54. Jahrgang Nr. 6 / September 2024
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Ausgabe Nr. 4 Monat April 2004
Die Passion Christi von Mel Gibson (Filmbesprechung)


Ausgabe Nr. 4 Monat April 2004
Buchhinweise- Der römische Katechismus (Catechismus romanus)


Ausgabe Nr. 5 Monat Juni 2004
Werner Olles: Leben und Werk des heiligen Don Bosco


Ausgabe Nr. 6 Monat Juli 2004
Werner Olles: Islam heißt Gottvertrauen


Ausgabe Nr. 6 Monat Juli 2004
Werner Olles: Warum ich römisch-katholisch bin - Brief an einen muslimischen Freund


Ausgabe Nr. 3 Monat April 2005
Die Krise der Kirche ist hausgemacht


Ausgabe Nr. 3 Monat April 2005
Neues aus der Konzilskirche


Ausgabe Nr. 4 Monat Juni 2005
Neues aus der Konzilskirche


Ausgabe Nr. 9 Monat November 2004
Wider den Relativismus


Ausgabe Nr. 6 Monat Oktober 2005
Vom Elend der Postmoderne


Ausgabe Nr. 7 Monat Dezember 2005
Zur Theologie und Philosophie Joseph Ratzingers


Ausgabe Nr. 7 Monat Dezember 2005
Der Rosenkranz ist unser Maschinengewehr!


Ausgabe Nr. 11 Monat december 2005
A commentary on the present situation of the Church


Ausgabe Nr. 1 Monat Februar 2006
Pro Familia agiert an hessischen Schulen


Ausgabe Nr. 1 Monat Februar 2003
Häresie der Formlosigkeit. Die römische Liturgie und ihr Feind


Ausgabe Nr. 2 Monat März 2003
Wer in der modernen Welt


Ausgabe Nr. 3 Monat April 2003
Vom Kampf der Kulturen zum Krieg der Ideen


Ausgabe Nr. 5 Monat Juni 2003
Von der Weigerung, erwachsen zu werden


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Zur derzeitigen Situation der Kirche


Ausgabe Nr. 6 Monat Juli 2003
Zum 50. Todestag von Hilaire Belloc


Ausgabe Nr. 7 Monat September 2003
Die Junge Freiheit, Besprechung


Ausgabe Nr. 8 Monat October 2003
Sobre la situación actual de la Iglesia (esp.)


Ausgabe Nr. 8 Monat October 2003
A propos de la situation actuelle de l’Eglise (fr.)


Ausgabe Nr. 8 Monat October 2003
A commentary on the present situation of the Church (engl.)


Ausgabe Nr. 9 Monat November 2003
Kino - Filmbesprechungen: a) Passion und b) Luther


Ausgabe Nr. 10 Monat Dezember 2003
Bücherbesprechung: Udo Ulfkotte/Hans-Peter Raddatz


Ausgabe Nr. 11 Monat December 2003
Dalla „Lotta delle civiltà“ alla „Lotta delle idee“


Ausgabe Nr. 3 Monat Mai 2002
Eine gesellschaftliche Katastrophe


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Die göttliche Wahrheit erkennen


Ausgabe Nr. 6 Monat November 2002
Satanistische Tendenzen in der Rock-Musik


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Das Wesen aller Kultur ist Religion


Ausgabe Nr. 7 Monat Dezember 2002
Satanische Tendenzen in der Rock Musik


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Sozialpartnerschaft statt Klassenkampf


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Streit um das


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Die magische Welt des Harry Potter 1)


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Jesus Christus - der deutschen Medien interessantester Fall


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Leserbriefe zu dem Artikel


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En busca de la unidad perdida


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À la recherche de ´unité perdue


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Auf der Suche nach der verlorenen Einheit


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Ausgabe Nr. 6 Monat September 2024
Buchbesprechung


Zur derzeitigen Situation der Kirche
 
Zur derzeitigen Situation der Kirche

 Werner Olles im
Interview mit Eberhard Heller


Anmerkung:

Das folgende Interview ist gedacht für Leser der "Jungen Freiheit", einer politischen Wochenzeitung, die sich neben ihrer spezifisch politischen Aufgabe auch der Klärung der geistig-religiösen Hintergründe widmet, durch die erst die desaströse Situation, in der wir uns schon seit geraumer Zeit befinden, transparent wird. Die Redaktion der "Jungen Freiheit" hat gegen einen Vorabdruck in unserer Zeitschrift keine Einwände. Die folgenden Ausführungen richten sich an all jene, die als Leser erst in letzter Zeit zu uns gestoßen sind. Ich hoffe, durch die Entfaltung bestimmter Probleme den Zugang zu der von uns vertretenen kirchlichen Position zu erleichtern.

