DAS WAHRE GESICHT PAULS VI. von H.H. Walter W.E. Dettmann
Erzbischof Loris Capovilla, der ehemalige Sekretär Johannes XXIII., verfaßte ein Erinnerungsbuch an seinen verstorbenen Vorgesetzten ("Papst Johannes XXIII. - Ein Zeichen der Zeit", deutsche Ausgabe bei J. Habbel in Regensburg). In diesem Buch gibt er eine Rede Pauls VI. wieder, die dieser vor allen versammelten Konzilsbischöfen am 29. September 1963 gehalten hat. Zum genauen Studium dieser Rede verweist Capovilla auf die "Acta Apostolicae Sedis", 1962, Seite 790 bis 792. Das ist aber schon deshalb falsch, weil diese Rede nicht im Jahre 1962 sondern 1963 gehalten wurde, im Jahre 1962 gab es ja noch gar keinen Paul VI.
In der Herder-Bücherei ("Das Zweite Vaticanum") wird für diese Rede auf die "Acta Apost. Sedis" von 1963, Seite 841 bis 859 verwiesen. Trotzdem bringt die Herder-Bücherei einen noch kürzeren Auszug davon als Capovilla.
Auch Pater Mario von Galli hatte vielleicht etwas Angst vor der vollständigen Veröffentlichung dieser Rede. Er gab ebenfalls nur einen winzig klein zusammengestutzen Auszug davon wieder, vgl. "Das Konzil und seine Folgen", S. 46. Es wäre wichtiger gewesen, wenn Mario von Galli in seinem Buch statt vieler kitschiger Bilder die entscheidenden Reden auf dem Konzil wiedergegeben hätte.
Die Worte Paul VI., die sich in der von Capovilla wiedergegebenen Rede auf Johannes XXIII. beziehen, lauten unter anderem: "O mein lieber und hochverehrter Papst Johannes, Dank sei Dir und Lob, der Du durch göttliche Inspiration, wie wir glauben, dieses Konzil gewollt und einberufen hast, um der Kirche neue Wege zu weisen und der Welt neue und reiche, verborgene Quellen der Lehre und Gnade unseres Herrn Jesus Christus zu erschließen .... Du hast den abgerissenen Faden des ersten Vatikanischen Konzils wieder aufgenommen und dadurch spontan den Irrtum behoben, der bei manchen auf Grund jenes Konzils entstand, daß nämlich, die höchste Macht, wie sie von Christus dem Papst in Rom übertragen wurde, nunmehr genüge, um die Kirche ohne ökumenische Konzile zu leiten. Du hast die Brüder, die Nachfolger der Apostel zusammengerufen, nicht nur, um das unterbrochene Studium und die nicht mehr ausgeübte Gesetzgebung weiterzuführen, sondern auch, weil sie sich mit dem Papst in einer Einheit zusammengeschlossen, von ihm gestützt und geleitet fühlen sollten, damit die heilige Überlieferung des christlichen Glaubens wirksamer behütet und gelehrt werden könne ....."
Alle jene, die Paul VI. als einen heiligmäßigen Papst beurteilen, der nur den kath. Glauben hüten und fördern wolle, dessen Hände aber in der Leitung der Kirche gebunden seien, müßten beim Studium, dieser Rede eigentlich erkennen wie sehr sie sich getäuscht haben.
Mit der Behauptung, infolge einer "göttlichen Inspiration" habe Johannes XXIII. "den abgerissenon Faden des ersten Vatikanischen Konzils wieder aufgenommen", sagt Paul VI. vor allen Konzilsbischöfen die Unwahrheit. Außerdem hat er mit diesen Worten einen Hinweis darauf geliefert, daß er selbst zu jenen Personen gehörte, die seinem Vorgänger diese Konzilsbegründung und diesen Verhandlungsgegenstand für das Konzil einzublasen versuchten.
Es läßt sich nämlich gerade an Hand der progressistischen Konzilsliteratur nachweisen, daß Johanes XXIII. persönlich gar nicht daran gedacht hatte, den sog. abgerissenen Faden des ersten Vatikanischen Konzils wieder aufzunehmen. Nicht einmal in seinem eigenen "Geistlichen Tagebuch" taucht bei Johannes XXIII. ein solcher Gedanke auf. Er schreibt dort: "Ohne zuvor daran gedacht zu haben, habe ich in einem ersten Gespräch mit meinem Staatssekretär am 20. Januar 1959 die Worte 'Ökumenisches Konzil Diözesansynode und Neufassung des kirchlichen Gesetzbuches' ausgesprochen, ohne je zuvor daran gedacht zu haben und entgegen allen meinen Ahnungen und Vorstellungen über diesen Punkt" ("Joh. XXIII. - Geistl. Tagebuch", Herder-Bücherei, S. 350).
