Die Bulle «Cum ex apostolatus officio»
von Papst Paul IV. über häretische Würdenträger
von
Dr. Homero Johas
übersetzt von Elisabeth Egger
I. Einführung
1. Die Aktualität des Themas
Aus vielen Gründen ist der Zeitpunkt günstig, zu der Bulle «Cum ex
Apostolatus officio» von Papst Paul IV. einen angemessenen Kommentar zu
veröffentlichen. Diese Bulle ist aufgrund ihrer Schärfe gegenüber den
Häretikern unbeliebt. Sie wurde angefeindet und sogar in ihren
Übersetzungen verdreht. Nicht anders ging es mit dem Kanon 188 Nr.4 des
Kanonischen Rechts von 1917, der den Verlust jeden Amtes «ipso facto»
(«durch die Tat selbst», «automatisch») aufgrund öffentlicher Häresie
bekräftigt. Genau dies definiert dieser päpstliche Entscheid in Form
der Bulle. Kirchenrechtler zweifelhafter Glaubenstreue haben ihren Sinn
immer wieder hin- und hergedeutet.
Die Bulle ist nicht die erste und einzige Quelle der traditionellen
Lehre über dieses Thema - es blieb in den 20 Jahrhunderten seit
Bestehen der Kirche immer aktuell -, aber sie ist ein
ehrfurchtgebietendes Bollwerk. Sie ist ein Lehrwerk der tridentinischen
Zeit, in der die Gefahr des Protestantismus immer größer wurde. Sie
sollte verhindern, daß die Häresien der falschen Reform in die Kirche
ein-dringen und sie von innen heraus zerstören könnten.
Vier Jahrhunderte später ist diese Katastrophe eingetreten: Paul IV.
hat es vorausgesehen, die glaubenstreuen Katholiken wissen es, daß «der
Rauch Satans in die Kirche eingedrungen ist» und daß seit drei
Jahrzehnten eine bedrückende Zerstörung im Namen von Öffnung und
Anpassung an die Zeit und unter Berufung auf die Reformen des Vatikanum
II (1959 einberufen) stattfindet. Diese Bulle zeigt sich deshalb als
ein Instrument göttlicher Vorsehung für die Gläubigen zur Verteidigung
des unversehrten und reinen Glaubens in der Kirche, für die
Neo-Reformer mit zerstörerischer Absicht hingegen als ein Signal zum
Widerspruch, das eliminiert werden muß.
Es besteht hier nicht die Absicht, die Bulle Wort für Wort zu
kommentieren. Ihre Hauptpunkte jedoch sollen herauskristallisiert
werden. Die positive Norm und die höhere Norm des göttlichen Rechts
sollen herausgearbeitet werden, indem auf den Zusammenhang zwischen der
Bulle, der traditionellen Lehre und dem Kirchenrecht von 1917
hingewiesen wird.
Der Kernpunkt der Bulle ist ihre Definition der Vakanz «ipso facto»
jedes kirchlichen Amtes aufgrund einer eindeutigen und öffentlichen
Häresie. Diese Definiton berührt - insoweit sie über das bloß positive,
rein kirchliche Recht hinausgeht - auch das Amt des Papstes, der
alleine frei über das Kirchenrecht in nicht notwendiger Materie
entscheiden kann, sei es durch das positive göttliche Recht oder durch
das Naturrecht.
2. Papst Paul IV. (1555-1559)
Giovanni Pietro Carafa, Neffe von Kardinal Oliviero Carafa, wurde
dieser berühmten Familie am 28. Juni 1476 geboren. Er war aufgrund
seines rechtschaffenen Charakters und seiner unbescholtenen und reinen
Lebensführung geachtet. Als erfahrener Anwalt von ciceronischer
Beredsamkeit war er ein profunder Kenner des Lateinischen, Griechischen
und Hebräischen. Er war Ratgeber verschiedener Päpste, Apostolischer
Nuntius in Spanien und England. Er verzichtete auf die Pfründe der
Diözese von Chieti, um zusammen mit Gaetano Thiene den Orden der
Theatiner zu gründen, deren Ziel es war, den Kampf gegen die Häresien
mit Predigten aufzunehmen. Er war der erste Obere dieses Ordens. 1536
wurde er von Paul III. in die Kardinals- und Erzbischofswürde von
Neapel erhoben und zum Mitglied der Kommission zur Reform der Kirche
ernannt. Da der Versuch Gaspare Contarinis, die Protestanten in
Regensburg 1541 wieder in die Kirche einzugliedern, fehl-schlug,
leitete Kardinal Carafa Maßnahmen gegen diese Häresie ein, indem er die
Inquisition reaktivierte und 1543 die Zensur wieder einführte. Er war
ein unermüdlicher Feind der Welt und des Humanismus, der die
«Renaissance» inspiriert hatte - eine Ursache, unter anderem, der
protestanti-chen Reaktion -, weswegen ihn seine Feinde exzessiven
Übereifers beschuldigten.
Mitten in den Streitigkeiten und Schwierigkeiten des Konklave von 1565,
in dem es um die Nachfolge für Marcellus II. ging, sagte Kardinal
Farnese: «Wählen wir doch Carafa, den frommen und verehrungswürdigen
Ältesten des Kardinalskollegiums, der des Papstamtes würdig ist.» Seine
Unpopularität bei den Franzosen und der Widerstand seinem Namen
gegenüber von seiten der spanisch-kaiserlichen Gruppe, die Karl V. treu
ergeben war, machte seine Wahl zunächst unmöglich. Jedoch «der Autor
der Geschichte der Konklaven weiß dies nur damit zu erklären, daß man
hier in einem wunderbaren Fall die Wunder der Konklaven sieht und wie
Gott allein die Päpste macht». 1) Er wurde am 23. Mai 1555 zum Papst
gewählt und nahm den Namen Paul IV. an.
