TUET BUSSE!
von H.H. Dr.theol. Otto Katzer
2. Fortsetzung
Wahre Buße ist ohne die hl. Beichte undenkbar, und wie wir uns zeigen werden, ohne die geheime Beichte, Ohrenbeichte. Kein Wunder, wenn dem Widersacher Gottes nach dem hl. Meßopfer nichts so sehr verhaßt ist, wie die hl. Beichte. Von allem Anfange an bis auf die heutigen Tage muß die hl. Kirche mit den schärfsten Angriffen gegen die hl. Beichte rechnen, "doch so, daß die jüngrn Widersacher meistens nur das erneuern, was von den ältern schon vorgebracht und von der Kirche als unrichtig und unerhört verworfen worden ist. (Die Beichte, eine historisch kritische Untersuchung von Heinrich Klee, Seminar Mainz, Frankfurt a.M., Ludwig Reinherz 1828, S. 5)
Nachdem es zur ersten Sünde gekommen war, und Adam sich mit Eva versteckt hatten, lies sich die Stimme Gottes hören: "Adam, wo bist du!" Das war keine Frage des allwissenden Gottes, aber Ausdruck des tiefsten Schmerzes des himmlischen Vaters über das Schicksal seiner vielgeliebten Kinder. Vor Jahren führte ein ehemaliger Schüler eine Touristengruppe durch das Gebirge. Da er sie photographieren wollte, sprang er auf einen Felsenvorsprung, rutschte jedoch aus und stürzte in den gähnenden Abgrund. Man kann sich vorstellen, wie entsetzt die ihm anvertraute Gruppe in die Tiefe der Schlucht starrte .... wo ist er?!
Nur das allwissende Vaterherz konnte die ganze Schwere der Tragik der Menschheit erfassen. Wir, die wir in Adam gefallen sind, verstecken uns vor den Tatsachen, so daß die Schreckensgespenster, welche uns umgeben, für uns so lange bedeutungslos sind, wie lange wir selbst von ihnen nicht angegriffen werden. Was den anderen geschieht, ist für unser völlig ausgedorrtes Herz und unsere äußerste Gemütsarmut ganz belanglos, wenn nur wir ungestört weitervegetieren können - aber wie lange noch??
"Adam, wo bist du!" erscholl der Widerhall aus dem verlorenen Paradies am Ölberg, wohin sich nach dem letzten Abendmahl der Herr begab. Aus der Ferne nahte ein düsterer Zug der gesamten Menschheit heran, vom ersten bis zum letzten Menschen. Was sollten sie sein, und was waren sie in der Wirklichkeit - abscheuliche Teufelsfratzen! Und der Heiland, der immer alle getröstet hatte, rief auf einmal: Meine Seele ist betrübt bis zum Tode!!" "Und er blickte umher und sah von allen Seiten Angst und Versuchung, wie Wolken voll schrecklicher Bilder, nahen, und da war es, wo er den drei Aposteln sagte: "Bleibet hier und wachet mit mir, betet, auf daß ihr nicht in Versuchung fallet" und sie blieben an dieser Stelle. Jesus ging noch etwas vorwärts, aber die Schreckbilder drangen dermaßen zu ihm heran, daß er tief geängstigt links von den Aposteln hinabging und sich unter dem Felsenüberhang, über welchem sie rechts in einer Vertiefung geblieben waren, in eine etwa sechs Fuß tiefe Höhle verbarg. Der Boden senkte sich sanft in diese Höhle, und es hing vom überragenden Felsen so vieles Gesträuch über dem Eingang nieder, daß man hier nicht bemerkt werden konnte.
