Trostworte für die Gläubigen
in Zeiten der Verfolgungen, Schismen und Häresien
von
M. Demaris 1)
übersetzt von Elfriede Meurer
M. DEMARIS sah die Gläubigen von der
Gefahr bedroht, ohne Hirten zu sein. Obwohl er gehindert wurde, ließ
seine Nächstenliebe ihn (auf ihre Bitten hin) die folgende
Verhaltensregel zu ihrem Trost schreiben.
Meine lieben Kinder,
Inmitten der menschlichen Schicksalsschläge und der Gefahr, welche das
Aufeinanderprallen der Leidenschaften mit sich bringt, wendet ihr euch
liebevoll an euren Vater und bittet um eine Verhaltensregel.
Ich werde sie euch aufzeigen und versuchen, in eure Seelen den Trost zu
bringen, dessen ihr bedürft: Jesus Christus, das Vorbild der Gläubigen,
lehrt uns durch sein Verhalten, was wir in den schwierigen Zeiten, in
denen wir uns befinden, tun müssen. Einige Pharisäer sagten eines Tages
zu ihm: „Geh fort von hier, denn Herodes will dich töten lassen.“ Er
antwortete ihnen: „Gehet hin und sagt diesem Fuchs: Siehe, ich treibe
böse Geister aus und wirke Heilungen heute und morgen, und am dritten
Tage werde ich vollendet. Jedoch muß ich heute und morgen noch wandern,
weil ein Prophet nicht außerhalb Jerusalems umkommen darf
).“
Ihr zittert, meine lieben Kinder, alles, was ihr seht, alles, was ihr
hört, ist schrecklich, aber seid getrost: Es ist der Wille Gottes, der
geschieht. Eure Tage sind gezählt, seine Vorsehung lastet auf euch.
Liebt diese Menschen, welche die Menschheit euch als Wilde darbietet;
es sind Werkzeuge, die der Himmel für seine Pläne verwendet, und wie
ein tobendes Meer werden sie die Linie nicht überschreiten, die den
hin- und herwogenden, drohenden Wellen vorbestimmt ist.
Der stürmische Wirbel der Revolution, der nach rechts und nach links
Schläge austeilt, und der Lärm, der euch aufschreckt, sind die
Drohungen des Herodes: Mögen sie euch nicht von den guten Werken
abbringen; mögen sie nicht eure Zuversicht mindern und mögen sie nicht
den Glanz eurer Tugenden stumpf machen, die euch mit Christus
vereinigen! Er ist euer Vorbild, und die Drohungen des Herodes bringen
ihn nicht von der Laufbahn seiner Bestimmung ab.
Ich weiß, daß ihr eurer Freiheit beraubt werden könnt, daß man sogar
versuchen kann, euch umzubringen. Ich werde euch daher sagen, was der
hl. Petrus den ersten Gläubigen sagte: „Das ist Gnade bei Gott, wenn
wir, um ihm zu gefallen, die Übel und Leiden ertragen, die man uns zu
Unrecht zufügt: Denn was wäre das für ein Ruhm, wenn ihr wegen eurer
Verfehlungen Züchtigungen aushalten müßtet?
Wenn ihr aber mit Geduld Leiden aushaltet, die ihr wegen eures
rechtschaffenen Handelns erfahret, das ist Gnade bei Gott. Denn dazu
seid ihr berufen; hat doch auch Christus für euch gelitten und euch ein
Beispiel hinterlassen, damit ihr in seine Fußstapfen tretet. Er, der
keine Sünde getan hatte und in dessen Mund kein Trug gefunden wurde, er
schmähte nicht, da er geschmäht wurde; er drohte nicht, da man ihn
mißhandelte, sondern überließ sich dem, der ihn ungerecht verurteilte )“
Die Jünger Jesu Christi sind in ihrer Treue zu Gott ihrem Vaterland
getreu und voll Ergebenheit und Hochachtung gegen die Obrigkeit; fest
in ihren Grundsätzen, mit untadeligem Gewissen, beten sie den Willen
Gottes an. Sie dürfen nicht feige vor der Verfolgung fliehen: Wenn wir
das Kreuz lieben, umarmen wir es unerschrocken, und die Liebe selbst
erfreut uns. Das Kreuz ist für unsere innige Vereinigung mit Jesus
Christus notwendig; es kann jeden Augenblick kommen, aber es ist nicht
immer so verdienstvoll und ruhmreich. Wenn Gott euch nicht zum
Martyrium beruft, werdet ihr wie die berühmten Bekenner sein, von denen
der hl. Cyprian sagt: Obwohl sie nicht durch die Hand des Henkers
umkamen, haben sie das Verdienst des Martyriums geerntet, weil sie
darauf vorbereitet waren.
