NACHRICHTEN von Kurt Hiller
• In einem Gespräch mit dem französischen Schriftsteller Jean Guitton erklärte Paul VI. "Papst sein ist keine Funktion, auch nicht im eigentlichen Sinne ein Beruf, sondern die Vaterschaft über Millionen Menschen des gleichen Glaubens. Die Vaterstelle aber kann nicht an einem bestimmten Tag beendet werden. Vater sein ist eine Verpflichtung, die erst nach dem Tod erlischt. So betrachtet, wäre es nicht nur absurd, sondern auch unnatürlich, eine mir von Gott über viele Menschen übertragene Vaterschaft einfach zu kündigen. Ich werde bis zu meinem letzten Atemzug Papst sein und ich trete niemals ab ..."
• Paul VI. erklärte in einer Ansprache, daß die Kirche leider ganz auf die Verwendung der lateinischen Sprache in der Liturgie zugunsten anderer Werte verzichten müsse. Interessanterweise wurde dieser Passus der Ansprache vom vatikanischen Presseamt nicht wiedergegeben. Daß dies kein Zufall ist, beweist die Tatsache, daß die in einer anderen Rede Pauls VI. enthaltene Versicherung, er werde nicht zurücktreten, ebenfalls vom Presseamt nicht veröffentlicht wurde. Offensichtlich stehen diese Maßnahmen des Presseamtes im Zusammenhang mit der beabsichtigten Absetzung Pauls VI. über die in dieser Nr. an anderer Stelle (S. 31 f) berichtet wird.
• Der Vatikan hat jetzt ein Schreiben vom 7. Dez. 71 an Dom Helder Camara veröffentlicht, in dem dem Kardinal dafür gedankt wird, daß er die Lehre der Kirche über die Probleme unserer Zeit so klar zum Ausdruck gebracht habe. Außerdem wird ihm der besondere Dank Pauls VI. übermittelt. Camara gilt als einer der hemmungslosesten Reformer.
• Paul VI. hatte seinem Freund Suenens das Staatssekretariat angeboten, das dieser jedoch mit der Begründung ablehnte, nicht in Rom tätig werden zu wollen, bevor die Kurie nicht abgeschafft sei.
• Bei einer Sonderaudienz für Mitglieder des Katholischen Familienbundes aus Deutschland warnte Paul VI. vor den "zersetzenden und unheilvollen Folgen der Glaubens- und Autoritätskrise". Anscheinend hatte er in diesem Augenblick seine Botschaften an Kardinal Tarancon und Camara, in denen er diese Umstürzler ermutigt, vergessen.
• Damen mit engen Hosen und ärmellosen Blusen soll künftig der Eintritt in den Petersdom nicht mehr verwehrt sein. Dies verlautet aus dem Vatikan. Es ist anzunehmen, daß diese Anordnung nun auch für die anderen Kirchen Roms gilt. Wer sich erinnert, wie Paul VI. anläßlich eines Empfangs von Filmschauspielern in der Peterskirche mit der geschiedenen Claudia Cardinale plauderte, die sich nach ihren eigenen Aussagen ein extra kurzes Minikleid zu diesem Zwecke schneidern ließ, wird sich nicht darüber wundern. Daß Paul VI. nun bei seinen mittwochs stattfindenden Generalaudienzen im Petersdom von schamlos gekleideten Frauenzimmern umgeben sein wird, stört ihn anscheinend nicht. Gläubigen Katholiken jedoch ist der Gedanke, ein solches Publikum an den Apotelgräbern zu sehen unerträglich. Immer mehr Gläubige verzichten deshalb darauf, unter solchen Umständen eine entbehrungsreiche Pilgerfahrt auf sich zu nehmen. Der römische Fremdenverkehrsverband klagt deshalb über einen katastrophalen Rückgang von Romreisenden. NB! Pater Pio hat Frauen mit kurzen Röcken die Abnahme der Beichte verweigert! Ungeziemend gekleideten Frauen verweigerte der Pfarrer von Ars die hl. Kommunion.
• Gebetsmeinung von Paul VI. für den Monat Juni: 1. Daß allen das Geheimnis des Menschen im Licht des Geheimnisses des menschgewordenen Wortes Gottes, der uns mit einem menschlichen Herzen geliebt hat, besser verständlich werde. 2. Daß die jungen Kirchen in den heimischen Kulturwerten "die Spuren" des Wortes Gottes entdecken und sie im Geheimnis der Liebe des Herzens Jesu entfalten.
• Julius Döpfner erklärte nach Absage der diesjährigen Fronleichnamsprozession in München, daß nur die Fehleinschätzung der Witterungslage maßgebend gewesen sei. An der jetzt gefundenen Form würde ebenfalls festgehalten.
