DAS GEHEIMNIS DES HEBRÄERBRIEFES DES APOSTELS PAULUS
von H.H. W.W.E. Dettmann
Der Apostel Paulus schreibt über Christus: "Obwohl er der Sohn Gottes war, lernte er aus dem, was er gelitten hatte, Gehorsam, und, zur Vollendung gelangt, wurde er für alle, die ihm gehorchen, zur Ursache des ewigen Heiles, indem er von Gott Hoherpriester nach der Ordnung des Melchisedech genannt wurde" (Hebr. 5, 8-10).
Zur Überraschung aller im Glauben gut unterrichteten Leser fährt Paulus dann sinngemäß fort: "Das Große, das wir darüber zu sagen haben, könnt ihr vor Schwäche nicht hören. Der Zeit nach müßtet ihr bereits Lehrer sein. Ihr habt es aber nötig, in den Anfangsgründen des Wortes Gottes belehrt zu werden. Ihr seid wie solche, die nur Milch vertragen anstatt fester Speise. Wer noch Milch nötig hat, kann das Wort der Gerechtigkeit nicht vertragen. Denn er ist noch ein Kind. Die Vollkommenen, das heißt jene, die Gut und Böse unterscheiden können, bedienen sich der festen Speise. - Wir wollen also den Anfang der Predigt über Christus übergehen und von Höherem und Vollkommenerem sprechen" (Hebr. 5,11-6,1).
Aus den angeführten Worten ergibt sich etwas sehr Wichtiges: Die Tatsache, daß Christus gelitten hat und für uns auf diese Weise zur Ursache des ewigen Heiles wurde, gehört gemäß dem Apostel Paulus zu den "Anfangsgründen" des Wortes Gottes.
Paulus sagt, es gehöre zu den Anfangsgründen des Wortes Gottes, daß Jesus uns Menschen am Kreuz erlöst hat. Zu diesen Anfangsgründen zählt er noch folgendes: Die Buße und Bekehrung von den "toten Werken", den Glauben an Gott, den Taufunterricht, die Handauflegung, den Glauben an die Auferstehung der Toten und an das ewige Gericht (Hebr. 6,1-3).
Als "Hauptsache" (griechisch: 'kephalaion'), die nicht mehr zu den "Anfangsgründen" des Wortes Gottes gehört, bezeichnet der Apostel Paulus im 8. Kapitel des Hebräerbriefes das, daß wir einen Hohenpriester haben, der zur Rechten Gottes im Himmel thront. Jeder Hohepriester aber sei dazu da, um Opfer und Gaben darzubringen. Darum müsse auch dieser etwas haben, das er als Opfer darbringen könne.
Hier ist etwas ganz Bedeutendes im Hebräerbrief verborgen, das vom sog. Zweiten Vatikanischen Konzil völlig außer Acht gelassen worden ist. Der an dieser Stelle verborgene Gedanke konnte von niemand anderem stammen als vom Apostel Paulus selbst, nämlich, daß das Hohepriestertum Christi nach der Ordnung des Melchisedech weit über alle die Anfangsgründe des Wortes Gottes und des Glaubens hinausgeht.
Es ist nicht nur ein Bruch mit aller kirchlichen Überlieferung, sondern ein tiefes Unverständnis, wenn die Evangelische Kirche Deutschlands den Hebräerbrief aus dem Verband der Briefe des Apostels Paulus herauslöst ("Württembergische Bibelanstalt" Stuttgart 1962).
So etwas konnte nur der Apostel Paulus sagen, daß das Kreuzesopfer Christi, wodurch die Menschen aller Zeiten erlöst wurden, zu den "Anfangsgründen des Wortes Gottes" gehöre; die "Hauptsache" aber, die viele Christen "vor Schwäche nicht hören können" sei das Priestertum Christi nach der Ordnung des Melchisedech.
Bei der Frage, wieso dieses Priestertum Christi nach der Ordnung des Melchisedech größer sein könne als das zu den "Anfangsgründen des Wortes Gottes" zählende Kreuzesopfer des Herrn, verstummen die modernen Theologen. Auch das ganze sog. Zweite Vatikanische Konzil verstummt bei dieser Frage. Die modernen Theologen, die nur noch auf die Protestanten, nicht mehr aber auf die alten Kirchenväter hören, tun so, als ob das Priestertum Christi nach der Ordnung des Melchisedech nur darin bestünde, daß Jesus gegenüber dem himmlischen Vater fürbittend für uns eintritt, wie es im Hebräerbrief 7,25 geschrieben steht.
