken ist, die beide den Opfercharakter der hl. Messe leugnen und auf deren Zerstörung ausgehen. Um aber den Gläubigen Sand in die Augen zu streuen, hat man eine Messe fabriziert, die noch eine sein scheint, in Wirklichkeit aber keine mehr ist.
Aus Erfahrung wußten die Reformer, daß die meisten Leute ohnehin alles fressen, was man ihnen vorsetzt, besonders; wenn es von oben her gutgeheißen und empfohlen wird. So war es auch. Nur wenige leisteten Widerstand. Jetzt will man auch diese zur Strecke bringen, indem man die neue Messe bindend vorschreibt und die alte endgültig verbietet, was mit Beginn der Fastenzeit geschehen soll. Der zuständige Bischof darf zwar noch einzelnen alten Herren erlauben, die alte Messe zu zele-brieren, es darf aber ja niemand anderer dabei sein. (So berichtet in "Glaube und Kirche.".) Höher geht es wohl nimmer! Lächerlicher konnte sich unsere Führung wohl kaum mehr machen, aber auch kaum einen besseren Beweis für ihren Haß gegen alles Katholische liefern. Mir kommt das so vor, als ob man das Zelebrieren eines alten Geistlichen mit einer unanständigen Handlung gleichsetzt bei der niemand dabei sein darf, wie etwa ein Gang zur Toilette. Da geht man erst hinein, wenn niemand mehr drinnen ist. Dann sperrt man zu und öffnet erst wieder, wenn man fertig ist. (hehr muß ich wohl nicht sagen!) Natürlich rechnet man, daß nur ganz wenige sich getrauen, den Gehorsam zu verweigern, und denen wird man schon gewachsen sein. "Folgst du nicht willig, ..."
Eine Messe, die den Protestanten und Modernisten recht ist, kann nur eine Scheinmesse sein und keine katholische. - Wer die Namen der mitarbeitenden Protestanten wissen will, kann sie im "Kyrie eleison" (Sept/Okt. 19 75, S. 14) nachlesen. - Wenn auch Paul VI. die alte Messe verbietet, die Scheinmesse und all die anderen "Reformen" aber bindend zur Annahme vorschreibt, wundert es mich nicht, wenn er es auch nicht leiden kann, daß man sich auf die früheren Päpste beruft, da er ja mit diesen in Widerspruch steht. Das wäre nicht möglich, wenn er noch katholisch wäre.
Zur Empfehlung der neuen Messe hat man gesagt, daß man sie "durchschaubar" gemacht habe. Die wahre Messe ist ein Geheimnis und ein Wunder. Beide kann man nicht durchschaubar machen, ohne sie zu zerstören. Das ist so ähnlich wie mit einem Kleid: ein Kleid soll bedecken und verbergen; wenn man es "durchschaubar" macht, erfüllt es seinen Zweck nicht mehr. Ein durchsichtiges Kleid kann nur ein Mensch tragen, der die Scham bereits verloren hat und unredliche Absichten vorhat. Das gleiche zeigt sich, wenn man heute die Wunder erklärt. Was wird heute nicht alles zerredet? Wenn ich mich weigere, den Weg zu gehen, den die heutige Kirche geht, ist es genau dasselbe, als einst viele sich weigerten, protestantisch zu werden. Nicht diese haben ihren Glauben verraten, sondern die, welche protestantisch geworden sind. Nicht diejenigen Katholiken haben sich von der kath. Kirche abgespalten, die ihrem Glauben treu geblieben sind, sondern die andern. Heute ist die Sache genau so: nicht ich habe meinen Glauben geändert und mich von der kath. Kirche getrennt, die ihr mir das vorwerft und meine Haltung übel nehmt, sondern ihr seid es, die abgefallen sind, die noch vor wenigen Jahren das gleiche getan und geglaubt habt wie ich noch heute. Viele haben euch das nachgewiesen. Ich erinnere besonders an Prof. G. May, Prof. Siebel, A. Holzer und viele andere, die auch keine Lappen sind.
Ich erkläre daher ganz offen: ich lasse mir die neue Scheinmesse von niemandem vorschreiben und auch die alte von niemandem verbieten. Ich schätze den Gehorsam sehr hoch ein, aber Gehorsam - besonders, wenn er blind und ängstlich ist - ist nicht immer eine Tugend, und Ungehorsam nicht immer ein Laster, sonst hätten wir keine Martyrer. Muß ich mehr sagen? Rationabile obsequiam!