Er war ein tridentinischer Papst ohne Kompromisse, der als zentrales
Ziel der vier Jahre seines Pontifikats den Kampf gegen die Häresie und
für eine echte Reform in der Kirche hatte, beginnend beim mondänen
Lebensstil des päpstlichen Hofes. Er erneuerte das Kardinalskollegium,
bekämpfte die Simonie, zwang die Bischöfe, in ihren eigenen Diözesen zu
bleiben, disziplinierte die religiösen «Vagabunden», verbesserte die
theologischen Schulen, stellte die mönchische Disziplin wieder her,
reaktivierte die Inquisition, ließ aus den römischen Kirchen
ungebührliche Gemälde entfernen und förderte die göttliche Liturgie und
die eucharistische Verehrung.
Um sich besser den religiösen Belangen widmen zu können, vertraute Paul
IV. die zeitlichen Geschäfte seinen Neffen an, insbesondere Carlo, der
zum Kardinalssekretär der Finanzen ernannt wurde. Leider zeigten sich
dessen wahre Absichten anläßlich der Allianz mit den Franzosen, die der
Papst angestrebt hatte, um Neapel von der spanischen Herrschaft zu
befreien. Dieser Versuch schlug fehl, und im August 1557 drohte der
Herzog von Alba, in Rom einzumarschieren. Da Paul IV. über den
Machtmißbrauch seiner Neffen auf dem laufenden war, zögerte er nicht,
sie aus Rom zu verbannen. Dennoch warfen ihm seine Gegner
Vetternwirtschaft vor.
Er erklärte den Vertrag von Augsburg für ungültig und bevorzugte es,
mit Kommissionen und römischen Kongregationen unter seiner Führung, die
das im Jahr 1552 abgebrochene Konzil reaktivieren sollten, gegen die
Häresien zu kämpfen. Seine Bulle von 1559, dem letzten Jahr seines
Lebens, wurde von seinen Feinden dubiosen «Motiven» gegenüber dem
einflußreichen Kardinal Morone zugeschrieben, den er wegen Verdacht auf
Häresie inhaftieren ließ.
Er starb heiligmäßig und sang auf seinem Sterbelager mit erhobener
Stimme den Psalm 121: «In domum Domini ibimus» («Wir gehen ins Haus des
Herrn.») Seine Reform bewahrte der Kirche Reinheit im Glauben und im
Kult, weswegen eine Periode großartiger Päpste folgte. Er zeigte sich
so gebildet und heilig, daß der Papst Pius V., sein Zeitgenosse und
Nachfolger, den Prozeß der Kanonisation einleiten wollte. Als Zeichen
der Verehrung von dessen Heiligkeit trug er dessen Gewänder und
Paramente.
«Alles, was uns an Glauben, Religion und religiösem Kult erhalten
geblieben ist, verdanken wir Paul IV.», haben die Kardinäle Saviati und
Arigone gesagt. Der Historiker Giambattista Castaldo schrieb über ihn:
«Manch einer nannte ihn Paul den Großen... herausragend durch seine
Bildung, berühmt durch seinen Eifer im heiligen katholischen Glauben,
wurde er als ein weiterer Heiliger auf dem Stuhl des heiligen Petrus
betrachtet. Die Inschrift auf seinem Mausoleum lautet: .»
Daher sind der Haß und die Verleumdungen der Glaubensgegner gegen
diesen unerschrockenen Papst sowie gegen einige seiner Handlungen, wie
z.B. die Veröffentlichung der Bulle «Cum ex Apostolatus officio», nicht
verwunderlich. Man verurteilt ihn wegen seines Eifers und sogar wegen
dubioser Absichten. Man verweist dazu auf das Beispiel des Kardinals
Morone, der ohne Beweise beschuldigt und verhaftet worden war, so daß
er, nachdem Paul IV. tot war, sofort befreit wurde und am Konklave zur
Wahl des nächsten Papstes teilnahm. Dabei hatte er sogar die
Möglichkeit, gewählt zu werden. Das andere Beispiel ist das des
bekannten englischen Kardinals Pole, der im Konklave von 1549, nachdem
er offen von Kardinal Carafa angegriffen worden war, - wegen seiner
Neigung, die Protestanten zu rechtfertigen - um eine einzige Stimme
nicht zum Papst gewählt wurde. Er wurde 1557 von der Inquisition
angeklagt und seines Amtes als päpstlicher Legat enthoben. Der Prozeß
endete 1558 mit seinem Tod.
Die Anklage gegen jene Kardinäle lautete: Sympathie gegenüber den
Protestanten und daraus folgend eine ambivalente politische Haltung.
