DER ANTICHRIST - DOSTOJEWSKIJ,S SCHRECKLICHE VISION
Pjotr Stepanowitsch, der skrupellose Revolutionär in Dostojewskij's Roman "Die Dämonen" II. Teil Kapital 8, entwickelt folgenden Plan:
"Hören Sie, wir werden einen Aufstand erregen (....) Sie glauben nicht, daß wir einen Aufstand hervorrufen können? Es wird uns ein solcher Aufstand gelingen, daß alles aus den Fugen gehen wird. Karmsinow hat recht, wenn er sagt, daß nichts mehr da sei, woran man sich halten könnte. Karmasinow ist sehr klug. Nur zehn solche Gruppen in Rußland, und ich bin nicht zu fassen. (....) ...heutzutage hat kein Mensch seinen eigenen Verstand. Heutzutage gibt es sehr wenig originelle Köpfe. (....) Es gibt keinen solchen Schurken, der nicht seine schwache Seite hätte. Noch einige solche Gruppen, und ich habe überall Pässe und Geld zur Verfügung. Mindestens das. Ist das zu wenig? Und sichere Verstecke habe ich dann auch, mag man mich dann suchen. Die eine Gruppe wird man aufheben, aber die andere wird sich durchsetzen. Wir werden einen Aufstand heraufbeschwören...... "Schigaliow, (ein Mitglied der Verschwörung) ist ein genialer Mensch! Wissen Sie, daß er ein Genie ist. (....) Er hat die Gleichheit erfunden. (...) Bei ihm muß jenes Mitglied der Gesellschaft jedes andere beobachten und ist zur Anzeige verpflichtet. Ein jeder gehört allen und alle gehören einem jeden. Alle sind Sklaven und sind sich als solche gleich. Im äußersten Falle kann man auch mit Verleumdung und mit einem Mord vorgehen, die Hauptsache bleibt aber die Gleichheit. Vor allen Dingen wird nach seinem System das Niveau der Bildung, der Wissenschaften und der Talente gesenkt. Ein hohes Niveau der Wissenschaften und der Talente ist ja nur den höher Begabten erreichbar, wir brauchen aber keine höher Begabten, Die höher Begabten haben stets die Macht an sich gerissen und sind Despoten gewesen. Die höher Begabten müssen notwendiger weise Despoten sein und haben stets mehr demoralisiert als Nutzen gebracht, man vertreibt sie oder richtet sie hin. Einem Cicero wird die Zunge ausgeschnitten, einem Kopernikus werden die Augen ausgestochen, ein Shakespeare wird gesteinigt: da haben Sie den Schigaliowismus! Die Sklaven müssen gleich sein: ohne Despotismus hat es noch nie Freiheit oder Gleichheit gegeben; aber in einer Herde muß Gleichheit herrschen und das ist Schigaliowismus. (...)"
"Ich bin für Schigaliow! Wir brauchen keine Bildung. Schluß mit der Wissenschaft! Auch ohne Wissenschaft reicht das Material auf tausend Jahre aus; was unbedingt eingeführt werden muß, das ist der Gehorsam. Bedürfnis nach Bildung ist schon ein aristokratischer Drang. Kaum ist Familie, oder Liebe da, schon keimt darin das Verlangen nach Eigentum. Wir werden dieses Verlangen erwürgen, wir werden Trunksucht, Klatscherei und das Denunziantentum fördern; wir werden eine unerhörte Sittenverderbtheit über die Welt werfen, wir werden jedes Genie im Säuglingsalter umbringen. Alles werden wir auf einen Nenner bringen, sodaß vollständige Gleichheit entstehen wird. 'Wir haben ein Handwerk gelernt, und wir sind ehrliche Leute, weiter brauchen wir nichts', das ist die Antwort, die vor kurzem englische Arbeiter erteilt haben. 'Wirklich notwendig ist nur das Notwendige', das wird von nun an der Wahlspruch des Erdballs sein. (...)"
"Hören Sie, zuerst werden wir einen Aufruhr heraufbeschwören (...) wir werden tief in die Volksmassen eindringen. Wissen Sie wohl, daß wir auch jetzt schon furchtbar stark sind!? Zu uns gehören nicht nur diejenigen, die da morden und brennen und klassische Schüsse abgeben oder jemanden in die Schulter beißen. Diese Menschen sind uns nur hinderlich. Ohne Disziplin werden wir uns nicht durchsetzen können. (...) Hören Sie, ich habe sie mir alle zusammengezählt: ein Lehrer, der sich mit den Kindern über ihren Gott und über ihre Wiege lustig macht, gehört schon zu uns. Ein Rechtsanwalt, der einen gebildeten Mörder dadurch zu verteidigen sucht, daß er nachweist, dieser Mörder sei geistig höher entwickelt als sein Opfer, und habe um Geld zu erhalten, notwendigerweise morden müssen, dieser Anwalt gehört auch schon zu uns. Pennäler, die einen Bauern umbringen, um die mit einer solchen Tat verbundenen Gefühle kennenzulernen, sind auch unser. Die Geschworenen, die alle Verbrecher ohne Ausnahme freisprechen, sind auch unser. Ein Staatsanwalt, der bei Gericht zittert, daß er vielleicht nicht liberal genug erscheine, ist auch unser. Dazu kommen noch Verwaltungsbeamte, Literaten, oh? da sind so viele, die zu uns gehören und es nicht einmal wissen. (...)"
"...eine oder zwei Generationen von Wüstlingen, das ist es, was uns jetzt unbedingt notwendig ist! Was uns jetzt unbedingt not tut, ist eine unerhörte Sittenlosigkeit, eine grundgemeine Demoralisation, wobei sich der Mensch innerlich in einen garstigen feigen, grausamen und selbstichen Schmutzschleim verwandelt (...)" "Wissen Sie, ich hatte daran gedacht, die Welt dem Papst *) zu übergeben. Mag er zu Fuß und barfuß herauskommen und sich dem Pöbel zeigen: 'Seht', soll er sagen, 'wie weit man mich gebracht hat'! Und alles wird ihm dann Gefolgschaft leisten, sogar die Heere. Nur muß sich die Internationale zuerst mit dem Papst verständigen und das wird geschehen. Das alte Herrchen wird sich sofort einverstanden erklären. Es dürfte ihm ja auch kein anderer Ausweg übrigbleiben, denken Sie an mein Wort (...)"
*) Es kann sich dabei nur um einen Scheinpapst handeln. Die Rechtmäßigkeit der, seit Dostojewskijs Lebzeiten bis hin zu Pius XII., regierenden Päpste zu bezweifeln haben wir keinen Grund. Was dagegen von der Rechtmäßigkeit Pauls VI. zu halten ist, wurde in dieser Zeitschrift mehrfach anhand von Gründen dargelegt. Er ist die erste Person, auf welche die Aussage Dostojewskij's bezogen werden kann!
|