"Für alle" - Binsenwahrheiten oder nicht?
von Luise v. Weymarn
Ich fragte einen Gymnasiallehrer für Altphilologie, ob ein Schüler in der ersten Lateinklasse einen "Einser" oder einen "Fünfer" bekommt, wenn er immer wieder "pro multis mit "für alle" übersetzt. Sicherlich keinen Einser, war die vorsichtige Antwort. Und wenn er dazu auch noch die Frechheit hat, seinem Lehrer beibringen zu wollen, daß "für alle" die viel bessere Auslegung von pro multis wäre, und wenn er für dieses "bessere Verständnis" auch noch die Mitschüler gegen den Lehrer aufwiegelt, ob er dafür - auch bei der heutigen Narrenfreiheit in unseren Schulen - eine besondere Auszeichnung von der Schulleitung bekommt, oder ob man nicht vielleicht sogar den Schularzt bemühen würde, um festzustellen, ob man diesen 'überbegabten' Schüler nicht besser in die Hilfsschule schicken würde.
Oder umgekehrt, wenn z.B. ein Lehrer seinen Schülern eine solche Art der besseren Auslegung beibringen möchte, ob da nicht auf der Stelle der Elternbeirat - in dem sicherlich auch sog. mündige Laien sitzen - sich beschweren würde, daß man ihren Kindern einen solchen Unsinn einzupauken versucht. Und dies mit Recht, weil man einfach aus ja nicht nein und aus viele nicht alle machen kann.
Aber unsere sog Priester dürfen sich Tag für Tag - auf Kosten der Heiligkeit der Konsekrationsworte ihren Fünfer in Latein verdienen und dürfen das auch noch... der Leichtgläubigkeit des Kirchenvolkes als Bemühen um ein besseres Verständnis angaukeln. Oder: Ein reicher junger Mann bezahlt für seine Freunde das Mahl. Sogleich stehen auch die übrigen Gäste im Lokal auf und gehen ohne zu bezahlen nach Hause, obgleich sie nie die Freunde des jungen Mannes waren, ja mancher sogar das Angebot der Freundschaft in den Wind geschlagen haben mag. Nun aber sagen sie, daß der bezahlt hat, gilt nicht nur für viele, es gilt auch für uns, es gilt für alle. Ob sich ein Richter finden wird der ihnen Recht gibt?
Aber sogenannte katholische Theologen nehmen für sich in Anspruch, diese Beugung der göttlichen Gerechtigkeit einfach verfügen zu können. Oder haben diese gelehrten Herren nie Latein gelernt? Dann dürfte es Zeit werden! Denn auch in der heutigen, häretischen Kürzung der Liturgie der hl. Messe steht immer noch: "pro multis" im lateinischen Text.
Aber - keine Binsenweisheit ist dieses:
Der bei vielen unter uns noch in dankbarem Andenken stehende, beispielhaft fromme P. Ludger Rid OSB erzählte einmal in einer Predigt, noch ganz unter dem Eindruck des entsetzlichen Erlebnisses, er sei von einer verzweifelten Mutter an das Sterbebett eines jungen Menschen gerufen worden. Dieser hatte Tag für Tag nur Flüche auf den Lippen. Als er nun an dem Lager des Sterbenden stand, habe dieser sich jeden Zuspruch verbeten mit den entsetzlichen Worten, daß er sich darauf freue, nun endlich eine Ewigkeit gegen diesen Gott fluchen zu können. Es war P. Ludger nicht möglich, wenigstens zu erfahren, was der Anlaß zu dieser furchtbaren Haltung gewesen sein konnte.
Heute aber steht die Frage im Raum - an alle Priester, die es verantworten müssen und an alle Laien, die sich nichts dabei denken, wenn Tag für Tag das heilige Meßopfer zur Farce gemacht wird - ob es auch nur für den Bruchteil einer Sekunde für möglich gehalten werden könnte, daß nach dem letzten Sinn das: "für alle", wenn es nicht gelogen wäre, und in seiner letzten logischen Konsequenz Gott diesen Menschen dann im besonderen Gericht gezwungen haben könnte, dennoch erlöst zu sein?
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