EINHEITSBIBEL FÜR KATHOLIKEN UND PROTESTANTEN
von H.H. Pfr. Dr. Georg Handrick
In Nr. 2/72 des "Katholischen Digest" steht auf Seite 29 ein Artikel: "In moderner Sprache Einheitsbibel für Katholiken und Protestanten." Die Herausgeber sind die verschiedenen Bibelgesellschaften und Bibelwerke in beiden Teilen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz. Die neue Einheitsbibel trägt die Bezeichnung "Die gute Nachricht - Das Neue Testament in heutigem Deutsch".
In der Einleitung zum Gebrauch heißt es: "Die Übersetzung hat sich zum Ziel gesetzt, die unmittelbare Verständlichkeit des Originals soweit irgend möglich zu erreichen. Warum sie nicht immer 'wörtlich' und gerade dadurch texttreu ist, darüber gibt das Nachwort zu diesem Band Rechenschaft." (1) In ihm (2) wird auf die Schwierigkeit jeder Übersetzung der Heiligen Schrift hingewiesen. "Die Übersetzer haben sich nach eigenen Angaben (3) bemüht, den Sinn der biblischen Berichte in eine zeitgemäße, allgemein verständliche, nicht jedoch saloppe Sprache zu übertragen." (4) Diese Übersetzung "bemüht sich um dynamische Gleichwertigkeit zum Original." (5)
Man ging von dem Gedanken aus, daß sich die deutsche Sprache seit dem 16. Jahrhundert in vielem geändert hat bis zur heutigen Umgangssprache bzw. zum Hochdeutsch oder zur Schriftsprache. Die Lutherbibel hat die 'alte Sprache' weithin beibehalten, bis auch hier neuere Ausgaben entstanden sind, die der neuen deutschen Schriftsprache angepaßt wurden. Nun soll diese Einheitsbibel in einem "heutigen Deutsch" dargeboten werden.
Leider ist unser "heutiges Deutsch" gar kein echtes Deutsch mehr. Das moderne Deutsch ist seit Jahren schon derart mit fremden Elementen, besondere Amerikanismen durchsetzt worden, daß man ein Fremdwörterbuch braucht, um alles zu verstehen, und es sogar dem gebildeten Deutschen oft schwer fällt, hier mitzukommen. Und doch halten viele dieses verdorbene Deutsch für das normale moderne Deutsch. Zwar verwendet die Einheitsbibel nicht dieses mit den vielen fremden Elementen durchsetzte Deutsch, wenn man sie aber auf ihr "heutiges Deutsch" durchforscht, so ist festzustellen, daß das Deutsch dieser Bibelübersetzung sich von der in Rundfunk, Fernsehen, Tageszeitschriften, Zeitungen, Illustrierten, in Unterhaltungen, Verhandlungen und im Parlament usw. gebrauchten Sprache - mit Ausnahme der dort gängigen fremden Elemente - nicht unterscheidet.
Wenn die Übersetzer meinen, "Himmelreich" oder "Reich Gottes", wären dem heutigen Deutschen nicht mehr verständlich, so daß man sagt: "Gott richtet seine Herrschaft auf" oder "Gott vollendet sein Werk" oder "Gottes neue Welt", wäre verständlicher als die früheren Begriffe, so irrt man sich. Dem heutigen Durchschnittsmenschen sind Ausdrücke wie Team, Boom, Show, Management, Hearing, Eskalation, City, Service - man kann die Reihe beliebig fortsetzen - verständlicher als Gruppe, Aufschwung, Schau, Leitung, Verhör, Steigerung, Stadtmitte, Dienst. Statt Gouverneur könnte man ebensogut Verwalter sagen. Was soll sich der Leser der "Guten Nachricht" unter "Gottes neue Welt" vorstellen, wenn damit Gottes Reich gemeint sein soll. Und schließlich: die Übersetzung von "Evangelium" ständig mit "Die Gute Nachricht" umzudeuten, ist völlig unverständlich, weil dieser Terminus an vielen Stellen gar nicht in den Zusammenhang paßt. Gerade das klingt nach Fernsehdeutsch. Was Evangelium bedeutet, versteht wohl jeder gläubige Christ. Wenn man für Mietling Tagelöhner sagt, wo es kaum noch welche gibt, oder wenn man gehen für wandeln (es gibt doch noch Wandelgänge) schreibt, so verbessert man doch nichts.
Aber nun noch etwas, was wichtig ist: Warum verfälscht die Einheitsbibel den Heiligen Geist und schreibt zumeist "heiIiger Geist"? Die Kleinschreibung von heilig erscheint häretisch. Das kann als Leugnung der Gottheit des Heiligen Geistes gewertet werden, auch dann ist es noch unklar ausgedrückt, wenn es heißt: "Empfanget Gottes heiligen Geist." Selbst in den Evangelien anderer Sprachen ist die Ausdrucksweise so, daß deutlich die Dritte Person in Gott gemeint ist, z. B. Saint Esprit, Espirito Santo, Spiritus Sanctus. "Bei den Namensänderungen sind teils die alten katholischen teils die evangelischen Bezeichnungen gewählt worden, zum Teil auch völlig neue". (6) Diese Anbiederung hätte man vermeiden sollen. Dazu kommen noch die orthographischen Änderungen mancher Namen wie Tomas, Mattäus, Josef. Das erscheint fast kindisch. Als ob davon die Glaubwürdigkeit der Bibel gestärkt würde.