Eberhard Heller
***
Olles: Wie bewerten Sie die Lage der katholischen Kirche zu Beginn des neuen Jahrtausends?

Heller: Wenn Sie von der "kath. Kirche" reden, meinen Sie jenes Religionsinstitut, das durch die Reformen des II. Vatikanums zur sog. Konzils-Kirche mutiert ist, die trotz des Namens "römisch-katholische Kirche" mit der vor-konziliaren kath. Kirche nicht mehr identisch ist. Die Reformen des II. Vatikanums und die sich an sie anschließende Entwicklung im Geiste dieses Konzils stellen in vielfacher Hinsicht einen Bruch mit der 2000-jährigen Tradition der Kirche dar, der nach außen nur noch durch die Beibehaltung ihres Erscheinungsbildes, bestimmter Lehrinhalte und der hierarisch-juridischen Strukturen der früheren Kirche verkleistert wird.

Diese Mutierung der Kirche Jesu Christi zur 'Konzils-Kirche' ist bewirkt worden durch die Verfälschung der Sakramentsriten oder deren Uminterpretation, die Leugnung von Dogmen, durch semantischen Betrug, durch Relativierung der moralischen Normen und durch die Aufgabe des Absolutheitsanspruches der Kirche als Trägerin und Bewahrerin der geoffenbarten göttlichen Heilswahrheiten. Johannes Paul II. sieht sich nur noch als Führer einer von vielen gleichberechtigten Religionsgemeinschaften, mit denen er "Gott" anbetet, womit er implizit die Trinität leugnet. Für ihn listet ein amerikanischer Autor gleich 101 Häresien auf!

Um diese, sicherlich ungeheuerlich klingenden Behauptungen zu belegen, erlaube ich mir, zwei Konzilsdokumente und das Urteil eines sicherlich unverdächtigen Zeugen zu zitieren. In "Nostra Aetate", Art. 3 heißt es: "Mit Hochachtung betrachtet die Kirche auch die Muslime, die den alleinigen Gott anbeten, den lebendigen und in sich seienden, barmherzigen und allmächtigen, den Schöpfer Himmels und der Erde, der zu den Menschen gesprochen hat". Diese Position wird in "Lumen gentium", 16. Kap. präzisiert: "Der Heilswille umfaßt aber auch die, die den Schöpfer anerkennen, unter ihnen besonders die Muslime, die sich zum Glauben Abrahams bekennen und mit uns den einen Gott  anbeten". Diesen Verzicht auf den Absolutheitsanspruch der Kirche verdeutlichte Paul VI., als er l970 erklärte: "An dem Konflikt (d.i. dem Nahost-Konflikt) sind drei Religionen beteiligt, die alle den wahren Gott anerkennen: das Volk der Juden, das Volk des Islam und dazwischen das über die ganze Welt verbreitete christliche Volk. Sie verkünden mit drei Stimmen den einen Monotheismus. Sie sprechen höchst authentisch, höchst ehrwürdig, höchst geschichtlich, höchst unverwüstlich, höchst überzeugend." Dieser nach-konziliare Sinneswandel wird u.a. von Prof. P. Claude Geffre OP, Dekan der theologischen Fakultät von Saulchoir in "Le Monde" vom 25.1.2000 bestätigt: "Beim II. Vatikanischen Konzil entdeckte und akzeptierte die katholische Kirche, daß sie nicht das Monopol der Wahrheit besitzt, daß sie ihr Ohr für die Welt öffnen muß. (...) Jene (Religionen), die sich diesen legitimen Ansprüchen widersetzen, sind dazu verurteilt, sich zu reformieren oder zu verschwinden." Dagegen sagt Christus: "Keiner kommt zum Vater außer durch mich" (Jo 14,6); denn "wer den Sohn nicht hat, hat auch den Vater nicht!" (1 Jo 2,23). Da gibt es keinen Spielraum für 'Toleranz'!

