SCHWANKENDE BISCHÖFE
von H.H. Prof. Severin M. Grill
In einer monophysitisch eingestellten Chronik (1) wird das Verhalten der Bischöfe in den aufregenden Ereignissen der Synoden von Konstantinopel 448, Ephesus II 449 und ChaIzedon 452 bezüglich einer oder zweier Naturen in Christus sarkastisch illustriert.
Sie richteten sich stets nach dem Winde und gaben bald der einen, bald der anderen Ansicht recht. Der Chronist schreibt: Auf der Synode von Konstantinopel (2) fanden sie sich mit Flavian zusammen in der Absetzung des Eutyches (der nur eine Natur lehrte). Dann aber sahen sie, daß Flavian schuldbar war. Sie machten eine Wende und übertrugen die Angelegenheit jener Synode, die ein zweites Mal in Ephesus gehalten wurde (3). Auf dieser wurde ihr Verhalten in Konstantinopel verurteilt. Dann wieder sahen sie, daß jene Synode wegen ihrer Entscheidung Widerstand erfuhr. Sie kamen daher nach Chalzedon und bußfertig wandten sie sich jener ersten Entscheidung von Konstantinopel zu. Sie sagten: "Nicht freiwillig, sondern unter Zwang handelten wir. Es besteht jene Entscheidung zurecht, die man aufgestellt hat in Konstantinopel mit der Absetzung des Eutyches. Es geziemt, sich, daß wir zwei Naturen in Christus anerkennen, eine Lehre, die verdammt worden ist auf dem 2. Ephesinum. "Und da sie in Chalzedon versammelt waren, bewirkten sie die Absetzung des hl. Bekenners, des großen Dioskuros. Sie (=die Bischöfe) wurden gedrängt von den Fürsten und dem Senat, eine (endgültige) Glaubensbestimmung festzulegen. Sie riefen zwar: "Es ist uns nicht erlaubt, das zu tun. Wir erkühnen uns nicht, zu rebellieren gegen einen (kirchlichen) Kanon, der das zu tun verbietet." Obwohl sie das oftmals gesagt hatten und nicht gehorchten, wurden sie gedrängt, den Fürsten zu gehorchen und sie übertraten den Bann. Fünfunddreißig mal verfluchten sie sich damit selbst, nicht von zwei Naturen in Christus zu sprechen.
Nihil novi sub sole, d.h. es gibt nicht Neues unter der Sonne. Alles ist schon dagewesen, auch in der Kirchengeschichte. Es fällt nicht schwer, Konstantinopel, 2. Ephesus und Chalzedon auf unsere Gegenwart zu deuten. Ein neues Chalzedon kündigt sich nach einer Räubersynode an. Die Vorsehung wird für gläubige Fürsten sorgen, die es unterstützen und vor allem für Theologen, die das hinterlegte Glaubensgut bewahren und aufs neue zeitgemäß (Vergleichende Religionsgeschichte!) lehren.
Anmerkungen:
(1) Chronika minora. Ed. E.W.Brooks. Louvain 1960, S. 154. 2) geleitet von Patriarchen Flavian, der unterstützt von Leo d. Gr. den Eutyches, Abt eines Klosters wegen seiner Lehre von einer Natur absetzte. 3) geleitet und durchgedrückt von Dioskuros, Patriarch von Alexandrien (gest. 454 im Exil), dem Kaiser Marzian (gest. 457) und seiner Gemahlin Pulcheria (gest. 453).
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