Als Jesus sich von den Jüngern trennte, sah ich - bemerkt Katharina Emmerich - rings einen weiten Kreis von Schreckbildern heranziehen und sich immer mehr um ihn verengen. Seine Trauer und Angst wuchs, und er zog sich zagend in die Höhle zurück, gleich einem, der von einem furchtbaren Ungewitter verfolgte, Obdach sucht, um zu beten; aber ich sah alle die drohenden Bilder ihm in die Höhle nachfolgen und immer deutlicher und deutlicher werden. Ach, es war, als umfasse diese enge Höhle die Greuel und Angstbilder aller Sünden, und ihre Last und ihre Strafe vom Falle der ersten Menschen bis zum Ende der Welt, denn hier am Ölberg kamen auch Adam und Eva, aus dem Paradiese vertrieben, zuerst auf die unwirtliche Erde herab, und hier in dieser Höhle haben sie getrauert und gezagt. Ich fühlte deutlich, daß Jesus, sich seinen bevorstehenden Leiden hingebend und sich der göttlichen Gerechtigkeit zur Genugtuung für die Sünden der Welt aufopfernd, gewissermaßen seine Gottheit mehr in die heilige Dreifaltigkeit zurückzog, um sich aus unendlicher Liebe in seiner reinsten, fühlendsten, wahrhaftigen, unschuldigen Menschheit, bloß mit der Liebe seines menschlichen Herzens gerüstet, der Wut aller Angst und Leiden hinzugeben für die Sünden der Welt. Für die Wurzeln und Entfaltung aller Sünde und bösen Lust genug zu tun, nahm der barmherzigste Jesus aus Liebe zu uns Sündern die Wurzel aller reinigenden Sühnung und heilenden Peinen in sein Herz auf und ließ dies unendliche Leiden zur Genugtunng für unendliche Sünden, wie einem tausendarmigen Baum von Schmerzen, alle Glieder seines heiligen Leibes, alle Sinne seiner heiligen Seele durchdringen und durchwachsen. Also ganz seiner Menschheit hingegeben, fiel er, in unendlicher Trauer und Angst zu Gott flehend, auf sein Angesicht nieder, und er sah alle Sünden der Welt und ihre innere Scheußlichkeit in unzähligen Bildern und nahm sie alle auf sich und erbot sich in seinem Gebete, der Gerechtigkeit seines himmlischen Vaters für alle diese Schuld leidend genugzutun. Der Satan aber, der sich in furchtbarer Gestalt zwischen all diesem Greuel mit grimmigem Hohne bewegte, erbitterte immer heftiger gegen Jesus und rief immer schrecklichere Sündenbilder der Welt vor seine Seele vorüberführend, wiederholt der Menschheit Jesu zu: "Wie! auch dies willst du auf dich nehmen, auch hierfür willst du die Strafe erleiden? wie kannst du genugtun?"
Jedoch von Osten her strahlte vom Himmel eine schmale Lichtbahn zu Jesus, und ich sah eine Reihe von Engeln in derselben von oben bis zu ihm nieder erscheinen, von welchen ihm Kraft und Stärkung zuströmte. Der übrige Raum der Höhle war ganz von Schrecken und Greuelbildern der Sünde und von dem Hohn und der Anfechtung der bösen Geister erfüllt. Jesus nahm all diese auf sich; er fühlte, als das einzige, Gott und die Menschen vollkommen liebende Herz mitten in dieser Wüste des Abscheulichen, den Greuel und die Last all dieser Sünden mit Entsetzen und zerreißender Trauer. Ach! ich sah so vieles, ein Jahr würde nicht zureichen, es auszusprechen.......
Anfangs kniete Jesus ruhig in betender Stellung, später aber erschrack seine Seele vor der Menge und Abscheulichkeit der Sünden und des menschlichen Undanks gegen Gott, und es überfiel ihn eine so zermalmende Trauer, und Herzensangst, daß er zitternd und zagend flehte: "Abba Vater! ist es möglich, so gehe dieser Kelch vor mir vorüber! Mein Vater! dir ist alles möglich. Nimm diesen Kelch von mir!" Dann faßte er sich wieder und sagte: "Doch nicht, was ich will, sondern was du willst.".....
