WURZEL, STAMM UND KRONE
von H.H. Dr.theol. Otto Katzer
IV.
"Der Opfertod des Leibes Christi war, ... mit jenem Augenblicke verbunden, in welchem der Opfertod seiner Seele sein höchstes Stadium erreichte. Er wurde vollendet am Kreuze. Ich sage "vollendet", und nicht "vollbracht". Denn derselbe wurde ebenfalls in dem nämlichen Momente in Akt gesetzt, da der Opfertod der Seele des Erlösers eintrat, also im Augenblicke der Menschwerdung. So wie der Mensch von dem Augenblicke des Beginnens seines irdischen Daseins an dem Grabe zueilt, und alle Leiden und Krankheiten im Leben nur die Vorläufer und die Einleiter des endlich in ihrem Gefolge herankommenden Todes sind: so waren auch die Leiden und Mühseligkeiten, denen der Heiland von seiner Geburt an sein ganzes Leben hindurch unterworfen war, nur das Beispiel seines endlichen Todes, und treten daher als integrierende Momente in die Comprehension des Begriffes seines leiblichen Opfertodes ein. - Beide aber, der Tod der Seele und des Leibes ... haben ihre Wurzel in jener freiwilligen Selbstentäußerung des Sohnes Gottes, auf welche auch der Apostel die ganze Erlösungstat sich concentrieren läßt (ekénosen heautón - Phil 2,7).
Soll das eucharistische Opfer wirklich identisch mit dem eben durchgeführten Opfer Christi sein, und dasselbe in der Zeit flüssig machen: so ist klar, daß auch in ihm die nämlichen beiden Momente sich vorfinden müssen, wie und inwiefern wir sie eben als dem Opfertod Christi wesentlich, angeführt haben. Christus selbst muß sich also hier dem Opfertode der Seele und des Leibes hingeben, und während dieser durch die Trennung des animalischen Lebensprinzipes - des Blutes - vom Leibe gegeben ist, kann dagegen jener auch hier nur in einer erniedrigenden Entfernung des Gottmenschen aus seiner Verklärung in Gott bestehen ... Die erniedrigende Entfernung der menschlichen Natur des Erlösers aus ihrer Verklärung in Gott - der Opfertod der Seele - wird im neutestamentlichen Opfer verwirklicht und in Akt gesetzt durch die Transsubstantiation. Hier ist es, wo der zur Rechten Gottes thronende Gottmensch sich in vollkommener Selbstentäußerung gleichsam aufs neue seiner Herrlichkeit begibt, sich in die unscheinbare Gestalt des Brotes und Weines hüllt, und sich dadurch bis zur Grenze der weiteren Möglichkeit hin erniedrigt, um den Menschen zu sich emporzuziehen. - Aber ist diese erniedrigende Entfernung des Erlösers von Gott auch eine wirkliche nicht bloß fingierte, indem derselbe wirklich auf das Wort seines priesterlichen Organs auf den irdischen Altar herabsteigt, so ist diese Entfernung doch nicht von der Art, daß die verklärte Menschheit des Heilandes dadurch zugleich aufhörte, im Himmel zu sein; und dadurch unterscheidet sich das während seiner einmaligen irdischen Laufbahnen dargebrachte Opfer von dem eucharistischen, als seiner neutestamentlichen Fortsetzung ... Natürlich ist dieser Unterschied kein wesentlicher, kann also auch keine wesentliche Verschiedenheit beider Opfer zur Folge haben.
