„Da mihi animas“ Der hl. Johannes Bosco – zum Fest am 31. Januar
Von Heinrich Storm
Nur wenige Heilige der gesamten Kirchengeschichte haben eine solch große Verehrung und Beliebtheit im katholischen Volk erreicht wie der hl. Johannes Bosco oder „Don Bosco“, wie er meist ebenso schlicht als ehrfurchtsvoll genannt wird. Und das zu Recht, hat doch die Liebe und das Wirken dieses großen Heiligen vornehmlich dem einfachen Volke gegolten, dem er entstammte und dessen Nöte er kannte. In der Zeit, in der die gleichen falschen Heilslehren und Götzen des Nationalismus, Liberalismus und Sozialismus, denen heute bereits ein Großteil der Menschen geistig zum Opfer gefallen ist, anfingen, ihr zersetzendes Gift zu verbreiten, und in der die beginnende Industrialisierung weite Schichten der Bevölkerung entwurzelte, hat er mit Macht das Banner des Glaubens aufgerichtet, war er wirklich das, was das Evangelium dem Christen aufträgt zu sein, nämlich das Salz der Erde und das Licht der Welt. So soll sein Festtag am 31. Januar uns Anlaß sein, in der Betrachtung seines Lebens und Wirkens Kraft und Vorbild für den eigenen Kampf zu finden.
Johannes Bosco wurde am 16. August 1815 zu Becchi, einem kleinen Weiler der Ortschaft Castelnuovo d'Asti in Piemont geboren. Die Eltern waren arme Bauern, denen es gerade zum Notwendigsten reichte. Nach dem frühen Tod des Vaters, der 1817 starb, wurde die Lage der Familie, zu der außer Johannes noch zwei ältere Brüder gehörten, noch schwieriger. So war es selbstverständlich, daß Johannes schon von Kindheit an den Müßiggang nicht kannte. Wo es möglich war, mußte er der Mutter und den Brüdern bei der Haus- und Feldarbeit beistehen. Sobald er das entsprechende Alter erreicht hatte, verdingte er sich als Knecht bei einem Großbauern, um sich durch eigener Hände Arbeit seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Kindheit und Jugend Don Boscos erscheinen so dem Betrachter - zumal dem, der an das heutige, vergleichsweise bequeme Leben gewöhnt ist – hart, doch hat sie der Heilige selbst niemals als unglücklich empfunden, vor allem, weil er in seiner Mutter geradezu ein Muster christlicher Lebensführung besaß. Sie arbeitete so viel und hart, daß sie es darin mit jedem Mann aufnehmen konnte, und fand doch nebenher noch Zeit zu einer religiösen Erziehung und Anleitung ihrer drei Buben. Gastfreundschaft und Nächstenliebe wurden im Hause Bosco hochgehalten; trotz der eigenen Armut wies Mutter Margarete keinen Bettler oder sonstigen Bittsteller von ihrer Türe ab. Unter solcher Anleitung erwachten in Johannes schon früh Verantwortungsbewußtsein, Frömmigkeit und Reife. Das schloß aber nicht aus, daß er auch ein lebhafter und fröhlicher Lausbub sein konnte. An Geschicklichkeit, Mut und körperlicher Kraft übertraf er die meisten seiner Altersgenossen. Er war bekannt ob der Streiche und artistischen Kunststücke, mit denen er seine Umwelt verblüffte und in Erstaunen setzte. Als Mutter Bosco einmal eine Nachbarin nach deren Ansicht über die Zukunft Johannes befragte, antwortete diese spantan: "Gewiß wird er die ganze Welt durch irgendeine große Teufelei in Staunen setzen."