Die Höhle um ihn her sah ich von Schreckengestalten erfüllt, alle Sünde, alle Bosheit, alle Laster, alle Pein, aller Undank, die ihn beängstigten, und die Schrecken des Todes, die menschliche Furcht vor der Größe der sühnenden Pein sah ich ihn in den schauderhaftesten Gespenstbildern umdrängen und anfahren. Er fiel hin und her und rang die Hände, Angstschweiß bedeckte ihn, er zitterte und bebte. Er richtete sich auf, seine Knie schwankten und trugen ihn kaum, er war ganz entstellt und schier erkenntlich, seine Lippen waren bleich, seine Haare stiegen empor .... Jesus kam (zu den drei Jüngern) teils wie ein schwer Geängstigter, den der Schrecken zu seinen Freunden treibt, teils wie ein treuer Hirt, der, selbst aufs äußerste erschüttert, nach seiner Herde sieht, die er in Gefahr weiß, denn er wußte, daß auch sie in Angst und Versuchung waren. Ich sah aber, wie die Schreckgestalten ihn auch auf diesem kurzen Wege umgaben......
Als Jesus in die Höhle zurückgekommen war und alle Trauer mit ihm, warf er sich mit ausgebreiteten Armen auf sein Angesicht nieder und betete zu seinem himmlischen Vater. Es ging aber nun ein neuer Kampf vor seiner Seele vorüber, welcher dreiviertel Stunden währte. Es traten Engel zu ihm und zeigten ihm die Aufgabe und den Umgang des genugtuenden Leidens in einer großen Reihe von Anschauungen. Sie zeigten ihm die ganze Herrlichkeit des Menschen als des Ebenbildes Gottes vor dem Sündenfall und seine ganze Entstellung und Versunkenheit nach dem Sündenfall. Sie zeigten die Abkunft jeder Sünde aus der ersten Sünde, und Bedeutung und Wesen aller Sündenlust und deren schrecklichen Bezug auf Seelenkräfte und Glieder der Menschen, und ebenso Wesen und Bedeutung aller der Sündenlust der ganzen Menschheit durch Pein zu vollziehen......
Keine Zunge vermag auszusprechen, welche Schrecken und Schmerzen die Seele Jesu durch diese Bilder genugtuenden Leidens inne ward......
Jetzt aber sah er die Leiden, Anfechtungen und Verletzungen der künftigen Kirche, seiner Braut, die er so teuer mit seinem Blute erkaufen wollte; er sah den Undank der Menschen.
Vor die Seele des Herrn traten alle künftigen Leiden seiner Apostel, Jünger und Freunde, die kleine Zahl der ersten Kirche, dann die mit ihrem Wachsen eintretenden Ketzereien und Abtrennungen mit der ganzen Wiederholung des Sündenfalls durch Hoffart und Ungehorsam in allen Formen der Eitelkeit und täuschenden Selbstrechtfertigung. Es erschienen ihm die Lauheit, Verkehrtheit und Bosheit unzählbarer Christen, die mannigfaltige Lüge und trügerische Spitzfindigkeit aller hoffärtigen Lehrer, die gottesschänderischen Verbrechen aller lasterhaften Priester and die schrecklichen Folgen von all diesem, die Greuel der Verwüstung im Reiche Gottes auf Erden, im Heiligtum der undankbaren Menschheit, welches er mit seinem Blute und Leben unter unaussprechlichen Leiden zu erkaufen und zu gründen im Begriff stand.