Die Sprache der Heiligen Schrift soll eine sakrale Sprache sein, auch wenn der Nichtkirchengänger die Heilige Schrift liest oder hört. Ja gerade er soll aus der Sprache auch die Würde der Gottesoffenbarung herausspüren. Einige Beispiele sollen zeigen, wie sehr des öfteren gerade das Sakrale diesem "heutigen Deutsch" fehlt:
"Die Geburt Jesu wird angekündigt. Maria fragt den Engel: Wie soll das zugehen? Ich habe doch mit keinem Mann zu tun."
"Das Gleichnis von den zehn Jungfern. Zehn Mädchen gingen mit ihren Lampen hinaus... Fünf von ihnen handelten klug, die anderen fünf gedankenlos... Aber die Klugen sagten: Ausgeschlossen, dann reicht es weder für uns noch für euch. Geht lieber zum Kaufmann und holt euch welches."
Das ist Journalistendeutsch, aber keine Sprache einer Heiligen Schrift. Bei aller Verständlichkeit will der Christ z.B. auch in der Predigt keine Zeitungssprache hören. Die Übersetzer hätten berücksichtigen müssen, daß die Bibel ein heiliges Buch ist, dem auch eine sakrale wenn auch einfachverständliche Sprache ziemt. Es seien noch folgende Beispiele erwähnt:
Beim Letzten Abendmahl. Das Zwiegespräch zwischen Jesus und den Aposteln. "Während der Mahlzeit sagte er (Jesus): Ich weiß genau, daß einer von euch mich verraten wird. Die Jünger fragten ihn: Du meinst doch nicht mich? Herr! Jesus antwortete: Der wird mich verraten, der eben mit mir das Brot in die Schüssel getaucht hat... Da fragte Judas: Du meinst doch nicht etwa mich? Doch antwortete Jesus: dich."
Außerdem enthält diese Bibel noch falsche, z.T. häretische 'Übersetzungen', z.B. "Trinke" alle daraus, das ist mein Blut, das für alle vergossen wird." Der Originaltext lautet aber "für viele". Glaube fast durchweg mit Vertrauen zu übersetzen ist protestantische Glaubensauffassung. Fides kann auch Vertrauen heißen, aber in der Bibel bedeutet "fides" ("riech. "pistis") fast durchweg "Glaube" im spezifischen Sinn. Vgl. Joh 3,18; 20,29; 4,48. Es handelt sich doch bei Jesus um den Glauben an ihn, nicht nur um ein Vertrauen zu ihm.
Diese Einheitsbibel muß daher abgelehnt werden. Diese Bibel in katholischen Gemeinden, in Kirchenausgaben und Schulbüchern einzuführen, ist ein Zeichen von Überheblichkeit, ja sogar Anmaßung, zumal wir gute und würdige Übersetzungen in Fülle besitzen. Man versucht auf diesem Wege die "Ökumene", d.h. die katholische-protestantische Kirche langsam herzustellen, bis man schließlich ganz ins Heiligtum eingedrungen ist. Diese Bibel zerstört mehr als sie aufbaut. Der gläubige Katholik weiß dann am Ende nicht mehr, welche Übersetzung die rechte ist. Mit den sog. ökumenischen biblischen Namen und den ökumenischen Gemeinschaftstexten, wie schon beim Vaterunser, hat man den Anfang gemacht. Und die "Fortschrittler" werden nicht ruhen, bis wir die ökumenische Kirche haben, so daß weder Katholik noch Protestant weiß, zu welcher Gemeinde er gehört. Das ist aber das Ende mit Schrecken.
Der Schriftsteller Dr. Manfred Hausmann (Bremen) hat recht, wenn er ausführt: "Bemühungen, mit allen möglichen und unmöglichen Mitteln, die Bibel aktuell zu machen und sie den Bedürfnissen und Fähigkeiten des modernen Menschen anzupassen" (7) sind eine Fehlaktion. Während einer Veranstaltung in Stuttgart erklärte Hausmann, wie epd berichtet, die Bibel habe eine Aktualisierung nicht nötig, da Gottes Wort immer zeitnah und zeitgemäß sei. Wer von Anpassung redet, der verfälscht das Wort Gottes von Grund auf.
Man verschone die Schulen und religiöse Gemeinschaften usw. mit dieser Einheitsbibel. In der Schule soll ein gutes Deutsch gelehrt und gebraucht werden. Wie schwer dies ist, darüber können Lehrer aller Schulgattungen genügend Auskunft geben. Die bisher guten deutschen Bibelübersetzungen, wie sie im katholischen Raum bekannt sind, haben sich bewährt. Sie sollen verbreitet werden. So soll es bleiben. Wir brauchen keine Einheitsbibel in einem "heutigen Deutsch".
Anmerkungen:
(1) S. 3. (2) S. 585 f. (3) S. 584. (4) Katholischer Digest, 2/72, S. 29. (5) S. 584. (6) Katholischer Digest, 2/72, S. 29. (7) "Der Pilger" 14/1972, S. 412.
|