Das Verhalten des hl. Paulus, wie es in der Apostelgeschichte
aufgezeichnet ist ), gibt uns nach demjenigen Jesu Christi dieses
schöne Vorbild: Auf dem Weg nach Jerusalem erfuhr er in Caesarea, daß
er dort der Verfolgung ausgeliefert werde. Die Gläubigen baten ihn, ihr
auszuweichen. Er aber glaubte sich berufen, mit Christus gekreuzigt zu
werden, wenn das sein Wille sei. Als einzige Antwort sagte er zu ihnen:
„Ach! Hört auf, mir mit euren Tränen das Herz schwer zu machen; ich
sage euch, ich bin bereit, in Jerusalem nicht nur den Kerker zu
erleiden sondern selbst den Tod um Jesu Christi Willen.“
Und das, meine lieben Kinder, sollen eure Vorkehrungen sein: Der Schild
des Glaubens soll uns wappnen, die Hoffnung soll uns stützen, und die
Liebe soll uns in allem leiten. Wenn wir in allem und allzeit einfältig
wie die Tauben und klug wie die Schlangen sein sollen, müssen wir es
besonders dann sein, wenn wir um Jesu Christi willen Trübsal leiden.
Ich erinnere euch hier an einen Grundsatz des hl. Cyprian, der in
diesen Zeiten die Richtschnur eures Glaubens und eurer Frömmigkeit sein
soll: Suchen wir nicht zu sehr, sagt dieser berühmte Märtyrer, die
Gelegenheit zum Kampf und fliehen wir nicht zu sehr vor ihr: Erwarten
wir sie von der Anordnung Gottes und erhoffen wir alles von seiner
Barmherzigkeit, Gott verlangt von uns vielmehr ein demütiges Bekenntnis
als eine allzu kühne Protestaktion.
Die Demut ist unsere ganze Stärke. Diese Maxime lädt uns ein zu
Betrachtungen über die Stärke, die Geduld und selbst die Freude, mit
der die Heiligen gelitten haben. Schaut auf das, was der hl. Paulus
sagt, und ihr werdet überzeugt sein: Wenn wir vom Glauben beseelt sind,
berühren uns die Leiden nur äußerlich und sie sind nur ein Augenblick
im Kampf, der vom Sieg gekrönt wird. Diese tröstliche Wahrheit weiß nur
der Gerechte zu schätzen. Seid daher nicht überrascht, wenn wir in
unseren Tagen glauben, was der hl. Cyprian ) zu seiner Zeit bei der
ersten Verfolgung sah, wie nämlich der größte Teil der Gläubigen
freudig zum Kampfe eilte. Gott lieben und nur ihn allein fürchten, das
ist das Erbteil der kleinen Zahl der Auserwählten. Diese Liebe und
diese Furcht schaffen Märtyrer, indem sie die Gläubigen von der Welt
loslösen und sie an Gott und an sein heiliges Gesetz binden.
Um diese Liebe und diese Furcht in euren Herzen aufrecht zu erhalten,
wachet und betet, vermehrt eure guten Werke und fügt dem erbauliche
Belehrungen hinzu, deren Beispiel uns die ersten Christen gegeben
haben. Unterhaltet euch über die Bekenner des Glaubens und preist dann
den Herrn nach dem Brauch der ersten Christen, den uns das Kapitel der
Apostelgeschichte schildert. Diese Handlungsweise wird um so heilsamer
sein, je mehr ihr der Diener des Herrn beraubt seid, die eure Seelen
mit dem Brot des Wortes nährten. Ihr trauert um diese für eure
Frömmigkeit wertvollen Männer, ich weiß um die Größe eures Verlusts:
Ihr kommt euch selber isoliert vor, kann jedoch in den Augen des
Glaubens diese Isolierung für euch nicht heilsam sein? Durch den
Glauben sind die Gläubigen miteinander verbunden. Diese Wahrheit
vertiefend, glauben wir, daß die Abwesenheit des Leibes keineswegs
diese Verbundenheit zerbricht, weil sie die Bande des Glaubens nicht
zerbricht, sondern daß sie sie noch verstärkt, indem sie sie von
jeglicher Empfindung freimacht.