Die Berufung Johannes zum Seelsorger wurde schon sehr früh offensichtlich. Schon als Kind und auch als Jugendlicher nahm er überall dort, wohin er kamt bald im Kreise seiner Kameraden eine Führerstelle ein, die er jedoch nicht mißbrauchte, sondern als willkommenes Mittel ansah, um diese in religiösen Dingen zu unterrichten und sie zum Beten anzuleiten. Der Heilige selbst berichtet darüber: "Der Wunsch, Kinder und Jugendliche um mich zu sammeln und sie religiös zu unterweisen, tauchte bereits in mir auf, als ich erst fünf Jahre alt war.“ Nach alledem nimmt es nicht wunder, daß Johannes bald das innige Verlangen in sich trug, als Priester die Erfüllung seiner Berufung zu finden. Der Weg dahin aber war für ihn, den armen Bauernsohn, mit Schwierigkeiten und Hindernissen übersät. Es galt zunächst, den Widerstand des älteren Bruders zu überwinden, der Bücher und Studium als eitle Zeitverschwendung erachtete, es galt unter vielen Opfern die ersten Lateinstunden bei benachbarten Priestern zu nehmen und schließlich das Gymnasium im fünf Kilometer entfernten Städtchen Chieri zu besuchen. Nur Johannes' Bereitwilligkeit, alle Opfer auf sich zu nehmen, die selbstlose Unterstützung durch seine Mutter und die Fürsprache und Freigebigkeit einiger Wohltäter ebneten ihm schließlich die Wege. Im Sommer 1835 konnte er endlich zu seiner großen Freude in das Seminar von Chieri als Kleriker eintreten. Sechs Jahre später wurde Don 30sco zum Priester geweiht und hielt am 6. Juni 1841 in Turin sein erstes heiliges Meßopfer. Sein ganzes Leben hindurch hat er stets diesen Tag als den schönsten seines Lebens bezeichnet. -
Statt nun, wie es ihm offen gestanden hätte, sich eine gutbezahlte Stelle als Kaplan oder als geistlicher Erzieher zu suchen, zog der junge, überaus begabte Priester es vor, sich auf Anraten seines später heiliggesprochenen priesterlichen Freundes Joseph Cafasso für weitere 3 Jahre in das „Collegio ecclesiastico" von Turin zu begeben; in der die Neupriester eine gründliche Ausbildung vor allem für die praktische Seelsorge erhielten. Hier vertiefte Don Bosco aber nicht nur seine Studien, sondern sammelte auch bald die ersten erschütternden Erfahrungen in der Großstadtseelsorge. Er begleitete Don Cafasso auf dessen Gängen zu den Ärmsten und Schwächsten der Gesellschaft: den Kranken, Siechen, Armen und Gefangenen. Don Bosco lernte ein Elend kennen, von dem er bis dahin, trotz aller Armut seiner ländlichen Umgebung, nichts geahnt hatte: die materielle und geistige Armut, den Schmutz und die sittliche Verwahrlosung, in denen ein großer Teil der Großstadtbevölkerung lebte. Vor allem das Los der Jugendlichen, die oft völlig mittellos in die Großstadt geschickt worden waren, um dort ihren Lebensunterhalt zu verdienen, ergriff ihn zutiefst: Ohne Mittel und ohne eine fürsorgliche Hand führten sie ein armseliges Dasein, sahen sich schließlich gezwungen zu stehlen oder zu betteln, und verkamen: so äußerlich und innerlich immer mehr.
Don Bosco hatte schon immer ein besonderes Herz für dic Jugend gehabt, daher bedrückte ihn dieser Zustand umso mehr und er sann auf Mittel und Wege, der gefährdeten Großstadtjugend beizustehen. Der 8. Dezember 1841, der Festtag der Unbefleckten Empfängnis Mariens, war der Tag, an dem ein scheinbar unbedeutender Vorfall den Grund legte zu einem riesigen Werk der Nächstenliebe: Als der Heilige sich an diesem Tage zur. Feier der hl. Messe ankleidete, wurde er Zeuge, wie der Meßner einen Buben, der sich in der Sakristei herumgetrieben hatte, mit Prügeln vertreiben wollte. Mitleidig nahm er sich des Jungen an, und nachdem sich auf Befragen herausgestellt hatte, daß dieser Vollwaise und in fast völliger religiöser Unwissenheit befangen war, bot er kurz entschlossen sofort an, ihm Katechismusunterricht zu erteilen. Don Bosco muß das Vertrauen dieses Jungen gewonnen haben, denn das nächste Mal brachte er acht seiner Kameraden mit. Innerhalb weniger Monate waren es bereits 50 Jugendliche, die Don Bosco unterrichtete, und ihre Zahl nahm ständig weiter zu. Bald mußte der Heilige dem Ganzen festere organisatorische Formen geben: Er setzte Helfer, Söhne angesehener Familien, ein, teilte seine "Herde" in Gruppen und gestaltete die Sonntage, an denen man sich traf, mit einem Programm, zu dem der Besuch der hl. Messe und meist das Beichthören gehörten, in dem die religiöse Unterweisung, aber auch das fröhliche, auegelassene Spiel und erholsame Ausflüge ihren Platz hatten.
