Das "Tohuwabohu" des sog. Zweiten Vatikanischen Konzils
von Walter W.E. Dettmann
Die Hl. Schrift beginnt mit den Worten: "Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Die Erde aber war wüst und leer". Die Ausdrücke "wüst und leer" heißen im Hebräischen "tohu wa bohu" und passen besser als irgend etwas anderes für den Zustand der Verwirrung und der Finsternis, der über dem geistig-moralischen Abgrund der Konzilsmanager lag: "Finsternis lag über dem Abgrund", heißt es in der Hl.Schrift.
Am Beginn der Schöpfung schwebte der Geist Gottes über den Wassern, und Gott sprach: "Es werde Licht". Aber über der durch und durch unaufrichtigen und auf Täuschung bedachten Konzilsmanipulation schwebte ein anderer Geist, nämlich der Geist der Feindschaft gegen das heiligste Altarssakrament und vor allem der Geist der Verachtung gegenüber dem Eid, den Papst Pius X. im Jahre 1910 für alle Priesterkandidaten vorgeschrieben hatte. Die Konzilsmanager waren erfüllt von Verachtung gegenüber den heiligsten und feierlichsten Vorschriften aller früheren Päpste. Sie erklärten laut, im Interesse der Einheit aller Christen müsse man auf diese Vorschriften verzichten. Die Konzilsmanager betrachteten die Zeit nach dem Konzil von Trient und besonders die Zeit Papst Pius' X. als einen Abschnitt der Finsternis in der katholischen Kirche und sie sollten jetzt das Kommando geben: "Es werde Licht!" Aber aus diesem überheblichen Versuch ist erst recht eine Katastrophe und ein Tohuwabohu entstanden.
Aus einem gewissen zeitlichen Abstand nach der sonderbaren Kirchenversammlung kann man das ungeheure geistige Durcheinander überblicken, das auf diesem sog. Konzil herrschte. Man braucht noch nicht einmal die eigentlichen Konzilsakten in die Hand zu nehmen. Es genügt, wenn man jene Veröffentlichungen betrachtet, die unter den Augen der deutschen, österreichischen und schweizerischen Bischöfe gedruckt wurden, Z.B. das schauerliche Werk des Jesuiten P. Mario v. Galli: "Das Konzil und seine Folgen" (Verlag Bucher AG. in Luzern und Frankfurt/M. 1966).
Hier an dieser Stelle sollen diesmal nur jene "Fünf Fragen" behandelt werden, die in der Zeit vom 15. Oktober 1963 bis zum 13. November 1963 das sogenannte Konzil beschäftigten.
Diese Fragen sind bisher viel zu wenig bekannt geworden. Plan hat sie absichtlich mehr oder minder geheim gehalten; die einen der Bischöfe schwiegen aus Scham über diese Blöße, die sich die Konzilsleitung gab, die anderen schwiegen aus Unwissenheit, weil sie nicht gemerkt hatten, um was es ging, und weil sie "hereingefallen" waren, wieder andere schwiegen aus Furcht vor dem Zorn der katholischen Priester und Laien.
Nicht einmal der bekannte französische Abbé Georges de Nantes erwähnt diese "Fünf Fragen" in seiner umfangreichen Anklageschrift gegen Paul VI. Bei der Zusammenstellung der berüchtigten "Fünf Fragen" haben aber offensichtlich nicht nur die Kardinäle Döpfner, Alfrink und Suenens die Hand im Spiele gehabt. Im Konzilstagebuch vom 30. Oktober 1963 berichtet Mario v. Galli in abgerissenen und unvollständigen Sätzen folgendes:
"Die Abstimmung über die fünf Orientierungsfragen findet statt:
1. Bischofsweihe als Sakrament: 2123 Ja-, 34 Nein-Stimmen; 2. Jeder rechtmäßig konsekrierte Bischof ein Mitglied des Korpus der Bischöfe: 2049 Ja-, 104 Nein-Stimmen; 3. Das Bischofskollegium Nachfolger des Apostelkollegiums mit oberster Vollmacht für die Gesamtkirche: 1808 Ja-, 336 Nein-Stimmen; 4. Vollmacht des Bischofskollegiums kraft göttlichem Recht (von Christus eingesetzt): 1717 Ja-, 408 Nein-Stimmen; 5. Diakonat als bleibender Stand: 1588 Ja-, 525 Nein-Stimmen".
