Kurze Zusammenfassung der Argumente für das „für viele“ in den Wandlungsworten über den Wein
von Klaus Wodsack
Thesen: 1) Das"pro multis" der Wandlungsworte über den Wein muß mit "für viele" und darf nicht mit "für alle" übersetzt werden.
2) Soll eine gültige Konsekration zustande kommen, so muß u.a. die richtige Konsekrationsform angewandt werden.
B E G R Ü N D U N G :
I. Philologische Begründung
1) Das Hebräische, das Aramäische, das Griechische und das Lateinische kennen - wie die modernen Volkssprachen - eindeutig jeweils verschiedene Worte) um
(a) eine eingeschränkte Menge
(b) eine umfassende (bzw. Gesamt-) Menge auszudrücken.
2) Die eingeschränkte Menge - also "viele" - heißt in den Sprachen, in denen die Wandlungsworte überliefert wurden:
polloi (im Griechischen) multi (im Lateinischen)
Die umfassende(bzw. Gesamt-) Menge - also "alle" - wird in denselben Sprachen mit den Worten: pantes (im Griechischen) und omnes (im Lateinischen) ausgedrückt
3)
(a) In der ältesten, weil aus der Praxis der Hl. Messe (die ja schon gefeiert wurde, bevor die Texte der Evangelien entstanden und hevor der hl. Apostel Paulus seine Briefe schrieb) stammenden Überlieferung der Wandlungsworte über den Wein: in den Wandlungsworten des Missale Romanum des hl. Pius'V. heißt die entsprechende Stelle: "qui pro multis effundetur". Diese Formel ist im Florentinum im Dekret für die Armenier als "aus apostolischer Tradition stammend" (und d.h. von den Aposteln Petrus und Paulus stammend) dogmatisiert.
(b) Das Matthäus- und das Markus-Evengelium (einzige genau zutreffende Zeugnisse des NT in dieser Frage) haben an der Stelle des Berichtes über die Einsetzung der hl. Eucharistie: Mt. 26,28: peri pollon, Mk. 14,24: hüper pollon
(c) Das lateinische "pro multis" heißt ins Deutsche übersetzt "für viele", in Grenzfällen kann auch "für die Vielen" bedeuten, da das Lateinische keinen Artikel kennt. Das Griechische jedoch kennt den Artikel, dieser fehlt hier aber, folglich scheidet auch die Übersetzung' mit dem "die" im Deutschen aus. peri pollon (bzw. pro multis) kann also nur mit "für viele" übersetzt werden.
(d) Zur Widerlegung der Hypothesen des Joachim Jeremias (Artikel Polloi in Theologisches Wörterbuch zum NT, VI 1959, 536, 27f.)hinsichtlich der postulierten aramäischen und hebräischen Formen vgl. den Aufsatz "Das für viele vergossene Blut" von Wilfried Pigulla in Münchner Theologische Zeitschrift (Herausgeber Leo Scheffzyk und Keilbach), 23. Jahrgang Heft 1/1972; S.72 ff.
II. Theologisch-systematische Begründung
1) Dogmatische Grundsätze:
(a) Jesus Christus, der Sohn Gottes, hat am Kreuz die gesamte Sündenlast der Menschheit getragen und gegenüber Gottvater gesühnt. (Universale Satisfaktion) Vgl. Joh. 1,29: "Sehet das Lamm Gottes, das hinwegnimmt die Sünde der Welt".