Die Christen, die nur aus dem Glauben leben, leben nur durch den
Glauben. Wenn ihr durch dieses Band mit den Dienern des Herrn, die ihr
achtet, verbunden wart, seid getrost: Ihre Abwesenheit reinigt und
belebt die Freundschaft, die uns verbindet. Der Glaube macht uns die
gegenwärtig, die wir lieben in bezug auf unser Heil, welches auch die
Entfernungen und die Ketten sein mögen, die sie von uns trennen; der
Glaube gibt uns so durchdringende Augen, daß wir sie sehen können, wo
immer sie sein mögen, und wären sie an den Enden der Erde oder hätte
gar der Tod sie von uns getrennt. Nichts ist für den Glauben fern; er
dringt durch bis in die tiefsten Tiefen der Erde wie bis zu den
höchsten Höhen des Himmels. Der Glaube ist über die Sinne erhaben, und
sein Reich geht über die Macht der Menschen hinaus.
Wer kann uns die Erinnerung wegnehmen? Wer kann uns daran hindern, uns
mit denen, die wir lieben, vor Gott zu stellen und ihn um unser
tägliches Brot zu bitten mit Gebeten, die mit den Gebeten derer, die
wir lieben, vereint sind? Es genügt nicht, meine Kinder, euch über die
Abwesenheit der Diener des Herrn zu trösten und die Tränen, die ihr
über ihre Ketten vergießt, zu trocknen. Dieser Verlust beraubt euch der
Sakramente und der geistlichen Tröstungen, und eure Frömmigkeit
ängstigt sich. Sie sieht sich isoliert. Wie berechtigt eure
Trostlosigkeit auch sei, vergeßt nicht, daß Gott euer Vater ist und
daß, wenn er zuläßt, daß ihr die Mittler nicht mehr habt, die er
eingesetzt hatte, um seine Geheimnisse auszuteilen, er dadurch die
Kanäle seiner Gnaden und seiner Barm-herzigkeit nicht verschließen
wird. Ich werde sie euch aufzeigen als die einzigen Hilfsmittel, zu
denen wir unsere Zuflucht nehmen können, um uns zu reinigen. Lest, was
ich schreibe, mit den gleichen Absichten, die ich hatte, als ich es
euch schrieb: Laßt uns nur die Wahrheit und unser Heil suchen in der
Selbstverleugnung, in unserer Liebe zu Gott und einer vollkommenen
Ergebung in seinen Willen.
Ihr kennt die Wirksamkeit der Sakramente; ihr wißt um die uns
auferlegte Pflicht, zum Sakrament der Buße unsere Zuflucht zu nehmen,
um uns von unseren Sünden zu reinigen. Um aber diese Kanäle der
Barmherzigkeit zu nutzen, brauchen wir Diener des Herrn. In der Lage,
in der wir sind: ohne Gottesdienst, ohne Altar, ohne Opfer, ohne
Priester, sehen wir nur den Himmel! und wir haben keinen Mittler mehr
unter den Menschen!
Diese Verlassenheit möge euch keineswegs niederschlagen: Der Glaube
schenkt uns Jesus Christus, jenen unsterblichen Mittler. Er sieht unser
Herz, er hört unsere Wünsche, er krönt unsere Treue. In den Augen
seiner allmächtigen Barmherzigkeit sind wir jener achtunddreißigjährige
Kranke, dem er, um ihn zu heilen, nicht sagt, er solle jemanden kommen
lassen, der ihn in den Teich bringt, sondern er solle sein Bett nehmen
und gehen...
Wenn die Ereignisse die Lage der Gläubigen ändern, dann ändern sie
ebenfalls unsere Pflichten. Früher waren wir jene Knechte, die hundert
Talente empfangen hatten: Wir hatten die friedliche Ausübung unserer
Religion. Heute haben wir nur noch ein einziges Talent, und das ist
unser Herz. Lassen wir es Zinsen bringen, und unser Lohn wird dem
gleich sein, den wir erhalten hätten, wenn wir mehr Talente hätten
Zinsen bringen lassen. Gott ist gerecht; er verlangt von uns nichts
Unmögliches; aber weil er gerecht ist, verlangt er von uns Treue in
dem, was möglich ist. Voll Ehrfurcht gegenüber den göttlichen und
kirchlichen Gesetzen, die uns zum Sakrament der Buße rufen, muß ich
euch sagen, daß es Umstände gibt, in denen diese Gesetze nicht
verpflichten. Es ist wesentlich für eure Belehrung und zu eurem Trost,
daß ihr diese Umstände kennt, damit ihr nicht eure eigenen Gedanken für
den Geist Gottes haltet.