Ein normaler gläubiger Katholik empfindet diese Fragen zuerst als etwas Nebelhaftes und Verworrenes und weiß nicht gleich, worauf die Sache zielt.
Gläubige Katholiken schütteln den Kopf, wenn auf einem Konzil der Versuch gemacht werden soll, zu den sieben heiligen Sakramenten der Kirche noch ein achtes hinzuzufügen. Welche Tücke in der dem Konzil vorgelegten Frage steckt, vermag ein kirchentreuer Katholik sich anfangs gar nicht vorzustellen. In Wirklichkeit steckt dahinter der Gedanke, protestantische "Landesbischofe" in das katholische Bischofskollegium aufzunehmen, ohne sie den für die katholische Priesterweihe erforderlichen Zeremonien zu unterwerfen. Diesen Hintergedanken hat Mario von Galli wohlweislich verschwiegen.
In der Frage, ob die Bischofsweibe ein Sakrament sei oder nicht, steckte unter diesen Umständen auch der verwegene Versuch, nur die Bischofsweihe, nicht aber auch die Priesterweihe als Sakrament gelten zu lassen. Dieser Versuch wird bestätigt durch das sonderbare Schreiben der deutschen Bischöfe über das priesterliche Amt vom 11. November 1969, wonach der Priester nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil "nicht mehr vornehmlich als Mann der Sakramente" erscheine.
Ferner wird dieser Versuch bestätigt durch den Artikel 76 der Liturgiekonstitution des sog. Zweiten Vatikanischen Konzils. In diesem Artikel wird nämlich bestimmt, daß die Priesterweihe "nach Ritus und Text überarbeitet werden soll".
Am 18. Oktober heißt es: "Die Stimmung ist fast unerträglich. Die fünf Fragen werden neu gefaßt, aber nicht vorgelegt".
Zweifellos sollten gemäß dem Urheber der "Fünf Fragen" die protestantischen Bischöfe ohne weiteres ale "rechtmäßig konsekriert" angesehen und dem katholischen Bischofskollegium derart eingegliedert werden, daß die Regierungevollmacht des Gesamtkollegiums erhöht würde. Außerdem sollte das sog. Diakonat der Protestanten als eigener Stand in die katholische Kirche übernommen werden.
In der Zeit vom 15. Oktober 1963 bis zum 30. Okt. 1963 waren die genannten fünf Fragen nach mehrmaliger Neufassung und nach mindestens zweimaliger Vorlage bei Paul VI. immer noch die Ursache der größten Verwirrung und Unruhe auf dem Konzil.
Die geistige Verwirrung der Bischöfe zeigte sich am deutlichsten bei der erschreckend großen Zahl von Ja-Stimmen.
Unter dem Datum des 16. Oktober berichtet Mario v. Galli in aufgebauscht sensationeller Art: "Die fünf 'Richtungsfragen' werden' wie Kardinal Agagianian mitteilt, 'verschoben'. Gerüchte verbreiten sich. Die Mehrzahl der Bischöfe wie die Weltöffentlichkeit ergreift Unruhe und Niedergeschlagenheit".
Vom 23. Oktober berichtet Mario v. Galli, die Führung des Konzils, nämlich das Präsidium (bestehend aus zehn Kardinälen, darunter u.a. Kardinal Tisserant, Kard. Siri von Genua, aber auch Kard. Alfrink) und die Moderatoren (die vier Moderatoren Lercáro, Agagianian, Döpfner und Suenens hatten abwechseln die Debatten zu leiten) hätten sich im Beisein der Sekretäre des Konzils versammelt, um den "Kompetenzstreit über die fünf Fragen zu beenden".
Was mit dem sog. Kompetenzstreit gemeint sein soll, wird von Pater Galli verschwiegen. Statt dessen sagt er, am 17. Oktober hätten Kardinal Ottaviani und danach die Moderatoren in dieser Sache den Papst besucht; am 21. Oktober sei Kardinal Suenens bei Paul VI. gewesen. "Jedoch blieben alle diese Versuche ergebnislos".