Es kann also nicht sein, daß ein Papst oder das Lehramt der Kirche Positionen, die sie unter Berufung auf die Offenbarung der göttlichen Wahrheit aufgestellt haben und die bis vor kuzem galten, einfach in ihr Gegenteil verkehren oder verfälschen, ohne diese göttliche Wahrheit als absolute Instanz bzw. sich selbst als Bevollmächtigte dieser instituierten Wahrheit aufzuheben. Was bis gestern in der kath. Kirche galt, muß auch noch heute und morgen in ihr gelten.

Um die Veränderungen, die sich seit dem II. Vatikanum fast geräuschlos vollzogen haben, an einem einzigen Beispiel, das schon der Endpunkt des moralischen Verfalls ohnegleichen darstellt, schlaglichtartig zu beleuchten, verweise ich auf die allgemeine Zustimmung zur Abtreibung, in deren Ausführung auch die 'Konzils-Kirche' in Deutschland - durch die Ausstellung des sog. Beratungsscheines, der zu nichts anderem diente, als straffrei abtreiben zu können (der auch als "Tötungs-Lizenz" apostrophiert wurde - bis vor kurzem involviert war.

Gerechterweise muß man sagen, daß dieser offiziell von der Hierarchie verfolgte Kurs von vielen nicht durchschaut wird. Das Kirchenvolk ist im allgemeinen immer noch der Meinung, die 'Konzils-Kirche' sei die wahre Kirche Christi, zumal die verfälschenden Reformen das theologische Verständnis einfacher Gläubiger übersteigen und der semantische Betrug sukzessive erfolgte. Von der jüngeren Generation, die den alten Glauben, die alte Liturgie nicht mehr kennen gelernt hatte, blieb er überhaupt unbemerkt, da die Reformen inzwischen ja auch schon ihre eigene Tradition haben. Für sie ist die 'Konzils-Kirche' die kath. Kirche geblieben. Sie haben - auch wegen des Versagens der konservativ-orthodoxen Kräfte - nichts anderes kennengelernt. Keiner der einfachen Gläubigen kennt heute mehr die theologisch-dogmatischen Unterschiede zwischen der (wahren) katholischen und der protestantischen Position. Die älteren Gläubigen haben sich an die liturgischen Reformen gewöhnt, unterlegen ihnen aber häufig nach wir vor die früheren Glaubensvorstellungen. Die Messe bzw. 'Messe' wird in den jeweiligen Landessprachen zelebriert und kaum jemand ahnt, daß diese 'Messen' auf Grund bestimmter Verfälschungen ungültig sind. Da, wo die Reformen nicht als Revolution erkannt wurden, hat diese 'Kirche' sogar teilweise ihre gesellschaftlich stabilisierende Funktion beibehalten z.B. in vielen ländlichen Gemeinden.  

So finden Sie heute in der 'Konzils-Kirche' eine Bandbreite vor von wirklich programmbewußten Revolutionären, zu denen ich auch Johannes Paul II. zähle, was auch von dem italienischen Insider-Journalisten Messori bestätigt wird, bis hin zu emotional noch katholisch eingestellten Klerikern und Gläubigen. Um Ihnen ein anschauliches Beispiel von der inneren Zerrissenheit der 'Konzils'-Hierarchie zu geben, verweise ich auf die Stellungnahme Kard. Kaspers zur Erklärung "Dominus Iesus", die die Handschrift von Kard. Ratzinger trägt und weitgehend noch vom katholischen Glauben geprägt ist. Kaum zur Kardinalswürde erhoben, kritisiert Kasper jenes Dokument, welches für ihn Verbindlichkeit im Glauben beansprucht (!), als "schmerzlich" etc... eine Dokument jener Institution, der er gerade seine Ernennung verdankt.