Die Umstände, in denen diese Gesetze nicht verpflichten, sind die, in
denen der Wille Gottes sich kundtut, unser Heil ohne die Vermittlung
von Menschen zu wirken. Wenn er es will, braucht Gott niemanden als
sich selbst, um uns zu retten. Er ist die Quelle des Lebens und er
ersetzt alle gewöhnlichen Mittel, die er eingesetzt hatte, um unser
Heil zu wirken, durch Mittel, die seine Barmherzigkeit uns nach unseren
Bedürfnissen zuteilt. Er ist ein zärtlicher Vater, der seinen Kindern
mit unsagbaren Mitteln zu Hilfe kommt, wenn sie, die sich verlassen
glauben, nur ihn suchen und nur nach ihm seufzen.
Wenn wir im Lauf unseres Lebens das geringste der Mittel vernachlässigt
hätten, die Gott und seine Kirche zu unserer Heiligung eingesetzt
haben, wären wir undankbare Kinder gewesen. Aber wenn wir glauben
würden, daß wir in außergewöhnlichen Lagen nicht ohne selbst die
größten Mittel auskommen könnten, würden wir die göttliche Weisheit
vergessen und beleidigen, die uns prüft und die, weil sie will, daß wir
sie nicht haben, sie ersetzt durch ihren Geist.
Um euch, meine lieben Kinder, eure Verhaltensregel richtig darzulegen,
werde ich eurer Lage die Grundsätze des Glaubens und einige Beispiele
aus der Geschichte der Religion gegenüberstellen, die deren Sinn
erhellen und euch bei der Anwendung, die ihr davon machen könnt,
trösten werden.
Es ist de fide, daß das erste und wichtigste aller Sakramente die Taufe
ist: Sie ist die Tür zum Heil und zum ewigen Leben. Unter bestimmten
Umständen jedoch genügt der Wunsch, das Verlangen nach der Taufe: Die
Katechumenen, die von der Verfolgung überrascht wurden, empfingen sie
nur im Blut, das sie für den Glauben vergossen. Sie fanden die Gnade
aller Sakramente im freien Bekennen ihres Glaubens und wurden in die
Kirche eingegliedert durch den Heiligen Geist, das Band, das alle
Glieder mit dem Haupt verbindet. So wurden die Märtyrer gerettet; ihr
Blut diente ihnen als Taufe: So werden alle gerettet, die, in unseren
Geheimnissen unterwiesen, (gemäß ihrem Glauben) wünschen werden, sie zu
empfangen. Das ist der Glaube der Kirche. Er ist gegründet auf das, was
der hl. Petrus sagte: Man kann denen das Wasser der Taufe nicht
verweigern, die den Heiligen Geist empfangen haben.
Wenn wir den Geist Jesu Christi haben, wenn wir wegen der Liebe zu ihm
der Verfolgung ausgesetzt werden ohne jede Hilfe, niedergedrückt in den
Ketten der Gefangenschaft, wenn man uns zum Schafott führt, dann haben
wir im Kreuze alle Sakramente. Dieses Werkzeug unserer Erlösung
schließt alles in sich, was zu unserem Heil notwendig ist. Die
Überlieferung der Kirche in ihren schönsten Jahrhunderten bestätigt
diese dogmatische Wahrheit. Die Gläubigen, die nach den Sakramenten
verlangt haben, die Bekenner und Märtyrer, wurden gerettet ohne die
Taufe und ohne irgendeines der Sakramente, wenn sie sie nicht empfangen
konnten. Daraus läßt sich leicht schließen, daß kein Sakrament
notwendig ist, sobald es unmöglich ist, es zu empfangen: Und diese
Schlußfolgerung ist Glaube der Kirche.
