Der Eid gegen die Irrtümer des Modernismus
II. Teil
Von Walter W.E. Dettmann
Am Pfingstfest' den 17. Mai 1959' setzte Jehannes XXIII. die erste Vorbereitungskommission für das von ihm angekündigte sog. II. Vatikanische Konzil ein. Den Vorsitz in dieser ersten Vorbereitungskommission führte Kardinalsstaatssekretär Tardini. Seine Aufgabe war es, sich mit allen Bischöfen der katholischen Kirche in Verbindung zu setzen, um Vorschläge für die Themen auf dem Konzil zu erhalten und daraus die hauptsächlichsten Dinge zusammenzustellen. Am 18. Juni 1959 forderte Tardini die Bischöfe, die Ordensoberen und die katholischen Universitäten auf, ihre Vorschläge "in vollkommener Freiheit" zu machen (Manfred Plate, "Weltereignis Konzil"' Seite 17, ferner: Anton Kochs, "Das 21. Konzil", S. 37).
Dieser Auedruck "in vollkommener Freiheit" konnte unter den damaligen Verhältnissen ganz verschiedene Dinge bedeuten:
1. "Vollkommene Freiheit" in jenem Sinn, in dem alle Gläubigen, die nach vollkommener Beobachtung der Gebote Gottes und der Kirche streben, sich wirklich frei fühlen, Vorschläge zur Förderung der Ehre Gottes und zum Wohl der Kirche zu machen;
2. "Freiheit" ohne Rücksicht auf den Antimodernisteneid und auf den Amtseid. In diesem Sinne wurde das Wort "Freiheit" von Manfred Plate aufgefaßt.
Es gibt Gründe dafür anzunehmen, daß im Schreiben des Kardinals Tardini besonders an die zweite Bedeutung gedacht war. Denn die Antworten und Vorschläge der Bischöfe wurden gedruckt und füllten 16 (sechzehn) Bände, die einzeln etwa die Größe eines alten Meßbuches hatten; bei der Umarbeitung aller dieser Vorschläge zu diskussionsreifen Konzilsentwürfen (den sog. "Schemata") spielte aber neben den zehn Fachkommissionen das sonderbare Sekretariat für die Einheit aller Christen die Hauptrolle. Dadurch war von vornherein klar, daß die Maßnahme Papst Pius’ X. der Verachtung preisgegeben und zum Tode verurteilt war, noch bevor das Konzil begonnen hatte.
Wer von jenen Bischöfen und Kardinälen, die - wie z.B. Montini - bereits die Auslöschung des Heiligen Offiziums planten, würde auch noch über den "Zwirnsfaden" eines Antimodernisteneides stolpern?
Die überlaut gepriesene Kirchen-Erneuerung des sog. Zweiten Vatikanischen Konzils bestand eigentlich nur darin, in einer Verstellung ohnegleichen und mit lächelnder Miene so zu tun, als habe man niemals etwas von einem Eid gegen den Modernismus gehört.
Solche Diskussionsvorschläge, die von einer der zehn Fachkommissionen aufgestellt wurden und die direkt oder indirekt den Antimodernisteneid berückgichtigen, wurden bereits im Herbst des Jahres 1960 vom "Einheitssekretariat" einfach als "unbrauchbar" erklärt, weil sie angeblich "nichts Neues" besagten und weil sie angeblich keine Rücksicht auf die "überall in der Welt diskutierten Wünsche und Anregungen von Katholiken und Nicht-Katholiken" nahmen (Manfred Plate, "Weltereignis Konzil", Seite 19).
Es liegt auf der Hand, daß das "Einheitssekretariat" bei seinem Vorgehen eine Rückendeckung von allerhöchster Stelle her besitzen mußte. Antimodernisteneid und "Aggiornamento" waren tatsächlich zwei entgegengesetzte Dinge.
"Aggiornamento" war nichts anderes als die Parole für die Aufhebung jenes Eides, den Papst Pius X. zum Schutz des römisch-katholischen Glaubens vorgeschrieben hatte.