Abgesehen von dem schwierig durchschaubaren theologischen Verrat sind ansonsten die katastrophalen Früchte der Reformen nicht nur sichtbar, sondern auch meßbar: zahlreiche Kirchenaustritte, dramatischer Rückgang der Berufungen zum Priestertum und Ordensleben, Erlöschen der missionarischen Tätigkeit, Verstummen der 'Kirche' als moralischer Autorität.

Zusammenfassend kann man sagen: Die römisch-kath. Kirche, so wie sie einmal als universelle Heilsinstitution bestanden hat, hat weitgehend aufgehört zu existieren. Diejenigen, die diese Reformen als Revolution durchschaut haben, leben zwar nicht im Untergrund, aber in der "Zerstreuung", in einer neuen Diaspora. Auch der als konservativ eingestufte Kard. Scheffczyk, emer. Professor für Dogmatik an der Universität München, der von der "Selbstzerstörung der Kirche spricht", bescheinigt diesen Gläubigen: "Man muß realistisch und mit tiefem Mitempfinden zugeben, daß heute zahlreiche Christen sich verloren, ratlos und sogar enttäuscht fühlen." ("Theologisches", Juli 02)

Olles: Wer waren die Hauptfeinde der vorkonziliaren, antimodernistischen Kirche?

Heller:  Seit der Französischen Revolution wurde die Kirche immer stärker aus dem öffentlichen Leben in eine rein private Sphäre zurückgedrängt: Religion sei Privatsache!... nachdem sie zuvor schon durch den Josephinismus bevormundet worden war. Zudem haben die Einflüsse der Aufklärung und der Säkularisierung dazu beigetragen, die Christenheit zu entchristlichen. Die Freimaurerei mit ihrem "Kampf gegen Thron und Altar" hatte die Absicht, die Kirche zu unterwandern. Interessanterweise finden sich revolutionäre Ideen, die von den Illuminaten formuliert worden waren, in verschiedenen Konzils-Dekreten wieder. Die nachkonziliare Hierarchie ist zudem bereitwilligst und willfährig auf die Forderung des Judaismus (B'nai B'rith), eingegangen, angeblich antisemitische Elemente aus der Liturgie zu entfernen.

Zu diesen Einwirkungen von außen kam noch ein gewisser Minderwertigkeitskomplex vieler Theologen hinzu, die sich seit Ende des 19. Jahrhunderts von der allgemeinen wissenschaftlichen Entwicklung abgekoppelt fühlten und darum um so bereitwilliger auf alle modernen Theorien nach dem Konzil geradezu 'flogen'.

Entscheidend für die derzeitige Situation weltweit aber ist die "Revolution von oben" gewesen.

Olles: Wie stark sind dagegen weltweit die Kräfte der Tradition?

Heller: Als sich bald nach dem Ende des II. Vatikanums abzeichnete, daß die verabschiedeten Dokumente nicht bloß reformerischen Charakter besaßen, sondern auch das kath. Dogma tangierten, die sich besonders gravierend bei der Liturgiereform auswirkten, gab es zunächst viele Kräfte, die gegen diese Reformen ankämpften. Der Promulgation des sog. Novus Ordo Missae Pauls VI. folgte prompt die "Kurze kritische Untersuchung des N.O.M.", die von den Kardinälen Ottaviani und Bacci unterzeichnet ist und in der erhebliche theologische Mängel dieses Ordos aufgezeigt wurden.

Erhellend ist in diesem Zusammenhang auch, was Kard. Ratzinger über die Liturgiereform, die nach ihm "keine Neubelebung,, sondern eine Verwüstung" darstellt, geschrieben hat: "Ich bin überzeugt, daß die kirchliche Krise, in der wir uns heute befinden, zum großen Teil vom Zusammenbruch der Liturgie herrührt." ("Mein Leben, Erinnerungen 1927-1997" Rom 1997)

Auch die griechisch-orthodoxe Kirche und bekannte protestantische Theologen erhoben mahnend ihre Stimmen gegen die Einführung des Novus Ordo. Es entstanden weltweit Widerstandsgrup-pen, die u.a. für die Beibehaltung der alten Messe und für das Latein als Kirchensprache eintraten, Kleriker wie Laien, zu denen Personen aus dem öffentlichen Leben ebenso gehörten wie Wissenschaftler, Journalisten, renomierte Theologen, aber auch engagierte Gläubige. Die internationale Bewegung der "Una voce" gab sich rechtliche Strukturen. Im Jahre 1966 wurde u.a. der "Freundeskreis der Una voce" in München gegründet, dessen Vorsitz ich z.Zt. innehabe.