So war ohne großes menschliches Planen das „Oratorium" Don Boscos entstanden, das in seinem Grundrhythmus von sakramentalem Leben, religiöser Unterweisung und fröhlichem Spiel nicht mehr verändert werden sollte. Die Entwicklung des Oratoriums in den Einzelheiten nachzuzeichnen, ist an dieser Stelle nicht möglich. Nach allem, was ersichtlich ist, kann sie nur ein sichtbares Wunder der göttlichen Vorsehung genannt werden. Zu Beginn seines Unternehmens bestand die große Schwierigkeit für Don Bosco darin, einen geeigneten Platz für seine immer größer werdende Schar zu finden. Jahrelang mußte er mit ihr von Ort zu Ort ziehen, indem er ihr nach seinen eigenen Worten „eine Obhut ohne Obdach" bot. Erst 1846 fand das Oratorium in einem größeren Schuppen im Turiner Vorort Valdocco eine eine endgültige Bleibe. Aus diesem armseligen Gebäude entwickelten sich im Laufe der Jahre und Jahrzehnte die heutige, umfangreichen Baulichkeiten des Turiner Oratoriums. -
Nachdem die Zahl der Jugendlichen in die Hunderte ging und sich tausend näherte, mußte sich Don Bosco nach priesterlichen Mitarbeitern umsehen, die so wie er gesinnt waren. Aus dieser Gemeinschaft ging 1859 die Salesianische Gesellschaft hervor, in deren Gründungsprotokoll es heißt: "Alle versammelten sich in der einen Gesinnung: sie wollen den Geist echter Nächstenliebe erhalten und fördern, jenen Geist, der erforderlich ist zur Arbeit in den Oratorien, unter gefährdeten und verwahrlosten Jugendlichen, welche in diesen unheilvollen Zeiten auf tausenderlei Art verführt und in die Gottlosigkeit gestürzt werden. Darum beschlossen die ... Versammelten; eine Gesellschaft ... zu schaffen, zur gegenseitigen Hilfe in der Selbstheiligung und mit dem Vorsatz, die Ehre Gottes und das Heil jener Seelen zu fördern, die der Erziehung und des Unterrichts besonders bedürfen.“
Seit 1847 hatte Don Bosco Jugendliche auch über Nacht aufgenommen, wobei die letzten Reste des eigenen und des mütterlichen Erbteils den Grundstein zu diesem ersten "Salesianischen Jugendheim“ legten. Allmählich wurde das Oratorium für immer mehr Jugendliche eine bleibende Stätte. Für diese mußte Don Bosco nun Schulen und Lehrwerkstätten einrichten, die sich in ihren Methoden positiv von allen bis dahin bestehenden Einrichtungen dieser Art abhoben und in ihrer bewährten und ausgewogenen Dreiteilung der Zeit in Arbeit, Freizeit und Gebet die Erziehung der jungen Menschen auf völlig christliche Grundlage stellten.