Hier hätte Pater Galli unbedingt sagen müssen, was die ganz entgegengesetzten Ziele der Kardinäle Ottaviani und Suenens bei Paul VI. waren und warum beide "erfolglos" blieben. Wahrscheinlich sieht Mario von Galli Paul VI. als eigentlichen Urheber der "Fünf Fragen" an.
Vom 25. Okt. schreibt P. Galli, die Bischöfe seien "zermürbt". Vom folgenden Tage heißt es: "Die Moderatoren halten ihre wöchentliche Versammlung mit dem Papst ab. Paul VI. scheint ihren Standpunkt in den fünf Fragen formell zu billigen, sachlich aber der Meinung Ottavianis zuzuneigen". - Pater Galli hätte hier mindestens auch sagen müssen, ob alle vier Moderatoren, z.B. auch Kardinal Agagianian, in den fünf Fragen einig waren oder nicht.
Am 29. Oktober erwähnt P. Galli nochmals die "Verwirrung' unter den Bischöfen wegen der fünf Fragen. Erst am 8. November wird berichtet, daß Kardinal Browne von Irland die Gültigkeit (das heißt wahrscheinlich die Erlaubtheit) der fünf Fragen bestritten habe. Kardinal Döpfner habe die "Gültigkeit" der Fragen am 11. November verteidigt, worauf Bischof Carli von Segno in Italien am 13. November der Abstimmung über die "Fünf Fragen" "jeden Wert abgestritten" habe. Damit seien die Einwände der Konzilsminderheit zunächst verstummt.
Hier wird klar, wie wenig Wert Mario von Galli in seiner Berichterstattung auf die wichtigen Einwände der rechtgläubigen Konzilsminderheit legte.
Die soeben besprochenen "Fünf Fragen" sind zwar ein wichtiger, aber nur ein ganz kleiner Teil in dem geistigen Tohuwabobu des sog. Zweiten Vatikanischen Konzils. Man kann schon an diesem Beispiel sehen, was für eine Feindschaft zwangsläufig zwischen einzelnen Bischöfen entstehen mußte, weil die Führung des Konzils schlechte Ziele hatte.
Ebenso kann man auf dem Hintergrund der "Fünf Fragen" deutlicher erkennen, warum Kardinal Döpfner und Weihbischof Kampe wegen ihres öffentlichen Hochverrates am Papsttum im Februar 1964 nicht abgesetzt wurden. Sie hatten damals beantragt, daß der Papst in Zukunft nur der "Sprecher" der gesamten Ökumenischen Bewegung sein sollte, nicht aber das regierende Oberhaupt der Kirche. Der Papst sollte der Sprecher jener sein, die keinen Papst wollten!
Die ganze Sache war für Karl Rahner nur eine Kleinigkeit in den Auseinandersetzungen jener "hundert Jahre", die gemäß seinen eigenen Worten nötig seien, bis der Zusammenschluß zwischen Katholiken und Protestanten restlos vollzogen sein würde. (Rede bei Gelegenheit einer Tagung der Evangelischen Akademie in Tutzing, Febr. 1964).
Das Staatesekretariat Pauls VI. hat in einem besonderen Schreiben zur Gestaltung des Heiligen Jahres 1975 als Ziel unter anderem auch die "Wiederversöhnung innerhalb der katholischen Kirche" genannt, vgl. Amtsblatt für die Diözese Augsburg Nr. 12 v. 29. Aug. 73.
Eine wirkliche und dauerhafte allgemeine Wiederversöhnung innerhalb der römisch katholischen Kirche könnte es aber nur dann geben, wenn Paul VI. sein Doppelspiel endlich aufgeben und wenn er endlich das ganze sogenannte Zweite Vatikanische Konzil für null und nichtig erklären würde.
Denn die eigentlichen Ziele dieses verderbenbringenden sogenannten Konzils waren das direkte Gegenteil von dem, was Papst Pius X. im Jahre 1910 feierlich bestimmt und vorgeschrieben hatte.
Papst Pius X. erfüllte die Kirche mit Licht und Glanz. Paul VI. aber löschte alle Lichter aus und überläßt die Gläubigen der Finsternis und dem Dunkel.
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