Pole hatte 1525 einen Briefwechsel mit Erasmus begonnen. Nachdem er
sich 1540 in Viterbo niedergelassen hatte, entstand um ihn, Morone und
Vittorio Colonna, die Gruppe der «Spiritualen», die ungefestigt im
Glauben, auf Versöhnung mit den Luthe-ranern in Fragen der Lehre
hofften. Sie waren geneigt, das lutherische Prinzip der Rechtfertigung
durch den Glauben allein anzunehmen und kamen sogar überein, die Lehre
der «doppelten Gerechtigkeit» aufzunehmen, welche Meinung später vom
Konzil von Trient verworfen wurde. Unter anderem verteilten sie auch
den häretischen Traktat «Beneficio di Cristo» ("Wohltat Christi"), der
später verboten wurde. Die Gefahr dieser Strömungen enthüllte sich in
diesen Jahren den kirchlichen Autoritäten durch den Abfall des ernsten
Predigers Occhino, der Generalvikar der Kapuziner war, sowie durch den
Abfall des Kanonikers Vermigli, der auch Lehrer und Prediger war. Beide
liefen zum Protestantismus über.
Daß Morone und Pole häretische Ansichten hatten, wurde zwar nicht
bewiesen. Beide jedoch waren zur Öffnung der Lehre der Kirche geneigt
und standen nahe davor, zum höchsten Amt in der Kirche, d.h. zum Papst,
gewählt zu werden. Diese Tatsache stellte eine enorme Gefahr für die
Bewahrung des Glaubens in der Kirche dar. Morone war bereits im
Konklave von 1566 eine Gefahr, so daß Kardinal Ghislieri, der spätere
heilige Papst Pius V., daran erinnern mußte, daß die Wahl desjenigen,
der der Häresie verdächtig sei, nichtig wäre. «Später bekannte er, sie
(die Wahl) nur deshalb angenommen zu haben, weil sie andernfalls
zu leicht zum Nachteil des Heiligen Stuhles auf Morone hätte fallen
können». 2)
Wie man unschwer erkennt, wollte Paul IV. die Kirche nicht nur gegen
die protestantische Häresie verteidigen, die klar und deutlich an der
katholischen Lehre zweifelte, sondern auch vor schleichenden
Kompromissen, die noch viel gefährlicher sind, da sie, in Gefühle von
Toleranz und Brüderlichkeit gekleidet, ihren Anhängern den Weg zum
höchsten Kirchenamt gebahnt hätten.
Der unerschütterliche Eifer Pauls IV. für die Kirche wurde vom heiligen
Pius V. weitergeführt, der, kaum gewählt, das Motu proprio «Inter
multiplices» veröffentlichen ließ, mit dem er die Konstitution «Cum ex
Apostolatus officio» des Vorgängers gegen häretische Hierarchen und
Schismatiker bestä-tigte. Pius V. setzte darüberhinaus die römische
Inquisition wieder in Kraft, die die Verurteilung des
antitrinitarischen Rationalismus von Lelio und Fausto Socini
bestätigte, und die gegen abgefallene Häretiker wie Pietro Carnesecchi
(Gruppe von Viterbo) und den Humanisten Aonio Paleario prozessierte und
sie hinrichten ließ.
Die göttliche Vorsehung gab der Kirche, gegen jedes menschliche Kalkül,
immer wieder die Päpste für ihre geistliche Erneuerung und Festigung in
der Welt. Auch in unserem Jahrhundert wurde gegen jedes Kalkül und jede
Intrige sowie gegen seinen eigenen Willen der heilige Pius X. zum Papst
gewählt. All dies hängt vom Heiligen Geist ab, der über seine Kirche
wacht, um sie vor menschlicher Verworfenheit zu schützen. Dabei
unterstützt er die heiligen Päpste, die die ihnen anvertraute Kirche so
leiten müssen, als hinge ihr Tun von ihrer Freiheit ab. Solche Päpste
würden niemals riskieren, die Tore der Kirche zur Welt zu öffnen,
Personen unsicheren Glaubens zu Prälaten zu befördern und noch weniger
Menschen von zweifelhafter Rechtgläubigkeit zur Kardinalswürde zu
erheben. Von ihnen wissen wir, daß - falls in einem Konklave, das von
Anhängern einer anderen Kirche beherrscht ist, einer von jenen gewählt
wird - die Unterstützung des Heiligen Geistes für seine Kirche nicht
dem Abtrünnigen, sondern ihren treuen Anhängern zuteil wird, damit sie
die Nichtigkeit der Wahl falscher Hirten erkennen, die in Wirklichkeit
räuberische Wölfe sind.
II. Kirchenrecht und göttliches Recht
«Sie haben das Gesetz übertreten und das Recht verkehrt» (Is 24, 6).
Die Bulle «Cum ex Apostolatus officio» wurde gegen diejenigen
herausgegeben, «die sich ungebundener auf ihre eigene Weisheit stützen
und sich verhängnisvoller als gewöhnlich gegen die Beobachtung des
rechten Glaubens erheben». Sie hat zum Ziel, den schwerwiegenden und
heiklen Fragen zu begegnen und sie zu definieren, durch die alle
Häretiker, auch diejenigen, die in irgendeiner Form an der Jurisdiktion
beteiligt sind, außerhalb der Kirche stehen und eo ipso ihr Amt
verlieren 3) nämlich durch die Tat allein, und nicht nur aufgrund einer
Kirchenstrafe. Das ist der Grund, warum auch in unserer Zeit viele
dieses päpstliche Dokument nach eigenem Gutdünken zu interpretieren
wagen und solch einen Papst, den höchsten Lehrer der Kirche,
kritisieren. Damit ignorieren sie gleichzeitig einen Gegenstand, der
durch das Lehramt definiert wurde.