Ich sah alle diese Ärgernisse in unermeßlichen Bilderreihen aus allen Jahrhunderten bis auf unsere Zeit und weiter bis zum Ende der Welt in allen Formen des kranken Irrwahns, des hoffärtigen Truges, der fanatischen Schwärmerei, des falschen Prophetentums, der ketzerischen Hartnäckigkeit und Bosheit an der Seele des armen Jesus vorüberziehen. Alle Abtrünnigen, Selbstrechtfertiger, Irrlehrer und scheinheiligen Besserer, Verführer und Verführte höhnten und peinigten ihn, als sei er ihnen nicht recht gekreuzigt, nicht bequem ans Kreuz geschlagen nach ihren Gelüsten und der Auslegung ihres Dünkels, und sie zerreißen und zerteilten den ungenähten Rock seiner Kirche; jeder wollte den Erlöser anders haben, als er sich aus Liebe gegeben. Unzählige sah er, sie wagten nicht dem Abgrunde entgegen, der sie verschlang. Unzählige sah er, sie wagten nicht offenbar, ihn zu verleugnen, aber weichlich geekelt, zogen sie vor den Wunden seiner Kirche, die sie doch selbst zu schlagen geholfen, vorüber, wie der Levit an dem Armen, der unter die Mörder gefallen. Er sah, wie sie sich von seiner verwundeten Braut trennten, wie feige, treulose Kinder ihre Mutter verlassen, zur Nachtzeit, wenn Räuber und Mörder einbrechen, denen unordentlicher Wandel den Eingang geöffnet hat. Er sah sie der Beute nachziehen, welche in die Wüste getragen war, den goldenen Gefäßen und dem zerrissenen Halsschmuck. Er sah sie vom wahren Weinstock getrennt lagern unter den wilden Reben. Er sah sie als irrende Schafe, den Wölfen preisgegeben, auf schlechter Weide von Mietlingen umgetrieben, und sie wollten in den Schafstall des guten Hirten nicht eingehen, der das Leben für seine Schafe hingegeben. Er sah sie heimatlos umherschweifen, und sie wollten seine Stadt, hoch auf dem Berge liegend, die nicht verborgen bleiben konnte, nicht sehen. Er sah sie auf den Sandwogen der Wüste von wechselnden Winden hin und wieder getrieben und ohne Einheit, aber sie wollten das Haus seiner Braut, seine Kirche, auf den Fels gebaut, bei der er zu sein versprochen bis ans Ende der Tage und welche die Pforten der Hölle nicht überwältigen sollen, nicht sehen. Sie wollten nicht eingehen durch die enge Pforte, um den Nacken nicht zu beugen. Er sah sie jenen folgen, die anderswo und nicht zur Türe eingegangen waren; sie bauten wandelbare, verschiedenartige Hütten auf den Sand, ohne Altar und Opfer, und hatten Windfahnen auf den Dächern; nach diesen drehte sich ihre Lehre. Aber sie widersprachen einander und verstanden sich nicht und hatten keine bleibende Stätte. Er sah, wie sie oft ihre Hütten abbrachen und die Trümmer gegen den Eckstein der Kirche schleuderten, der unverrückt lag. Viele aus ihnen sah er, da Finsternis herrschte in ihren Hütten, nicht zu dem Lichte gehen, das auf dem Leuchter gestellt war im Hause der Braut, sondern sie schweiften draußen, mit geschlossenen Augen um den beschlossenen Garten der Kirche, von dessen Wohlgerüchen allein sie noch lebten; sie steckten die Arme nach Nebelbildern und folgten Irrsternen, die sie zu Brunnen ohne Wasser führten, und hörten am Rande der Grube nicht auf die Stimme der rufenden Braut, und lächelten hungernd mit stolzem Mitleid der Diener und Boten, welche sie zum hochzeitlichen Mahle einluden. Sie wollten nicht eingehen in den Garten, denn sie scheuten die Dornen des Zaunes, und der Herr sah sie von sich selbst berauscht verhungern ohne Weizen und verdursten ohne Wein, und erblindet vom Eigenlichte nannten sie die Kirche des Fleisch gewordenen Wortes unsichtbar. Jesus aber sah sie alle und trauerte und wollte leiden für alle, die ihn nicht sehen, ihm ihr Kreuz nicht nachtragen wollten in seiner Braut, der er sich selbst im heiligsten Sakramente gegeben, in seiner Stadt, auf dem Berge erbaut, die nicht verborgen bleiben kann, in seiner Kirche, auf dem Fels gegründet, welche die Pforten der Hölle nicht überwältigen sollen......