Die Behauptung Paul VI. entspricht somit nicht der Wahrheit. Die Tagebuch-Eintragung Johannes XXIII. kann man unmöglich als Versuch deuten, "den abgerissenen Fäden des ersten Vatikanischen Konzils wilder aufzunehmen".
Es ehrt jeden Katholiken, wenn er das Oberhaupt der Kirche aufrichtig als "Heiligen Vater" betrachtet. Ferner ehrt es jeden Gläubigen, wenn er dem Stellvertreter Christi keinen Judaskuß zutraut.
Aber das bedeutet noch lange nicht den Stellvertreter Christi schon zu Lebzeiten
Wer z.B. nicht weiß, was das Konzil von Trient bestimmt hat, und wer nicht sagen kann, um was es sich beim ersten Vatikanischen Konzil gehandelt hat, der ist gar nicht fähig, heute in der Diskussion über den Verrat Paul VI. mitzureden.
Des Pudels Kern in der Rede Paul VI. vom 29. Sept. 1963 - soweit die Rede von Capovilla wiedergegeben wurde - ist die leichtfertige Anrufung der göttlichen Inspiration und damit die Anrufung Gottes zum Zeugen dafür, daß Johannes XXIII. bei der Einberufung des Konzils die angeblichen Unvollkommenheiten, und Versäumnisse des ersten Vatikanischen Konzils bereinigen und in Ordnung bringen wollte.
Diese Rede ist eine Beleidigung für jeden unterrichteten Katholiken! Man muß sich darüber wundern, daß die Gesamtheit der Konzilsbischöfe sich eine solche Rede gefallen ließ, falls sie dieselbe überhaupt verstanden und nicht dabei geschlafen haben.
So wie Paul VI. hat noch kein Oberhaupt der katholischen Kirche die gewaltige geistige Arbeit seiner Vorgänger und die Erhabenheit des höchsten Amtes heruntergerissen und vor der ganzen Welt verraten und verachtet.
Er behauptet, daß seit dem ersten Vatikanischen Konzil im Jahre 1870 das wissenschaftliche "Studium unterbrochen", und daß die "Gesetzgebung nicht mehr ausgeübt worden" sei. - Von der überragend großen Gesetzgebung unter Papst Pius X. und unter Benedikt XV. sagt er kein einziges Wort.
Die Behauptung Paul VI., die Gesetzgebung sei in der katholischen Kirche seit dem ersten Vatikanischen Konzil nicht mehr ausgeübt worden, enthält eine gezielte öffentliche Geringschätzung des heiliggesprochenen Papstes Pius X.
Paul VI. als der größte Gegner des Antimodernisteneides mußte doch wissen, von wem dieser Eid durch Gesetz in der Kirche eingeführt worden war. Ebenso mußte Paul VI. wissen, daß der Antimodernisteneid nur ein Teil jener gesetzlichen Verordnungen war, die Papst Pius X. zum Schutz des katholischen Glaubens erlassen hatte. - Paul VI. weiß nur zu gut, daß alle kirchlichen Gesetze und Verordnungen Papst Pius X. unmittelbar gegen das gerichtet waren, was Paul VI. und seine Anhänger heute wollen.
Papst Pius X. hatte am 28. August 1907 bestimmt, daß alle Geistlichen, die an den von ihm verurteilten Irrtümern festhielten, aus ihren Ämtern zu entfernen seien. Wenn Montini schon damals Erzbischof von Mailand gewesen wäre, hätte er todsicher zu jenen Bischöfen gehört, die von Papst Pius X. abgesetzt wurden.
Es gibt keinen größeren Gegensatz zwischen zwei Männern im gleichen Jahrhundert als den zwischen Paul VI. und dem heiliggesprochenen Papst Pius X.
Es ist ein Zeichen für die Schlechtigkeit des ganzen sogenannten Zweiten Vatikanischen Konzils, daß sich die Konzilsbischöfe eine solche Geringschätzung der Person Papst Pius X gefallen ließen, wie sie durch Paul VI. zum Ausdruck gebracht worden war.
Ferner behauptet Paul VI., durch das erste Vatikanische Konzil sei "bei manchen" der Irrtum entstanden, daß von nun an allgemeine Kirchenversammlungen im römisch-katholischen Sinn nicht mehr nötig seien.
