Die Mädchen und das Geschrei
-Im Radio Vatikan -
Von Walter W.E. Dettmann
Es ist längst bekannt, wie sehr die heutigen Bischöfe und Ordensoberen von Paul VI. ganz zu schweigen' ihre Aufsichtspflicht in geistlichen Dingen vernachlässigen. Das ökumenische und pluralistische Fell' das sich die Oberhirten statt des bisherigen heiligen Ornates umgelegt haben' ist so dick, daß alle Mahnungen unbeachtet bleiben.
Deshalb müssen wir öffentlich sagen und anprangern, wie sehr das Wort Gottes unter der Oberaufsicht unserer sog. Konzilsväter geschändet und verhunst wird. Am Samstag, den 11. November 72 hat ein Kapuzinerpater aus Winterthur in der Schweiz in dem von Jesuiten geleiteten Radio Vatikan das "Wort zum Sonntag" gesprochen.
Er behandelte das Gleichnis von den fünf klugen und den fünf törichten Jungfrauen. Dabei sprach er aber niemals von "Jungfrauen", wie es die Kirche auf Grund des griechischen und lateinischen Textes der Heiligen Schrift bisher immer getan hat, sondern nur von "Mädchen", als ob der himmlische Bräutigam kein Interesse daran hätte, wirkliche Jungfrauen als sein Gefolge zu besitzen.
Das, was sich Kapuziner und Jesuiten in progressistischer Spinnerei im Radio Vatikan geleistet haben, ist nicht nur eine Verfälschung des Bibeltextes, sondern es ist eine indirekte Aufforderung an unseren Herrn Jesus Christus, sich mit den traurigen Zuständen in der heutigen Kirche abzufinden, in der man keinen Unterschied mehr kennt zwischen einem Mädchen und einer Jungfrau.
Die Verwendung des Wortes "Mädchen" statt "Jungfrau" durch die Jesuiten und Kapuziner zeigt, daß die heutigen Ordensleute den Verlust der Jungfräulichkeit schon vor der Ehe bei allen Mädchen als eine Selbstverständlichkeit betrachten. Die Wertschätzung der Jungfräulichkeit ist bei den Ordensleuten auf den Nullpunkt gesunken.
Bisher ist es noch keinem ernsten Protestanten eingefallen, in dem Gleichnis von den zehn Jungfrauen das Wort "Jungfrauen" durch den Ausdruck "Mädchen" zu ersetzen. Das hat auch Martin Luther nicht getan. So etwas tun heute nur die progressistischen Übersetzerinnen im sog. Katholischen Bibelwerk Stuttgart und die Jesuiten und Kapuziner bei Radio Vatikan.
Die Sprachkenntnisse dieser Leute gleichen einem viel zu kurzen Minirock und offenbaren einen bedenklichen Mangel an Schamgefühl. Sie schämen sich nicht die heiligen Worte des Herrn zu verfälschen.
Die heutigen Jesuiten und Kapuziner haben ihre Unfähigkeit zum Predigtamt bewiesen. Sie und die Bischöfe wollen keinen Zölibat mehr. Denn sie wollen keine Jungfräulichkeit mehr.
Ob sich die Bischöfe diese Mahnung zu Herzen nehmen, ist sehr fraglich. Denn der Bischof von Graz-Seckau in Österreich hat bereits zwei unbesetzte Pfarreien an Ordensfrauen (oder "Ordensmädchen"?) übergeben. Auf diese Weise wird der Wechsel zwischen männlichen und weiblichen Gemeindevorstehern langsam vorbereitet: Unsere Bischöfe befinden sich bereits in den Wechseljahren - Nachwuchs kommt keiner mehr. Zu der Übergabe der Pfarreien Selztal und Großlobming in der Steiermark an Ordensfrauen meldete Radio Vatikan am 60 November 1972, dies sei ein hoffnungsvoller und vielversprechender Anfang!
Es ist also durchaus möglich, daß auch Radio Vatikan eines Tages in die Hände von Mädchen übergeht. Der progressistische Kapuziner gab aber noch etwas anderes zum besten; er sagte: "Um Mitternacht erhob sich ein Geschrei:'Auf, der Bräutigam kommt, geht ihm entgegen!"
Bisher hieß es im deutschen Text des Gleichnisses stetes "Um Mitternacht erhob sich der Ruf". Auch die Übersetzerinnen beim Katholischen Bibelwerk in Stuttgart verwenden in ihrem "Neuen Testament" das Wort "Geschrei".
