DIE 'NEUE MESSE' PAULS VI. IST ZWEIDEUTIG
aus: "Forts dans la foi" Nr. 20/1971 übersetzt von Günter Mevec
Anmerkung des Übersetzers: Die zentrale Bedeutung des Begriffs des 'Bundes' für die hl. Messe wurde in EINSICHT 1. Jahrg. Nr. 5, S.1-8 dargelegt. Die im Zusammenhang mit diesem Begriff vorgetragenen systematischen Gründe machen klar, daß die Messe, wenn sie nach dem 'Novus Ordo' gelesen wird, ungültig ist, da eine Wandlung nicht mehr stattfindet.
Außer diesen begrifflich-systematischen Ausführungen geben die Artikel W. W. E. Dettmanns in EINSICHT 1. Jahrg. Nr. 3, S. 13-16 und Nr. 7, S. 11-14 weitere Hinweise über die Zweifelhaftigkeit des Zustandekommens des 'Ordo' Pauls VI. In diesem Zusammenhang ist auch an die 'Kurze Untersuchung des Novus Ordo' durch die Kardinäle Ottaviani und Bacci zu erinnern. In den genannten Artikeln wird gezeigt, daß ein Abgehen von dem sicheren Weg (via tutior) der tridentinischen Messe rechtens gar nicht erwogen werden kann.
Mit der folgenden Übersetzung werden nur Hinweise auf die Zweifelhaftigkeit des Novus Ordo gegeben. Das kann jedoch nicht in der Absicht geschehen, dadurch die rein systematischen Argumente in ihrer Bedeutung zu schmälern, die in den Darlegungen über den Begriff des 'Bundes' vorgetragen wurden. Diese Argumente behalten ihre uneingeschränkte Gültigkeit. Obwohl P. Barbara diese Argumente hier nicht berücksichtigt, kommt er zu der Auffassung, daß die 'Neue Messe' zweifelhaft ist und deswegen zu verdammen sei.
Übersetzter Text.
Sie ist zweideutig, - so wie sie angeordnet ist. Und sie ist zweideutig, gleichgültig ob sie in lateinischer oder in einer Landessprache gesprochen wird. Denn sie gibt sich zu verschiedenen und widersprüchlichen Interpretationen her.
Die Katholiken, die ihr beiwohnen und in ihr eine Messe sehen wollen, können darin so etwas wie eine Messe entdecken.
Die Lutheraner, die ihr beiwohnen und darin die protestantische Mahlfeier sehen wollen, sehen genau das, nämlich die bloße Erinnerungsfeier.
Diese neue 'Messe', die sich dergestalt für zwei verschiedene Interpretationen hergibt, ist zweideutig und daher schlimmer als eine Häresie. Tatsächlich gestattet die neue 'Messe' die Beförderung der Häresie unter dem heuchlerischen und verführerischen Schein der Orthodoxie.
Diese neue 'Messe', die im gleichen Moment und durch dieselben Riten ein 'Ja' und ein 'Nein', die Bejahung und die Verneinung der gleichen eucharistischen Dogmen bedeutet, kann gegenüber Gott nur beleidigend sein, der die Doppelzüngigkeit der Sprache und des Sinnes verabscheut: "Die doppelzüngige Rede hasse ich." (Sprüche 8,13) und "... und schlimme Schmach ist für einen Doppelzüngigen bestimmt." (Ekkl. 5,14)
Um die Zweideutigkeit der neuen 'Messe' zu verstehen, muß man sich die kath. und die lutherische Lehre in folgender Hinsicht in Erinnerung rufen.
Für die Katholiken:
1.) Das Opfer Ja, die Messe stellt ein wirkliches Opfer dar.
2.) Das Priestertum Ja, der Geistliche besitzt wahre priesterliche Gewalt, welche die anderen Gläubigen nicht besitzen.
3.) Die wirkliche Gegenart Ja, in der Messe ist Jesus Christus leiblich gegenwärtig.
4.) Die Konsekration Ja, es sind die Wandlungsworte, vom Priester gesprochen, wodurch Christus leiblich auf dem Altar gegenwärtig gesetzt wird, und nicht der Glaube der der Messe Beiwohnenden.
Für die Lutheraner:
1.) Das Opfer Nein, die Messe ist kein wahres Opfer. Es handelt sich nur um eine Handlung der Erinnerung an das Mahl des Herrn.
2.) Das Priestertum Nein, es gibt keine solche priesterliche Gewalt, außer jener, die allen Getauften eigen ist.
3.) Die wirkliche Gegenwart Nein, in der Messe ist Jesus Christus nicht leiblich, sondern nur wirklich geistig gegenwärtig.
4.) Die Konsekration Nein, es sind nicht die Wandlungsworte, sondernn der Glaube der Beiwohnenden, wodurch während der Mahlfeier eine gewisse wirkliche Gegenwart Christi, nämlich die geistige, bewirkt wird.
Betrachten wir nur einige Veränderungen, die das Zweideutige an der neuen 'Messe' unterstreichen!