Im Januar 1961 ließ Johannes XXIII. folgende Gebetsmeinung veröffentlichen: "Daß die Hindernisse, die der Wiedervereinigung aller Christen entgegenstehen, durch die Wahrheit und Liebe Christi hinweggeräumt werden" (Anton Kochs, "Das 21. Konzil", Seite 44).
Der Antimodernisteneid ist aber sicher nicht "durch die Wahrheit und Liebe Christi hinweggeräumt worden". Denn Papst Pius X. hatte diesen Eid gerade mit Rücksicht auf die "Wahrheit und Liebe Christi" befohlen und angeordnet; er wollte "alles in Christus erneuern".
Papst Pius X. hatte am 3. Juli 1907 durch das Dekret "Lamentabili" des Hl. Offiziums 65 (fünfundsechzig) Lehrsätze des Modernismus verurteilt. Jeder Priesterkandidat mußte sich seit dem 1. Sept. 1910 bis zum sog. Zweiten Vatikanischen Konzil durch einen Eid zu dieser Verurteilung bekennen.
Die verurteilten Sätze sind zusammengestellt in dem bei Theologen bekannten lateinischen Werk "Enchiridion Symbolorum, Definitionum et Deklarationum", unter den dortigen Nummern 2001 bis 2065. Jeder, der die lateinische Sprache versteht, kann sich über die verurteilten Auffassungen des Modernismus unterrichten, was heute noch ebenso wichtig ist wie im Jahre 1907.
Die Jesuiten Josef Neuner und Heinrich Roos haben das obengenannte Werk "Enchiridion..." ins Deutsche übersetzt und ihm den Titel gegeben: "Der Glaube der Kirche in den Urkunden der Lehrverkündigung", erschienen im Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 1938. Vom Jahre 1948 bis 1965 wurde dieses deutsche Werk von Karl Rahner sechsmal neu herausgegeben. Aber schon Josef Neuner und Heinrich Roos hatten viele wichtige Teile des lateinischen Werkes auegelassen, und auch Karl Rahner hat die bedauerlichen Lücken nicht ausgefüllt. So sind in dem deutschen Werk unter anderem von jenen 65 Sätzen, die Papst Pius X. verurteilt hatte, gerade jene 21 Stück auegelassen, die sich heute infolge des sog. Zweiten Vatikanischen Konzils wie üppiges Unkraut auf dem Acker Gottes breitmachen. Einige dieser von Papst Pius X. verurteilten Sätze, die in dem von Karl Rahner herausgegebenen Buch ausgelassen sind, lauten:
"Da im Glaubensgut nur geoffenbarte Wahrheiten enthalten sind, steht der Kirche in keiner Hinsicht ein Urteil über menschliche Wissenszweige zu." (2005)
"Als von aller Schuld befreit sind jene anzusehen, die die Verurteilungen der Hl. Indexkongregation und anderer römischer Kongregationen für nichts erachten."(2008)
"Die Offenbarung konnte nichts anderes sein als ein vom Menschen erworbenes Bewußtsein seiner Beziehung zu Gott" (2020)
"Die Dogmen, die die Kirche als geoffenbart anbietet, sind keine vom Himmel herabgekommenen Wahrheiten, sondern sie sind eine gewisse Auslegung ("Interpretation") religiöser Dinge, die der menschliche Geist sich in mühsamen Versuchen erarbeitete."(2022
"Die Zustimmung des Glaubens ist letztlich auf einer Anhäufung von Wahrscheinlichkeiten begründet." (2025)
"Die Glaubenssätze sind nur aus praktischen Gründen festzuhalten als eine Vorschrift für die Lebensweise, nicht aber als Richtschnur des Glaubens." (2026)
"Nicht alles, was Paulus über die Einsetzung der Eucharistie berichtet, ist geschichtlich aufzufassen" (2045). Anmerkung: Dieser modernistische Satz bezieht sich auf 1.Kor. 11,23-25: "Ich habe vom Herrn empfangen, was ich euch überliefert habe. In der Nacht, in der er verraten wurde, nahm Jesus Brot, dankte, brach es und sprach: 'Nehmet hin und esset .... usw."
