Zitate aus:
Über das Papsttum der Römischen Bischöfe, die Eigenart des Apostolischen Stuhles und eine Kirche ohne Papst
von Prof. Dr. Diether Wendland
8. Kapitel: Der langdauernde Ausfall der höchsten Lehrgewalt...
"Gemäß der infalliblen Lehre des Vatikanums I hat es Christus gewollt
und bestimmt, daß der selige Petrus beständige Nachfolger (perpetuos
successores) im Primat über die gesamte Kirche habe" und ein solcher
Nachfolger nur "der Römische Bischof (Romanus Pontifex) sei" und sein
könne. (Sessio IV, Caput 2). "Beständig" ist aber nicht dasselbe wie
"ununterbrochen" (continuus), sonst gäbe es keine Vakanz des
Apostolischen Stuhles und schon gar nicht eine solche wie heute. Ein
weiteres Problem von heute aber bezieht sich auf ihre zeitliche Dauer
und spitzt sich diesbezüglich wegen ihrer Länge noch zu. Indes hat
Christus nicht geoffenbart, daß die Hölle nicht Päpste überwältigen
werde, sondern nur Seine Kirche nicht überwältigen wird, eben weil sie
Seine Gründung ist und nicht die eines Menschen so daß sie als
"Ecclesia militans (et in via)" bis zum Ende der Welt(zeit) existieren
werde. In Bezug auf den Teufel aber sagte der Herr doch wohl
deutlich genug: "nur an Mir hat er nichts (= keinen Anteil)" (Joh
14,30) und somit auch keinen Anteil an Seinem Tatwirken. Deshalb muß
man sich hüten, mit falschen (nicht bloß mit ungeeigneten) Mitteln die
heutige Diasporasituation bekämpfen zu wollen; denn dadurch wird sie
nur vergrößert. Hier zeigte sich schon bald ein schwerwiegendes
Problem, das kaum Beachtung gefunden hat, ja dem auch ständig
ausgewichen wurde. Man denke z.B. nur an die zwielichtigen
Einrichtungen privater 'Meßzentren' ohne kirchliche Gemeindebildung,
die von vornherein zum Scheitern verurteilt waren.
"Wenn sich katholische Christen ernsthaft und nüchtern über die
Beendigung der schon so lange andauernden Vakanz des Apostolischen
Stuhles Gedanken machen, dann ist es notwendig, die Hindernisse
(obstaculae) zu beachten, die sich ihr ständig entgegenstellen. Zu
diesen aber gehört an erster Stelle die seit 1965 immer deutlicher
hervorgetretene Diaspora-Situation der römisch-katholischen Kirche.
Deshalb muß zuerst gegen dieses große Übel angegangen werden, und zwar
durch eine Gründung von, wie bereits erwähnt, echten
"römisch-katholischen Christusgemeinden" - am besten durch einen
Bischof oder in seinem Auftrag und getragen von theologisch gebildeten
Priestern und Laien mit klar umrissenen Kompetenzen, die in einer
Satzung festzuhalten sind. Derartige Christusgemeinden sind keine
privaten religiösen Gemeinschaften (communitates), sondern kirchliche
Gesellschaftsgebilde (societates) mit einem gemeinsamen und spezifisch
christlichen Glau-ben gemäß der normativen Forderung des hl. Paulus
"ein (einziger) Herr, ein (wahrer) Glaube, eine (sakramentale) Taufe,
ein Gott und Vater aller, der über allen ist und durch alle und in
allen" und wobei (wie schon damals) jedem ihrer Träger "die Gnade
verliehen wurde nach dem Maß der Gabe Christi." (Eph 4,5-7). Dies muß
ihre Basis oder ihr Fundament sein, um dann auch Früchte bringen zu
können, welche nicht nur auf eine Beseitigung der Diasporasituation,
sondern auch auf eine Beendigung der Sedisvakanz wirksam hingeordnet
sind und dies auch sein können - indes immer nur mit der Hilfe Christi,
dem Begründer des Papsttums. Niemand sollte sich hier einbilden,
sozusagen das Pferd am Schwanze aufzäumen zu können, wofür es doch
schon genug peinliche Beispiele gegeben hat, welche die
Sedisvakanzposition in Mißkredit brachten. (...) Die heutige Vakanz des
Apostolischen Stuhles und die kirchliche Diasporasituation hängen
zusammen; sie bilden gleichsam einen 'gordischen Knoten'; wir aber
brauchen ein Schwert, das ihn auflöst, und vielleicht sogar viele
Schwerter, wenn das eine stumpf geworden ist." |