Erläuterungen Abbé de Nantes zu seiner Aktion:
Paul VI. gegen Paul VI.
aus dem Französischen übersetzt von Günther Mevec.
Man muß das Dekret Gratianus bis zu Ende lesen. "Huius culpas istic redarguere praesumit mortalium nullus, quia cunctos ipse judicaturus a nemine est judicandus, nisi reprehendatur a fide devius". (Ia, dist.XL,cp.6) Kein Sterblicher kann es wagen, am Papst Kritik zu üben wegen seiner Verfehlungen, denn niemand kann über jenen urteilen, dessen Aufgabe es ist, über alle Menschen zu urteilen, es sei denn, daß er vom Glauben abgewichen ist.
Gleiches drückt der große Papst Innozenz III. aus, indem er demütig von sich selbst sagt: "Der Glaube ist mir so notwendig, daß ich, wenn ich auch für alle anderen Sünden Gott allein zum Richter habe, für die einzige Sünde, die ich im Hinblick auf den Glauben beginge, diesbezüglich durch die Kirche beurteilt werden könnte." (Serm.Consecrat.Pontif.Rom.,P.L.CCXVII, col.656). Letzteres ist eine in der Kirche gebräuchliche Lehre, die Ë vom Vatikanischen Konzil bestätigt wurde.
Das Obige gilt es jedoch zu präzisieren. Es handelt sich nicht darum, daß die Gläubigen die verborgenenen Absichten des Papstes beurteilen und dazu sein Herz ausforschen. Weiters ist es auch nicht erlaubt, die private Haltung des Papstes zu diskutieren. Letzteres ist bereits eine Sünde bezüglich niedriger gestellter Personen. Es geht um einen anderen Bereich, in dem sich niemand das Recht anmaßen darf, den Papst zu beurteilen, nämlich um den Bereich seiner Regierung. In diesem Bereich, in dem er jedenfalls unfehlbar ist, ist seine Autorität souverän.
Wo jedoch unser Gewissen einen formellen Widerspruch entdeckt [es stellt sich hier die ernste Frage, ob wir einen solchen Widerspruch nur jeweils nach unserem Gewissen erkennen, oder ob hier zwar das Gewissen am rechten Platz ist, jedoch im Zusammenhang mit einer fundierten Erkenntnis dessen, was richtig und was falsch ist - Anm.d.Übersetzers.] zwischen dem Gesetz Gottes und seinen Entscheidunge Ën (näml.des Papstes), sollten wir seinen Anweisungen keinen Gehorsam bezeugen, jedoch die Strafen, die er uns auferlegt, tragen, ohne seine Autorität in Frage zu stellen. Wenn sein Pastoral schädlich ist, seine Pläne auch das Leben der Kirche selbst gefährden, sollte unsere einzige Handlung auf das Gebet und die Buße gerichtet sein, damit der Herr selbst die Kirche herausführt und befreit.
Es bleiben jedoch die öffentlichen Reden und Akte, die in unserer vorsichtigen Beurteilung eine Ermutigung zum Schisma und zur Häresie durch den "Papst" selbst darstellen. Hier haben wir die Pflicht, uns gegen ihn zu stellen. Um ihn zu verurteilen? Nein. Um über ihn zu urteilen? Auch nicht. Jedoch um ihn anzuklagen, d.h. um ihn vor dem zuständigen Richter anzuschuldigen und die Beweise dafür vorzutragen und uns bereit zu halten, die Gründe für unsere Zweifel vorzutragen, dabei aber der Rechtsprechung der Kirche die Entscheidung überlassend. Jeder Gläubige hat das Recht und die Pflicht sich zu beklag Ëen, der oberste Richter aber hat die Macht und die Pflicht zu entscheiden.