Es ist freilich richtig, daß unser Heiland auf diese Weise für seine Jünger auf Erden eintritt. Aber dies hat - für sich allein gesehen - mit dem Priestertum nach der Ordnung des Melchisedech, gar nichts zu tun. Wenn es sich bei der großen Hauptsache, die Paulus meint, nur darum handeln würde, daß Christus beim himmlischen Vater unser Fürbitter und Fürsprecher ist, dann hätte Paulus vorher nicht schreiben dürfen: "Ihr seid zu schwach, um das Große, das wir zu sagen haben, zu hören.". Viele Judenchristen waren tatsächlich zu schwach, um voll und ganz an den menschgewordenen Sohn Gottes zu glauben. Dies ergibt sich aus anderen Stellen des Neuen Testamentes, besonders aus der Apostelgeschichte, in der folgendes berichtet wird:
"Bei unserer Ankunft in Jerusalem (nämlich als Paulus und Lukas und andere von der Missionsreise zurückgekehrt waren), nahmen uns die Brüder mit Freuden auf. Am folgenden Tage ging Paulus mit uns zu Jakobus, bei dem sich alle Ältesten einfanden. Er begrüßte sie und erzählte im einzelnen, was Gott durch seinen Dienst unter den Heiden gewirkt hatte. Als sie es hörten, lobten sie Gott und sagten aber zu ihm: 'Du siehst, Bruder, wieviele Tausende unter den Juden gläubig geworden sind, und sie alle sind eifrige Anhänger des Gesetzes. Sie haben aber von dir gehört, du lehrtest alle Juden in der Heidenwelt den Abfall von Moses und sagtest, sie müßten ihre Kinder nicht beschneiden lassen und es sei nicht nötig, nach den Vorschriften des Gesetzes zu leben. Was ist da zu tun? Es wird eine große Menge zusammenkommen, wenn man von deiner Ankunft hört. Tue darum das, was wir dir sagen: Es sind bei uns vier Männer, die ein Gelübde gemacht haben. Nimm dich ihrer an und heilige dich mit ihnen zusammen, und zahle für sie, damit sie sich die Haare scheren lassen können. So werden alle einsehen daß das, was man von dir hört, nicht stimmt und daß auch du gesetzestreu lebst ...' Da nahm sich Paulus der Männer an und ließ sich mit ihnen heiligen und ging am folgenden Tage in den Tempel..." (Apostelgeschichte 21;17-26)
Diese Stelle ist ein Beweis dafür, daß der Hebräerbrief wirklich vom Apostel Paulus stammen kann, weil Paulus hier den Judenchristen so überaus rücksichtsvoll begegnet, wie man es bei ihm sonst kaum antrifft und wie es im Hebräerbrief tatsächlich geschieht.
In unseren Tagen ist zu dieser Stelle aber noch eine weitere Bemerkung erforderlich: Während der Zeit der Urkirche meinten viele Judenchristen irrigerweise, noch am gesamten Tempelgottesdienst teilnehmen zu müssen. Aber die Gültigkeit der alten Opfer war beendet, obwohl ihr Ritus und ihre Zeremonien noch dieselben waren wie vor dem Tode des Herrn. Um wieviel mehr befinden sich heute jene Katholiken im Irrtum, die meinen, an der neuen Liturgie des sog. Zweiten Vatikanischen Konzils teilnehmen zu müssen, obwohl das hl. Meßopfer der katholischen Kirche durch Paul VI. den Wünschen der Protestanten so sehr angepaßt wurde, daß von einer Gegenwart des Herrn im hl. Altarssakrament keine Rede mehr sein kann.
So wie der unhaltbare Zustand in der Urkirche durch die Zerstörung Jerusalems und des Tempels beendet wurde, so wird auch in unseren Tagen die verfehlte Liturgie des sog. 2. Vatikan. Konzils von selbst ein plötzliches Ende finden.
Es gab also in der ersten Zeit viele Christen, die im jüdischen Tempel, vor jüdischen Priestern, vor den Gegnern Christi, ihre Gelübde ablegten und ihre Opfer darbrachten anstatt vor der Kirche und vor den Aposteln des Herrn. Wie schwach, wie schutzlos und wie ungesichert waren doch diese Christen noch in ihrem Glauben!
Diese Christen waren bereit, dem amtierenden Hohenpriester im Tempel mehr Respekt zu erweisen als dem Apostel Jakobus und vielleicht gar noch mehr Respekt als Christus dem Herrn selbst.
Wie gering war doch ihre Vorstellung von Jesus Christus und wie wenig kannten sie den Sinn des Kreuzestodes Jesu und wie wenig wußten sie vom eigentlichen Sinn der Feier des Brotbrechens!
Der Apostel Paulus hatte in den Christengemeinden Griechenlands, also bei ehemaligen Heiden, viel Geld gesammelt, um die in der Verfolgung gänzlich verarmte Christengemeinde in Jerusalem zu unterstützen, und diese Gemeinde Jerusalems stellte ihm jetzt das Ansinnen, mit dem gesammelten Geld die Opfer im Tempel, also bei den Gegnern Christi, zu bezahlen!
Vom Apostel Jakobus dem Jüngeren, dem Verwandten des Herrn, der die Christengemeinde in Jerusalem leitete, wird man kaum sagen können, daß er im Glauben schwach war. Denn er starb als Blutzeuge. Aber er mußte überaus viele schwache Personen in der Kirche von Jerusalem dulden, weil er nichts an den Zuständen ändern konnte und weil er zweifellos das katastrophale Ende des jüdischen Tempels herannahen sah.
Die modernen Theologen gehen in ihrer Lebensbeschreibung des Apostels Paulus erstaunlich rasch über die Begebenheit in der Apostelgeschichte (Kap. 21) hinweg. Aber sehr zu Unrecht. Sie untersuchen zu wenig die Frage, warum sich Paulus plötzlich so unerwartet nachgiebig zeigte.