...... Zuletzt aber sah ich die Schlange mit einer Krone auf dem Haupt riesenhaft mit entsetzlicher Gewalt hervorstürzen und mit ihr von allen Seiten Herrscharren jedes Standes und Geschlechtes auf Jesus herandringen. Mit allen möglichen Mißhandlungsmitteln, Instrumenten und Waffen versehen, kämpften sie teils in einzelnen Momenten selbst untereinander, dann aber alle wieder mit furchtbarem Grimme gegen den Herrn. Es war ein entsetzliches Schauspiel. Sie höhnten, spieen, fluchten, warfen, gossen Unrat, schleuderten, stachen und hieben gegen Jesus. Ihre Waffen, Schwerter und Spieße hoben und senkten sich wie Dreschflegel einer unabsehbaren Tenne, und sie wüteten alle gegen das himmlische Weizenkörnlein, das zur Erde gekommen und in ihr gestorben, um alle ewiglich mit dem Brote des Lebens in unzähliger Frucht zu nähren...
Ich erhielt aber eine Erkenntnis, daß die Menge der ihn zerfleischenden Heerscharen die unermeßliche Zahl jener sei, welche Jesus Christus den mit Gottheit und Menschheit. Leib und Seele, Fleisch und Blut unter den Gestalten des Brotes und Weines im heiligsten Sakramente wesentlich gegenwärtigen Erlöser, in diesem Geheimnisse auf die manniigfaltigste Weise mißhandeln. Ich erkannte unter diesen Feinden Jesu alle Arten von Beleidigern des heiligsten Sakramentes, dieses lebendigen Unterpfandes seiner ununterbrochenen persönlichen Gegenwart bei der katholischen Kirche. Ich sah mit Entsetzen all diese Mißhandlungen, von der Vernachlässigung, Nichtachtung, Verlassenheit an bis zur Verachtung, zum Mißbrauch und zur greulichsten Gottesschänderei, von der Abwendung zu den Götzen der Welt und dem Dünkel und dein falschen Wissen an bis zu Irrlehre und Unglaube, Schwärmerei, Haß und blutiger Verfolgung ......
Ich sah aber nun das Blut in dicken, dunklen Tropfen über das bleiche Angesicht des Herrn herabträufeln, seine sonst glatt gescheitelten Haare waren von Blut zusammenklebend, emporgesträubt und verworren, sein Bart war blutig und wie zerrauft ....." (Die Passion nach den Betrachtungen der Anna Katharina Emmerick/Jesus am Ölberge)
"Den Kelch des Heiles hatte er soeben den Seinen zum Andenken zurückgelassen; aber die Menschheit hatte mit ihren Sünden ihn einen andern Becher voll der Unreinigkeit und des Greuels aller Art bis oben angefüllt, und der Erlöser sollte ihn jetzt bis auf den letzten Tropfen leeren. Gott hatte auf ihn die Sünden aller Menschen gelegt, damit er sie durch das Blut seines Opfers tilgen möge. Da aber die Erlösung der Menschheit von Seite des Erlösers nicht bloß nach seinem göttlichen, sondern auch nach seinem menschlichen Willen eine vollkommen freie sein sollte, so genügt es nicht, daß Gott die Sünden der Menschen auf ihn lud; er selbst mußte sie auch nach seinem menschlichen Willen mit Bewußtsein und Freiheit auf sich nehmen, um sie dann in seinem Opfertode zu tilgen; er mußte selbst sich derselben vor Gott in einem gewissen Sinne schuldig bekennen, um so im freien Entschlusse als Stellvertreter der Menschheit vor Gott zu treten, und vor seinem Angesichte die Sühne zu vollbringen. Sollte aber dies geschehen, dann mußte alles, was je die Menschen seit der großen Sünde von Anbeginn verschuldet und verbrochen, die Sünden des Leibes, die Lüste des Willens, und die Verbrechen des hoffärtigen Geistes, ihm der Reihe nach vor das Auge des Geistes treten, damit er so das ganze Vollmaß des Verderbens, welches er auf sich nehmen sollte, in klarer Erkenntnis vor sich hatte. Das mußte