"Das christliche Abendmahl hat erst allmählich liturgische Formen angenommen; dadurch haben sich die Vorsteher beim Abendmahl einen priesterlichen Charakter erworben." (2049)
"Die Ältesten, die den Ordnungsdienst bei den Versammlungen der Christen versahen, wurden von den Aposteln als Vorsteher eingesetzt, um für die nötige Ordnung der wachsenden Gemeinschaften zu sorgen, nicht aber eigentlich dazu, um die Sendung und Vollmacht der Apostel weiterzuführen" (2050).
"Die Ehe konnte kein Sakrament des neuen Gesetzes werden außer in späteren Zeiten der Kirche; damit die Ehe als Sakrament angesehen wurde, war es zuerst erforderlich, daß eine vollständige Lehre über die Gnade und eine theologische Erklärung über die Sakramente vorausging". (2051)
"Die Kirche ist eine Feindin der Naturwissenschaften und des theologischen Fortschrittes" (2057).
"Die Wahrheit ist nicht unveränderlicher als der Mensch selbst; denn sie entwickelt sich mit ihm, in ihm und durch ihn." (o58).
"Die Artikel des Apostolischen Glaubensbekenntnisses hatten für die Christen der ersten Zeit nicht dieselbe Bedeutung wie für die Christen unserer Zeit" (2062).
"Die Kirche erweist sich als unfähig, das Sittengesetz des Evangeliums wirksam zu schützen, weil sie hartnäckig an unveränderlichen Dogmen festhält, die sich mit den heutigen Fortschritten nicht vereinbaren lassen" (2063).
"Der Fortschritt der Wissenschaften verlangt, daß die Begriffe der christlichen Lehre von Gott, von der Schöpfung' von der Offenbarung, von der Person des menschgewordenen Wortes und von der Erlösung neu gestaltet werden" (2064).
"Der heutige Katholizismus kann mit wirklicher Wissenschaft nicht in Einklang gebracht werden, außer wenn er in ein undogmatisches Christentum umgeformt wird, das heißt in einen breiten und liberalen Protestantismus." (2065).
Heute ist es jedem aufmerksamen Katholiken klar, daß das sogenannte Zweite Vatikanische Konzil mit Johannes XXIII. und Paul VI. an der Spitze kein anderes Ziel verfolgte als diese "Umformung" der römisch-katholischen Kirche in ein undogmatisches Christentum.
Man braucht nur die einzelnen von Papst Pius X. verurteilten Sätze des Modernismus langsam lesen, um sofort zu verstehen, daß in der heutigen Zeit das bloße Aussprechen des katholischen Glaubensbekenntnisses keinesfalls mehr genügt, um die persönliche Rechtgläubigkeit zu bekunden.
Aus diesem Grunde ist auch das anfangs so gelobte "CREDO" Pauls VI. vom 30.Juni 1968 eine ungeheure Irreführung für alle jene Katholiken, die von ihren Seelsorgern und Oberhirten seit vielen Jahren über die Schutzmaßnahmen Papst Pius' X. im unklaren gelassen worden sind.
Wenn es heute in der Kirche mit rechten Dingen zugehen würde, hätte Paul VI. in aller Öffentlichkeit zusätzlich zu seinem "CREDO " auch noch die ganze Formel des Antimodernisteneides sprechen müssen. Aber das wollte und konnte er deshalb nicht, weil er in diesem Falle sofort das gesamte sog. Zweite Vatikanische Konzil hätte widerrufen und für ungültig erklären müssen.