Die Bulle ist in juristischen Begriffen abgefaßt. Man muß also ihre
Definitionen, deren Stil juristisch und handlungsbestimmend und, direkt
oder indirekt, teilweise auch rein doktrinär ist, erkennen und
verstehen. Die Bulle sanktioniert, statuiert und dekretiert nicht nur
Normen und Strafen, sondern sie definiert («definimus») auch Wahrheit
und Glaubenslehre in bezug auf Häretiker. Soweit zu den exegetischen
Hauptpunkten der Bulle.
1. Die theoretische Annahme eines Papstes «a fide devius»
Um die schwerwiegende Bedeutung des Delikts Häresie und der Anwesenheit
von Häretikern in der Kirche hervorzuheben, eine Tat «so schwierig und
gefahrvoll», verdeutlicht Paul IV.: Der Papst, «der Gottes und unseres
Herrn Jesu Christi Stellvertreter auf Erden ist, (hat) über die Völker
und Reiche unbeschhränkte Vollmacht und entscheidet richterlich über
alle, ohne selber in dieser Welt richterlichem Urteil zu unterliegen;
jedoch wenn er als vom Glauben abgewischen erfunden wird, darf ihm
widersprochenwerden.»
Diese Belehrung über das päpstliche Lehramt ist ohne jeden Zweifel
dogmatischer Natur und basiert auf der Exegese der Offenbarung. In
Anbetracht des von Bonifaz VIII. definierten Dogmas über die
Notwendigkeit, dem Papst zu gehorchen (DS 875), und in Anbetracht des
vom Vatikanischen Konzil definierten Dogmas über die Unfehlbarkeit des
Papstes (DS 3094), scheint eine solche Lehre von Paul IV. nicht möglich
zu sein, wäre nicht auch seine Lehre Bestandteil des Ordentlichen
Lehramtes. Paul IV. stützte sich dabei auf die traditionelle
Lehre der Kirche:
a)
Die heiligen Väter wie der heilige Hilarius, der heilige Hieronymus und
der heilige Eusebius haben geurteilt, daß Papst Liberius in häretische
Verworfenheit gefallen sei.
b) Das Römische Konzil von 503
gesteht zu, daß ein Papst vom Glauben abfallen kann. Deshalb ist es
verboten, einen Papst zu richten, es sei denn «er sei vom wahren
Glauben abgewichen» 4)
c) Innozenz III. sagte in der
Predigt «In Consecratione Pontificis»: «Der Glaube ist mir so
notwendig, daß ich, obgleich ich für andere Sünden nur Gott als Richter
habe, wenn ich nur eine Sünde gegen den Glauben beginge, von der Kirche
verurteilt werden könnte, gerichtet von den Menschen, und zuvor müßte
ich mich schon in dem Augenblick als verurteilt betrachten, in dem ich
in Häresie fiele.» 5) Er beruft sich dabei auf die Offenbarung (Joh
3,18).
d) Dekret Gratians - Kanon «Si
papa». Es verbietet, einen Papst zu verurtellen, «es sei denn, er sei
vom Glauben abgewichen». 6) Paul IV. wiederholte die gleichen Worte des
Dekrets.
e) 6. Ökumenisches Konzil -
Papst Honorius ist verdammt, «weil er in allem dem Häretiker Sergius
folgte und seine gottlosen Lehren bekräftigte» (DS 662).
f) Der heilige Leo II. -
Verdammung des Honorius: «Er reinigte diese apostolische Kirche nicht
durch die Lehre der apostolischen Tradition, sondern versuchte, in
gottlosem Verrat den reinen Glauben zu zerstören» (DS 563).
g) Hadrian I. - Ansprache auf
dem 8. Ökumenischen Konzil: Honorius «ist der Häresie angeklagt, das
einzige Delikt, das den Widerstand Untergebener gegenüber Vorgesetzten
und die Ablehnung ihrer schädlichen Lehren legitimieren kann». 7) Die
Ökumenischen Konzile VI, VII und VIII erklärten Honorius zum Häretiker
und als exkommuniziert. Sie sind dabei alle im Bekenntnis ihres
Glaubens von den Päpsten im Glaubensbekenntnis «Fides papae»
bestätigt. Der heilige Robert Bellarmin hat geschrieben: «Das 8.
Ökumenische Konzil war einheitlich der Meinung, daß Päpste im Fall von
Häresie verurteilt werden können.» 8)
Paul IV. lehrt also eine offenbarte Lehre und nicht eine bloß
menschlich maßgebende Meinung. Aber aus verschiedenen Gründen wurde
diese Lehre ignoriert bzw. von gewissen Kreisen aus ehrfürchtigen oder
tendenziösen Gründen einfach nicht angenommen. Dabei führen diese die
Bitte Christi für Petrus an (Lk 22, 32) und behaupten folgendes:
a) Der Papst könne nicht persönlich im Glauben sündigen. Darüber hinaus sei er bei der Ausübung des höchsten Lehramtes unfehlbar.
b) Der Papst habe eine gewisse
absolute «judikative Immunität», einschließlich Glaubensfragen, weil
ein Papst in seinem Papsttum - als Richter der Gläubigen - nicht
verurteilt werden könne. Er könne noch nicht einmal verurteilt
werden, wenn er vom Glauben abfiele. Wenn es so wäre, könnte ein vom
rechten Weg abgekommener Papst ungestraft eine neue Religion erfinden.