(b) Jesus Christus hat das Heil, das für de Menschen durch Seinen Kreuzestod wieder zugänglich wurde, allen Menschen angeboten(Universales Heilsangebot) Vgl. Mat. 28,18 "Mir ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf Erden. Darum gehet hin in alle Welt, und lehret alle Völker und taufet sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehret sie alles halten, was ich euch befohlen habe. " Und die Heilskraft Christi hätte auch alle Menschen retten können.(sufficientia)
(c) Tatsächlich rettet Christus jedoch nur eine eingeschränkte Zahl von Menschen, da der Mensch, um gerettet zu werden, durch die entsprechende religiöse und sittliche Disposition (Glauben und Sittlichkeit) mit der Gnade Gottes mitwirken muß; d.h. Gott respektiert die Freiheit des Menschen. (Eingeschränkte Heilszuteilung: effectus, efficientia)
2) (a) Die Mittel dieser Heilszuteilung sind die Sakramente. Um das Heil den Menschen zuzuteilen, hat Christus die Sakramente eingesetzt. Die Spenderin der Sakramente ist die Kirche. Die Kirche unterliegt dem Gebot, Christi (Vgl. o. Mt. 28,18 ff.). Nur wer dem Gebot Christi ohne Einschränkung gehorcht, kann vollgültiges Glied der Kirche sein. (b) Die Sakramente sind von Christus eingesetzt, d.h. die Kirche ist auch in diesem speziellen Fall streng auf das verpflichtet, was Christus getan hat - (vgl. „Haec quotiescumque feceritis, in mei memoriam facietis.“ Missale Romanum) - und zwar in dreierlei Hinsicht:
(1) hinsichtlich der Materie des Sakramentes. (Bei der hl. Eucharistie: Brot und Wein) (2) hinsichtlich der Form des Sakramentes. (Bei der hl. Eucharistie: Die Worte, mit denen Christus selbst die Wandlung bei der Einsetzung des Allerheiligsten Altarsakramentes vollzog. Der Priester zitiert die Worte Christi: "Qui pridie ...deditque discipulis suis: dicens ... Simili modo ... deditque discipulis suis, dicens..." Wer das "für alle" spricht, spricht nicht die Worte Cbristi. Er gibt aber vor, die Worte Christi zu sprechen. In Wirklichkeit sind es nicht die Worte Christi: Er täuuscht und lügt!)
(3) hinsichtlich des kirchlichen Spenders und der Intention des Spenders beim Vollzug des Sakramentes (Bei der Hl. Eucharistie ist hier z.B. der strikte Glaube an das Dogma der Wesensverwandlung der Gaben -Transsubstantiation - nötig; daher auch die Worte "mysterium fidei".)
Erst wenn alle 3 Stücke der Anordnung Christi gemäß vollständig verwirklicht werden, kommt es zu einer gültigen Setzung des Sakramentes (bei der Hl. Eucharistie: zu einer gültigen Konsekration).
3) Als Mittel der Heilszuteilung dürfen die Sakramente rechtmäßig nur demjenigen, der rechten Glauben hat, zugänglich gemacht werden. Der rechte Glaube und die geforderte sittliche Disposition sind die Bedingung für den Empfang des Sakramentes.
Vl. Mk. 16,16: "Wer glaubt und sich taufen läßt, wird selig werden; wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden." Mt. 7,6 f.: "Gebet das Heilige nicht den Hunden und werfet eure Perlen nicht den Schweinen vor, damit sie nicht etwa mit ihren Füßen sie zertreten, sich umkehren und euch zerreißen." (Vgl. demgegenüber: Interkommunion, Handkommunion) l Kor. 11,27: "Wer daher unwürdig ißt und trinkt, der ißt und trinkt sich das Gericht, da er den Leib des Herrn nicht unterscheidet."
Nun ist es aber definierte Lehre der Kirche, daß nicht alle Menschen, sondern nur eine eingeschränkte Zahl der Menschen (eben nur viele) den Akt des Glaubens mit allen seinen Konsequenzen leisten und also gerettet werden können.
4) Das Allerheiligste Sakrament des Altares ist der Bund Gottes mit den Menschen: novum aeternum testamentum. Gott ist h e i l i g und fordert, daß der Mensch Ihn würdig empfange. Dazu sind aber nur viele, nicht alle Menschen in der Lage (s.o.). Also schließt Gott Seinen Bund durch Christus tatsächlich nur mit vielen, nicht mit allen Menschen. Folglich kommt die Gnade, die in diesem Bund liegt (z.B. Sündervergebung) nur vielen, nicht allen zugute. Im Bundesschluß mit Gott sind nur diejenigen Menschen enthalten, die den von Ihm geforderten Anteil leisten (Vorbild: die Heiligen und Märtyrer, vgl. den Canon Missae des Tridentinischen Missale Romanum), und das sind nur viele. - An dieser Stelle wird ganz klar, daß die begrifflichen Elemente "Bundesblut" (und allein davon ist in der Heilszuteilung, dem Sakrament, die Rede!) und "für alle vergossen" - wenn man sie verbindet - einen manifesten Widerspruch ergeben.
