Gefährliches Schweigen
von H.H. Theol.Prof. Dr. Severin Grill, SOCist
Bei Ezechiel lesen wir: "Wenn ich dem Gottlosen sage: du mußt des Todes sterben und du warnst ihn nicht, so wird der Gottlose wegen seiner Sünde sterben, aber sein Blut will ich von deiner Hand fordern." Es ist heilige Pflicht des Propheten, die Ungläubigen auf die Gefahr aufmerksam zu machen, in der sie sich infolge ihres Unglaubens befinden. Wenn der Prophet diese Pflicht vernachlässigt, stürzt er sich selbst in Schuld. Der Prophet Isaias wirft diese Pflichtvergessenheit den Priestern seiner Zeit vor: "Die Hirten haben keinen Verstand... sie sind blinde stumme Hunde, die nicht zu bellen vermögen." (Is 56,10).
Diese Mahnung illustriert der Patriarch Severus von Antiochien (465-538) in einer ergreifenden Predigt über das gefährliche Schweigen. "Man denke nicht, daß der Priester oder die, welchen die Führung des Volkes anvertraut ist, ohne Gefahr schweigen können. Man meine auch nicht, daß sie den Zuhörern irgendeine Gunst erweisen, wenn sie öffentlich auftreten, um zu sprechen (und dabei Wichtiges verschweigen). Es ist das eine Pflicht, die, wenn nicht erfüllt, denen eine große Angst erzeugt, die sich ihr entziehen. Der Prophet Amos sagt: "Höret und leget Zeugnis ab, Haus Israel (3,13)". Und Isaias: "Tröstet, tröstet mein Volk und spreche zum Herzen Jerusalems." Es ist notwendig, daß der Priester durch Läuterung seiner Seele ein feines Gehör habe, um die von Gott geschickte Offenbarung schnell zu erfassen, seien es nun Drohungen oder Gebote. Er muß zweitens Zeugnis ablegen vor dem Volk und sprechen nicht mit Zaghaftigkeit, sondern mit einer vom Gesetz gewährleisteten Freiheit und nicht in lauer Weise, sondern zum Herzen Jerusalems, d.h., daß das Wort die Zuhörer rühre. 1)
Die Bischöfe hätten in den Hirtenbriefen mahnen sollen vor der unzüchtigen Mode, vor der Abtreibung, der Herzverpflanzung, vor der neuen Sexuallehre Pfürtners. Als dieser seine alle Sittlichkeit umstürzende Lehre in einem Vortrag in Binom Ort der Diözese Solothurn hielt, schwieg der Bischof von Basel, die übrigen Bischöfe der Schweiz begünstigten eine "Erforschung" des Problems und schoben jede Verurteilung hinaus. Bischöfe begünstigen die moderne Unkunst und Verhöhnung im Kirchenbau? Bilder und Statuen der Heiligen, welche das Ebenbild Gottes im Menschen entstellen. Sie schweigen zu den Exzessen im Sport, z.B. zum Pferderennen, bei welchen die Pferde zu Tode gehetzt werden. (Severus von Antiochien). P.T. Gallus weist im Passauer Bistumsblatt vom 12. VIII.1973 darauf hin, daß sie an dem Wirrwarr der neuen Bibelauslegung ihren Anteil haben durch ihre Passivität und ihr widerspruchloses Dulden irriger Ansichten. Diese neue Bibelexegese mit ihrer übertriebenen Literarkritik und Verschweigen der Christozentrik bildet ein Kapitel für sich. Der berüchtigte Holl durfte trotz seiner blasphemischen Exegesen im Amte eines Kaplans bleiben, bis ihm der Kardinal König endlich die Lehrbefugnis entzogen - aber nicht das Messelesen.
Nun ist es freilich bequem, alle Verantwortung auf die Bischöfe abzuschieben, während man selbst müßig zusieht, wie sich die Dinge entwickeln. Doch die Mahnung des Apostel Paulus: "Wach auf, du Schläfer, steh auf von den Toten und Christus wird dich erleuchten" (Eph. 5,6) gilt doch wohl für alle Gläubigen? in erster Linie für die Priester? Professoren und Seelsorger, für alle Katholiken, die diese Wachsamkeit in der Firmung versprochen haben.
Anmerkung: 1) Patrologia Orientalis IV/.10, Paris 1906.
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