Mgr. Lefebvre gründete sein internationales Priesterseminar in der Schweiz, das regen internationalen Zulauf fand. Zeitschriften in allen wichtigen Sprachen erschienen. Ab 1971 gab der "Freundeskreis der Una voce" in München die theologische Zeitschrift EINSICHT heraus.  

Eine Spaltung der traditions-verbundenen Christen bahnte sich durch die unterschiedliche theologische Bewertung der Reform-Dekrete an und focussierte in der Analyse des Novus Ordo Missae. Während die einen an diesem Ordo nur liturgische Mängel feststellten, entdeckten die anderen, daß er gravierende dogmatische Verfälschungen enthielt, die nicht nur die Gültigkeit der nach ihm zelebrierten Messen preisgab, sondern zugleich auch die Amts-Legitimität des Promulgators Pauls VI. in Frage stellte. Diese weiterreichendere Position teilten viele, der Tradition verhaftete Christen nicht. Es erfolgte die Spaltung in die bloßen Traditionalisten, die gleichsam eine orthodoxe Sekte innerhalb der Konzils-Kirche bilden und die mit ihr einen bis heute ungelösten Ritenstreit führen, und die Sedisvakantisten. Das sind diejenigen Gläubigen, die den Römischen Stuhl für vakant halten. Diese Spaltung hält bis heute an. Galeons- und Symbolfigur der Traditionalisten war lange Zeit Mgr. Lefebvre. Richtungsgebend für die Sedisvakantisten wurde der ehemalige Erzbischof von Hue/Vietnam, Mgr. Ngô-dinh-Thuc, Bruder des ehemaligen katholischen Präsidenten von Vietnam, Ngô-dinh-Diem, den die Amerikaner mit Zustimmung des Vatikan ermorden ließen. Durch seine öffentliche Erklärung der Sedivakanz vom 22.3.1982 in München lieferte Mgr. Ngô-dinh-Thuc die entscheidende und theologisch verbindliche Grundlage für diese Gruppierung.

Wenn Sie mich nach der Stärke beider Gruppierungen fragen, so muß ich antworten, daß die bloßen Traditionalisten um Lefebvre eine beachtliche Mitgliederzahl aufweisen, daß sie aber argumentativ schwach sind, während die Sedisvakantisten zwar sehr durchschlagende Argumente vorweisen können, aber weltweit eine Minderheit darstellen. Am stärksten ist diese Gruppierung noch in Mexiko vertreten. Gesellschaftlich gesehen spielen beide Gruppierungen eine eher unbedeutende Rolle. Mangels einer einheitlichen Führung im pastoralen Bereich ist bis jetzt keine nennenswerte Effizienz beim Wiederaufbau der Kirche als Heilsinstitution erreicht worden.

Olles: Wie groß ist die Zerstörung der Apostolizität durch den Synkretismus?

Heller: Unter Apostolizität versteht man das Basieren der Kirche auf den von Christus berufenen Aposteln, zum einen in der Kontinuität und Identität der Lehre, zum anderen in der Sukzession ihrer Hierarchie, d.h. in der ununterbrochenen und gültigen Weitergabe der von Christus empfangenen Vollmachten zu weihen - Priester und Bischöfe, um die Existenz der Kirche als die Heilsinstitution zu sichern.