5) Jesus-Christus wußte, was er sagte, als er bei der Einsetzung der Hl. Eucharistie den Begriff "viele" = eingeschränkte Menge anwandte und in den Worten dementsprechend die Form des Sakramentes festlegte: "... qui pro vobis et pro multis effundetur in remissionem peccatorum." Denn im Sakrament geht es um die Heilszuteilung als geschehende Tatsache, in ihrer Wirklichkeit, nicht mehr um das Heilsangebot, das in der Predigt des Evanngeliums geschieht. Heilszuteilung geschieht tatsächlich nur an viele, nicht an alle. Die Verdammten sind aus eigener Schuld im Bunde mit Gott nicht enthalten. Vgl. Joh. 17,9: "Nicht für die Welt bitte ich, sondern für die, die du mir gegeben hast, denn sie sind dein."
Joh. 17,20:"Doch nicht nur für sie bitte ich, sondern auch für die, welche durch ihr Wort an mich glauben werden... "
6) In einer heiligen Tradition hat die katholische Kirche die Wandlungsworte immer im oben gegebenen Sinn aufgefaßt. Einige Beispiele (eine Auswahl):
Hl. Hieronymus (Migne PL 26,150; PL 26,53) Hl. Fulgentius (Corp. Chr. Lat. XCI,A,890) Hl. Isidor (PL 83,318) Hl. Beda (Corp. Christ., Ser. Lat. CXX,566) Hl. Prudentius (PL 115,976) Hl. Remigius (PL 121,1012 ff.) Hl. Petrus Damiani (PL 145,885) Hl. Bruno (PL 153,499) Papst Innozenz III. (PL 217,865 A) Hl. Albertus Magnus ("Liber de sacrificio Missae" III,12) Hl. Bonaventura (Sentenzenkommentar Buch IV,VIII,1) Hl. Thomas von Aquin ("Catena aurea" zu Mt. 20,28; zu Mt. 26,28: zu Mk. 10,45; zu Mk. 14,22 ff.; "Super Ev. S. Matth. lectura", zu Mt. 20,28; Korintherbrief-Kommentar zu 1 Kor. 11,25-26) (Diese und weitere Zeugnisse wurden im Wortlaut veröffentlicht in EINSICHT ab April 1971, Nr. I,1-12' II, 1 ff.)
Eine weitere Hauptquelle ist der Catechismus Romanus in seinem Abschnitt über das Altarssakrament.
7) Dogma des Tridentinums: Die von Christus beim letzten Abendmahl benutzten Wandlungsworte können nur in ihrem klaren und offenen Sinn und so, wie sie von den Vätern immer verstanden worden sind, die Wandlung bewirken. (Denzinger-Sch. 1637 (Damit zu verbinden: "Wer sagt, der Meßkanon enthalte Irrtümer ..., der sei ausgeschlossen." (Denzinger-Sch..:953, NR 526). - Wer "für alle" setzt, bezichtigt das "für viele", dessen Verständnis durch die Väter (sowie über diese Kirche und Jesus selbst) eines Irrtums, er ist damit ausgeschlossen und kann die Wandlung nicht bewirken.
R E S U L T A T :
EIN PRIESTER, DER ZUR WANDLUNG EINE FALSCHE KONSEKRATIONSFORM (wie es die Übersetzung mit dem "für alle" ist, da der Nebensatz den Hauptsatz falsch bestimmt) GEBRAUCHT, KONSEKRIERT - WENN ER SICH ÜBER DIE SACHLAGE NICHT IM KLAREN IST - SCHWER SCHULDHAFT, SAKRILEGISCH, WAHRSCHEINLIGH SOGAR UNGÜLTIGo
WER WISSENTLICH DIE FALSCHE FORM BENUTZT, KONSEKRIERT MIT SICHERHEIT UNGÜLTIG, D.H. ES KOMMT ÜBERHAUPT KEINE KONSEKRATION ZUSTANDE!
"Man soll Gott mehr gehorchen als den Menschen!"
"Sollten auch wir oder ein Engel vom Himmel euch eine andere Heilsbotschaft verkünden, als wir euch verkündet haben, der sei verflucht! Was wir eben gesagt haben, das wiederhole ich jetzt: Sollte jemand eine andere Heilsbotschaft verkünden, als die, die ihr erhalten habt, so sei er verflucht!" (Gal. 1,8-9)
Anmerkung: Die Verfälschung dcr Wandlungsworte in den volkssprachlichen Formen des sog. Novus Ordo Missae, Pauls VI. (und zum Teil auch in der lateinischen Fassung) ist nur e i n Symptom des häretischen und schlampigen Charakters der Liturgiereform. Weiteres dazu vgl. "Kurze kritische Untersuchung des Novus Ordo Missae" von Kardinal Alfredo Ottaviani, Rom 1969.
|