Wir kommen auf die Untersuchung der Art und Weise, wie der Tod des Leibes des Erlösers in dem neutestamentlichen Opfer dargestellt ist. Derselbe ist ausgedrückt in der Trennung der Gestalten des Fleisches und des Blutes des Erlösers in der eucharistischen Transsubstantiation. Denn, wie schon gesagt, ist an die Trennung dieser beiden Elemente der Tod des Leibes geknüpft. Aber diese Trennung kann natürlicherweise keine wirkliche sein; denn "nachdem, Christus einmal auferstanden ist, stirbt er nicht mehr." (Röm 6,9), sondern sie ist eine bloß mystische, in der Art, daß die Trennung zwischen Fleisch und Blut sich bloß in dem Bereiche der Gestalten, also des Symbols, hält, der aber, welcher als Substrat die Gestalten trägt, unter dem Symbol der einen Gestalt ebenso lebendig und wesenhaft gegenwärtig ist, wie unter der anderen. Und das ist wiederum der Unterschied zwischen dem Tod des Leibes, dem sich der Heiland am Kreuze hingab, und demjenigen, welchem er sich in dem eucharistischen Opfer unterzieht. Daß auch dieser mystische Tod geeignet sei, die Kraft des schon vorhergegangenen wirklichen Todes, wenn es göttlicher Wille ist, auf sich herüberzuziehen, ja dieselbe extensiv noch zu erweitern, ist an sich klar. Wir haben also in dem Akte der Transsubstantiation die beiden Momente gefunden, welche das Wesen des Erlösungsopfers bilden, und dadurch ist dieser Akt als wahrhafter Opferakt des Gottmenschen charakterisiert. Wie am Kreuze der Opfertod der Seele in seiner höchsten Potenz mit dem Opfertod des Leibes, ebenfalls in seiner höchsten Potenz der Zeit nach zusammenfiel, so sind auch im Akte der Transsubstantiation beide Momente der Zeit nach verbunden, weswegen dieser Akt nicht bloß ein wahres Nachbild, sondern eine wahre Wiederholung und Erneuerung des Kreuzesopfers ist. So wie endlich das erste Opfer Christi nicht auf den bloßen Augenblick des Kreuzestodes beschränkt war, sondern sich auch wesentlich durch sein ganzes Leben hindurchzog: so wird auch in dem Transsubstantiationsakte bloß die eigentliche Opfer-Handlung gesetzt, während das Opfer selbst so lange fortdauert, als die Gestalten vorhanden sind." (1)
Erwägen wir nun im Lichte des Opfers Christi die "Entwicklung", welche die Menschheit nach der Ursünde eingenommen hat, so sehen wir, daß die theoretisch (in potentia) erlöste Menschheit in einer gewissen Hinsicht noch weiter über die Ursünde hinausgeht. Der hoffärtige "mündige Übermensch" des XX. Jahrhunderts, der "gottähnliche Bezwinger des Kosmos", verzichtet lieber auf das individuelle Fortleben, als daß er Gott die gebührende Adoration erweisen würde durch die Umgestaltung seines ganzen Lebens in ein Lob-, Dank-, Bitt- und Sühnopfer nach dem Beispiele seines Erlösers. Allerdings weiß er nur zu gut, wie stark er sich verrannt hat. Diese Menschen wählen lieber die Hölle, "e pronti sono a trapassar lo rio" -
"Auch ist zur Überfahrt bereit ein jeder, Die göttliche Gerechtigkeit ist ihnen Sporn, So daß die Furcht sich wandelt in Verlangen." (2)
Dem Menschen sollte es durch den Gottmenschen und sein Opfer wieder ermöglicht werden zu opfern. Ja sein ganzes Leben soll nach dem Beispiele seines Erlösers in ein immerwährendes Opfer verwandelt werden und hiermit zum Fundament seiner übernatürlichen Vollkommenheit. "Tretet ein - mahnt der Heiland - durch die enge Pforte! Denn weit ist die Pforte und breit der Weg, der ins Verderben führt, und viele sind es, die da hingehen. Eng dagegen ist die Pforte und schmal der Weg, der zum Leben führt, und nur wenige sind es, die ihn finden!" (Mt 7,13 f). Stets war das Kreuz Quelle der Rettung. "Dieses Zeichen deutete Moses an, indem er die Schlange kreuzigte, damit der, welcher von einer lebendigen Schlange gebissen wurde, die eherne Schlange aber gläubig betrachtete, gerettet werde. Wenn schon die eherne gekreuzigte Schlange heilbringend ist, der ans Kreuz geschlagene Sohn Gottes bringt keine Rettung? Zu aller Zeit (kommt) durch das Holz das Leben!" (3) Diese Worte des hl. Cyrillus von Jerusalem sollen eine Erklärung zu der Ermahnung Jesu geben, der da sagt: "Wenn jemand mir nachfolgen will, so verleugne er sich selbst, nehme täglich sein Kreuz auf sich und folge mir nach." (Luk 9,23). "Wer sein Kreuz nicht trägt und mir nicht nachfolgt, kann nicht mein Jünger sein." (Luk 14, 27). Wie auch: "Niemand kommt zum Vater als durch mich." (Joh 14,27). Wie wir schon bemerkt haben, kann das Ziel des Menschen nicht der Fortschritt sein (dies umso weniger, da der Begriff etwas unklar ist), allein die spezifische Vollkommenheit, zu der wir uns nur vermittels der heiligmachenden Gnade, wie auch der aktuellen Gnaden und den von Gott uns anvertrauten Tugenden und Gaben des Heiligen Geistes durcharbeiten können. Aus dem ist ersichtlich, wie wahr die Worte des hl. Augustinus sind: "Der, der dich ohne dich geschaffen hat, rechtfertigt dich nicht ohne dich. Er schuf den Nichtwissenden, rechtfertigt den Wollenden!" (4) So müssen wir nun, durch das "commune consortium Crucis Christi" die allgemeine Teilnahme am Kreuze des Herrn, auch "etwas zu dem beitragen, was für uns getan wurde, wie der Apostel sagt: 'Wenn wir mit-leiden werden, werden wir auch mit-verherrlicht!" (5) Jesus wurde für dich gekreuzigt, der nichts verschuldet hat, und du willst nicht gekreuzigt werden für den, der deinetwegen ans Kreuz geschlagen worden ist?" (6) Wie weit sind wir von der völligen Hingabe an Gott!