Der hl. Ambrosius sah den frommen Kaiser Valentinian als Heiligen an,
obwohl dieser ohne Taufe gestorben war, die er gewünscht hatte, aber
nicht empfangen konnte. Der Wunsch, der Wille ist es, was uns rettet:
„In diesem Fall,“ sagt der hl. Kirchenlehrer, „empfängt der, welcher
das Sakrament nicht aus der Hand von Menschen empfängt, es aus der Hand
Gottes. Wer nicht von Menschen getauft wird, wird es durch die
Gottesfurcht, wird es durch Jesus Christus.“ Was dieser große Mann uns
über die Taufe sagt, das laßt uns in der heutigen Zeit von allen
Sakramenten, von allen Zeremonien, von allen Gebeten sagen.
Wer nicht bei einem Priester beichten kann, aber die zum Sakrament
notwendige Verfassung hat, danach verlangt und den festen und
beständigen Wunsch danach hat, hört Jesus Christus, der, gerührt durch
seinen Glauben und dessen Zeuge, wie einst zu der Sünderin zu ihm sagt:
Gehe hin, es wird dir viel vergeben, weil du viel geliebt hast.
Der hl. Leo sagt, die Liebe zur Gerechtigkeit enthalte jede
apostolische Machtbefugnis in sich; damit drückt er den Glauben der
Kirche aus. Die Anwendung dieses Grundsatzes geschieht für alle, die
wie wir der apostolischen Dienste beraubt sind durch die Verfolgung,
welche die wahren Diener Jesu Christi, die der Treue und der Liebe der
Gläubigen würdig sind, entfernt oder ins Gefängnis wirft. Sie geschieht
vor allem, wenn wir von der Verfolgung betroffen sind: Das Kreuz Jesu
Christi hinterläßt keine Flecken, wenn man es umarmt und trägt, wie man
es muß. Hören wir hier anstelle von Beweisführungen die Sprache der
Heiligen. Die Bekenner und Märtyrer aus Afrika sagten in einem
Schreiben an den hl. Cyprian kühn, man komme mit reinem und
fleckenlosem Gewissen von den Gerichten zurück, wo man den Namen Jesu
Christi bekannt habe; sie sagten nicht, man gehe mit reinem und
fleckenlosem Gewissen dorthin, sondern man komme mit reinem Gewissen
von dort zurück. Nichts bringt die Gewissensbisse so zum Schweigen wie
das Kreuz!
Wenn wir, von Gewalttätigkeiten umringt, welche die Prüfungen der
Heiligen sind, unsere Sünden nicht den Priestern bekennen können, laßt
uns sie Gott bekennen. Ich fühle, meine Kinder, eure Gewissenhaftigkeit
und eure Skrupel: Sie sollen aufhören, und eure Liebe zum Kreuz soll
größer werden. Sagt zu euch selbst und sagt durch euer Verhalten zu
allen, die euch sehen werden, was der hl. Paulus sagte: Wer wird mich
scheiden von der Liebe Christi? )
Der hl. Paulus war damals in eurer Lage und er sagte nicht, das Fehlen
eines jeden Dieners des Herrn könne ihn von Jesus Christus trennen und
in ihm der Liebe Abbruch tun: Er wußte, daß er ohne jede menschliche
Hilfe und ohne jeden Mittler zwischen ihm und dem Himmel in seiner
Liebe, in seinem Eifer für das Evangelium und im Kreuz alle Sakramente
und die notwendigen Heilsmittel finden werde.
Aus dem, was ich gerade gesagt habe, ist es für euch leicht, eine große
Wahrheit zu erkennen, die geeignet ist, euch zu trösten und euch Mut zu
machen: Euer Lebenswandel ist wahres Bekenntnis ) vor Gott und vor den
Menschen. Wenn das Bekenntnis der Lossprechung vorausgehen muß, so muß
hier euer Wandel den Gnaden der Heiligkeit oder Gerechtigkeit, die Gott
uns austeilt, vorausgehen, und das ist ein öffentliches und
fortwährendes Bekenntnis. Das Bekenntnis ist notwendig, sagt der hl.
