Zum Tode von Bischof Blasius Sigebald Kurz OFM
von Kurt Hiller
"Beatus vir, qui suffert Tentationem: quoniam, cum probatus fuerit, accipiet coronam vitas." (Jak. 1,12) "Selig der Mann, der in der Prüfung standhält, denn, wenn er sich bewährt hat, wird er die Krone des Lebens empfangen."
Am 13. Dez. 1973 verstarb S. Exzellenz Blasius Sigebald Kurz, Titularbischof von Terenuti, Apostolischer Präfekt von Yungchow (China). Am 3. Febr. 1894 wurde er in Sontheim/Wttbg. geboren. Von Kardinal Faulhaber wurde er 1919 zum Priester geweilt. Durch Papst Pius XII. erhielt er 1939 die Bischofsweihe.
Bischof Blasius war eine außerordentlich beeindruckende Gestalt. Er zeichnete sich durch absolute Offenheit und Ehrlichkeit aus. Was er sagte' das war auch seine Überzeugung. Von Konventionen ließ er sich nicht beeindrucken. Er handelte erst, wenn er sich selbst von der Richtigkeit einer Sache überzeugt hatte. Besonders beeindruckend jedoch war sein tiefer, unerschütterlicher Glaube. In kindlichem Vertrauen verehrte er die Hl. Jungfrau Maria. Er war ein unermüdlicher Beter. Zu jeder Stunde des Tages konnte man ihn mit dem Rosenkranz in der Hand antreffen. In seinen Anforderungen an sich selbst war er unerbittlich. Äußerst bescheiden in seiner Lebensführung, war er bis an sein Lebensende rastlos bedacht, Seelen zu retten. Stets trug er Hl. Öl, das Rituale Romanum und eine Stola bei sich, um das Sterbesakrament spenden zu können. Durch seine große priesterliche und menschliche Ausstrahlungskraft gewann er rasch das Vertrauen der Menschen. Verstockteste Sünder, die oft seit Jahrzehnten keine Sakramente mehr empfangen hatten, waren nach einigen Sätzen des Gesprächs bereit, die Beichte abuzulegen, die Bischof Blasius meistens sofort an Ort und Stelle, und sei es auch auf einer Parkbank, abnahm. Zutiefst beeindruckend war, wie er die Hl. Messe feierte. Stets las er sie nach eingehender geistiger Vorbereit im im ungekürzten tridentinischen Ritus, mit einer hohen Konzentration, peniblen Sorgfalt und erhabenen Würde, die man nicht vergessen kann. Durch solche Eigenschaften ausgezeichnet, war dieser Priester mit seiner robusten, kernigen und großen Statur befähigt, ein Leben voller Strapazen, Entbehrungen und Demütigungen zu ertragen.
Nach seiner Priesterweibe wirkte er vier Jahre in Nürnberg als Jugendseelsorger und schon damals beeindruckte er durch sein Pflichtbewußtsein und seinen Humor. Im Jahre 1923 ging er als Missionar nach China. In jahrelanger, unermüdlicher Arbeit baute er eine Missionsstation auf, errichtete Häuser, baute Schiffe, richtete Waisenhäuser ein und ließ sich auch durch die offensichtliche Erfolglosigkeit der Chinamission nicht in seinem Wirkungsdrang aufhalten.
Im Jahre 1935 wurde er Apostolischer Präfekt von Mount Currie in Südafrika. Wieder baute er unter großen Mühen eine Missionsstation auf. Später wurde er Bischof dieser Diözese. Der zweite Weltkrieg brach aus, und er wurde unter der fälschlichen Beschuldigung, ein Nazi zu sein, in ein sudafrikanisches Konzentrationslager eingeliefert. Wie sich herausstellte, war er von zweien seiner eigenen Patres denunziert worden. Der dortige Nuntius, ein Holländer, war gerade mit der Besetzung seines Heimatlandes durch die Deutschen beschäftigt und konnte deshalb nicht helfen.
Die zahlreichen Ungerechtigkeiten, die Bischof Blasius in diesem Zusammenhang erleiden mußte und die zum Verlust seiner Diözese fühlten, waren so himmelschreiend, daß die eigenen Misssionsschwestern es als ein Wunder ansahen, daß er nicht aus der Kirche austrat. Bis an sein Lebensende hatte er diesen Verlust seiner ersten Diözese nicht verwunden. Sein Glaube an die Vorsehung Gottes jedoch war unerschüttert. Auch durch die Tatsache, daß er aus seiner neuen Diözese Yungchow in China fliehen mußte, kam sein priesterliches Wirken nicht zum Erlahmen. -
Er kam nach New York und war sodann 20 Jahre lang als 5.! Kaplan in einer Pfarrei in der Seelsorge tätig. Seine Wohnung war ein schlichtes Mansardenzimmer, und aufgrund seiner Überzeugung, daß man den verlorenen Schafen nachgehen müsse, machte er täglich Hausbesuche. Bald wurde der Erfolg seiner Tätigkeit bekannt. Doch seine Bitte an Kardinal Spellmann, ohne Erlaubnis des 4. Kaplans der Pfarrei Ehen schließen zu dürfen, wurde abgelehnt. Da er nicht auf sein äußeres Ansehen als Bischof, sondern nur auf die Zahl der geretteten Seelen bedacht war, nahm er dies nicht tragisch.