Deshalb impliziert die Lehre der Bulle den Ausschluß der alternativen
Meinung, die Bellarmin, Suarez, Billot und andere vorgetragen haben,
daß der Papst nicht persönlich im Glauben sündigen könne. Dies würde
einen Verlust seines Papsttums ausschließen. In der Tat wurde die zu
weit gehende Exegese der Bitte des Herrn nicht vom Vatikanischen Konzil
(1869/70; Red.) bestätigt, weil das nicht im Sinne der Tradition
gewesen wäre; auch weil die Kirche weder zwei alternative Lehrmeinungen
hat noch haben kann, die sich im Hinblick auf den gleichen Fall
widersprechen. Daraus folgt, daß die Lehre der Kirche die Möglichkeit
vorsieht, daß ein Papst «a fide devius» («vom Glauben abgewichen») und
«haereticus» («häretisch») ist, wie auch Bellarmin in seiner zweiten
Ansicht ausführte.
c) Die Interpretation der
Bulle, nach der es nur die Möglichkeit gibt, den vom Glauben
abgefallenen Papst zu ermahnen, aber nicht, ihn zu richten, ist irrig.
Die Zusammnenhänge der traditionellen Lehre, die oben zitiert sind,
lassen erkennen, daß der Papst sich als «bereits verurteilt zeigt»,
nämlich von Gott, weil der Herr von dem, der nicht glaubt, sagt: «Er
ist schon gerichtet» Joh 3, 1 0), und der heilige Paulus bestätigt: ein
Irrlehrer «spricht sich ob seiner Sünde selbst das Urteil» (Tit. 3,11).
Dies ist die Exegese von Papst Innozenz III. Und die Kirche lehrt uns
mit göttlichem Recht: Wenn Ermahnungen nichts fruchten, muß der
Häresieverdächtige «als Häretiker betrachtet werden, der den Strafen
gegen Häretiker verfallen ist» (Kanon 2315). Also muß der Häretiker
sein Amt verlieren (Kanon 188, Nr.4).
d) Daraus folgt die
allgemeingültige Lehre, die eine ausdrückliche Strafe für bestimmte
Häresien vorsieht. Innozenz III. stellte fest: «Es wäre allzu unsinnig,
daß ein Lästerer Christi Macht über Christen ausüben dürfte.» 9) Leo
XIII. schrieb: «Es ist unsinnig, daß derjenige, der außerhalb der
Kirche steht, ein leitendes Amt in der Kirche inne hat.» 10)
2. Definition der Vakanz «ipso facto» jedweden kirchlichen Amtes aufgrund von Häresie
Der zentrale Punkt der Bulle steht im 3. Kapitel, der ihre doppelte
Natur aufzeigt: «Sie gibt die Norm des Seins», sofern sie das Sein von
etwas definiert, und «die Norm des Handelns», sofern sie allen
Gläubigen eine Handlungsvorschrift auferlegt. In der Bulle, «die für
immer gelten soll», sagt der Papst, legen wir «in der Fülle
apostolischer Vollmacht fest, verordnen und definieren wir (et
definimus), daß ... alle und jeder einzelne der Bischöfe ..., der vom
Glauben abgewichen oder in Häresie gefallen ... ist, über die
vorgenannten Urteilssätze, Zensuren und Strafen hinaus eo ipso (von
selbst) und ohne irgendeine rechtliche oder konkrete Amtshandlung, ganz
seine Ämter und Bischofssitze .... sowie seine aktiven und passiven
Wahlrechte verliert ... Sie sollen als Abgefallene von allen betrachtet
und ... gemieden werden».
Wenn ein solcher Verlust kirchlicher Ämter nicht aus grundlegenden
Erwägungen gelten würde, sei es aufgrund göttlicher Offenbarung, sei es
aus zwingender Bindung an sie, dann könnte der Papst eine solche Sache
nicht als «Definition» festlegen, sondern nur dekretieren oder
sanktionieren. Er würde dann jedoch nur einen Beschluß rein
menschlichen Rechts vorlegen. Eine Definition ist nicht nur eine
einfache «Handlungsnorm»; sie ist darüber hinaus eine Norm des Seins,
die das Sein als solches bestätigt und erklärt. Der Papst spricht hier
als Oberhirte und Lehrer der Kirche zu allen Gläubigen mit seiner
höchsten Autorität. Er erfüllt daher ohne jeden Zweifel die
Bedingungen des Vatikanischen Konzils, nach denen es sich hier um eine
Definition ex cathedra handelt.
Paul IV. verteidigt hier jedoch nur die traditionelle Lehre der Kirche,
die von den heiligen Vätern kommt und die sich, wie der heilige Robert
Bellarmin erklärt, von daher nicht auf das menschliche Recht stützt.