Dem immer mehr sich ausbreitenden und verfächernden Werk, das Bon Bosco unter den Schutz des von ihm besonders verehrten hl. Franz von Sales gestellt hatte, blieben Anfeindungen und Kämpfe nicht erspart. In den ersten Jahren, als der Gründer noch mit seinen Jungen durch die Straßen von Turin zog, hielten ihn nicht wenige gerade unter seinen geistlichen Mitbrüdern für übergeschnappt, legten ihm viele Steine in den Weg und planten sogar ernsthaft, ihn zur "Heilung" ins Irrenhaus einliefern zu lassen. Auch die staatlichen Behörden sparten - im Zeitalter des "Risorgimento", der italienischen Einigung unter freimaurerischen Vorzeichen - nicht mit Mißtrauen dem "Papisten“ gegenüber; das Oratorium wurde mehrfach, allerdings erfolglos, Objekt polizeilicher Durchsuchungen. Ja, die Feinde des Heiligen schreckten selbst vor Mordanschlägen nicht zurück, denen dieser wohl nur dadurch entging, weil offensichtlich die Hand Gottes über ihm war. -
Daß Don Bosco inmitten all dieser Sorgen und Mühen für die Erhaltung und den Ausbau seines Oratoriums und der Salesianischen Gesellschaft auch noch die Zeit für eine umfangreiche literarische Tätigkeit fand, muß als wahres Wunder bezeichnet werden. Unter seinen Werken ragen eine "Italienische“, und eine "Kirchengeschichte" hervor- daneben verfaßte er aber auch praktische Bücher, z.B. über den Weinbau oder über das (neueingeführte) Dezimalsystem, viele marianische und aszetische Schriften, sowie Heiligenbeschreibungen und eine Unzahl von Artikeln und Briefen. Viele dieser Schriften erschienen in der von ihm gegründeten Zeitschrift "Letture Cattoliche“ (Katholische Lektüren) oder wurden in der Druckerei seines Oratoriums gedruckt.
Die große Bekanntheit und Beliebtheit, deren sich der Heilige bald in immer weiteren Kreisen erfreut, brachte es mit sich, daß er in zunehmenden Maße als Prediger verlangt wurde. Seine Predigtreisen, in denen er auch für sein großes Jugendwerk warb, führten ihn nicht nur durch ganz Italien, sondern auch nach Frankreich und Spanien, wo er bei seinen Besuchen stürmisch gefeiert wurde. Selbst in der politischen Geschichte Italiens hat dieser außergewöhnlich vielseitige Heilige seinen Platz: Treuer Sohn des Papstes, aber auch loyaler Untertan der Monarchie, der er war, gelang es ihm, als Miittelsmann des Hl. Stuhles erste Ansätze zu einem neuen Verhältnis zwischen dem Papst und dem italienischen Staat, dessen Einigung der Kirchenstaat widerrechtlich zum Opfer gefallen war, zu schaffen.
Als eine letzte Großtat Don Boscos muß schließlich auch das Salesianische Missionswerk genannt werden. 1875 wurden die ersten salesianischen Missionare nach Patagonien (Südargentinien) ausgesandt. Die ersten schönen Früchte dieser Mission durfte der Heilige noch erleben, bevor ihn Anfang des Jahres 1888 Krankheit und Erschöpfung auf das letzte Lager niederwarfen. Seine letzte Sorge galt, wie sein ganzes, so ungeheuer arbeitsreiches und erfülltes Leben, seinen Jugendlichen und seinen Oratorien. Unter großer Anteilnahme der Turiner Bevölkerung starb er am 31. Januar 1888, nachdem er die schönen Worte hatte sprechen können: "Ich habe immer nur getan, was ich konnte. Nun geschehe Gottes heiliger Wille an mir.“ Wer würde da nicht unwillkürlich an den Völkerapostel erinnert, wenn er ausruft: „Ich habe den guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet, den Glauben bewahrt. Im Übrigen harrt meiner die Krone der Gerechtigkeit, die mir der Herr an jenem Tage geben wird, der gerechte Richter.“ (2 Tim.4,7-8)
Wenn man sich fragt, worin die eigentliche Bedeutung im Lebenswerk des hl. Johannes Bosco liegt, so muß die Antwort lauten: In seinem Wirken als ein wahrer Apostel der Jugend. Das war seine göttliche Berufung, die er schon in jungen Jahren klar erkannte: „Das war der einzige Wunsch, den ich kannte: Mich zeitlebens der Jugend widmen zu dürfen. Die Arbeit an der Jugend schien mir die einzige Aufgabe zu sein, derentwegen ich überhaupt auf der Welt war." Wie tief er sich dieser seiner Aufgabe verbunden wußte, zeigt uns sein Ausspruch: "Wenn man mich fragen würde, ob ich meine Jugendlichen gern habe, würde ich antworten: Ich liebe sie, und zwar alle gleich. Es ist gerade so, als ob mich jemand fragen würde, ob ich meine Hand oder meine Finger gern habe.