Erst als er im Jahre 1969 in die Heimat nach München zurückkehrte, kamen die größten Prüfungen seines Lebens auf ihn zu. Er sollte die neue 'Messe' lesen. - Er weigerte sich. Die Handkommunion lehnte er ebenso standhaft ab. Er wollte kein Reformer, kein Testamentsfälscher sein! Und dies sollte er zu spüren bekommen.
Als Bischof und als Franziskaner hätte er z.B. das Recht gehabt, eigenmächtig zu bestimmen, in welchem Kloster er seinen Alterssitz nehmen möchte. Ebenso hätte er Anspruch auf einen Pater als Sekretär und einen Bruder zur Bedienung gehabt. Auf beides verzichtete er in seiner Bescheidenheit. Statt dessen fragte er in 6 Klöstern vorher an, ob er dort bleiben könne und erhielt ebenso viele offizielle Absagen. Niemand wollte ihn haben. Und dies nach fast 60jähriger Zugehörigkeit zum Orden. Dies war mit ein Grund, weshalb er öfters äußerte: "Ich schäme mich, ein Franziskaner zu sein!"
Auf Wunsch des Ordinariats Regensburg ging er nach Waldsassen, um dort die Seelsorge im Altenheim St. Martin zu übernehmen. Er nahm auch dort seine Hausbesuche wieder auf, segnete die Wohnungen, nahm unentwegt und überall Beichten ab, unterhielt sich mit den Kindern, denen er gern ein Kreuz auf die Stirne zeichnete. Seine kompromißlose Haltung im Glauben und in der Liturgie, sowie seine große Beliebtheit führten zu unglaublichen Schwierigkeiten von seiten der Ortsgeistlichkeit. Als schließlich die Öffentlichkeit daran Anstoß nahm, wandte sich Bischof Blasius ans Ordinariat Regensburg und erhielt von Graber die bezeichnende Antwort, er mische sich nicht in Seelsorgeangelegenheiten ein. Zwei Tage weilte Graber in Waldsassen, ohne den erkrankten Bischof Blasius zu besuchen.
Der neue Ortspfarrer begrüßte Bischof Blasius, den er im Presbyterium der Basilika erkannte, nach dessen Erzählung gleich gar nicht mehr. Stillschweigend wurde er schließlich von seinen seelsorglichen Tätigkeiten im Altenheim entbunden. Vom Hausarzt bis zur Pfortenschwester wußten es alle, doch ihn als Betroffenen hatte niemand informiert. 54 Jahre war er Priester, und nun brauchte man ihn nicht mehr. Dies traf ihn am allermeisten. Als er gar noch wiederum einen Priester nach dem gültigen Ritus weihen wollte, machte man ihm die allergrößten Schwierigkeiten. Er mußte sich vom Generalvikar von Augsburg sagen lassen, er solle lieber für die Mission beten, statt Priester zu weihen. 34 Jahre war er Bischof gewesen, um einen solchen Rat zu bekommen. Bischof Blasius gab jedoch nicht auf. Die größten Anstrengungen nahm er auf sich und weihte den Kandidaten. Er hatte vor, noch weitere zu weihen, von denen er wußte, daß sie den wahren Glauben bekennen würden. Klar und deutlich hatte er erkannt. daß die neue 'Messe' ungültig ist und die Verantwortlichen Testamentsfälscher sind. Schwer trug er an dieser Erkenntnis und machte sich große Sorgen um die apostolische Sukzession.
Am 8. Dez., dem Fest Mariä Unbefleckte Empfängnis, feierte er seine letzte Hl. Messe, die letzte Ölung hatte ihm ein Pater gespendet, dem der Bischof fortwährend während der Zeremonie einsagen mußte, wie er es richtig machen solle.
Er starb dort, wo er aus gutem Grunde nie sterben wollte: im Krankenhaus. Außer einigen Laien, die die Sitzwache übernommen hatten, besuchte ihn anscheinend niemand während dieser fünf Tage. Bis kurz vor seinem Tode war er bei vollem Bewußtsein und segnete die Anwesenden. Er starb froh und ergeben im Bewußtsein, daß die unendliche Einsamkeit und Verlassenheit, die er als Priester und Bischof in seinen letzten Jahren erleben mußte, zu Ende sein werde. In seinem einfachen weißen Reise-Meßgewand wurde er aufgebahrt. In seinem Testament hatte er bestimmt, daß er mit einem lateinischen Requiem, im tridentinischen Ritus, begraben werden wolle. Erzbischof Schneider von Bamberg zelebrierte nach dem neuen Ordo. Im allgemeinen Franziskanergrab in Nürnberg auf dem Südfriedhof hat er seine letzte Ruhestätte gefunden.
"Dem letzten rechtgläubigen deutschen Bischof" lautete die Widmung auf einem Kranz, den die Gruppe Mariens aus München stiftete. Wir haben in ihm einen gütigen und treuen Freund verloren. Uns bleibt der Trost, jetzt vor Gott einen mächtigen Fürsprecher zu haben.
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