Paulus nahm sich der vier Männer sicher nicht deshalb an, weil er etwa gegenüber der Gemeinde in Jerusalem seine eigenen Grundsätze vergessen hätte, im Gegenteil.
Er anerkannte einerseits die örtliche Jurisdiktion und Kirchenleitung des Apostels Jakobus und andererseits fügte er sich sofort der erkannten Vorsehung Gottes, die ihn zum vorhergesagten Kampf nach Jerusalem und in den Tempel brachte, vgl. Apostelgeschichte 21,8-14.
Im übrigen ließ sich Paulus im Tempel nach jüdischem Brauch so "heiligen", wie sich die seligste Jungfrau Maria nach der Geburt ihres göttlichen Sohnes dem jüdischen Gesetz der Reinigung unterzog.
Es ist nicht so, wie Giuseppe Riciotti den Vorfall der Gefangennahme des Apostels Paulus in Jerusalem beschreibt. Er spricht von dem "Unvorhergesehenen", das dem ferneren Leben des Apostels eine andere Wendung gegeben habe: Riciotti, "Der Apostel Paulus" deutsche Ausgabe, Thomas-Morus-Verlag Basel 1950, S. 462.
Paulus wußte schon längst, daß ihm in Jerusalem Schlimmes bevorstand. Er sagte bereits in der Stadt Milet in Kleinasien zu den Vorstehern der Gemeinden von Milet und Ephesus: "Seht, innerlich gedrängt reise ich nach Jerusalem. Was mir dort begegnen wird, weiß ich nicht. Nur das versichert mir der Heilige Geist von Stadt zu Stadt, daß Gefangenschaft und Leiden auf mich warten..." (Ap.-gesch. 20,22,23)
In Bezug auf die Voraussicht seines Leidens war Paulus dem Herrn selbst irgendwie ähnlich. - Paulus fügte sich dem Rat des Apostels Jakobus also vor allem deshalb, weil er wußte, daß jetzt die große geistige Auseinandersetsung mit der eigentlichen Hierarchie des jüdischen Volkes bevorstand. Paulus ging in den Tempel, nicht so sehr, um sich nach jüdischem Brauch zu "heiligen". Er ging vielmehr dorthin, um als Gefangener in der Kraft jenes Heiligen Geistes, an den die Juden nicht glaubten, seine Reden für den Glauben an Christus zu halten.
Mindestens an acht Stellen im Hebräerbrief schreibt der Apostol Paulus, daß Christus nur ein einziges Mal auf blutige Weise geopfert wurde. Diese wiederholte klare Aussage des Apostels wird von den Protestanten stets gegen die Berechtigung des hl. Meßopfers ins Feld geführt, und das sog. Zweite Vatikanische Konzil hat sich nicht die geringste Mühe gegeben, die groben Vorwürfe der Protestanten ("Götzendienst"!) zu widerlegen.
Aber es ist für jenen aufmerksamen Leser des Hebräerbriefes offenkundig, daß Paulus mit dieser Aussage noch lange nicht alles erschöpft hat, was er über Christus und sein Priestertum zu sagen hatte.
Von größter Wichtigkeit ist es, daß Paulus schildert, wie Christus noch erhabener als der jüdische Hohepriester in das sog. "Allerheiligste" eingetreten ist: "Wir besitzen einen erhabenen Hohenpriester, der die Himmel durchschritten hat, Jesus, den Sohn Gottes" (Hebr. 4,14).
Der jüdische Hohepriester hatte einmal im Jahr mit dem Blute von Opfertieren in das Allerheiligste des Tempels einzutreten und hatte dort Gott dem Herrn mit dem goldenen Rauchfaß den Weihrauch darzubringen. Die Feuerglut, die für das Rauchfaß bestimmt war, entnahm der Hohepriester dem goldenen Räucheraltar, der außerhalb des Allerheiligsten, im sogenannten Heiligtum, stand.
Der jüdische Hohepriester hatte somit zwei Dinge zu tun: Er hatte das Blut der Opfertiere im Allerheiligsten auszusprengen und er mußte der göttlichen Majestät das Anbetungsopfer des Weihrauchs darbringen und für das Volk beten.
In eben dieser gleichen Weise schreibt der Apostel Paulus im Hebräerbrief Christus dem Herrn zwei verschiedene Tätigkeiten zu: 1.) Er mußte mit dem einmaligen Opfer seines eigenen Blutes in das Allerheiligste eintreten (vgl. Hebr. 9,12). 2.) Er übt in diesem "Allerheiligsten" einen besonderen Dienst aus, den der Apostel Paulus mit Vorzug als Priestertum nach der Ordnung des Melchisedech bezeichnet.
Über diese zweifache Tätigkeit Christi spricht Paulus an mehreren Stellen des Hebräerbriefes in klarster Weise. So sagt er: "Wir haben einen solchen Hohenpriester, der zur Rechten des Thrones der Erhabenheit im Himmel sitzt, der Diener des Heiligtums und des wahren Zeltes, das der Herr aufgerichtet hat und nicht ein Mensch. Jeder Hohepriester wird bestellt zum Darbringen von Gaben und Opfern. Darum muß auch dieser etwas zum Opfern besitzen..." (Hebr. 8,1-3).