Ich weiß, daß man meist Waschlappen und Kriecher lieber hat als Leute mit Rückgrat, verlassen aber kann man sich in der Not nur auf die zweiten. Wie wollt ihr von mir Treue erwarten, wenn ich nicht ernstlich bestrebt bin, sie dem Herrn zu halten? Ich bin katholisch und will es bleiben, koste es, was es wolle!
Gott Vater hat mich durch Seinen Sohn erlösen lassen, und was hat Ihn das gekostet! Ein opfer-volles Leben und einen schmerzlichen, ehrlosen Tod am Kreuze. Was hat Er sich aus Liebe zu mir alles gefallen lassen?! Dafür bin ich Ihm alle Liebe und grenzenlosen Dank schuldig.
Gott Vater hat mich in der Taufe als Sein Kind angenommen. Ich kann mich nur herzlich freuen, einen so mächtigen, höchst gütigen Vater zu haben. Ich brauche mich nur zu bemühen, Ihm ein gutes Kind zu sein. Dann kann ich Ihm alles andere ganz ruhig überlassen und kann mich in Seiner Obhut so geborgen fühlen, daß ich mich vor nichts und vor niemandem zu fürchten brauche. So wirklich väterlich hat Er immer und überall für mich gesorgt, trotz meiner vielen Sünden und Armseligkeiten, daß ich mich immer nur wundern muß und für Seine Barmherzigkeit immer nur danken kann. Manchmal kommen mir die Tränen in die Augen, wenn ich über Seine Liebe und Geduld nachdenke. Aber verpäppeln tut der Vater im Himmel Seine Kinder nicht, und es ist gut so. Aus verpäppelten Kindern wird nichts gutes. Ich habe daher Grund genug, Ihm mein grenzenloses Vertrauen und meine ganze Liebe zu schenken. Ich bin daher fest entschlossen, mich nie dazu verleiten zu lassen, überlegt und bewußt etwas tun zu wollen, was den Vater im Himmel betrüben oder Ihm gar wehe tun würde, erst recht nicht etwas, was mich von Ihm trennen würde. Mutet mir also nicht zu, daß ich die modernistischen und sündhaften Neuerungen, die z.T. direkt sakrilegisch sind, mitmache. Erst recht glaubt nicht, daß ich mir die neue Messe, die nach meiner Überzeugung nur eine Scheinmesse und daher ungültig ist, vorschreiben lasse. Ich halte es für ein fürchterliches Verbrochen, wie man heute die Gläubigen in die Irre führt. Ich liebe meinen gut en Vater im Himmel und halte, so gut ich das in meiner Armseligkeit kann, fest zu Ihm.
Ich bin gefirmt worden. Da habe ich den Soldateneid geleistet, d.h. feierlich versprochen, fest und treu zu Ihm zu stehen in Wort und Tat, und mich bereit erklärt, dafür auch Schmach und Verfolgung auf mich zu nehmen, immer und überall für Ihn einzustehen. Darum weigere ich mich entschieden, die unkatholischen Neuerungen, die schon so viel Unheil angerichtet haben, mitzumachen. Der Bischof und das Ordinariat kennen meine Haltung. Man hat aber nie auch nur den Versuch gemacht, auf mich diesbezüglich einen Druck auszuüben. Ich rechne ihnen das hoch an. Ich hoffe, daß es auch weiterhin so bleibt.
Der Herr hat mich darüber hinaus zu Seinem Priestertum berufen. Einige Zeit habe ich diesem Ruf widerstrebt, dann aber Folge geleistet. Ich habe es nie bereut, auch heute nicht, und ich werde es nie bereuen. Als Seelsorger habe ich erst recht die Pflicht, den zerstörenden modernistischen Ideen mutig und entschieden entgegen zu treten. Diese Ideen aber werden heute selbst von den Vertretern der Kirche propagiert. Da soll ich noch mithelfen?! kommt nicht in Frage! Als Kind Gottes, als Soldat und erst recht als Priester und Seelsorger bin ich Unserm Herrn und den Gläubigen zur unbedingten Treue verpflichtet. Lest einmal das 33. Kap. aus dem Prophet Ezechiel, dann brauche ich wohl nicht mehr viel sagen.