Und doch sollen sich die wohltuenden Strahlen des Brandopfers über die ganze Schöpfung ergießen, nicht nur über den Menschen allein, wie ja die ganze Schöpfung ob der Sünde des ersten Menschen leiden mußte und leider noch leiden muß. "Wir wissen ja, bemerkt der hl. Paulus, daß die ganze Schöpfung bis zur Stunde seufzt und in Wehen liegt." (Röm 8, 22) Die Ursache dieser traurigen Wirklichkeit liegt darin, daß die Menschen in einem so geringen Ausmaße aktiv am Opfer teilnehmen, weshalb sich die Früchte des Opfers Christi so wenig zeigen können. Und doch "deshalb nahm Jesus die Dornen auf sich, damit er den Fluch wegnehme, deshalb wurde er in die Erde begraben, damit die Erde, die verflucht war, anstelle des Fluches Segen empfange." (7) Singt ja nicht die Kirche am Karsamstag: "gaudeat et tellus tantis irratiata fulgoribus ... Es frohlocke auch die Erde, die mit solchen Strahlen bestrahlt ist!" Die Natur fing an in dem Augenblicke zu leiden, in welchem der Mensch sie "zu seinen eigenen egoistischen Zwecken nach Belieben gebrauchen wollte" (8), - und leider immer mehr noch gebrauchen will! Soll es nun zur Wiedergutmachung kommen, dann ist klar, daß "sowohl der Mensch, als auch die Natur zur Konstituierung des äußeren Religionsaktes konkurrieren müssen ... (Denn) durch den äußeren Akt im Allgemeinen tritt der Mensch in tätige Kommunikation mit der Natur" (9). Es wird wohl überflüssig sein zu betonen, daß dieser Akt sich auf das ganze Leben beziehen muß, wie auch auf die ganze Umwelt des Opfernden. Der Mensch, der "in seinem Streben nach Selbstvergötterung, die Natur mißbrauchend, und in diesem Mißbrauche die Natur über sich stellend, allmählich auch die Natur in den Gottesbegriff aufnahm...." (10), mußte "auf das 'Dienstbarmachen' der Natur zur Ausübung der wahren Religion ein besonderes Gewicht" (11) legen.
Wir wollen jetzt unsere Aufmerksamkeit auf das Opfer im Allgemeinen lenken um später etwas eingehender uns mit unsrer Teilnahme an ihm zu befassen.