“ Die Liebe allein befähigte Don Bosco, zu einem der größten Erzieher der Jugend in der Neuzeit zu werden, sie war das Fundament und das Programm seiner Erziehung. Man darf sie allerdings keinen Augenblick lang mit einer bloßen Zuneigung verwechseln: Der hl. Don Bosco war mit allen Fasern seines Herzens Priester und Seelsorger, der aus der Liebe zu Christus und seiner Braut, der Kirche, lebte. Liebe zum Nächsten bedeutete daher für ihn in erster Linie Sorge für das Heil seiner unsterblichen Seele, indem er ihm die Gnadenmittel der Kirche, die Sakramente, vermittelte. „Da mihi animas, cetera tolle": "Nimm alles übrige hinweg, aber gib mit die Seelen!“ (Gen. 14,1) war der Wahlspruch, dem er mit unbeirrbarer Konsequenz folgte. Wollte Don Bosco das Vertrauen eines Jungen gewinnen, so kam es nicht selten vor, daß er an ihn herantrat und ihn um seine Freundschaft und Unterstützung bat. Wenn dieser dann bereitwillig fragte, wobei er ihn denn unterstützen solle, so lautete die Antwort: „Es gibt nur das Eine, daß deine Seele gerettet wird, dabei mußt du mich unterstützen. Alles andere ist unwichtig.“ Man hat den Heiligen oft nach dem Geheimnis seiner erstaunlichen Erziehungserfolge gefragt. Stets konnte er darauf nur die Antwort geben: „Die häufige Beichte, der eifrige Kommunionempfang, das sind die Säulen, die ein Erziehungsgebäude tragen müssen, wenn man Prügel und Strafen aus einem Jugendheim fernhalten will. Niemals verpflichte man aber die Jugendlichen zum Sakramentenempfang. Es ist ganz offensichtlich: Der große Erzieher Don Bosco lebte aus dem noch größeren Seelsorger und Priester, der zwar das helfende Wort, die belehrende Predigt als wichtige Mittel zur Gewinnung der Seelen ansah, die getreue Verwaltung der Sakramente, vor allem der Buße und der hl. Eucharistie, aber als das bei weitem wichtigste. "Wollt ihr, daß euch der Herr liebt? Dann besucht ihn oft! Wollt ihr, daß er euch fremd wird? Besucht ihn selten' Wollt ihr, daß das Böse über euch Macht gewinnt? dann geht selten zur hl. Kommunion. Wollt ihr, daß euch der Teufel meidet? Dan findet euch oft vor dem Tabernake1 ein, meine Lieben. Die Besuchungen dos Allerheiligsten sind ein durchaus notwendiges Mittel, den bösen Feind zu überwinden. Besucht deshalb häufig den Heiland, und der Teufel wird euch gegenüber den Kürzeren ziehen.“
Wenn Don Boscos Arbeit auch in erster Linie der Gewinnung der Jugend galt, weil er erkannt hatte, daß davon die Zukunft der Kirche abhing, so gingen doch seine Bemühungen um die Rettung der Seelen weit über diesen eingeschränkten Bereich hinaus. Ja, man muß sagen, daß alles, was er ins Werk setzte, letztlich dem einen Grundsatz des „Da mihi animas“ untergeordnet war. Einmal dienten diesem Zweck seine Predigttätigkeit und noch mehr seine Leistungen als Verleger und Schriftsteller, durch die er vor allem dem einfachen Volk unverfälschtes katholisches Schriftgut an die Hard geben und es vor den mannigfachen modernen Irrtümern bewahren wollte, und durch die er ein Patron der katholischen Presse geworden ist. Diesem selben Zweck diente aber auch seine politische Tätigkeit, durch die er den Päpsten und damit der ganzen Kirche ganz wesentliche Dienste geleistet hat. Papst Pius IX. hat er einmal auf dessen Frage, welche Politik er ihm empfehle, geantwortet: „Heiligkeit, meine Politik deckt sich mit Ihrer Politik. Es ist die Politik des Vaterunsers. Im Vaterunser bitten wir täglich darum, daß das Reich des himmlischen Vaters zu uns komme, das heißt, daß es sich auf Erden immer weiter ausbreite, lebendiger und mächtiger werde. Das ist auch das Wichtigste." Wenn der Heilige selbst zu den liberaler und freimaurerischen Ministern des italienischen Risorgimento gute Beziehungen pflegte, dann deshalb, weil er sich davon neben der Sorge für deren persönliches Seelenheil auch eine Ausbreitung des Gottesreiches versprach. Es ist von ihm der bezeichnende Satz überliefert, „er fände nichts dabei, auch vor dem Satan den Hut zu ziehen, wenn dieser ihm dafür eine Seele überließe."