1. Veränderung In der Messe des Hl. Pius V. unterbricht der Priester die Schilderung der Mahlhandlung, um die Worte der Wandlung zu sprechen, die in dem traditionellen Missale typographisch herausgehoben sind.
Doch spricht der Priester diese Worte nicht in erzählendem Tonfall, wie sie für eine Schilderung oder Erinnerungsfeier gebraucht werden, sondern in imitierendem, Tonfall, d. h. in der normalen Redeweise, die derjenige gebraucht, der eine persönliche Handlung vollzieht. Wie der Priester sagt: "Ich taufe dich ..." oder "Ich lasse dir die Sünden nach.", so sagt er: "Das ist (!) Mein Leib", "Das ist (!) der Kelch Meines Blutes ...."
In der neuen 'Messe' unterbricht der Priester nicht die Schilderung der Mahlfeier, sondern spricht die Wandlungsworte im gleichen schildernden Tonfall (Schilderung einer Begebenheit, die er als Außenstehender, als Dritter sieht, ohne sich zu identifizieren. - Anm. d. Übersetzers), ohne die Wandlungsworte von den übrigen Worten abzusetzen. Auch sind die Konsekrationsworte in dem neuen 'Missale' typographisch nicht von dem übrigen Text abgehoben, was die Veränderung der Handlung (und auch der Intention) auf das stärkste hervorhebt.
Der katholisch Gläubige, der diese 1. Veränderung sieht, wird sagen: Die Gültigkeit der Messe hängt doch nicht vom Ton des Zelebrierenden ab, und ob dieser nun die Formel der Wandlung im erzählenden oder imitierenden Tonfall spricht, kann die Gültigkeit der Messe nicht antasten, wenn er die Intention zur Konsekration hat, d. h. wenn er sie als persönliche Handlung vornehmen will. Die Messe ist gültig, wenn der Zelebrant die Intention zu einer persönlichen Handlung hat. Sie ist ungültig, wenn er nur die Intention zur Schilderung der Mahlfeier hat.*)
Wenn aber der Zelebrant alles im Tonfall der Schilderung spricht, so wird darin die Intention zum Vollzug einer persönlichen Handlung nicht mehr offenbar, wie es in der tridentinischen Messe der Fall war, und diese Veränderung, die mit dem Novus Ordo eingeführt wurde macht es den Protestanten möglich, anzunehmen, daß der kath. Priester nur noch eine Schilderung der eigentlich sakramentalen Handlung vornimmt, d. h. eine Erinnerungsfeier.
Wir behaupten nicht, daß diese Veränderung, wie sie mit der neuen 'Messe' eingeführt wurde, notwendig diese lutherische Interpretation vorträgt. Wir behaupten nur, daß diese Veränderung die lutherische Interpretation zuläßt, und das ist bereits gravierend.
2. Veränderung In der Messe des hl. Pius V. Gewiß darüber, daß er nach der ersten Konsekration nicht mehr nur Brot, sondern den wahren Leib Christi in Händen hält, beugt der Priester das Knie, um seinen Gott anzubeten. Dann erhebt er sich, erhebt die Hostie, um sie den knieenden Gläubigen zur Anbetung zu zeigen. Nachdem er sie auf das Corporale gelegt hat, betet er sie ein 2. Mal (2. Kniebeuge) an.
In der neuen 'Messe' Hier ist alles verändert. So, als hätte sich gar nichts ereignet, erhebt der Priester ohne Anbetung die Hostie, zeigt sie den anwesenden Gläubigen, die ebenfalls stehen, legt sie dann auf die Patene nieder und macht erst dann die Kniebeuge.
Aber selbst wenn der Katholik von dieser Verfahrensweise peinlich berührt ist, so wird er dadurch noch nicht notwendig im Glauben erschüttert sein. Denn er wird sich sagen, daß die Realpräsenz Christi nicht allein zur Bewirkung von Zeichen der Anbetung, die man vermehrt oder vermindert, da ist, und daß Christus gegenwärtig ist, sobald die Konsekrationsworte gesprochen worden sind.
Dagegen sagt der Protestant, der der Messe beiwohnt, daß die Realpräsenz Christi bzw. die geistige Präsenz nicht durch die vom Priester gesprochenen Konsekrationsworte, sondern durch den Glauben der Anwesenden bewirkt wird. Außerdem ist doch sichtbar, daß der Priester nicht mehr, wie es nach dem Ordo Pius V. geschah, anbetet. Warum hat denn die Kirche diese erste Kniebeuge abgeschafft? Doch wohl, weil sie endlich die Grundlage der lutherischen Theorie begriffen hat. Diese besagt, daß Christus auf keine andere Weise denn durch den Glauben der Anwesenden in geistiger Wirklichkeit in der Hostie gegenwärtig ist. Das ist auch der Grund, warum nun der Priester die Hostie zuerst den Gläubigen zeigt und erst dann die anbetende Kniebeuge macht, denn erst nach dem Glaubensakt der Gläubigen ist Christus (geistiger Weise) gegenwärtig.