Richter des Papstes
Aber wer kann nun in Sachen des Glaubens der Richter des Papstes sein? Wer verkörpert denn die Kirche, dem Innozenz III. das Urteil über den Papst zuschreibt? Gott selbst? Gewiß nicht, denn es handelt sich nicht um die Kirche. Ist es das Konzil? Nein und nochmals nein. [...] Wer also? Auf diese Frage hat das I.Vatikanische Konzil durch die Definition der Unfehlbarkeit des Papstes und mit einer ex cathedra-Entscheidung geantwortet. Durch seine Lehrautorität ist er genau in dem Bereich unfehlbar, in welchem wir ihn anzuklagen das Recht haben, wenn wir der Auffassung sind, daß er häretisch ist. Wer wird den Papst in einem solchen Fall beurteilen? Der Papst sich selbst! Wer ist im Stande, dieses Urteil von ihm zu fordern, und wenn er es erlaubt, gehalten, diesen Prozeß zu führen? Der Klerus Roms, der Klerus dieser ersten Kirche, der Mutter und Meisterin aller Kirchen. In gleicher Weise obliegt Ëes diesem höchsten Klerus, die Demission, den geistigen Tod des Papstes festzustellen, falls er sich weigert, seiner Pflicht als oberster Richter in seiner eigenen Sache nachzukommen.
Es gibt somit eine kirchliche Lösung der erschreckenden kirchlichen Krise, die sich durch jede Ungewißheit und jede Diskussion über den Glauben des Papstes ergibt. Hier ist die Achillesferse des Papsitums, doch besteht ein MitteI gegen dieses Übel...
Ich rufe den Papst gegen den Papst auf Der hl.Matthias sagt Kap.18, 16-17: "Wenn dein Bruder sündigt, so suche ihn auf und sprich mit ihm unter vier Augen... Hört er dich nicht an, so gehe mit zwei oder drei anderen noch einmal zu ihm ... verweigert er euch anzuhören, sage es der Kirche (dies ist unser Fall). Hört er aber selbst auf die Kirche nicht, so sei er für dich wie ein Heide ... (möge es Gott gefallen, daß dieser Fall (bezüglich Paul VI.) niemals eintritt!". (Gibt es nicht genügend Anhaltspunkte, die dies mehr als nahe legen? - Anm.d.Übersetzers)
G Ëemäß der Vorschrift des Evangeliums haben wir 1966 an Kardinal Ottaviani, den Sekretär des Heiligen Offiziums geschrieben und 1967 an den "Heiligen Vater". Wir haben 1968 unsere Anklage gegenüber dem hl.Offizium offen zum Ausdruck gebracht und heute klagen wir vor der kath.Kirche unseren Glaubensbruder Papst Paul VI. wegen Häresie, Schisma und Ärgernis an. Wir halten uns hierbei an die Tatsachen, die Aussagen und die öffentlichen und erhärteten Entscheidungen.
Vielleicht irren wir uns bezüglich der Person. Vielleicht haben wir falsch verstanden. Vielleicht handelt es sich nur um geringe materielle Fehler seitens des Papstes. Vielleicht beging er den Fehler aufrichtig, d.h. im Hinblick auf eine höhere Sache.
Alles was möglich ist, ist mit höherer Wahrscheinlichkeit nicht der Fall. Weder die Kirche noch wir wisses etwas darüber. Wir müssen hierin ein freies Herz haben, denn das Übel des Irrtums, das von Rom und als vom Papst kommend verbreitet wird, was vor ihm gedacht, gewollt und ob ®zu Recht oder zu Unrecht aufgezwungen wird, verursacht doch gewaltige geistige Zerstörung, welcher es im Namen Christi Einhalt zu gebieten gilt!
Unsere Anklage wird nützliche Folgen haben, falls sie sich als begründet erweist. Der "Papst" muß sich entweder äußern oder abtreten. Die glücklichere Folga wäre, wenn Paul VI. dadurch die Gelegneheit bekäme, seine wahren Gedanken und seinen wirklichen Willen zu zeigen, im Gegensatz zu dem, was man glaubt, daß von ihm komme, der überall verbreitete Irrtum und die erschreckende Unordnung.
In diesem Prozeß hat die Kirche alles zu gewinnen und - mehr als jeder andere - Seine Heiligkeit Paul VI., er sei unschuldig oder schuldig.
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