Hier stellt Paulus den Sachverhalt so dar, daß Christus bereits nach dem Vergießen seines Blutes in das Allerheiligste eingetreten ist (Paulus sagt, er throne im Himmel), und daß er zusätzlich noch etwas zum Opfern besitzen müsse.
Unmittelbar daran anschließend schreibt Paulus über Christus: "Wenn er noch auf Erden weilen würde, wäre er nicht Priester... Nun aber hat er einen besseren Dienst bekommen.
An einer anderen Stelle schreibt Paulus ebenso deutlich: "In der gegenwärtigen Zeit" (d. h. damals, als der Tempel in Jerusalem noch stand) "werden Gaben und Opfer dargebracht, die das Gewissen des Darbringenden nicht vollkommen zu machen imstande sind, nämlich Speisen und Getränke und verschiedene Besprengungen und den Leib betreffende Vorschriften, die bis zur Zeit der Neuordnung auferlegt sind. Christus aber ist der amtierende Hohepriester der zukünftigen Güter ..., der durch sein eigenes Blut einmal in das Allerheiligste eingetreten ist..." (Hebr. 9,9-12).
An dieser Stelle werden die sog. zukünftigen Güter jenen Speisen und Getränken und Besprengungen gegenübergestellt, die vorher genannt sind. Also sind die sog. "zukünftigen Güter" solche Opfer, die Christus nach dem einmaligen Betreten des Allerheiligsten darzubringen hat.
Für den Hebräerbrief ist es eigentümlich, daß Christus gerade im Hinblick auf diese Opfer als "Hoherpriester nach der Ordnung des Melchisedech" bezeichnet wird. So heißt es z. B. sinngemäß an einer Stelle: "Christus hat (als unser Vorläufer) das Innere des Heiligtums (wörtlich "des Vorhangs") betreten als Hoherpriester nach der Ordnung des Melchisedech in Ewigkeit" (Hebr. 6,20).
Mit welchem Recht aber konnte der Apostel Paulus den Herrn unter solchen Umständen als Hohenpriester nach der Ordnung des Melchisedech bezeichnen?
Es wäre eine unwissenschaftliche Phantasterei, wollte jemand behaupten, dies sei nur geschehen, weil die Gestalt Christi der Figur des Melchisedech äußerlich ähnlich gewesen sei. Ebenso groß ist die Abwegigkeit, wenn jemand meint, Christus habe eine dem Melchisedech ähnliche Lebensweise in Bezug auf Essen und Trinken geführt und sei deshalb als "Hoherpriester nach der Ordnung des M." bezeichnet worden.
Den Höhepunkt der Entgleisung aber bildet die sonderbare Idee, die Familien- und Verwandtschaftsverhältnisse Christi seien ebenso in ein unbekanntes Dunkel gehüllt wie jene des Melchisedech, und aus diesem Grunde sei er im Hebräerbrief als Hoherpriester nach der Ordnung des M. genannt worden.
Der bereits genannte Giuseppe Riciotti meint in seiner Lebensbeschreibung des Apostels Paulus, dieser habe Christus bloß deshalb als Hohenpriester nach der "Weise" des Melchisedech bezeichnet, weil das Priestertum Christi infolge seines einmaligen Kreuzesopfers dem jüdischen Priestertum in ähnlicher "Weise" überlegen sei wie Melchisedech rangmäßig dem Abraham überlegen gewesen sei (S. 559 f).
Es ist eine unverzeihliche Schriftfälschung Riciottis, daß er kein Wort von der "Ordnung" des Melchisedech sagt, sondern nur von der "Weise" des Melchisedech redet. Der lateinische und der griechische Text der Heiligen Schrift sprechen aber klar von der "Ordnung" ("ordo" bzw. "taxis") des Melchisedech. Vom Opfer des Brotes und Weines ist bei Riciotti keine Rede mehr. Dies ist einer von vielen Beweisen, wie bereits zwanzig Jahre vor der Ankündigung des sog. Zweiten Vatikanischen Konzils mit kirchlicher Druckerlaubnis auf die Zerstörung des hl. Meßopfers hingearbeitet wurde.
Der Apostel Paulus hat Christus den Herrn nur deshalb als Hohenpriester nach der Ordnung des Melchisedech bezeichnet, weil Melchisedech als Priester des höchsten Gottes Brot und Wein opferte wie es die ununterbrochene Überlieferung des Judentums und der Kirche bezeugt.
Es hätte keinen Sinn gehabt, das Auftreten des Melchisedech in der hl. Schrift des Alten Testamentes zu erwähnen, wenn dieser dem Abraham bloß zu dessen persönlicher Kräftigung nach dem vorangegangenen Kampf Brot und Wein angeboten hätte. Denn der Kampf Abrahams mit den feindlichen Räuberkönigen hatte mindestens eine ganze Woche vor der Begegnung mit Melchisedech stattgefunden und hatte sich im Norden von Palästina abgespielt.
Wenn Melchisedech als Priesterkönig den siegreichen Abraham wirklich hätte mit einer Mahlzeit stärken und erquicken wollen, dann hätte er gemäß königlichem Brauch ein ordentliches Festmahl mit geschlachteten Rindern und Kälbern und Schafen veranstalten müssen. Denn Abraham und seine dreihundert tapferen Knechte hatten ja auch für ihn ihr Leben riskiert.