Die Bulle gründet vielmehr auf göttlichem Recht und steht zugleich in
der Tradition. So zeigt sie uns, daß «die (ordentliche) Jurisdiktion
Häretikern und Schismatikern nicht verbleibt». Sie weist auf die
Verbindung zwischen menschlichem Recht und göttlichem Recht hin, das
anordnet «von einem Häretiker ... halte dich fern» (Tit 3, 10). Dies
ist ein offenbarter Text, aus dem der hl. Robert Bellarmin das
Nicht-Bestehen der Jurisdiktion bei Häretikern ableitet. Belege aus der
Kirchengeschichte sind folgende:
a) Das
Konzil von Ephesus: Der ranghöhere Bischof unterliegt, sei er auch
Metropolit, wenn er Häretiker ist, rangniedrigeren Bischöfen, die
rechtgläubig sind 11).
b) Lateransynode (649): Sie bestätigt, daß die Strafen der Häretiker leer, ungültig und unbegründet sind (DS 520).
c) Das 2. Konzil von
Konstantinopel beruft sich auf die göttliche Offenbarung (Joh 3,18; Tit
3, 10) und lehrt, daß «der Gottlose, auch wenn er von niemandem
exkommuniziert wird, den Kirchenausschluß doch durch seine
Gottlosigkeit auf sich zieht, die ihn vom ewigen Leben trennt». 12)
Der Häretiker «kann nicht exkommunizieren» und «wenn er es macht, ist
nichts geschehen». 13) Dies ist nur verständlich, weil der Häretiker
die Macht ordentlicher Jurisdiktion verliert, auch wenn er nicht
ausdrücklich exkommuniziert wäre. Durch den «stillschweigenden
Verzicht», den sein Handeln voraussetzt, ist er bereits von selbst
verdammt (Tit 3,11).
All dies ist konform mit der Tradition, betont der hl. Robert
Bellarmin: «Wer nicht Glied ist, kann nicht Haupt der Kirche sein.»
Belege aus der Kirchengeschichte sind folgende:
a)
Der heilige Athanasius: Er weigerte sich, Papst Liberius zu gehorchen,
der ihm unter Androhung der Exkommunikation gebot, sich in Rom
aufzuhalten.
b) Der heilige Bruno: Er
verurteilte die Handlung als häretisch, mit der Papst Paschalis II.
weltlichen Herrschern Macht über bischöfliche Lehen zu geben gedachte.
14) Paschalis II. erkannte an, daß die Jurisdiktion bei solchen
entfällt, die Häresien verbreiten, auch wenn sie Päpste sind, und
sagte: «Mit seinen Argumenten nimmt mir der hl. Bruno die Leitung der
Kirche.» 15)
c) Der heilige Hugo von
Grenoble, der heilige Gottfried von Amiens und Guido von Vienne (der
spätere Papst Calixtus II.) schrieben an Paschalis II., - falls er es
nicht verdamme, daß man eine solche Lehensgewalt an weltliche Herrscher
abtreten dürfe - «entfernt ihr uns von der Gehorsamspflicht euch
gegenüber). 16) Julius II. hat auch definiert, daß eine Papstwahl
nichtig ist aufgrund der «Häresie der Simonie» (Ämterkauf).17)
Im kanonischen Recht geht die Kirche von der Existenz eines
«stillschweigenden Verzichts» auf ein kirchliches Amt aus im Fall eines
öffentlichen Vergehens in Glaubensdingen (Kanon 188, n.4). Und das
«ohne irgendeine Festsetzung» von Strafe: es genügt die Existenz des
Delikts an sich. Für die Häresie gibt es nicht nur die Strafe von
seiten der strafenden Autorität, sondern sie ist «ex natura» («von
ihrem Wesen her») Trennung von der Kirche. 18) Es gibt also keinen
Widerspruch in der kirchlichen Lehre. Die vorliegende Bulle, die Lehre
vom heiligen Thomas und der Codex Canonicus: alle beziehen sich auf das
gleiche göttliche Recht.
Deshalb spricht die Definition von der «natura», dem Wesen des
Deliktes, und legt nicht nur eine juristische Handlungsnorm dar, d.h.
sie geht über die Strafnormen hinaus. Sie versteht sich für das
öffentliche Delikt, und noch berechtigter für das offenkundige. Wenn
Häresien im Verborgenen geschehen und es nur Verdachtsmomente dafür
gibt, dann sind Verfahren notwendig, um die Fakten zu klären: dazu auch
die Ermahnungen des Kanon 2315 und die erklärten Strafen des Kanon
2314. 2. Die Erklärung ist es jedoch nicht, die den Verlust des Amtes
bewirkt; vielmehr liegt dies in der Natur des offenkundigen Delikts.
Daher ist die Erklärung von ihrer Aussage her weder eine
Strafverfügung, noch ist sie nur die Bekanntmachung einer
Exkommunikation, die die Kirche gleicher-maßen «ipso facto»
verhängt. Paul IV sagt klar, daß die Vakanz über die Strafen
hinaus besteht: der Entzug aktiven und passiven Wahlrechts, die
vollständige Unfähigkeit zur Ausübung eines kirchlichen Amtes folgen
aus dem Delikt an sich.
3. Entzug des aktiven und passiven Wahlrechts
Im 6. Kapitel erklärt die Bulle einige der «naturgemäßen» Wirkungen des
Delikts Häresie, die vorher definiert wurden. Es ist die Wahl zu einem
kirchlichen Amt, der Besitz oder «Quasi-Besitz» und die Ausübung eines
kirchlichen Amtes von irgendeiner häretischen Person. Sie sind samt und
sonders nichtig ... Das betrifft auch - wie Paul IV. sagt - das Amt des
römischen Pontifex, selbst dann, wenn die «Wahl mit der einmütigen
Zustimmung aller Kardinäle erfolgt ist». Und so spricht die Bulle noch
einmal ausdrücklich vom Papstamt, indem sie diese Nichtigkeit von der
Natur des Delikts und nicht von den Taten anderer Hierarchen her
erschließt. Es ist die «Unfähigkeit» des Täters, verursacht durch das
Delikt, das den Gewählten hindert, Träger ordentlicher Jurisdiktion zu
sein. Auch hier ist die «Wichtigkeit» «ipso facto» gegeben, ohne daß
irgendeine Erklärung sie bestimmen muß. Es handelt sich um einen
Spezialfall der generellen Norm. Und da der römische Pontifex, der
nicht Gegen-stand menschlicher Strafen sein kann, eingeschlossen ist,
erkennt man, weshalb die Definition nicht menschliches Recht ist. Das
war auch nicht der Fall bei der Definition der «Häresie der Simonie»
von Julius II.. Paul IV. hat seine Definition hier jedoch auf
jedwede Häresie ausgedehnt.