Der Erlösungsplan mußte, "nachdem er durch die Erlösungstatsache in den Mittelpunkt der Zeit getreten war, nach zwei Richtungen in der Zeit auseinander fließen: In die Vergangenheit und in die Zukunft. Und diese Diffusion ist verwirklicht in der jüdischen und Patriarchalkirche für die Vergangenheit, und in der christlichen Kirche für die Zukunft. Das ist die metaphysische Anschauung der drei von der Menschheit durchlaufenen Perioden, der patriarchalischen, jüdischen und christlichen. Über die Zeit uns emporhebend schauen wir von Golgatha aus, wo die Erlösungstatsache ihre Vollendung fand, in die Vergangenheit und in die Zukunft, und indem wir beide Zeitpunkte als vor unseren Augenliegend uns vorstellen, betrachten wir alle Erscheinungen, die uns als von Gott angeordnet in ihnen durch die Jahrhunderte hindurch begegnen, von diesem Mittelpunkte aus." (12)
Für die Darbringung der gerade in den alten Zeiten so notwendigen Opfer, welche aber nie aus sich den eigentlichen Zweck der Darbringung erreichen konnten, war "soweit ersichtlich, in der patriarchalischen Zeit wenigstens, keineswegs im allgemeinen, von Gott mit besonderen positiven Vollmachten ausgerüstetes mittlerisches Priestertum vorhanden. Die Darbringer des Opfers sind in der Regel die geborenen Familien oder Geschlechtshäupter oder, wie etwa Jethro, ein speziell für die Darbringung der öffentlichen Opfer deputierter Beamter. Ganz bestimmt erscheint als eigentlich mittlerischer und konsekratorischer Darbringer des Opfers nur Melchisedech, der zuerst Priester genannt wird (während keiner von den Patriarchen, obgleich auch sie opferten, diesen Namen führte), der aber auch von Gott ganz speziell zum vollkommensten Typus des Priestertums Christi aufgestellt war. Dieser besondere Charakter Melchisedechs ergibt sich daraus, daß Abraham, obgleich nicht zu seiner Familie oder seinem Volke gehörig, von ihm "als von einem Höheren", also autoritativ, sich segnen ließ und ihm den Zehnten zahlte. Ebensowenig wie ein ordentliches hierarchisches Priestertum findet sich in der vormosaischen Zeit ein Tempel als Opferstätte. Immer und überall aber gehörte zum regelrechten Opferritus der Altar als ein über der Erde erhöhter Opfertisch (thysiastérion, hebr. mizbeach, Ort der Schlachtung), vor und auf welchem die Opfergaben verbrannt wurden und zwar nicht bloß um dadurch anzuzeigen, daß man die Opfergabe von der Erde zu Gott im Himmel emporsenden wolle, sondern auch zur Aussprache der Hoffnung, daß Gott auf einer solchen Stätte dem Menschen gleichsam entgegenkomme, um dort dessen Opfer und vermittelst desselben den Opfernden selbst aufzunehmen und zu segnen. ...
Wie Melchisedech in seinem unblutigen Opfer auf außerordentliche Weise zum priesterlichen Vorbilde Christi in seiner konsekratorischen und segenspendenden Funktion und als königlicher Repräsentant Gottes bestellt worden, so erscheint der von ihm gesegnete Abraham, der nicht Priester in diesem Sinne war, in dem ihm von Gott aufgetragenen Opfer seines ihm auf wunderbare Weise geschenkten erstgeborenen Sohnes in eminenter Weise als typischer Repräsentant der durch das blutige Opfer Christi als ein Entsagungsopfer den Segen Gottes suchenden Menschheit. Demgemäß stellt sich Abraham gegenüber Melchisedech ausdrücklich als laikaler Opferer dar, so jedoch, daß er nicht ausschließlich als gnadesuchendes Glied des Volkes, sondern als von Gott auserlesener und gottwohlgefälliger Vertreter des Volkes diesem den Segen Gottes vermitteln sollte. In dieser Beziehung war nie einem Opfernden vor Christus eine ähnliche universale Bedeutung eingeräumt, aber auch kein anders Opfer repräsentierte so rein und vollkommen die Idee des Opfers, inwiefern durch dasselbe als sittliche Leistung von seiten des Menschen der göttliche Segen erstrebt und erworben werden soll. Denn obgleich nach Gottes Willen und durch Gottes Fügung nur im Entschlüsse dargebracht, enthielt das Opfer Abrahams einerseits die vollkommenste Bestätigung des Opferwillens in Gestalt des unbedingtesten und entsagungsvollsten Gehorsams und andererseits eine Opfergabe, die, als menschliches Wesen und menschliche Frucht zugleich, das zu opfernde selbst in vollkommenster Weise vertrat und ebenso für Gott das Beste wie für den Opfernden das Teuerste war, was er darbringen konnte. Darum ist das Opfer Abrahams nicht minder das lebendigste schattenhafte Vorbild des in Christus vollendeten Entsagungsopfers wie das ideale Vorbild für die vorchristlichen blutigen Opfer von Tieren, deren Tendenz und Bedeutung ein Tieropfer zur Verfügung gestellt wurde, welches er anstatt seines Sohnes darbringen sollte. Mit der Eigentümlichkeit des Opfers Abrahams hängt auch der merkwürdige Umstand zusammen, daß Abraham den Isaak schon vor der Opferschlachtung auf den Altar legte, das geschah nämlich sowohl deshalb, weil es sich hier, wie bei dem Altarbrande, um Rückgabe eines von Gott erhaltenen Geschenkes (Besitz - und Genußobjektes) zur Erkaufung größeren Segens handelte, als auch deshalb, weil, was bei den Tieren nicht der Fall, ein in sich wertvolles und von seinem Ursprunge her zum Träger göttlichen Segens bestimmtes und insofern im voraus geheiligtes Leben geopfert werden sollte. Übrigens ist Abraham selbst als laikaler Opferer, dem die Opfergabe in speziellster Weise angehört und der sie Gott darbietet, ohne die Opferung selbst zu vollziehen, der aber gleichwohl die ganze Schwere des Entsagungsopfers empfindet, weniger Typus Christi als vielmehr der Mutter Christi als der ministra seines sacrificium. Dies zeigt sich insbesondere auch darin, daß, wie der segenspendende Melchisedech Typus des segenbringenden Christus war, so in Abraham und Maria durch ihre Segnung alle Völker gesegnet werden sollten.