Abraham war von Melchisedech gesegnet worden und hatte ihm daraufhin den zehnten Teil alles dessen gegeben, was er im Kampfe erobert hatte.
Diesen reichen Tribut gab Abraham dem Melchisedech nicht nur deshalb, weil er von ihm gesegnet worden war, sondern weil Melchisedech ein Dankopfer für den glücklich beendeten Feldzug dargebracht hatte.
Der Segen Melchisedechs für Abraham hatte nur einen Sinn, wenn es sich um den Abschluß eines Dankopfers an Gott handelte und nicht um den einer geringfügigen Mahlzeit bei der sämtliche Kampfgenossen und Knechte Abrahams leer ausgegangen wären.
Die Begegnung Abrahams mit Melchisedech wird von den heutigen Bischöfen, besonders vom sog. Zweiten Vatikanischen Konzil, ebenso geringschätzig behandelt wie die Weissagung des Propheten Isaias, daß die Jungfrau empfangen werde.
Wenn es über die Art der Tätigkeit des Melchisedech irgendwelche Zweifel gegeben hätte oder geben könnte, dann hätte der vom Hl. Geist inspirierte König David niemals sagen können: "Der Herr hat es geschworen und es wird ihn nicht reuen: Du bist Priester auf ewig nach der Ordnung des Melchisedech."
Gott der Herr kann niemals die Bagatelle einer unvollständigen Mahlzeit zum Gegenstand seines Schwures machen, und die Juden hätten diesen von Christus eigens erwähnten Psalm nicht tausend Jahre lang gesungen, wenn es sich dabei nur um eine gewöhnliche Mahlzeit aus Brot und Wein gehandelt hätte.
Der Apostel Paulus bezeichnete Christus den Herrn deshalb als "Hohenpriester nach der Ordnung des Melchisedech auf ewig", weil er überzeugt war, daß Christus auch heute noch Brot und Wein ebenso opfert, wie dies Melchisedech getan hatte.
Diese Überzeugung konnte Paulus nur haben, wenn er an die Gegenwart Christi unter den Gestalten von Brot und Wein glaubte. Hätte er die Worte Jesu "Das ist mein Leibt" nur so aufgefaßt, wie es die Protestanten tun, nämlich: "Das bedeutet meinen Leib", dann hätte Paulus niemals die Überzeugung haben können, Jesus Christus opfere auf ewig Brot und Wein nach der Ordnung des Melchisedech.
Brot und Wein kann nur jener opfern, der diese Dinge bereits und hat. Jesus besitzt sie aber nur dann, wenn er unter diesen Gestalten gegenwärtig ist.
Als allmächtiger Schöpfer besitzt der Sohn Gottes freilich alle Dinge der Natur, jedoch nicht in der Weise, daß er sie "auf ewig" gemäß der Ordnung des Melchisedech seinem himmlischen Vater aufopfert.
Paulus bezeichnete den Heiland schließlich vor allem deshalb als Hohenpriester nach der Ordnung des Melchisedech, weil in dies eigens so geoffenbart worden war.
Zu Petrus hatte Jesus gesagt: "Nicht Fleisch und Blut haben dir das geoffenbart, sondern mein Vater, der im Himmel ist" (Matth. 16,17). - Noch ausgeprägter war es bei Paulus. Im Galaterbrief sagt er: "Das Evangelium, das von mir verkündet wird, ist nicht nach Menschenart. Denn ich habe es auch nicht von Menschen empfangen oder gelernt, sondern durch eine Offenbarung Jesu Christi" (1,11).
Zu dieser von Jesus selbst empfangenen Offenbarung gehört nicht nur das, was Paulus im ersten Brief an die Gemeinde in Korinth beschreibt ("ich habe vom Herrn empfangen, was ich euch überliefert habe: Der Herr Jesus nahm in der Nacht, in der er verraten wurde, Brot, dankte, brach es und sprach: 'Nehmet hin und esset: Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird...'" ), sondern auch die große Vision von Christus als dem Hohenpriester nach der Ordnung des Melchisedech.
Man kann sich schwer denken, daß Paulus außer der Menschwerdung Gottes noch etwas Größeres und Höheres schaute, als er nach seinen eigenen Worten "im dritten Himmel" war (2. Kor. 12.,2-4).
Petrus, Johannes und Jakobus hatten den Herrn in der Verklärung auf dem Berge Tabor gesehen. Paulus dagegen war noch höher oben gewesen. Er schaute den Herrn nicht nur so wie Johannes in der Geheimen Offenbarung als das einmal geopferte Lamm, sondern als den "amtierenden Hohenpriester der zukünftigen Güter gemäß der Ordnung des Melchisedech".
Diese Dinge machte Paulus zum Gegenstand seines Unterrichts für die Hebräer, die erst die "Anfangsgründe" des Glaubens kennengelernt hatten.
Die großen Kirchenlehrer der alten Zeit haben diesen Unterricht des Apostels Paulus erläutert:
Der hl. Ambrosius sagt unter ausdrücklicher Erwähnung des Hebräerbriefes, daß sogar auch die Gläubigen durch die Taufe in dieses Heiligtum, worin sich das Manna befindet, geführt werden, (vgl. "De Sacramentis", IV. c.1.).