Beim Vatikanischen Konzil des Jahres 1870 war es noch von großer Wichtigkeit, daß alle Bischöfe vor dem Beginn des Konzils ihr Glaubensbekenntnis ablegten. Aber hundert Jahre später war dies im Munde unserer heutigen meist modernistisch gesinnten Bischöfe eine leere Formalität, wenn sie nicht zugleich die folgende vollständige Eidesformel gegen die Irrtümer des Modernismus sprechen mußten:
(2145) "Ich umfasse fest und nehme alles und jedes einzelne an, was vom irrtumslosen Lehramt bestimmt, gelehrt und erklärt worden ist, besonders jene Teile der Lehre, die den Irrtümern dieser Zeit direkt entgegengesetzt sind. Erstens: Ich bekennet daß Gott, der Ursprung und das Ende aller Dinge, mit dem natürlichen Licht der Vernunft durch das, was geschaffen wurde, d.h. durch die sichtbaren Werke der Schöpfung, als Ursache aus der Wirkung mit Sicherheit erkannt und auch bewiesen werden kann. Zweitens: Ich anerkenne die äußeren Beweismittel der Offenbarung, d.h. die Werke Gottes. in erster Linie die Wunder und Prophezeiungen, als ganz sichere Zeichen des göttlichen Ursprungs der christlichen Religion. Ich halte fest, daß sie dem Verständnis aller Zeiten und Menschen, auch der Gegenwart, auf das beste angepaßt sind. Drittens: Fest glaube ich, daß die Kirche, die Hüterin und Lehrerin des geoffenbarten Wortes, durch den wahren und geschichtlichen Christus selbst, während seines Lebens unter uns unmittelbar und direkt eingesetzt, und daß sie auf Petrus, den Fürsten der apostolischen Hierarchie, und auf seine immerwährenden Nachfolger gebaut wurde. Viertens: Ohne Rückhalt nehme ich die Glaubenslehre an, die von den Aposteln durch die rechtgläubigen Väter stets in demselben Sinn und in derselben Bedeutung bis auf uns gekommen ist. Deshalb verwerfe ich ganz und gar die irrgläubige Erfindung von einer Entwickl1mg der Glaubenssätze, die von einem Sinn zu einem anderen übergegangen sein sollen, der von jenem Sinn abweiche, den die Kirche einst gemeint habe. Ebenso verwerfe ich jeden Irrtum, der das göttliche, der Braut Christi übergebene Vermächtnis, das von ihr treu bewahrt werden soll, durch eine Erfindung philosophischen Denkens oder durch eine Schöpfung des menschlichen Bewußtseins ersetzen will, das durch menschliches Bemühen langsam auegebildet wurde und sich in Zukunft in unbegrenztem Fortschritt vollenden soll. Fünftens: Als ganz sicher halte ich fest und bekenne ich, daß der Glaube nicht ein blindes religiöses Gefühl ist, den aus dem Dunkel des Unterbewußtseins entspringt..., sondern daß er eine wahre Zustimmung des Verstandes zu der von außen gehörten Wahrheit ist, sodaß wir alles für wahr halten, was uns vom persönlichen Gott, unserem Schöpfer und Herrn gesagt, bezeugt und geoffenbart wurde, infolge der Autorität des höchst wahrhaftigen Gottes.
(2146) In schuldiger Ehrfurcht unterwerfe ich mich und schließe mich mit ganzem Herzen allen Verurteilungen, Erklärungen und Vorschriften an, die im Rundschreiben "Pascendi" und im Dekret "Lamentabili" enthalten sind, besonders' soweit sie sich auf die sogenannte Dogmengeschichte beziehen. Auch verwerfe ich den Irrtum jener, die behaupten, der von der Kirche vorgelegte Glaube könne der Geschichte widerstreiten und die katholischen Glaubenssätze könnten in dem Sinn, in dem sie jetzt verstanden werden, mit den Ursprüngen der christlichen Religion, wie sie wirklich waren, nicht in Einklang gebracht werden.
Ich verurteile und verwerfe auch die Auffassung derer, die sagen, ein gebildeterer Christ bestehe aus einer Doppelperson, nämlich aus der eines Gläubigen und aus der eines Geschichtsforschers, als ob es dem Geschichtsforscher erlaubt sei, das festzuhalten, was der Glaubenswahrheit des Gläubigen widerspricht, oder Voraussetzungen aufzustellen, aus denen sich ergibt, daß die Glaubenssätze falsch oder zweifelhaft sind, wenn man sie nur nicht direkt leugnet.