Augustinus, weil es die Verurteilung der Sünde einschließt. Hier
verurteilen wir sie auf so öffentliche und so feierliche Weise, daß die
ganze Welt es erkennt, und diese Verurteilung, deren Ursache ist, daß
wir nicht zu einem Priester gehen können, ist sie nicht viel
verdienstvoller als eine private und im geheimen gemachte Anklage? Ist
sie nicht genugtuender und erbaulicher? Das geheime Bekenntnis unserer
Sünden vor dem Priester kostete uns wenig, und das, was wir heute
machen, wird unterstützt durch das allgemeine Opfer unserer Güter,
unserer Freiheit, unserer Ruhe, unseres guten Rufs und vielleicht sogar
unseres Lebens! Das Bekenntnis vor dem Priester war höchstens für uns
nützlich, dagegen ist das, was wir jetzt machen, nützlich für unsere
Brüder und kann der ganzen Kirche dienen. Gott gewährt uns, so unwürdig
wir auch sind, die Gnade, sich unserer bedienen zu wollen um zu
zeigen, daß es ein ungeheuer großes Verbrechen ist, die Wahrheit
und die Gerechtigkeit zu beleidigen, und unsere Stimme wird um so
vernehmbarer sein, als wir größere Übel mit mehr Geduld erleiden.
Unser Beispiel sagt den Gläubigen, daß es schwerer fällt als man
glaubt¸ das zu tun, was man von uns verlangt. Wir bekennen keine Sünde,
sondern wir bekennen die Wahrheit, was unter den heuti-gen Umständen
das edelste und notwendigste Bekenntnis ist. Wir bekennen nicht unsere
Sünden im geheimen: Wir bekennen die Wahrheit öffentlich! Wir werden
verfolgt, aber die Wahrheit ist keineswegs gefangen, und wir haben bei
dem Unrecht, das wir leiden, diesen Trost, daß wir im Unrecht die
Wahrheit Gottes nicht vorenthalten, wie der Völkerapostel sagt, und daß
wir unsere Brüder lehren, sie nicht vorzuenthalten. Schließlich: Wenn
wir unsere Sünden nicht bekennen, die Kirche bekennt sie für uns. Das
sind die wunderbaren Regelungen der Vorsehung, die diese Prüfungen
zuläßt, um uns Verdienste erwerben zu lassen und uns ernsthaft
nachdenken zu lassen über den Gebrauch, den wir von den Sakramenten
gemacht haben.
Die Gewohnheit und die Leichtigkeit, die wir bei der Beichte hatten,
ließ uns oft in der Lauheit, wogegen man heute ohne Beichtväter in sich
geht, und die Inbrunst größer wird. Betrachten wir diesen Verlust als
ein Fasten für unsere Seelen und eine Vorbereitung auf den Empfang der
Bußtaufe, die, lebhaft ersehnt, eine heilsamere Nahrung werden wird.
Versuchen wir aus unserem Wandel, der unser Bekenntnis vor den Menschen
und unsere Anklage vor Gott ist, alle Fehler zu entfernen, die sich in
unsere gewöhnlichen Beichten eingeschlichen haben können, vor allem der
geringe Grad an innerer Demut.
Was ich gesagt habe, genügt vollauf; ich weiß jedoch nicht, ob es mir
gelungen ist, euch über die Ängste und Skrupel zu beruhigen, welche die
Gewissenhaftigkeit in einer Seele aufkommen läßt, die auf sich selbst
angewiesen ist, um sich zu beurteilen und sich nach ihren eigenen
Eingebungen zu leiten.
Ich fühle, meine Kinder, die ganze Bedeutung eurer Besorgnis. Aber wenn
man auf Gott vertraut, darf man es nicht halb tun: Es wäre ein Mangel
an Vertrauen, wenn man die Mittel, durch welche Gott beruft und erhält,
als unvollständig betrachten würde, als ob sie in der Ordnung der Gnade
zu wünschen übrig ließen. Ihr fandet in der Weisheit, Reife und
Erfahrung der Diener des Herrn Ratschläge und wirksame Übungen, um das
Böse zu meiden, das Gute zu tun und in der Tugend Fortschritte zu
machen; all das hängt nicht ab vom Wesen des Sakraments sondern von den
besonderen Erleuchtungen; ein tugendhafter, eifriger und wohlwollender
Freund kann in diesem Punkt euer Richter und euer Seelenführer sein.
Die Frommen suchten im Beichtstuhl nicht nur Belehrungen und
Erleuchtungen, sie eröffneten sich den durch ihr heiliges Leben
hervorragenden Personen in vertraulichen Gesprächen. Macht es ebenso;
es muß jedoch die geradeste Nächstenliebe in diesem gegenseitigen
Verkehr eurer Seelen und eurer Wünsche herrschen, und ihr werdet die
Erleuchtungen finden, deren ihr bedürft. Wenn dieses Mittel euch
unmöglich sein sollte, ruht euch aus auf der Barmherzigkeit Gottes: Er
wird euch nicht verlassen; sein Geist wird selbst zu euren Herzen
sprechen durch heilige Eingebungen, die sie entflammen und zu den
erhabenen Zielen eurer Bestimmung hinlenken werden.