"Dedit illi Deus sapientiam et prudentiam multam nimis, et latitudinem cordis quasi arenam quae est in littore maris.“ (3 Kön.4/29) („Gott gab ihm Weisheit und Einsicht in Überfülle und eine Weite des Herzens gleich dem Sand am Gestade des Meeres.") Ja, die Weite des Herzens, wie sie der Introitus am Feste des Heiligen preist, war ein beherrschender Zug seines Wesens. Der Gedanke an die allumfassende Güte Gottes, aber auch der an das Elend oder Unglück des Mitmenschen konnte ihn zu Tränen rühren, die er allerdings meist scheu zu verbergen suchte. Seine Güte und Fröhlichkeit gewannen ihm alle Herzen und machen aus ihm einen Verkünder und ein Vorbild wahrhaft christlichen Frohsinns, der für ihn ein wesentlicher Zug der christlich-katholischen Lebensauffassung war. Die Meinung, daß ein gottgefälliges Leben mit finsterem Ernst einhergehen müsse, nannte er sogar ein Mittel des Satans zur Verblendung und Verführung der Jugend. -
Der Heilig war reich ausgestattet mit natürlichen und übernatürlichen Gaben. Zu den ersten zählte seine umfassende Begabung und seine ungewöhnliche Konzentrationsfähigkeit und Arbeitskraft, zu den zweiten die unerhörte Gewalt, die er über die Herzen der Menschen besaß. Vieles läßt darauf schließen, daß er oft direkten Einblick in die Seelen anderer Menschen besaß. Auch Ekstasen und Prophezeihungen, die zum Großen Teil eingetroffen sind, sind uns von ihm überliefert. Schon zu seinen Lebzeiten geschahen durch seine Vermittlung zahlreiche Wunder körperlicher und seelischer Heilung. Das alles soll uns aber nicht vergessen lassen, daß auch der hl. Johannes Bosco sich seine Heiligkeit durch eiserne Anspannung seines Willens erkämpfen mußte. Demut und ein unbegrenztes Gottvertrauen, das sich bewußt war, daß ohne Gottes Hilfe alles menschliche Tun sinnlos ist, waren die Früchte zeitlebens geübter Selbstzucht. Don Bosco hatte keine großen oder schaudereregenden Bußwerke vollbracht, und doch besaß er einen durch und durch bußfertigen Geist, der sich an seinen Worten ermessen läßt: "An Bußwerken herrscht kein Mangel: Hitze, Kälte, Krankheiten, Erlebnisse, Verhältnisse, das sind für uns die Gelegenheiten zur Abtötung." All diese Gelegenheiten hat er in reichlichem Maße wahrgenommen und so alles Schwere und alles Leid seines Lebens als Gesamtopfer dem Herrn dargebracht, -
Bitten wir darum den "armen Don Bosco", wie er sich gerne nennen ließ, diesen großen und uns doch so nahen Heiligen, daß er uns auch über seinen irdischen Tod hinaus ein mächtiges Bollwerk gegen die Umtriebe des Satans sei, daß sein Beispiel uns helfe, bei aller Schwere des Lebens nicht zu verbittern, trotz aller Enttäuschungen nicht Güte und Vertrauen zum Mitmenschen zu verlieren, sondern demütig zu sein im Bewußtsein der eigenen Schwäche und fröhlich im Vertrauen auf die nie versiegende Güte Gottes.
Heiliger Don Bosco, du hast noch auf deinem Sterbebett die dir Anvertrauten nicht vergessen und gesagt: „Sagt den Jungen, ich erwarte sie alle im Himmel.“ Nimm auch uns als deine „Jungen", deine Kinder in die Schule deiner Erziehung, damit wir so den Weg zum Himmel finden' wo wir einst auch dich zu sehen hoffen.
Literatur:
Carlo Salotti, Der hl. Johannes Bosco, München 1953 L. Matt/ H. Bosco, Don Bosco.
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