Ich verwerfe ebenso jene Art und Weise, die Heilige Schrift zu beurteilen und zu erklären, die die Überlieferung der Kirche, den Glauben und die Vorschriften des Apostolischen Stuhles außer acht läßt, die sich den Erfindungen der Rationalisten anschließt und die Textkritik ebenso unerlaubt wie unvorsichtig als einzige oder oberste Regel anwendet.
Auch die Meinung derer verwerfe ich, die daran festhalten, ein Lehrer der theologischen Geschichtswissenschaften oder ein Schriftsteller auf diesem Gebiet müsse zuerst jede vorgefaßte Meinung vom übernatürlichen Ursprung der katholischen Überlieferung oder von einer Verheißung der göttlichen Hilfe zur Bewahrung einer jeden geoffenbarten Wahrheit ablehnen. Die Schriften der Väter müßten nach rein wissenschaftlichen Grundsätzen erklärt werden unter Ausschluß jeder kirchlichen Autorität und mit derselben Freiheit des Urteils, mit der man jedes außerkirchliche Denkmal der Geschichte erforscht.
Endlich bekenne ich ganz allgemein: Ich habe nichts zu tun mit dem Irrtum, der die Modernisten glauben läßt, die heilige Überlieferung enthalte nichts Göttliches, oder, was noch schlimmer ist, der sie zu einer pantheistischen Deutung der Überlieferung führt, sodaß nichts mehr übrig bleibt als die nackte einfache Tatsache, die auf einer Linie steht mit den gewöhnlichen Ereignissen der Geschichte, die Tatsache nämlich, daß Menschen durch ihre eigenen Bemühungen, durch ihre Sorgfalt und Einsicht die von Christus und seinen Aposteln begonnene Schule in den nachfolgenden Zeiten fortgesetzt haben.
So halte ich denn fest und bis zum letzten Hauch meines Lebens werde ich festhalten den Glauben der Väter an die sichere Gnadengabe der Wahrheit, die in der Nachfolge des bischöflichen Amtes seit den Aposteln ist, war und immer sein wird, sodaß nicht das festzuhalten ist, was entsprechend der Kultur eines jeden Zeitabschnittes besser und passender scheinen könnte, sondern daß niemals anders geglaubt, niemals anders verstanden wird die absolute und unabänderliche Wahrheit, die von Anfang an von den Aposteln gepredigt wurde.
Ich gelobe, daß ich das alles treu, unversehrt und rein beobachten und unverletzt bewahren und daß ich in der Lehre und in jeder Art von Wort und Schrift niemals davon abweichen werde. So gelobe ich, so schwöre ich, so helfe mir Gott und dieses heilige Evangelium Gottes."
Wenn die heutigen Bischöfe diese ausführliche Eideeformel7 die sie selbst einst' hatten schwören müssen? a1lch nur halbwegs ernst genommen hätten, wäre es niemals zu dem Irrweg des sog. Zweiten Vatikanischen Konzils gekommen.
Zum Thema "Modernismus" müssen auch die sonderbaren Worte von Prof. Karl Rahner herangezogen werden. Er schrieb: "Diese und andere Irrlehren wurden von Pius X. in dem Dekret "Lamentabili" (D. 2001-2065 a) und der Enzyklika "Pascendi" (D. 2071-2109) verurteilt; er schrieb außerdem den Antimodernismuseid vor, den jeder, der ein kirchliches Amt antritt (auch Theologieprofessoren) bis heute abzulegen hat. Hinzugefügt werden muß, daß bei der Polemik gegen den Modernismus, der verkehrte Lösungen auf manche richtig gesehenen Probleme bot, viele Anhänger des Modernismus durch klerikale Intrigen verbittert und aus der kirchlichen Gemeinschaft getrieben wurden. 'Modernismus' blieb bedauerlicherweise bis heute ein liebloses7 gehässiges Schimpfwort der innerkirchlichen, von der Schwierigkeit des Glaubens in der heutigen Welt nicht angefochtenen Arroganz" ("Kleines Theologisches Wörterbuch" Herder 5. Auflage, 1965 Seite 243).