Aber das Wort "Geschrei" besagt immer etwas Ungeordnetes und etwas Wildes. Es ist unserem Herrn Jesus Christus nicht zuzumuten, daß er als himmlischer Bräutigam in seiner nächsten Umgebung Geschrei duldet.
Wenn ein Prediger im Gleichnis von den fünf klugen und den fünf törichten Jungfrauen an dieser Stelle das Wort "Geschrei" verwendet, so beweist er damit, daß er das Gleichnis noch nicht richtig durchdacht hat.
Jesus Christus schildert nämlich, daß alle zehn Jungfrauen infolge der verzögerten Ankunft des Bräutigams eingeschlafen waren Sie hatten kein anderes "Mädchen" beauftragt, sie rechtzeitig zu wecken. Im Gegenteil! der selbstverständliche Sinn des Gleichnisses ist der, daß alle Bürger der Stadt bei der Ankunft des Bräutigams schliefen. Welcher Mensch wußte auch, daß ausgerechnet zehn Jungfrauen beim Warten eingeschlafen waren? - Das wußte offenbar nur der Bräutigam selbst und sein himmlisches Gefolge, nämlich die Engel. Die Engel sind es, die die Zehn Jungfrauen wecken, und zwar mit den Posaunen des Gerichtes.
So wenig die zehn Jungfrauen bloß gewöhnliche Mädchen sind' sondern die gesamte Christenheit (das "Himmelreich") darstellen, so wenig geht der Weckruf von Menschen aus. Der Weckruf zur Ankunft des himmlischen Bräutigams geht von den Engeln aus, und die Engel erheben kein "Geschrei, sondern sie lassen einen mächtigen Ruf erschallen: "Seht, der Bräutigam kommt!"
Das ist dem Kapuzinerprediger von Radio Vatikan bisher noch nicht klar geworden.
Nachtrag zum vorauegegangenen Artikel:
Abgesehen von heutigen protestantischen Übersetzungen des Neuen Testamentes gibt es ältere katholische Ausgaben, die bei der Ankunft des Bräutigams im Gleichnis von den zehn Jungfrauen ebenfalls das Wort "Geschrei" verwendet haben, z B. die Ausgabe von Augustin Arndt S.J. (1921) und die vielen Ausgaben, die Dr. Josef Franz Allioli zwischen den Jahren 1830 und 1892 veröffentlichte. Aber man sieht auf den ersten Blick, daß diese damaligen Ausgaben dem heutigen Sprachempfinden nicht mehr gerecht werden. Denn Allioli sagte z.B. noch im Jahre 1892: "Als nun der Bräutigam verzog, wurden alle schläferig und entschliefen."
Augustin Arndt hat diesen Satz im Jahre 1921 nur teilweise verbessert, indem er sagte: "Da aber der Bräutigam verzog, wurden alle schläfrig und schlummerten ein". Aber auch in dieser Form kann der Satz heute nicht mehr ohne Mißverständnisse vorgelesen werden, weil er dem Sinn des Evangeliums nicht mehr entspricht.
Der Bräutigam verzögerte nämlich nur sein Kommen, aber er "verzog" nicht. Der Bräutigam war nicht einmal "im Verzug", wie man heute sagen könnte, wenn er sich auf eine bestimmte Zeit der Ankunft verpflichtet und diese nicht eingehalten hätte.
Man muß heute also auch das Wort "Geschrei" prüfen, ob es in dem Gleichnis von den fünf klugen und den fünf törichten Jungfrauen verwendet werden darf oder nicht.
Der hl. Johannes Chrysostomus sagt über die Worte "Um Mitternacht erscholl der Ruf" unter anderem das, daß auch schon der Apostel Paulus diesen Ruf meinte, wenn er im 1. Brief an die Thessalonicher schrieb, daß der Herr "bei der Stimme des Erzengels und der Posaune vom Himmel" herabsteigen werde. Vgl. 1. Thess. 4,16.
Die Stimme des Erzengels wird man aber sicher nicht als ein "Geschrei" bezeichnen dürfen. Das Wort "Geschrei" paßt besser für die furchtbaren Weherufe der Verdammten. Auch der hl. Augustinus sagt wiederholt, daß sich dieser Ruf in Gleichnis der zehn Jungfrauen auf jenen Augenblick bezieht, in dem die Posaune zum Gericht rufen wird. In welcher Weise die beiden großen Kirchenlehrer Chrysostomus und Augustinus über das Gleichnis der zehn Jungfrauen gesprochen hätten, wenn sie im Radio Vatikan hätten zu Wort kommen können, wird in einer besonderen Betrachtung dargelegt werden.
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