Ihr werdet finden, daß ich kurz über dieses Thema abhandle. Eure
Wünsche gehen viel weiter, aber ein wenig Geduld, der Rest meines
Briefes wird eurer Erwartung vollständig entsprechen; man kann nicht
alles zur gleichen Zeit sagen besonders bei einem so schwierigen Thema,
das auch noch die größte Genauigkeit erfordert. Ich werde weiter zu
euch sprechen, wie ich zu mir selber spreche: Da wir fern sind von den
Hilfsmitteln des Heiligtums und jeder Ausübung des Priestertums
beraubt, bleibt uns als Mittler nur Jesus Christus. Zu ihm müssen wir
für unsere Bedürfnisse unsere Zuflucht nehmen. Vor seiner höchsten
Majestät müssen wir schonungslos den Vorhang vor unserem Gewissen
zerreißen und bei der Suche nach dem Guten und Bösen, das wir getan
haben, ihm für seine Gnaden danken, uns unserer Beleidigungen schuldig
erkennen... und dann bitten, er möge uns verzeihen und uns die Wege
seines heiligen Willens aufzeichnen (mit dem aufrichtigen Verlangen im
Herzen, das vor seinem Diener zu tun, wann und sobald wir es können).
Das, meine Kinder, nenne ich bei Gott beichten. Bei einer solchen gut
gemachten Beichte wird Gott selbst euch lossprechen! Das Evangelium
lehrt es uns, indem es uns das Beispiel des Zöllners vorstellt,
welcher, vor Gott gedemütigt, gerechtfertigt wegging, weil das beste
Zeichen für die Lossprechung, die Gerechtigkeit ist, die nicht gebunden
werden kann, weil sie es ist, welche löst. In der vollständigen
Isolierung, in der wir sind, müssen wir das tun. Die Heilige Schrift
zeichnet uns hier unsere Pflicht auf.
Alles, was von Gott kommt, ist heilig: Wenn wir für die Wahrheit
leiden, sind unsere Leiden diejenigen Jesu Christi, der uns mit einem
besonderen Merkmal der Ähnlichkeit mit ihm und mit seinem Kreuz ehrt.
Diese Gnade ist das größte Glück, das einen Sterblichen in seinem Leben
treffen könnte. So ist in allen schwierigen Lagen, die uns der
Sakramente berauben, das christlich getragene Kreuz die Quelle der
Vergebung unserer Sünden, wie es, von Jesus Christus getragen, das
einst war für die Sünden des ganzen Menschengeschlechtes. An dieser
Wahrheit zweifeln heißt unseren gekreuzigten Heiland beleidigen, heißt
die Kraft und das Verdienst des Kreuzes nicht genug anerkennen!...
Sagt mir: Wäre es möglich, daß der gute Schächer die Vergebung seiner
Sünden erhalten hätte, und der Gläubige, der für seinen Gott alles
verläßt, nicht die Vergebung seiner Sünden erhielte? Heilige
Kirchenväter bemerken, daß der gute Schächer ein Verbrecher war bis ans
Kreuz, um den Gläubigen zu zeigen, was sie von diesem Kreuz erhoffen
müssen, wenn sie es umarmen und um der Gerechtigkeit und Wahrheit
willen daran befestigt bleiben. Jesus Christus beendete seine Leiden
und ging in den Himmel ein durch das Kreuz. Wir sind seine Jünger. Er
ist unser Vorbild; laßt uns leiden wie er und wir werden in das Erbe
eingehen, das er uns durch das Kreuz bereitet hat.
Um aber durch das Kreuz geheiligt zu werden, darf man nicht sich selbst
gehören, man muß ganz Gott gehören; unser Wandel muß die Tugenden Jesu
Christi nachzeichnen; in dieser Zeit genügt es nicht, daß ihr, von
seiner Liebe beseelt, euch an seiner Brust ausruht wie der hl.
Johannes. Ihr müßt ihm mit Standhaftigkeit und Ausdauer auf dem
Kalvarienberg und am Kreuz dienen; dort wird, indem ihr bei Gott
beichtet, eure Beichte bei Gott, wenn schon nicht durch die Auflegung
der Hände der Priester, so durch die Auflegung der Hände Jesu Christi
gekrönt. Schaut auf seine anbetungswürdigen Hände, die der Natur so
schwer erscheinen und die so leicht sind für jene, die ihn lieben! ...