Hier hat sich Karl Rahner wieder eine Blöße gegeben. Wenn Papst Pius X. kraft seiner höchsten Autorität für alle Priester einen Eid gegen die einzeln aufgeführten Irrtümer des Modernismus befahl und vorschrieb, kann doch nicht ein einzelner Geistlicher daherkommen und behaupten, das Wort "Modernismus" sei "bis heute ein liebloses gehässiges Schimpfwort" geblieben.
Was hat sich Karl Rahner eigentlich damals gedacht, als er selbst diesen Eid schwören mußte? Jedenfalls hat er in seinem sog. "Kleinen Theolog. Wörterbuch" unter dem Stichwort "Pluralismus" geschrieben, es "ist deutlich, daß Gott in seiner absoluten-universalen Macht und allseitigen Verfügung in der Welt keinen Stellvertreter hat, weder den Staat noch die Kirche" (S. 290).
Wozu ist Karl Rahner eigentlich Mitglied des Ordens der Gesellschaft Jesu geworden? Die Jesuiten, besonders ihre sogenannten Professoren, haben doch eine beispielgebende Treue zum Papst auf ihre Fahnen geschrieben! Professor Rahner kritisiert, daß Papst Pius X. die Anhänger des Modernismus nicht mit Glacéhandschuhen anfaßte. Der Jünger des hl. Ignatius von Loyola wirft Papst Pius X. hartes und ungerechtes Handeln vor, ohne Beweise anzuführen. Dabei sollen die Vertreter des Modernismus als unschuldige Engel erscheinen, obwohl sie die von Jesus Christus gegründete Kirche dauernd als rückständig und als "Feindin der Naturwissenschaften" schmähen. Ohne Beweise ansuführen, jammert Karl Rahner über "Polemik" und "klerikale Intrigen" gegen den Modernismus und spricht von der innerkirchlichen "Arroganz" jener Personen, die in der heutigen Welt angeblich keine Glaubensanfechtungen haben.
Dieses erbärmliche Gejammer Karl Rahners ist in Wahrheit nicht anderes als ein Zeichen seines ohnmächtigen Zornes darüber, daß die Verurteilung des Modernismus durch Papst Pius X. niemals mehr aufgehoben und rückgängig gemacht werden kann.
Johannes XXIII. hatte in seinem ersten Rundschreiben ("Ad Petri Cathedram") vom 29. Juni 1959 die Hauptziele des am 25. Januar desselben Jahres angekündigten Konzils mit folgenden schönklingenden aber täuschenden Worten angegeben: "Förderung der Kräfte des katholischen Glaubens, heilsame Erneuerung der Sitten des christlichen Volkes sowie die Anpassung der kirchlichen Dissiplin an die Forderung unserer Zeit". (Anton Kochs, "Das 21. Konzil", Seite 33 und 35.)
Dazu ist zu sagen: Wenn Johannes XXIII. dafür gesorgt hätte, daß alle Priesterkandidaten die von Papst Pius X. verurteilten 65 Lehrsätze des Modernismus aufrichtigen Herzens und durch einen Eid mitverurteilten, dann wären die Kräfte des katholischen Glaubens am meisten gefördert worden, ohne daß man ein Konzil hätte einberufen müssen.
Wenn ferner Johannes XXIII. dafür gesorgt hätte, daß kein einziger Priester den von Papst Pius X. vorgeschriebenen Eid bloß leichtfertig und "pro forma" ablegte, dann wären die Sitten des christlichen Volkes fast im Handumdrehen erneuert worden und zwar auch ohne Konzil. Aber wenn Hunderttausend Priester einen wirklich heiligen Eidschwur nicht mehr ernst nehmen, und wenn fast sämtliche Bischöfe ebenso denken, dann muß es mit den Sitten des Christlichen Volkes reißend bergab gehen.
Es war der größte Irrtum und Fehler Johannes XXIII., die kirchliche Disziplin an die "Forderung unserer Zeit" anzupassen. Er hätte die Kirchenordnung und Zucht ganz und gar an die vernünftigen Forderungen von Papst Pius X. anpassen müssen. Einen anderen Weg zu einem neuen Aufstieg unserer heiligen römisch-katholischen Kirche gibt es nicht.
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