Zum einen ist die apostolische Sukzession dadurch gefährdet, daß ungültige bzw. zweifelhafte Weiheriten eingeführt wurden, durch die die mit der Weihe verbundenen priesterlichen und bischöflichen Vollmachten verloren gehen. Zum andern ist die Apostolizität dadurch aufgehoben, daß Rom die den Aposteln übergebenen Vollmachten und Dogmen aufgibt, wozu auch die Lehre von der alleinseligmachenden Kirche gehört. D.h. die Konzils-Kirche besteht nicht mehr nur auf ihrem Absolutheitsanspruch gegenüber den anderen christlichen Konfessionen, die sie de facto als gleichberechtigt anerkennt, sondern bescheinigt auch dem Islam, dem Judentum und den übrigen Weltreligionen, legitime Heilswege zu sein. Dadurch gibt sich die Konzils-Kirche als die wahre christliche Heils-institution selbst auf. Der 'Papst' einer solchen Institution reiht sich zur friedlichen Koexistenz ein in die Phalanx gleichberechtigter Würdenträger der anderen Religionen. Dieser Synkretismus bedeutet zugleich die Aufgabe jeder wirklichen missionarischen Tätigkeit. Doch selbst die teilweise skanda-lösen, synkretistischen Gesten des angemaßten Oberhaupts der kath. Kirche - Johannes Paul II. küßte z.B. den Koran - und die interreligiösen Gebetstreffen können nicht verhindern, daß sich die anderen Religionsgemeinschaften an dieses Konzept der friedlichen Koexistenz keineswegs halten. So werden im Sudan weiter Christen abgeschlachtet, selbst in der Türkei werden sie verfolgt oder diskriminiert. Man stelle sich vor: Petrus würde mit den römischen Imperatoren über Programme "des guten Willens aller Menschen" verhandeln, während draußen in der Arena jener Imperator die Christen - wahrscheinlich "nicht guten Willens" - den wilden Bestien zum Fraß vorwerfen läßt. Welcher Zynismus!

Olles: Ist der Ökumenismus eine der Folgen der geistigen Aushungerung der Menschen durch die neue Kirche?

Heller: Dieser Begriff gehört zu denen, die durch semantische Manipulation einen Bedeutungswandel durch die Modernisten erfahren haben. Ursprünglich war damit die Versammlung der einzelnen Teilkirchen gemeint. Deshalb sprach man von einem ökumenischen Konzil. Heute bezeichnet man damit Bestrebungen, die verschiedenen christlichen Bekenntnisse zu vereinigen. Im Gegensatz zu den vor-konziliaren Bemühungen, das Ärgernis der Spaltung durch die Lösung der anstehenden Probleme zu überwinden - ich denke da u.a. an die leider fehlgeschlagenen Re-Unierungsversuche mit den Orthodoxen unter Pius XI. -, werden diese heute unter Umgehung der kath. Wahrheit vorangetrieben, d.h. die Einheit hat Vorrang vor der geoffenbarten Wahrheit. Dieser so verstandene "Ökumenismus" ist ausdrückliches Ziel der Reformer. Denken Sie nur an die gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre, die einen "differenzierten Konsenz" anpeilt. Der gerade zum Kardinal (der 'Konzils-Kirche') erhobe Bischof Lehmann durfte noch vor kurzem ungestraft  den von der Kirche als Ketzer verurteilten Martin Luther als "Kirchenlehrer" bezeichnen! Ich habe Bekannte, die wegen des daraus entstanden theologischen Indifferentismus die 'Konzils-Kirche' verlassen und zur orthodoxen Kirche übergetreten sind. Wenn heute die einfachen Gläubigen nach noch mehr Ökumenismus schreien, dann deswegen, weil sie nicht mehr verstehen, warum Konfessionen mit dem (fast) gleichen Glaubensinhalt überhaupt noch als verschiedene Kirchenorganisationen nebeneinander existieren sollen. Durch die Aufgabe der dogmatisch fixierten Wahrheiten hat sich eine Mentalität der Beliebigkeit hinsichtlich der Lehrinhalte eingebürgert, in welcher ein sog. Patchwork-Christentum, in dem sich jeder seine eigene 'Theologie' nach Gutdünken zusammenbastelt, fröhliche Urstände feiert.

Olles: Die Stigmatisierung der glaubenstreuen Katholiken durch die Modernisten nimmt inzwischen Züge von Verfolgungen an. Werden Sie sich bald im Verfassungsbericht wiederfinden?