Ambrosius sieht somit die Kirche als jenes Heiligtum an, in das Christus durch sein blutiges Opfer eingetreten ist und in dem er als Hoherpriester waltet.
Wer den Hebräerbrief nur oberflächlich liest, kann in den Fehler verfallen, sich dieses von Paulus genannte "Heiligtum" als etwas weit Entferntes vorzustellen, weil Paulus schreibt, Christus habe als Hoherpriester "die Himmel" durchschritten (4,14).
Aber schon Paulus selbst, nicht erst der hl. Ambrosius, sieht die hohepriesterliche Tätigkeit Jesu als etwas an, das sich in der Kirche abspielt. Denn er sagt: "Wir haben einen Altar, von dem jene nicht essen dürfen, die dem Zelte dienen" (Hebr.13,10); außerdem sagt er sinngemäß im Hebräerbrief, es sei notwendig gewesen, daß die "Vorbilder der himmlischen Dinge" durch die alttestamentlichen Opfer gereinigt worden seien, das himmlische Heiligtum selbst aber, das heißt die Kirche, müsse "durch bessere Opfer als jene gereinigt werden" (Hebr. 9,23).
Schließlich hat ja Jesus selbst immer wieder seine Kirche als das "Himmelreich" bezeichnet und dieses Himmelreich ist eben jenes "Allerheiligste", worin er als Hoherpriester waltet.
Der hl Johannes Chrysostomus (+ 404), der darauf hinweist, wie häufig Paulus den Herrn als Hohenpriester bezeichnet, sagt in seiner 1. Predigt über den Hebräerbrief: "Was ist nun? Opfern wir nicht jeden Tag? ... Wie kann es sich dann nur um einen (einzigen) Opfertod handeln und nicht um viele? ... Wir opfern immer denselben.... Deshalb und aus diesem Grunde ist es ein (einziges) Opfer. - Aber das Opfer wird doch an vielen Orten dargebracht: Muß es also nicht auch viele Christusse geben? - Keineswegs. Denn überall ist nur ein einziger Christus, der hier vollständig anwesend ist und dort vollständig anwesend ist, ein einziger Leib. Wie also an vielen Orten ein einziger Leib dargebracht wird und nicht viele Leiber, so ist es auch nur ein einziges Opfer. Unser Hoherpriester ist jener, der jenes Opfer darbrachte, das uns reinigt. Eben jenes Opfer bringen wir jetzt dar, das nicht aufgezehrt werden kann..."
Im gleichen Sinne, in dem der hl. Chrysostomus sagt, daß dieses hl. Opfer der Kirche "nicht aufgezehrt" werden könne, sagt der hl. Thomas v. A. in seinem großen Hymnus "Lauda Sion":
A sumente non concisus, non confrcactus, non divisus, integer accipitur.
Sumit unus, sumunt mille, quantum isti, tantum ille, nec sumptus consumitur.
Wer Ihm nahet voll Verlangen, Darf Ihn unversehrt empfangen, Ungemindert, wunderbar.
Einer kommt und tausend kommen, Doch so viele Ihn genommen: Er bleibt immer, der Er war.
Welcher heutige Protestant hat den Hebräerbrief des Apostels Paulus so gut verstanden wie der hl. Chrysostomus? - In einer anderen Predigt sagt derselbe große Kirchenlehrer: "Wenn du, Laie, den Priester opfern siehst, dann denke nicht, daß der Priester dies tut, sondern beachte die unsichtbar ausgestreckte Hand Christi" (aus dem Brevier der Fronleichnamsoktav, 5. Tag).
Chrysostomus sieht demnach den nach der Ordnung des Melchisedech opfernden Hohenpriester in der Kirche gegenwärtig.
Es ist eine unverantwortliche Tat des sog. Zweiten Vatikanischen Konzils, daß es die Oktaven der großen Festtage abgeschafft hat und dadurch die wichtigen und herrlichen Lesungen der Kirchenväter in der Versenkung verschwinden ließ. Daß dies alles unter dem täuschenden Schlagwort der "Erneuerung" geschah, ist ein besonders großer Frevel der gegenwärtigen Bischöfe.
Die Leitung des sog. Zweiten Vatikanischen Konzils hat so getan, also wollte sie zur "altehrwürdigen Norm der Väter" zurückkehren (vgl. Artikel 50 der Liturgiekonstitution). Aber das war eine unerhörte Irreführung, deren Tragweite noch nicht abzusehen ist. Denn gleich nach diesem sog. Konzil wurde die Opferung als Hauptteil der hl. Messe abgeschafft. An manchen Orten ist nur noch ein täuschender Schatten davon übrig - für die alten Leute!
Das sog. Zweite Vatikanische Konzil war ein so ungeheures Täuschungsmanöver, wie es ein Katholik früherer Zeit für absolut unmöglich gehalten hätte. Die Irreführung der Gläubigen durch die Oberhirten ist heute so groß und umfassend, daß entweder das Ende der sog. Neuen Liturgie selbst oder das Ende der katholischen Kirche und der Menschheit nahe bevorsteht.