nun freilich seinen Geist tief erschüttern, und zentnerschwer auf seine Seele drücken, so daß sein Körper ob der Schwere der Last, welche auf ihn gelegt war, und welche er nun auch freiwillig auf sich nehmen sollte dreimal zu Boden sank, und Blut in schweren Tropfen von seinem heiligen Antlitze rann. Der unaussprechliche Greuel der Sünde, welcher in seinem ganzen Umfange und in seiner ganzen Abscheulichkeit aufgedeckt vor seiner Seele lag, mußte wohl seine reine heilige Menschheit derart niederbeugen, daß diese in unnennbarer Angst zurückschauderte vor dem Ungeheuer der Last, welche sie nun auch freiwillig auf sich nehmen sollte. Aber der Herr bestand die Prüfung; er wies den Kelch des Greuels nicht zurück, er wollte ihn bis zum letzten Tropfen leeren. "Vater, ruft er, es geschehe Dein Wille!" Dreimal überkam ihn die Angst, und dreimal überwand er sie, dreimal sendete er den Ruf der Ergebung zum Vater empor: "Vater, nicht Mein, sondern Dein Wille geschehe!" Damit hatte er die große Tat vollbracht, er hatte die Sünden der Welt frei auf sich geladen, er hatte sich derselben vor Gott anstatt der Menschen schuldig bekannt: - nun war alles geschehen; die Angst war dahin, es erschien die Stärkung vom Himmel.
Das war die erste Beichte, abgelegt von dem Gottmenschen selbst statt der Menschen im Angesichte seines himmlischen Vaters, eine Beichte, deren Bekenntnis alle Sünden umfaßte, welche die Welt je gesehen hatte und noch sehen sollte. Nur durch diese Generalbeichte konnten alle besonderen Sündenbekenntnisse der einzelnen Sünder, deren Schuld Christus in jenem Bekenntnisse vor Gott zu der seinigen machte, ihren Wert, und ihre Bedeutung in der Ökonomie des Heiles erlangen. Hätte Christus nicht zuerst der Sünden aller vor Gott sich schuldig erklärt, um sie in seinem Blute zu tilgen; so würde das Sündenbekenntnis der Einzelnen vor Gott ohne Wirkung, ohne Nutzen für die Wiedererlangung des ewigen Heiles sein: ja es wäre ein solches Sündenbekenntnis gar nicht denkbar. Wenn also in dem alttestamentlichen Opfercultus das Sündenbekenntnis dem Opfer selbst vorausging und dasselbe einleitete: so war dadurch auch das große stellvertretende Schuldbekenntnis vorgebildet, welches Christus am Ölberge vollbrachte, um sein Opfer einzuleiten, und ihm auch von seiner Seite jene Richtung zu geben, welche es nach göttlichem Willen haben sollte." (Stöckl, Lehre vom Opfer, 353-354)
Das war die erste Beichte, Generalbeichte, das Vorbild aller ihr nachfolgenden, wie sie auch Vorbild für unsere Beichte sein soll. Nie dürfen wir vergessen, daß bei jenem schrecklichen Defilee auch unsere Person an den Heiland herangetreten war, und Er sehen mußte, wie wir ob der großen natürlichen und übernatürlichen Gaben hätten sein können und sollen! Fiel in diesem Augenblicke nicht ein neuer Tropfen seines Blutes zur Erde, oder waren ihrer sogar mehrere? Wenn wir die große Liebe des Heilandes bedenken, wie müssen wir uns da die Worte der Wahrheit zu Herzen nehmen: "Eine Beichte aus Liebe ist edler als die infolge begangener Schuld." (Seuse, Büchlein der Wahrheit, 7. Kap.)
Wenn wir bedenken, wie sehr der göttliche Heiland selbst für die geringste Sünde leiden mußte, wie müßten wir da voll Abscheu vor jeder Sünde stehen, und sie hassen, wenigstens so, wie wir uns Menschen selbst hassen können. Das Leid ob des bitteren Leidens des Herrn, welches seine Quelle in der Liebe zu ihr, findet, muß zum Ausgangspunkt unserer Einstellung der Sünde gegenüber werden.