Paul VI. verschwieg dabei, daß zwischen dem Konzil von Trient und dem ersten Vatikanischen Konzil mehr als dreihundert Jahre lang keine allgemeine Kirchenversammlung stattgefunden hat.
Er tat in seiner Rede so, als habe das erste Vatikanische Konzil statt seines erhabenen großen Erfolges nur Mißverständnisse und unerledigte Arbeiten hinterlassen. Damit hat er schon am Beginn seiner Regierung bewiesen, daß er von keinem guten Geiste geleitet wird. Paul VI. ist die Verneinung alles dessen, was seine großen Vorgänger geschaffen haben; er scheut sich niemals, die heiligsten göttlichen Personen feierlich anzurufen, um die eigenen Unterebenen, die katholischen Gläubigen, zu täuschen. Er beruft sich auf die Mahnung Christi zur Einigkeit, und unter diesem gleichen Vorwand zerstört er das heilige Meßopfer und das heiligste Altarsakrament. Wie kaltblütig Paul VI. die Gläubigen zu täuschen pflegt, ist deutlich dem Buch zu entnehmen, das Mario von Galli geschrieben hat: "Das Konzil und seine Folgen". Es behandelt darin einen anderen Teil jener Rede, die Loris Capovilla wiedergibt. Gemäß Mario von Galli hat Paul VI gesagt:
"Über dieser Versammlung soll kein Licht leuchten, das nicht Christus ist, das Licht der Welt; keine Wahrheit soll unseren Geist interessieren außer den Worten des Herrn, unseres einzigen Meisters; kein Bestreben soll uns leiten außer dem Verlangen, ihm unbedingt treu zu sein; keine Zuversicht soll uns aufrechterhalten außer sein Wort, das uns stark macht: 'Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis zur Vollendung der Weltzeit' ... Dich, Christus, kennen wir allein ... " (S. 46).
Diese überwältigend fromm klingenden Worte Paul VI. muß man aber im Lichte jener Enthüllungen über die sogenannte Liturgie-Reform lesen, die Mario von Galli im gleichen Buche an einer anderen Stelle macht, freilich, ohne sich der Folgen dieser Enthüllungen bewußt zu werden.
Er schreibt nämlich ganz offen: "Das alles" (Damit meint er die ausgearbeiteten Pläne für die sogenannte neue Messe) "bestand schon vor dem Konzil" (Seite 119). M. v. Galli sagt sogar, daß der frühere Kardinal Spellmann von New York diese Pläne und Ideen als "romantische Träumereien versponnener Gelehrter" bezeichnete.
Paul VI. hatte somit schon vor dem Konzil, als er noch nicht an der Spitze der Kirche stand, den Willen, das hl. Meßopfer zu zerstören. Sonst hätte die songenannte Liturgiereform auch gar nicht Schlag auf Schlag in einem derartigen Tempo durchgeführt werden können, daß sich sogar Kardinal Döpfner wunderte.
Der Nachfolger Johannes XXIII. sagt, Christus als das Lieht der Welt solle das einzige Lieht sein, das über dem Konzil leuchtet. Keine Wahrheit solle das Konzil interessieren als die Worte des Herrn .....
Hier möchte man annehmen, Paul VI. habe sagen wollen, für keine Wahrheit solle sich das Konzil mehr interessieren als für die richtig Auslegung der Worte "Das ist mein Leib". - Aber gerade das Gegenteil ist der Fall!
Man muß daran denken, daß Paul VI. sich dessen bewußt war, daß über dem Konzil tatsächlich nicht nur das Licht unseres Herrn im heiligsten Sakrament leuchtete. Montini wußte genau, daß das ewige Licht vor dem Tabernakel während des Konzils völlig verdunkelt wurde von den Gedanken der protestantischen Konzilsbeobachter und von den Gedanken jener Leute aus Moskau, die auf den besten und höchsten Ehrenplätzen in der Peterskirche saßen.
Paul VI. täuscht die Gläubigen mit den heiligsten Anrufungen Gottes. In seinen Worten kommt des "Pudels Kern" immer wieder gerade dann zum Vorschein, wenn diese Worte am frömmsten klingen. So ist es auch hier. Wenn er sagt: "Keine Wahrheit soll uns interessieren außer den Worten des Herrn", dann sind diese Worte nämlich gleichzeitig an die katholischen Konzilsbischöfe und an die protestantischen Konzilsbeobachter gerichtet. Infolgedessen bedeuten sie etwas sehr Gefährliches, nämlich: "Keine Wahrheit, d.h. kein Dogma, soll uns interessieren außer don Worten unseres Herrn," "Keine mündliche Überlieferung", "keine kirchliche Tradition über das heilige Meßopfer soll uns interessieren außer den Worten des Herrn "Das ist main Leib".