In seinem Brief an die Galater schreibt Paulus, daß Abraham gemäß der Hl. Schrift zwei Söhne hatte, einen von der Magd und einen von der Freien. Jener von der Magd sei "gemäß dem Fleische" geboren worden, der von der Freien jedoch auf Grund der Verheißung Gottes, und Paulus fügt hinzu: "Dies ist als ein Gleichnis gesagt". Die beiden Söhne versinnbilden nach Paulus die beiden Testamente: Das Alte Testament und das damalige Jerusalem werde durch den Sohn von der Magd, das Neue Testament dagegen durch den Sohn der Freien versinnbildet. Die "Freie". das "obenbefindliche Jerusalem" sei unsere Mutter, die Kirche, sagt Paulus (Gal. 4, 22-26).
Mit dem kurzen Ausdruck "das oben befindliche Jerusalem" ("quac sursum est Jerusalem") ist bei Paulus alles gesagt: Die Kirche ist das Himmelreich und besitzt eine Opferstätte vor der Majestät Gottes wie die irdische Stadt Jerusalem. Denn ein Jerusalem ohne Opferstätte und ohne tägliches Opfer ist für Paulus undenkbar.
So sieht man, wie im Hebräerbrief derselbe Paulus spricht wie im Galaterbrief. - Der Hebräerbrief ist in seinem Hauptteil der Lobpreis und die Verherrlichung des heiligsten Altarssakramentes durch den Völkerapostel. Die immerwährende Gegenwart dieses hochheiligen Sakramentes in der Kirche schaut und beschreibt der Apostel, indem er den Gläubigen die Worte des Propheten Jeremias vor Augen stellt:
"Dies ist der Bund, den ich mit dem Hause Israel nach jenen Tagen schließen werde; spricht der Herr: Ich werde meine Gesetze in ihren Sinn legen und sie in ihr Herz schreiben, und ich werde ihr Gott sein, und sie werden mein Volk sein, und keiner wird seinen Nächsten oder seinen Bruder mit den Worten belehren: Erkenne den Herrn. Denn alle, vom Kleinen bis zum Großen, werden mich kennen" (Hebr. 8,10-11).
Mit dem Gesetz, das in die Herzen der Gläubigen geschrieben wird, sind nicht die Zehn Gebote gemeint. Denn diese wurden z. B. von Paulus auch schon beobachtet, als er noch Saulus hieß und als er die Kirche noch bekämpfte und verfolgte: "Ich übertraf meine Altersgenossen im Eifer für meine väterlichen Überlieferungen", schreibt er an die Galater (1,13-14).
Das, was Paulus im Hebräerbrief mit dem neuen Gesetz meint, ist nichts anderes als der Befehl Jesu: "Tut die zu meinem Andenken". Dies ist das eigentliche Bundesgesetz für das Neue Testament.
Im Gegensatz zu den steinernen Tafeln des Moses wurde dieses Gesetz tatsächlich in die Herzen der Apostel geschrieben und es bleibt für alle Zeiten derart in die Herzen der Gläubigen geschrieben, daß kein anderes Gesetz so wie dieses seine Auslegung durch die mündliche Überlieferung der Kirche bekommt.
Das Eigenartige am Neuen Bunde ist dies, daß alle Gläubigen, Groß und Klein, den Heiland am Kreuz kennen und daß Alle, Groß und Klein, den Heiland im heiligsten Altarssakrament, kennen und gerne anschauen, auch wenn Prof. J. A. Jungmann meint, dies bekritteln zu müssen.
Gott war im Neuen Bunde allen Gläubigen weit mehr bekannt als im Alten Testament.
Erst durch das sog. Zweite Vatikanische Konzil ist es plötzlich anders geworden, weil die verräterischen Konzilsbischöfe nicht mehr vom hl. Meßopfer und nicht mehr vom hl. Altarssakrament sprechen, und weil sie keines der kleinen Kinder mehr zum Tabernakel führen, um dort mit ihnen eine Kniebeugung zu machen.
Der Hebräerbrief wurde durch das sog. Zweite Vatikanische Konzil auch insofern mißachtet, als die früheren Opferaltäre unserer Kirchen entweder verändert oder abgerissen wurden.
In der Vorstellung des Apostels Paulus spielt sich aber die neutestamentliche Opferfeier ähnlich ab wie im Alten Bunde: Der Hohepriester schreitet nämlich mit dem Rücken zum Volk in das Allerheiligste des Tempels.
Daran konnte nicht einmal die von der Not diktierte Praxis der ersten Jahrzehnte und Jahrhunderte etwas ändern, als die Christen das hl. Opfer zwangsläufig in engen Räumen und dunklen Verstecken feiern mußte. Denn sobald die Kirche vom römischen Staat die äußere Freiheit erlangte, gestaltete sie ihre Opferfeier so, wie sie der Vorstellung des Hebräerbriefes entsprach. Am besten wird dies durch die östlichen Liturgien bewiesen, bei denen der Priester im Augenblick der hl. Wandlung unsichtbar ist.
Durch die Schuld des sog. Zweiten Vatikanischen Konzils ist unser heutiges Volk im Glauben noch viel schwächer geworden als jene Hebräer zu denen Paulus sagte: "Ihr seid zu schwach, um das Große zu hören. Der Zeit nach solltet ihr schon Lehrer sein. Aber ihr habt es nötig, wieder in den Anfangsgründen des Glaubens unterrichtet zu werden. Ihr könnt keine feste Speise vertragen..." (Hebr. 5,11-12).