Bedenken wir nun unsere unzähligen Verfehlungen, unseren Leichtsinn, mit welchem wir nicht nur "kleine" Sünden übergehen, sondern sogar sehr schwere geringschätzen, ganz besonders auf dem Gebiete des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe. Wir scheuen zurück uns umzustellen, das Fehlerhafte auszubessern, das mangelhafte zu ergänzen, den wahren Weg zu betreten und ihn mit Gottes Hilfe, die wir uns allerdings erbitten müssen, auch glücklich zu beenden. Wie sollten wir da der Mahnung Tertullian gedenken, der sagt: "Wo keine Besserung eintritt, dort ist notwendigerweise jede Buße umsonst", ja sie gesellt zu allen den Vergehungen noch eine ganz besondere Schlechtigkeit, die bereits an die Gotteslästerung grenzt.
Unter den Angriffen gegen die heilige Beichte, welche die Abschaffung der Ohrenbeichte sich als Ziel gesetzt haben und die Einführung der "allgemeinen" erstreben, finden wir auch die Einwendung, "daß durch die Beichte das Sündigen erleichtert werde." Wer dies, nachdem was wir soeben angedeutet haben, noch behaupten möchte, muß unbedingt der Boshaftigkeit beschuldigt werden. "Ist denn hier nicht erste Bedingung wahre Reue, ernster Vorsatz sich zu bessern, nach Kräften mit Gottes Gnadenbeistand das Böse, das man gestiftet, wieder gut zu machen, und dafür genug zu tun; wird hier nicht beständig wiederholt, daß Beichte ohne Besserung nur zum Verderben gereiche? Ist dort das Sündigen nicht weit mehr erleichtert, wo man die vor manchen Sünden abschreckende Beichte abgeschafft hat, und weiter nichts verlangt, als daß die Gemeinde die ganz vage und durch den gewöhnlichen Gebrauch zu noch geringerer religiöser und ästhetischer Bedeutsamkeit herabgesunkene liturgische Formel "sind euch eure Sünden leid?" kurzweg bejahe? Sind diejenigen gesitteter, die nicht mehr zur Beichte gehen? oder scheuen diese nicht gerade am meisten die Beichte, welche frei sündigen wollen? - Jeder greife an seinen Busen und urteile!" (Klee op. cit. 23-24)
Da nun eine jede heilige Beichte, natürlich eine gültige, stets die Vermehrung der heiligmachenden Gnade mit sich bringt, dann braucht man sich nicht zu wundern, wenn in manchen Ordensgenossenschaften, täglich gebeichtet wird. Doch darüber muß noch später bei der Seelenführung gesprochen werden.
Das dogmatische Gebilde der katholischen Kirche ist so eng miteinander verbunden, daß man die ganze Struktur zerstört, wenn man auch nur einen Teil ändert oder ausläßt. So taucht auch heute wieder die falsche Lehre auf, daß Taufe und Buße zusammenfallen, und es außer der ersteren keine Nachlassung der Sünden gibt. "Was aber tun, wenn die Menschen wieder sündigen? Calvin und die seiner Meinung folgten, ließ durch die Erinnerung an die Taufe verbunden mit dem festen Glauben an die Sündenerlassung, alle nach der Taufe begangenen Sünden ausgelöscht werden. Was die wirkliche Taufe allen ihr vorausgehenden Sünden ist, das ist ihr Gedächtnis für alle nachfolgenden, wonach die Sünden nach der Taufe viel leichter gesühnt werden, als die vor der Taufe, wonach ferner keine Sünden mehr behalten werden können, indem es niemand verwehrt werden kann, an die Taufe zu denken." (Klee op. cit. 41 f)
Zuletzt aber, wie schon Anastasius der Sinaite (gest. 599) bemerkt, führt die Abschaffung der Beichte auch zur Abschaffung der Taufe selbst und des Opfers. Da nun, nach Behauptung der Feinde der Beichte nur Gott allen die Sünden wegnehmen kann, sind alle diese Einrichtungen überflüssig.
Die wahre Nachfolge Christi, fordert von uns aber auch ein wahres Confiteor.
(Fortsetzung folgt.) |