Heller: Wir werden zwar diffamiert als intransingent, als Fundamentalisten, aber dierkt verfolgt werden wir nicht. Dazu fehlen der Konzils-Kirche die Machtmittel. Dazu gibt es aber auch politisch keinen Grund. Wir wollen nur das weiterführen, was die Kirche bis zum Konzil getan hat. Sicherlich erleiden Priester, die sich gegen die Konzils-Kirche stellen, gewisse Nachteile. Vielleicht fällt es dem stellvertretenden Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Herrn Fridmann, der trotz der gegen ihn erhobenen Vorwürfe immer noch im Amt ist, einmal ein, uns wegen der Beibehaltung der alten Karfreitagsliturgie des 'Antisemitismus' zu bezichtigen. Davon gehe ich jedoch nicht aus.

Olles: Neue Meßordnung, religiöser Liberalismus, Menschenrechte als Revolte gegen die Autorität Gottes. Welche Hauptwahrheiten setzen Sie dagegen?

Heller: Wir müssen daran festhalten, daß es eine absolute Wahrheit gibt, die sich in Christus in-karniert hat, und es nur eine wahre Religion gibt. Wir müssen die Überzeugung gewinnen, daß sich dieser Gott-Mensch in die Niedrigkeit des menschlichen Elends herabgelassen hat, um uns seine Liebe und seine Barmherzigkeit zu schenken, daß er durch seinen Opfertod der gefallenen Menschheit die Möglichkeit der Entsühnung angeboten hat, daß er im hl. Meßopfer den Menschen fortwährend dieses Angebot eröffnet, sich voll Demut in diese Entsühnung einzubinden, um mit Ihm, mit Gott, in einen neuen Bund einzutreten, der auch der Garant für die Versöhnung und den wahren Frieden unter den Menschen ist.

Olles: Welchen Rat kann man den Gläubigen geben, die der apostolischen und kirchlichen Überlieferung treu bleiben wollen?

Heller: Sie sollten sich primär um eine feste Glaubensüberzeugung, um fundierte Kenntnisse in der kath. Glaubenslehre bemühen. Viele kath. Gläubige sind ins Straucheln geraten, weil sie ihren Glauben nur via Erziehung, d.h. via Tradition übernommen hatten. In einer Welt, die viele falsche religiöse Konzepte und falsche Heilslehren anbietet, muß man sich die Frage beantworten, wie man denn heute wissen kann, daß Christus in der Tat der wahre Sohn Gottes ist, an den man zu Recht glaubt. Der erste Vorsitzende unseres Freundeskreises, Herr Dr. Gliwitzky, hat einmal gesagt: "Der langgewohnte Verzicht darauf, den Glauben zur Einsicht zu bringen, ist eine der tiefsten Wurzeln der sogenannten Krise, in der wir stehen. Unsere ganze Anstrengung muß daher unter Beachtung der Zeichen darauf ausgehen, das Wissen darüber zu befördern, wann man nur meint und wünscht, wann man hofft, wann man glaubt und wann man in Wahrheit weiß." Ohne feste Überzeugung in den elementaren Glaubenswahrheiten ist man heute einem raffinierten Relativismus preisgegeben.

Die kirchliche Einbindung wird deshalb zum Problem, weil es eine feste Organisation der kath. (Rest)-Kirche im deutschsprachigen Raum (noch) nicht gibt. Ich bin aber gerne bereit, solchen Christen entsprechende Informationen zu geben.

Olles: Kann es nach dem Ausverkauf des Glaubens und der Liturgie seit dem II. Vatikanum zu einer Restitution der Kirche kommen?