Als Pfarrer habe ich keine große, aber schwierige Gemeinde, in der noch keiner viel ausgerichtet hat. Ein widerspenstiges Volk!
Mein Vorgänger, ein seeleneifriger Priester, ist nach 6 Jahren gern gegangen. Ich bin schon 35 Jahre hier, und der Herr hat mich vor Verbitterung und Mutlosigkeit bewahrt. "Katholisch" will man schon sein, aber ja nicht fromm! Sonst ist man gleich mit Hohn und Spott dem betreffenden hinter-her, daß es kaum jemand auf die Dauer dort als Pfarrer aushält.
Man beruft sich immer wieder auf den Gehorsam. Ich sagte schon, ich schätze den Gehorsam sehr hoch. Aber heute mißbraucht man die Pflicht zum Gehorsam nur noch als Druckmittel. Doch merkt euch, ihr hochwürdigsten Herren, nicht alle Priester sind Furchthasen und Waschlappen und geson-nen, sich dem Modernismus zu beugen!
Daß Menschen mit Rückgrat und heldenhafter Treue, auch unter den Priestern, Bischöfen und Kar-dinälen, selten sind, lehrt die Geschichte, die heutige ganz besonders, erst recht im verweichlichten Westen. Den Machthabern sind solche Menschen meist freilich recht. Ich weiß, daß es eine gefähr-liche Sache ist, Mächtigen ungeschminkt unangenehme Wahrheiten zu sagen, besonders wenn man selber über keine Macht verfügt. Johannes den Täufer hat man enthauptet und Jesus ans Kreuz geschlagen. (Ich kenne noch einen Bischof, dem man auch unangenehme Wahrheiten sagen darf, ohne sich seinen Zorn zuzuziehen. Ich schätze ihn deshalb sehr.) Wer die Wahrheit nicht verträgt, dem sagt man sie auch nimmer, und aas kann sehr schlimme Folgen haben. Nicht der ist mein Freund, der mir schön tut, sondern der, welcher mir die Wahrheit sagt. Dem soll ich denkbar sein. Ich hasse die Lüge und Hinterlist, aber auch jede Kriecherei. Ich bin gewohnt zu reden, wie ich denke - anders reden als man denkt, heißt lügen!
Meine hochwürdigen und hochwürdigsten Herren, die es angeht, schaut nicht so sehr auf die grobe Verpackung dieses Appelles, sondern auf das, was er sagen will: Euch in's Gewissen reden, mah-nen und warnen. Er soll auch ein Schrei des Gewissens eines Seelsorgers sein, das sich gegen jede Vergewaltigung zur Wehr setzt. Gegen besseres Wissen und Gewissen handle ich nicht! Ihr könnt dann mit mir tun, was euch gut scheint. Ihr könnt sicher sein, daß ich nicht mit Verbitterung oder Haß reagiere.
Ich bin jedoch nicht bereit, an der Zerstörung der kath. Kirche mitzuarbeiten und auch nicht, dazu zu schweigen! "Caritas Christi urget..."
Erinnert euch an euere eigenen Worte: "Gesetze sind nicht deshalb gut, weil sie von einer Mehrheit beschlossen wurden." (Öster. Bischöfe am 6.11.75). Bei den vielen Erpressungsversuchen und brutalen Maßnahmen gegen treu gebliebene Priester und Bischöfe klingt es fast wie ein Hohn, wenn Paul VI. am 9.7.1969 sagte: "Jeglicher Schiedsspruch (Anm. d. Red.: abgesehen von allem anderen hat damit Paul VI. sein Amt aufgegeben und auf die Kathedra Petri verzichtet) und ebenso alle Formen von Intoleranz und Absolutismus werden abgeschafft."
Valete!
A - 6633 Biberwier (Tirol), den 16. Dezember 1975
Alois Aßmayr, Pfarrer
(EINSICHT, 5. Jahrg. Nr. 6, Febr. 1976)
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Im Auftrag des H.H. Pfarrer Alois Aßmayr veröffentlichen wir nachfolgenden Brief, in dem er allen Lesern, die ihm auf seinen Artikel hin geschrieben haben, herzlich danken läßt.
An meine lieben Leser und Freunde!