Das sog. Zweite Vatikanische Konzil hat nicht auf den Apostel Paulus gehört, sondern auf jenen anderen Paulus, der das zerstörte, was der Apostel vor zweitausend Jahren grundgelegt hatte. Der Apostel Paulus hatte den ewigen Hohenpriester nach der Ordnung des Melchisedech verherrlicht. Paul VI. dagegen tut das Gegenteil. Er hat den heiligen Namen Melchisedech gar nicht in die neue Liturgie aufgenommen. Das ist der beste Beweis dafür, daß die neue Liturgie kein Opfer nach der Ordnung des Melchisedech sein darf. (Vielleicht hat Paul VI. den Melchisedech auch deshalb weggelassen, weil dieser möglicherweise schon 80 Jahre alt war).
Paul VI. machte es ähnlich wie einst der Hohepriester Aaron. Dieser ließ sich dazu zwingen, dem Volk ein goldenes Kalb zur Anbetung zu geben an Stelle des lebendigen Gottes. Paul VI. dagegen und die Bischöfe lassen dem Volk, das den Heiland sucht, nur ein leeres Stück Brot zeigen statt des heiligsten Altarssakramentes.
In dieser schwersten Zeit unserer Kirche müssen die glaubenstreuen Katholiken jene Worte des Apostels Paulus beherzigen, die er den Hebräern sinngemäß im Hinblick auf den Berg Sinai geschrieben hat: "Ihr seid nicht an einen Berg herangetreten, den man (mit der Hand) berühren kann... (vgl. Exodus 19,12), sondern ihr seid zum Berge Sion hinzugetreten, zur Stadt des lebendigen Gottes, zum himmlischen Jerusalem ... Ihr seid zu Jesus Christus, dem Mittler des Neuen Bundes hinzugetreten und zu jener Vergießung des Blutes, die lauter redet als die (Blutvergießung) des Abel. Seht zu, daß ihr diese Stimme nicht zurückweiset!" (Hebr.12,18-24)
Anmerkung: Hier muß man sich daran erinnern, daß die Israeliten damals, als der Berg Sinai unter der Majestät Gottes erbebte, zu Moses sagten: "Rede du mit uns. Gott soll nicht mit uns sprechen, sonst sind wir des Todes" (Exodus 20,19). Die Israeliten wiesen also die Stimme Gottes zurück. - In ähnlicher Weise wollen die heutigen "Christen" nicht mehr, daß der eucharistische Heiland vom Tabernakel aus zu ihnen spricht.
Paulus fährt fort: "Wenn nämlich jene nicht entrinnen konnten, die ihn zurückwiesen" (sie wurden nämlich wegen der Anbetung des goldenen Kalbes getötet), "als er auf Erden (vom Berge Sinai aus) sprach, um wieviel weniger werden wir entrinnen, wenn wir uns von ihm abwenden, während er vom Himmel aus (als Hoherpriester nach der Ordnung des Melchisedech) spricht. Damals wurde durch seine Stimme die Erde (der Berg Sinai) bewegt. Jetzt aber verspricht er von neuem: "Noch ein einziges Mal, und ich würde nicht nur die Erde, sondern den Himmel bewegen. Wenn er sagt 'noch ein einziges Mal', dann meint er die Veränderung aller geschaffenen beweglichen Dinge, sodaß nur noch die unbeweglichen bleiben" (Hebr.12,24 ff).
Anmerkung: Hier hat der Apostel Paulus, erfüllt vom Heiligen Geist, ein Wort des Propheten Aggäus, das sich einst auf die erste Ankunft des Heilands bezog, dazu benützt, um den Gläubigen einen mahnenden Hinweis auf die zweite Ankunft Christi zum Weltende zu geben. Aggäus hatte verkündet, daß Gott nicht nur den Berg Sinai, sondern den Himmel selbst bewegen und als Heiland kommen werde (Agg. 2,6). Im Anschluß daran sagt Paulus, daß Jesus Christus seinerseits durch seine Ankündigung des Weltgerichts "von neuem versprochen" habe, den Himmel zu bewegen. Der Zusatz "von neuem" ist eine erläuternde Übersetzung des griechischen Textes durch die Vulgata.
Der Apostel Paulus schließt seine Ermahnung mit den Worten: "Darum sagen wir Dank, weil wir ein unvergängliches Reich empfangen, und wir wollen Gott wohlgefällig sein und ihn mit Furcht und Ehrerbietung dienen. Denn unser Gott ist ein verzehrendes Feuer" (Hebr.12,28-29).
Paulus schreibt seine Mahnung nicht nur für seine damaligen Zeitgenossen, sondern er hat für alle Zeiten geschrieben. Seine Mahnung ist immer zeitgemäß. Darum ist es ein großer Unsinn, wenn Theologen so tun, als hätte der Apostel sich in Bezug auf die Zeit des Weltendes geirrt. Für unsere heutigen Tage gelten die Worte des Apostels Paulus aber zweifellos ganz besonders, weil das Opfer nach der Ordnung des Melchisedech heute von Rom aus in der ganzen Welt zerstört wird.
Es gilt heute für uns, die neue Liturgie absolut zu meiden und solange inständig für die gesamte Kirche zu beten, bis Gott der Herr wieder eindeutig und klar zeigt, was geschehen soll.
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