Der Hinderungsgrund für einen Häretiker, ein Kirchenamt auszuüben, ist
nicht der gleiche wie für die Nichtigkeit einer Wahl wegen der Häresie
der Wähler. Die «Notwendigkeit, den Glauben zu haben», um Papst sein zu
können, von Innozenz III. bestätitigt (s.o.), kann nicht vom
menschlichen Willen der Wähler abhängen, sondern ist eine absolut
notwendige Bedingung für die Person, um Träger ordentlicher
Jurisdiktion zu sein. Die Nichtigkeit der Amtsinhabe folgt aus dem
Tatbestand, Häretiker zu sein. Sie hängt nicht von irgendeinem anderen
Faktum ab: Besitz, Gehorsam, Inthronisation und von daher
Bekanntheitsgrad des öffentlichen Delikts; das ist keine rein
menschliche Straf-norm, die von der Autorität eines Papstes
aufgezwungen wäre, noch eine nebensächliche und provisorische
Vorsichtsmaßnahme, sondern eine Doktrin: «Häretiker und Schismatiker
verlieren ihre Jurisdiktionsgewalt.» 19)
Indem Paul IV. die Nichtigkeit einer Wahl durch vorhergehende Häresie
des Gewählten betont, gab er seiner Lehre keinen so engen Sinn, als ob
er den Verlust des Amtes durch folgende Häresie verneinte, wie einige
naiverweise oder böswillig wollen. Es ist logisch, daß die Wahl gültig
wäre, wenn die Häresie nicht vorausgegangen wäre. Aber laut der
Definition des 3. Kapitels wäre das Amt gleichermaßen verloren. Dort
definierte man bereits das Fehlen aktiven und passiven Wahlrechts, die
Vakanz aller Ämter, hier wird nur ein Fall von dem Fehlen des passiven
Wahlrechts herausgestellt. So wollen einige tendenziöse Eiferer Kapitel
6 und 3 der gleichen Bulle gegenüberstellen, d.h. Spezialfall und
universelles Gesetz. Um aber den Verlust des Papstamtes durch
öffentliche Häresie des Papstes nicht zuzugeben, führen sie die
Unterscheidung zwischen «häretisch» und «vom Glauben abgefallen» ein.
Paragraph 6 vereinigt jedoch beide Fälle des Amtsverlustes, wie im
übrigen die Urteilssprüche von Innozenz III., die Dekrete von Gratian
sowie des Konzils von Konstantinopel etc. zeigen. Hadrian II. bezieht
sich auf Honorius I., der «der Häresie angeklagt» war, und Innozenz
III. spricht davon, daß «er bereits verurteilt war, als er in Häresie
fiel». In diesem Fall ändert also die Unterscheidung der Worte nicht
die Wirkung des Delikts.
4. Schlußfolgerung
Im Irrtum sind deshalb die Auslegungen, die behaupten, daß die Bulle
die Jurisdiktion ausschalte, auch die päpstliche, nur weil eine Häresie
der Wahl vorausging und so eine weitere folgende ausschließe. Wenn die
Ursache für die Nichtigkeit der Wahl im Häretiker selbst liegt und
nicht in seinen möglichen Wählern, dann besteht die Nichtigkeit
aufgrund seines eigenen Willens zum Schisma und nicht aufgrund eines
anderen Tatbestands, der nur eine sekundäre Veranlassung ist. Der Text
sagt nicht, daß der pervertierte Wille der Kardinäle der Grund für die
Nichtigkeit ist, sondern daß «wenn es je vorkommen sollte, daß ein
Bischof ... vom katholischen Glauben abwiche» (positiver Tatbestand),
dieser dann keine Amtsgewalt hat, auch wenn er einstimmig gewählt
worden wäre. Die Kirche nimmt in diesem Fall einen stillschweigenden
Verzicht (Kanon 188, Nr. 4) an, und zwar nicht nur im Fall des
Beinahe-Besitzes, sondern auch im Fall des Besitzes eines Amtes. Das
stimmt mit der Lehre Pius XII. überein, der bestätigt, daß die Trennung
des Häretikers von den Gütern der Kirche «durch die Natur selbst»
(suapte natura) des Deliktes zustande komme. Da die Natur des Deliktes
dieselbe ist, ist es gegen das Prinzip der Kausalität zu sagen, daß
naturgemäße Wirkungen nur vor und nicht nach dem Eintritt eines
Tatbestandes auftreten.