Auf meine Artikel in der "Einsicht", besonders aber auf den in Nr. 6, Febr. 1976 "Was ist Wahrheit" habe ich ziemlich viele und herzliche Dankesbriefe erhalten, über die ich mich aufrichtig gefreut habe. Zeigen sie doch, daß viele, auch Priester, mich verstehen und meine Haltung teilen. Ich halte meine Haltung nur für selbstverständlich als Kind Gottes, als Streiter Christi und als Hirte, wenn auch nur als ein ganz kleiner und unbedeutender. Aber Liebe und Treue können doch auch in einem für die Welt unbedeutenden Menschenherzen wohnen. Darum fühle ich mich verpflichtet, mich den Wölfen, auch wenn sie Hirtenkleider oder sogar Oberhirtenkleider tragen, furchtlos entgegen zu werfen. Daß das eine gefährliche Sache ist, ist mir vollkommen klar. Ich fühle mich aber ganz und gar in der Hand Gottes geborgen. Es kann mir nichts geschehen, was mein himmlischer Vater nicht will oder zuläßt. Was Er aber zuläßt oder will, dafür kann ich Ihm nur danken, ob es mir wohl oder weh tut. Ich weiß, daß ich diese verheerende Lawine nicht aufhalten werde. Aber was macht das? So soll sie mich halt überrollen! Wenn die Apostel, ihre Nachfolger und die Christen der Verfolgungs-zeit anders gedacht und gehandelt hätten, wäre es nie zu einem siegreichen Christentum gekommen. Wovon und vor wem soll ich mich fürchten? Ich glaube an Seine Allmacht und daran, daß Er alles lenkt und leitet, daß nicht einmal ein Haar ohne Sein Wissen und Seinen Willen von meinem Haupte fällt. Ich glaube auch an Seine Weisheit. Er weiß, was gut und noch besser ist für mich. Auch glaube ich an die Liebe und Macht meiner himmlischen Mutter Maria, und noch an vieles andere. Uns Christen, besonders uns Priestern soll der Herr nicht immer wieder den betrüblichen Vorwurf machen müssen: "Was seid ihr so furchtsam, ihr Kleingläubigen?" Trauen und vertrauen wir fest auf Unsern Herrn und Seine Hl. Mutter! Unser Vertrauen freut Ihn und Sie! Je größer unser Vertrauen, um so größer Seine Gnaden! Die Begebenheit mit dem römischen Hauptmanne zeigt uns, wie den Herrn das Vertrauen freut, und daß er das Vertrauen nie enttäuscht. Zur Schwester Consolata Benigna (gestorben 1916) hat der Herr einmal gesagt: "Schreibe, liebe Benigna, schreibe, damit man es erfahre. Es ist gewiß, daß hundert Sünder mich mehr beleidigen als ein einziger. Wenn aber dieser eine von Mißtrauen erfüllt wäre, so würde er mein Herz tiefer verwunden als jene hundert; denn das Mißtrauen verwundet mein Herz bis ins Innerste hinein. Ich liebe ja die Menschen so sehr." Und ein andermal: "Weißt du, welche Seelen am meisten meine Güte verkosten? Diejenigen, welche das größte Vertrauen haben. Die vertrauenden Seelen sind die Diebe meiner Gnade."
Liebe Freunde, macht Euch keine Sorgen um mich, ich mache mir auch keine. Aber ich danke Euch herzlich für Eure lieben Briefe, die meine Haltung nur bestärken. Ich ahne für die kommende Zeit nichts Gutes, sondern, daß der Kampf gegen die "Widerspenstigen" offen ausbricht und daß man mit Gewaltmaßnahmen vorgehen wird. Wenigstens gefaßt bin ich darauf. Ich werde meine Haltung aber unter keinen Umständen ändern. Jedenfalls wird sich schon zeigen, wie ernst die Devise des II. Vat. Konzils gemeint ist: "Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit". Hoffentlich habe ich Unrecht, wenn ich vermute, daß sie so ähnlich gehandhabt wird wie einst in Frankreich zur Zeit der Revolution. Stehen doch in beiden Fällen die Freimaurer dahinter. Wenn mich nicht alles trügt, werden sich die Ereignisse in den kommenden Wochen und Monaten überstürzen. Ihr werdet von mir hören.
Es grüßt Euch alle herzlich und segnet Euch - ich werde beim Hl. Opfer an Euch alle denken! -
Euer Alois Aßmayr, Pfarrer
A - 6633 Biberwier, am 11.3.1976 |