Ihre vollständigste, von Gott selbst bis ins Einzelnste geordnete Ausbildung erhielten Priestertum und Opfer als ständige Einrichtungen im Volke Gotts durch Moses und sein Gesetz ...
Die priesterliche Vermittlung beim Opfer, und überhaupt in bezug auf die Annäherung an Gott und die Verbindung mit Gott, trat desto deutlicher in den Brand- und Friedopfern zutage, durch welche am Sinai die Weihe des erlösten und zu neuem Leben berufenen Volkes zum Volke Gottes in der förmlichen Abschließung und Besiegelung des Bundes mit Gott vollendet wurde (Ex 19). Denn hier trat Moses förmlich als von Gott bestellter und bevollmächtigter Mittler zwischen dem Volke und dem in sichtbarer Hülle auf dem Berge erscheinenden Gott auf, indem er durch die von ihm vollzogene Besprengung des Altars und des Volkes mit dem Opferblute den Bund besiegelte und darauf das Volk in den Repräsentanten desselben, den 72 Ältesten, auf den Berg in die Nähe Gottes führte, um es 'am Angesichte Gottes' das Opfermahl halten und so die durch das Opfer besiegelte Gemeinschaft mit Gott genießen zu lassen.
Der am Sinai bei der Schließung des Bundes durch eine außerordentliche höchste Offenbarung der Gottesnähe und durch einen außerordentlichen vollkommensten Mittler inaugurierte spezielle Verkehr des Volkes Israel mit Gott bildete fortan die Grundlage und maßgebende Norm für die Organisation des ordentlichen und ständigen Kultus im Bundesvolke. Diese Organisation war nämlich wesentlich bestimmt durch die objektive Nähe Gottes in der ihm als Wohnstätte dienenden Stiftshütte und durch das von Moses in Aaron eingesetzte Priestertum, an dessen Intervention fortan die Vollziehung jedes Opfers, selbst die Wiederholung des Passahopfers, geknüpft war. Als hierarchisches Priestertum wurde das aaronische nicht bloß durch ähnliche Opfer inauguriert wie das Laienpriestertum des ganzen Volkes, sondern auch durch die Salbung mit Öl, welche in anschaulicher Weise zugleich die höhere heilige Würde und die göttliche Vollmacht des Priesters versinnbildete." (13)
(Fortsetzung folgt.)
Anmerkungen:
(1) A. Stöckl, Liturgie u. dogm. Bedeutung der alttest. Opfer, S. 163-167. (2) Dante, La Divina Commedia, Inf. III,124 ff. (3) S. Cyrilli Hier. Catechesis XIII, De Christo crucifixo ... Migne, PG 33, 797 A. (4) Sermo.15 de Verb. Ap.c. A 1. Migne, PL 33, 797 A. (5) S. Leo, Sermo 9. Lect. IV. Dom. Passionis. (6) S. Cyrilli, op. cit. 801 A. (7) S. Cyrilli, op. cit. 793 C. (8) Stöckl, Op. cit. S. 7. (9) Stöckl, op. cit. S. 111. (10) Stöckl, op. cit. S. 7. (11) Stöckl, op. cit. S. 12. (12) Stöckl, op. cit. S. 132. (13) Scheeben, Handbuch der kath. Dogmatik V/2 Erlösungslehre, 256-259, Herder.
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