Die Unvereinbarkeit der päpstlichen Aufgabe mit der Abweichung vom
Glauben ist in der Bulle mehrmals unterstrichen worden und muß als
Glaubenswahrheit betrachtet werden. Ferner bestätigt die Bulle die
Möglichkeit, daß jemand als Papst anerkannt wird, der «a fide devius»
(vom Glauben abgefallen) ist; die Nichtigkeit der Wahl eines Häretikers
zum Papst; die Freiheit, einem Häretiker in päpstlichen Würden den
Gehorsam zu verweigern. Wenn die Bulle die den Häretikern auferlegten
Strafen aufzählt, dann nennt sie unter den Ämtern, die aufgrund dieser
Strafen vakant werden, nicht das Papstamt. Kann es sein, daß es
ausgenommen ist? Sicher ist, daß ein Hierarch, der als Häretiker
erkannt wird, sein Amt verliert. Wenn dieser Tatbestand vorliegt, folgt
die natürliche und universelle Wirkung des Delikts Häresie, der
stillschweigende Verzicht auf das Amt, wie es von der Kirche angenommen
wird. Handelt es sich jedoch um einen Amtsverlust aufgrund einer
Strafe, die von einem Vorgesetzten auferlegt wurde, erwähnt die Bulle
natürlich das Papstamt nicht, weil auf Erden niemand die Gerichtsgewalt
hat, eine Strafe gegen einen Papst auszusprechen. Ein Papst erlegt
keinem anderen eine Strafe auf, sofern er Papst ist.
Die Bulle schließt den Papst aber ausdrücklich unter folgende Gruppen
mit ein: unter diejenigen, die vom Glauben abfallen können, unter die,
die auch gewählt werden können, wenn sie Häretiker sind, unter die,
denen nicht gehorcht werden muß, weil sie Häretiker sind. Sie zählt
notwendigerweise die Person eines jeden Hierarchen, auch Bischöfe, zu
jenen, die ihre kirchlichen Ämter aufgrund von Häresie oder Apostasie
verlieren. In diesen Fällen zählt nicht das Ansehen, der Stand, die
Lebens-bedingungen oder der ihnen eigene Jurisdiktionsrang, sondern die
Unvereinbarkeit mit dem Amt «gemäß der Natur» und weil sich die Strafe
der Exkommunikation, die die Bulle auferlegt «eo ipso» «(von selbst)
«ohne jede rechtliche oder faktische Amtshandlung», auf alle erstreckt.
Der Kanon 188 Nr. 4 des Kodex von 1917 schließt sich dem an und sagt:
«Sie verlieren ihr Amt ohne jede richterliche Feststellung.»
Da es bestätigt ist, daß «alle und jeder einzelne» derer, die vom
Glauben abgefallen sind, ihr Amt verlieren, verliert auch derjenige
unter ihnen, der das Papstamt innehat, notwendigerweise sein Amt.
Das, was zählt, ist die Realität: Häretiker sein oder nicht; die
Aufzählung der Ämter in ihren verschiedenen Stufen, ihrem Rang, ihrem
Lebensumstand und ihrer Würde dient nur dem Beispiel und kann sich mit
der Zeit verändern. Darüber hinaus bedeutet die Aufzählung, daß die Art
des Amtes nicht die zugehörige Wirkung, noch die Strafe für die Häresie
ändert; es bedeutet, daß diese Wirkung «alle und jeden einzelnen», alle
Häretiker und Apostaten umfaßt; und das hängt nicht von der Erwähnung
des eingenommenen Amtes ab. Der Kanon 188 Nr. 4 besagt, «daß jedes
beliebige Amt vakant wird), und der Kanon 2314 verurteilt «alle und
jeden einzelnen» der Häretiker, ohne die Ämter aufzuzählen.
Pius XII. erklärte die Situationsethik für falsch, weil dies das
Ablehnen universell gültiger Gesetze bedeute. Er bestätigte, daß das
universelle Gesetz «notwendig und beabsichtigt sei, alle Sonderfälle
beinhalte, in denen sich seine Idee realisiert». 20) Im besonderen Fall
können sich deshalb nicht «zwei Klassen» von Häretikern
herauskristallisieren, um die einen, die eine höhere Funktion haben
(Kardinäle und Päpste) vom Verlust ihrer Ämter auszuschließen. Das
würde gegen die Lehre von Paul IV. und Pius XII. verstoßen, darüber
hinaus gegen die einfache Logik. Die Verurteilung von Honorius, «der
Papst des alten Rom war» (DS 5,92), ist dafür beispielhaft.
(aus SAKA-Informationen, Januar 1993)
***
Anmerkungen:
1) Ludwig Pastor: Geschichte der Päpste.
2) Ebd.
3) Die Bulle gebraucht den Ausdruck «eo ipso», das Kirchenrecht den gleichbedeutenden «ipso facto». Übers.
4) Harduinus 2, col. 984.
5) Migne, P.L.27, col.656-672.
6) V. 23, Pars I, Dist. XL, c 6.
7) Harduinus 6, col. 866.
8) De Rom. Pontif. 2, c.30, S.418
9) 4. Laterankonzil, c.69; Mansi 9,996.
10) Enzyklika «Satis cognitum».
11) Conc. Oecum. Decreta, j. Alberigo, S.63.
12) Aussage der drei Kapitel.
13) Thomas, S.th. 2-2,39,3.
14) Hefele-Leclerq, V, p.I., S.555.
15) Ibidem, S.530; Baronius: Annales, o. 1 1 1 1, Nr.32, S.228.
16) Hefele-Leclerq, V, p.I., S.536.
17) Bulle «Cum tam divino».
18) Pius XII.: Enzyklika «Mystici Corporis».
19) Thomas: S.th. 2-2,39,3.
20) De Rom. Pontif. 2, c.30. S.418.
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