Dies ist es, was Paul VI. an die Adresse der forschend blickenden Konzilsboobachtor aus dem protestantischen Lager spricht. Er täuscht einige ahnungslose Konzilsbischöfe und viele Millionen Gläubige, und gleichzeitig verrät er das hoiligste Altarsorament und das heilige Meßopfer gegenüber den protestantischen Konzilsbeobachtern.
Durch die Darlegungen Mario von Gallis kommt deutlich zum Vorschein, wie sehr Paul VI. für die Mehrheit der Konzilsbischöfe der F ü h r e r im Abfall vom hl. Meßopfor war.
In der gleichen Rede, aber ohne daß Loris Capovilla etwas davon berichtet, hat Paul VI. die Katholische Kirche in unerhörter Weise so bloßgestellt, wie es vor ihm bestimmt noch kein anderer Papst getan hat. Anstatt das schlechte Beispiel vieler Mitglieder der Kirche zu tadeln, hat er der ganzen katholischen Kirche als solcher die Schuld an der Spaltung der Christenheit zugeschrieben, wie wenn das Fischernetz die Schuld an der schlechten Qualität der gefangenen Fische hätte. David Andreas Scober, einer der progressistischon Schreiber des Herder-Verlages, sagt diesbozüglich über Paul VI.: "Sein Schuldbekenntnis für die katholische Kirche war trotz der konditionalen Form, in die es vorsichtig gekleidet war, eine geschichtsmächtige ökumenische Tat, zumal er es Wochen später beim Empfang der Beobachter ohne die konditionale Einschränkung wiederholte ..." ("Das Zweite Vaticanum", Herder-Bücherei, S. 111).
Paul VI. mußte wissen, daß es der Gegenseite gar nicht darum ging, einander bloß das zu verzeihen, was man sich im Dreißigjährigen Krieg Übles getan hatte, sondern darum, daß die römisch-katholische Glaubenslehre geändert wurde.
Im übrigen läßt sich schwer sagen, wofür Paul VI. um Verzeihung geboten hat: Bat er um Vergebung dafür, daß Martin Luther exkommuniziert wurde odor bat er um Verzeihung dafür, daß Papst Pius V. das heilige Meßopfor so und nicht anders vorgeschrieben hat?
Es scheint, daß Paul VI. für beide Dinge und für noch mehr um Verzeihung bitten wollte. Zweifellos wollte er auch für das Dogma der Päpstlichen Unfehlbarkeit auf dem Ersten Vatikanischen Konzil um Verzeihung bitten.
Als Paul VI. im Namen der ganzen katholischen Kirche um Verzeihung bat, hätten sich igentlich die zweitausend Konzilsbischöfe wie ein Mann von ihren Sitzen erhoben und dem verantwortungslosen Redner Schweigen gebieten müssen. Das wäre die beste Propaganda für den römisch-katholischen Glauben vor der Welt gewesen.
Der progrossistische Herder-Korrespondent Manfred Plate berichtet jedoch: "Alle" (nämlich alle Konzilsbischöfe) "gehen nach dieser Ansprache mit großen Hoffnungen in die zweite Session" ("Weltereignis Konzil", 1966, Seite 47).
Aber wie können zweitausend Bischöfe "mit großen Hoffnungen" in den zweiten Tail des Konzils schreiten, wenn dieser Teil mit einer Beschimpfung der Kirche aus dem Munde des Oborhauptes begonnen hat?
Wie lange wollen Bischof Grabur und andere Herren (z.B. Dr. Eric do Saventhem oder Kaplan Melzer in Sillian in Osttirol) uns noch das Märchen vom sogenannten guten Konzil erzählen?
Die Wahrheit muß und wird eines Tages ans Licht kommen. Jo länger es dauert, umso schlimmer wird es.
Soweit unsere Bischöfe überhaupt noch Autorität besitzen, schwindet auch dieser Rest dahin, je mehr die Bischöfe das wahre Gesicht und den wahren Charakter Paul VI. zu verschleiern suchen. Zu dessen eigentlichem Charakter gehört es, daß er von höchster Stelle aus das Selbstbewußtsein der römisch-katholischen Kirche zerstören wollte und tatsächlich in weiten Gebieten zerstört hat. Das ist sein wahres Gesicht.
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