Heller: An einem theoretischem Konzept für den Wiederaufbau der Kirche als Heilsinstitution arbeiten wir seit längerem. Doch es ergeben sich theologische wie organisatorische Probleme. Eine Situation wie die, die wir gerade durchleben, hat es in dieser Form kirchengeschichtlich so noch nicht gegeben. Die Bewältigung dieser Krise bedeutet, sowohl theologisches als auch rechtlich-organisatorisches Neuland zu betreten. Und sie stellt Anforderungen, die eigentlich unsere Kräfte übersteigen. Es wäre ja nicht damit getan, daß z.B. Johannes Paul II. oder die Bischöfe einfach eine Kehrtwendung machten, um übermorgen bisherige Entscheidungen zu revidieren und Fehl-Entwicklungen zu stoppen. Ein Amtsträger, der in Häresie gefallen ist, verliert sein Amt und bleibt (nach der Bulle Pauls IV. "Cum ex apostolatus officio") amtsunfähig, auch wenn er sich wieder bekehren würde. D.h. dieser Wiederaufbau der Kirche könnte nur durch jene Kräfte erfolgen, die dem Glauben treu geblieben sind. Aber mangels einer einheitlichen Führung im pastoralen Bereich ist bis jetzt keine nennenswerte Effizienz beim Wiederaufbau der Kirche als Heilsinstitution erreicht worden.

Olles: Glauben Sie an die geistige Auferstehung Deutschlands und des Abendlandes oder sind wir bereits verloren?

Heller: Seit über 25 Jahren werde ich mit angeblichen oder wirklichen Privatoffenbarungen traktiert, in denen nach verschiedenen Katastrophen und Konflikten ein Wiedererblühen des geistig-religiösen Lebens prophezeit wird. Ich kann mich darauf nicht einlassen. Ich sehe, was ist und wie sich bestimmte Dinge entwickeln. Das Abendland und mit ihm Deutschland wurde geprägt durch das Christentum. Auch wenn die Gesellschaften das nicht mehr wahr haben wollen: das allgemeine geistige Desaster beweist nur den Abfall, den Verrat dieser christlichen Gesellschaftsordnung. Man kann z.B. die moralische Morbidität der Deutschen an der Abtreibungsfrage recht deutlich machen: über 60 % der angeblichen Katholiken waren für die jetzige gesetzliche Regelung des § 218. Jedes Jahr werden ca. 300.000 Kinder abgetrieben. Und ein Volk, das seine Kinder tötet, stirbt. Der Abfall vom Glauben zeitigt auch seine Konsequenzen im gesellschaftlich-politischen Bereich. So wird z.B. jede konservative politische Bewegung oder Partei, die sich ideologisch an die Konzils-Kirche mit ihren revolutionären Ideen anlehnt, zwangsläufig scheitern, weil die Macht der ideologischen Konzepte durchschlagend ist. Denken Sie an den Ökumenismus bzw. Synkretismus. Diese Ideen, die eigentlich im kirchlichen Bereich konzipiert wurden, finden ihre genaue Entsprechung im Multi-Kulturismus auf politischer Ebene. Dessen Auswirkungen haben wir nun jahrelang auf dem Balkan als Zeitzeugen verfolgen dürfen. Ohne eine Erneuerung im Glauben gibt es weder einen Wiederaufbau der Kirche noch eine Erneuerung der Gesellschaft. Dafür sehe ich bis jetzt noch keine Anzeichen.

Olles: In der Bibel heißt es "... und ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen." Ertragen wir die Wahrheit noch?

Heller: Man kann die Wahrheit, die geoffenbarte, ertragen, wenn man ihr demütig dient. Dann macht sie auch frei, weil man in und aus der Liebe mit Christus sein Leben gestalten will. Aber was heißt Demut? Sich einzugestehen, daß man auf die Hilfe anderer, in diesem Fall auf die Erlösungstat Christi, angewiesen ist, und daß man bereit ist, diese Hilfe auch zu akzeptieren. Aber machen Sie das den selbstgefälligen Machern oder unserer Spaßgesellschaft einmal klar.

Olles: Welche konkreten Schritte haben Sie unternommen, um als rechtsverbindliche Institution anerkannt zu werden?

Heller: Diese Frage wurde diskutiert. Konkret geht es darum, ob es möglich ist, die bestehenden eingetragenen Vereine, die sich ab 1976 nach dem offiziellen Verbot der alten Messe auf lokaler Ebene zur Bewahrung  der Liturgie gebildet hatten, in einer Körperschaft des öffentlichen Rechtes oder in einem Vereins-Verbund zusammenzufassen. Dabei müßte auch noch die Frage des Namens geklärt werden.

Eberhard Heller

 
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