• Ernst Tewes, "Regionalbischof" in München, bekannt als Hauptreformer, hofft darauf, im nächsten Jahr eine "durch den Glanz der Sommersonne festlich gestimmte Prozession in der Stadt halten zu können." Damit antwortet er offensichtlich auf die zahlreichen Proteste der über den Ausfall der diesjährigen Prozession empörten Bevölkerung.
• Neue Formen für die Fronleichnamsprozession hat man im Saarland gefunden: Man feierte Waldgottesdienste. An einem anderen Ort wurde die Prozession durch einen Gottesdienst auf dem Fußballplatz ersetzt.
• Der Dekanatsjugendseelsorger Dr. Meinrad Schumacher aus Innsbruck forderte auf der Innsbrucker Synode, das in Innsbruck gelegene Kloster mitsamt der Kirche der Ewigen Anbetung einschließlich der Gartenanlagen abzureißen, um dort einen Sportplatz für die Jugend zu erstellen. Weil er Geld für seine Jugendpläne brauchte, beklagte er, daß "Bettelmönche auf Millionengründen ihr Gemüse bauen". Das Kloster der Ewigen Anbetung wünschte er auf die "Waldrast" versetzt zu sehen. ("Waldrast" liegt hoch über Matrei am Brenner auf dem Weg zur Serles, weit abgelegen von Häusern und Siedlungen und ist im Winter nicht erreichbar.)
• In einem Vortrag berichtete der Aachener Domkapitular Dr. Erich Stephany, daß sich in den letzten zehn Jahren mindestens 14 kirchliche Dokumente mit den Fragen des Kirchenbaus beschäftigt hätte. Obwohl sie kurz hintereinander veröffentlicht worden seien, widersprächen sie sich in wesentlichen Fragen. Die Folge sei völlige Willkür im Bau von Räumen und in der Gestaltung von Geräten für den Gottesdienst.
• Als "öffentliche Bischofsbeschimpfung" hat Prof. Karl Forster in einem Kommentar für Radio Vatikan "einen nicht unerheblichen Teil der Diskussionsbeiträge" auf der Vollversammlung der Synode in Würzburg bezeichnet. Es sei ihm unverständlich, wie dies in der Presse gelegentlich als "Sternstunde der Synode" bezeichnet werden konnte.
• Auf einer Tagung der "Bewegung für Papst und Kirche", an der auch der Wiener Prälat Erwin Hesse teilnahm, forderte das Vorstandsmitglied Dr. Feuling von den Bischöfen, den Gläubigen mehr Gehorsam abzuverlangen.
• Der Münchner Moraltheologe Prof. Johannes Gründel konstatierte auf einem Forum der Katholischen Akademie in Regensburg einen Wandel der Moral von einer fremdbestimmten Gesetzesmoral hin zu einer autonomen Vernunftmoral. Auch die Gesellschaft habe sich allmählich von der "Vatergesellschaft" über die "vaterlose Gesellschaft", zur "Brudergesellschaft" geändert.
• Pater Nell-Breuning schlug auf einer Tagung der Katholischen Akademie in München vor, die Kirche solle sich in der Frage der Abtreibung einer "vorsichtigen Zurückhaltung" befleißigen.
• Geschiedene und wiederverheiratete Katholiken werden in Frankreich offen oder stillschweigend kirchlich beerdigt.
• Bei der "Internationalen Studentenwallfahrt von Paris nach Chartres" "feierten" 6000 Studenten, mit 100 Priestern, in ihrer Mitte Kardinal Marty, Erzbischof von Paris, in der Kathedrale an langen Tischen sitzend die "Eucharistie" und deren Empfang in beiden Gestalten.
• Eine im Auftrag der kanadischen Bischöfe durchgeführte Untersuchung in den 23 Diözesen des Landes brachte einen katastrophalen Rückgang der praktizierenden Katholiken zutage. Vor allem Jugendliche und Gebildete hätten sich völlig zurückgezogen. Innerhalb von 10 Jahren ging die Mitgliederzahl der Katholischen Aktion von 28 000 auf 3000 zurück. Im Jahre 1946 wurden noch 2000 Priester geweiht, 1971 waren es noch 100.
• Ein Bischof in Deutschland zahlt stattliche Summen an seine noch verbliebenen Seminaristen, nur zu dem Zweck, sie am Weggehen zu hindern.
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OHNE KOMMENTAR
Ich gebe Ihnen hier, zur Veröffentlichung ohne Kommentar, die folgende Aussage von Professor Dr. Georg May (Mainz):
"Der Papst (cf. Paul VI.) hat ohne Zweifel bei vielen Gelegenheiten den rechten Glauben verteidigt, an seiner Rechtgläubigkeit ist überhaupt kein Zweifel möglich." (gesprochen am Osterdienstag 1972, vergl. "Entscheidung" Nr. 31, Mai 1972, S. 11, 1. Spalte unten.)
Reinhard Lauth
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