Hier sagen wir nochmals, daß wir nicht behaupten, daß die neue 'Messe' diese lutherische Ansicht lehre. Aber wir sagen, daß sie diese lutherische Interpretation zulasse. Aus diesem Grunde haben die Lutheraner selbst zugegeben, daß sie ihre rituelle Handlung und Feier nach dem neuen Ordo Pauls VI. vornehmen könnten.
Fortführung der zweiten Doppeldeutigkeit Die Veränderung, die bei der Konsekration des Brotes eingeführt wurde, wiederholt sich bei der Konsekration des Kelches. Die Doppeldeutigkeit wird aber dadurch gesteigert, daß die Worte mysterium fidei an eine andere Stelle geschoben werden.
3. Veränderung In der Messe des hl. Pius V. Der Ausdruck mysterium fidei, wie er in den Konsekrationsworten des Kelches enthalten ist, erfährt keine andere Interpretation als die kath. Das Mysterium des Glaubens ist dasjenige, das sich vollzieht: nämlich die Verwandlung von Brot und Wein in den Leib und das Blut Christi. In der neuen 'Messe' Nachdem der Priester den Kelch erhoben und ihn niedergesetzt hat, macht er eine Kniebeuge, erhebt sich wieder und sagt mit lauter Stimme: ''Geheimnis des Glaubens".
Welches Glaubens? Welches Geheimnis? Jenes Geheimnis, das eben benannt wurde: das der Transsubstantiation.
Keineswegs entgegnet darauf der Protestant. Das Mysterium des Glaubens, das wir behaupten, ist das der Gläubigen, die Jesus unter uns (geistig) gegenwärtig gesetzt haben. Das ist das Mysterium des Glaubens! Geben Sie zu, daß es groß ist, da es eine solche Wirkung hat.
Und beide, der Katholik wie der Protestant haben recht, da sie zur gleichen Zeit einem zweideutigen Ritus beiwohnen, einem Ritus, der
- die Protestanten zufriedenstellt, da sie den Novus Ordo annehmen, um ihre Mahlfeier zu vollziehen;
- die Katholiken, da selbst die Rechtgläubigen in der Mehrheit ihn geschluckt haben, wie man ein Ei schluckt, ohne sich klar zu werden, daß es das eines Skorpions war. (Luk. 11,12)**)
Wiederholen wir es nochmals: Wir behaupten nicht, daß die neue 'Messe' die lutherische Lehre vertritt. Aber die Änderungen, die durch die Messe Pauls VI. eingeführt wurden, erlauben diese lutherische Interpretation, denn diese 'Messe' ist doppeldeutig. Die hl. Schrift aber sagt: "Ich hasse die Doppeldeutigkeit." (Sprüche 8,13)
Dergestalt ist die neue 'Messe', und keine Macht der Welt kann sie uns aufzwingen; denn es steht in keiner Person Macht, sie den Katholiken aufzuzwingen. Die neue 'Messe' anathema sit!
Anmerkungen:
*) Es muß an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, daß im Zusammenhang mit der Intention auch die verwendeten Wandlungsworte eine ganz entscheidende Rolle spielen. Gebraucht der Zelebrant die Worte 'für alle' wie dies im Gesamtzusammenhang des Novus Ordo vorgesehen ist, so hat er nicht die rechte Intention. Denn die Gegenwärtigsetzung des Sakramentes und seine Zuteilung erfolgen nicht einfach determinativ 'für alle', sondern nur für jene, die es aus freiem Willensentschluß annehmen d. h. sich zuteilen lassen wollen. Letzteres ist nicht einfach determinativer oder mechanischer Akt, sondern ein Lieben der satisfizierenden Liebe Jesu Christi. Nur wenn die Bedingungen der erlösenden Liebe angenommen, d. h. geliebt werden, wird das Sakrament in rechter Weise gegenwärtig gesetzt. Vgl. hierzu die system. Darlegungen in EINSICHT 1. Jahrg. Nr. 5, S. 1-8, Bader, Das Blut d. Bundes. Anm. d. Übers. **) Es sei hier bemerkt, daß dieser Akt des 'Schluckens', d. h. eine Sache ohne weiteres hinnehmen, ohne ihre Voraussetzungen und Konsequenzen zu bedenken, dem Vollzug des Glaubens absolut widerspricht. Die einfach verheerende Situation in der Kirche hat ihren Hauptgrund gerade darin, daß über das, was im Zuge der Reform präsentiert wurde, einfach zu wenig nachgedacht wurde. Die grauenvolle Situation, in der wir stehen, hat ihre direkte Entsprechung in einer beinahe vollkommenen, Apathie gegen scharfes begriffliches Denken, letzteres wurde schon zu lange als für eine ordentliche Lebensführung, aber besonders für den Glauben irrelevant betrachtet. Die Konsequenzen dieser Haltung sind nun konkret wirklich. - Anm. d. Übers.
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