Sie sind über euch ausgestreckt vom Morgen bis zum Abend, um euch mit
jeder Art von Segnungen zu überhäufen, wenn ihr sie nicht selbst
zurückweist. Es gibt keinen Segen, der dem Segen des gekreuzigten Jesus
Christus ähnlich ist, wenn er seine Kinder am Kreuz segnet.
Das Sakrament der Buße ist in dieser Zeit für uns der Jakobsbrunnen,
dessen Wasser köstlich und heilbringend ist; aber der Brunnen ist tief;
ohne alle Mittel können wir dort nicht schöpfen und unseren Durst nicht
stillen; auch verwehren Wächter den Eingang... Das ist das Bild unserer
Lage. Sehen wir das Verhalten unserer Verfolger als eine Strafe für
unsere Sünden an! Es ist gewiß: Wenn wir uns diesem Brunnen mit Glauben
nähern könnten, fänden wir dort Jesus Christus, der zu der Samariterin
spricht. Aber lassen wir den Mut nicht sinken! Steigen wir hinab in das
Tal von Bethulia, dort werden wir mehrere Quellen finden, die nicht
bewacht sind, wo wir ruhig unseren Durst stillen können. Jesus Christus
möge in unseren Herzen wohnen! Sein Heiliger Geist möge sie entflammen,
und wir werden in uns die Quelle lebendigen Wassers finden, die den
Jakobsbrunnen ersetzen wird. Jesus Christus als oberster Hirte bewirkt
selbst auf unaussprechliche Weise in der Beichte, die wir bei Gott
ablegen, was er zu jeder anderen Zeit durch den Dienst der Priester
bewirkt hätte, und diese Beichte hat einen Vorteil, den die Menschen
uns nicht rauben können; ist es doch Jesus Christus in uns, der sich
immerfort um uns kümmert! Wir müssen sie ablegen zu allen Zeiten, an
allen Orten und in allen möglichen Lebenslagen. Es ist etwas der
Bewunderung und des Dankes Würdiges zu sehen, daß das, was die Welt
tut, um uns von Gott und seiner Kirche fernzuhalten, uns ihnen nur noch
näher bringt.
Die Beichte darf nicht nur ein Heilmittel für alle vergangenen Sünden
sein, sie muß auch ein Schutzmittel gegen künftige Sünden sein. Wenn
wir ernsthaft über diese doppelte Wirksamkeit des Sakraments der Buße
nachdenken, werden wir guten Grund haben, uns zu demütigen und zu
seufzen. Und wir werden es um so mehr müssen, als unser Fortschritt in
der Tugend langsam gewesen sein wird und wir immer dieselben geblieben
sind vor und nach unseren Beichten. Wir können jetzt all diese Mängel
wiedergutmachen, die von einem zu großen Vertrauen in die Lossprechung
kamen sowie von daher, daß man seine wunden Punkte nicht gründlicher
prüfte! ... Nunmehr gezwungen, vor Gott zu seufzen, bemüht sich die
gläubige Seele, alle ihre Häßlichkeiten zu betrachten. Dort, zu Füßen
des Heilands, und durchdrungen von Reue und Schmerz, verharrt sie in
Schweigen und spricht zu ihm nur durch ihre Tränen wie die Sünderin im
Evangelium, da sie auf der einen Seite all ihr Elend und auf der
anderen Seite die Güte Gottes sieht. Sie demütigt sich tief vor seiner
Majestät, bis diese ihre Leiden durch einen ihrer Blicke vertreibt. Da
erleuchtet das göttliche Licht ihr zerknirschtes und gedemütigtes Herz
und entdeckt ihr auch die kleinsten Teilchen, die es verdunkeln können.
Diese Beichte bei Gott sei für euch eine tägliche Übung, kurz aber
lebendig, und von Zeit zu Zeit sollt ihr sie von einem Zeitabschnitt
zum anderen machen, wie ihr sie täglich für den vergangenen Tag macht
(bei der Gewissenserforschung am Abend).
Die erste Frucht, die ihr daraus ernten werdet, wird außer der
Vergebung eurer Sünden die sein, daß ihr euch selbst erkennt und Gott
erkennt.
Die zweite wird sein: Wenn ihr es könntet, stündet ihr immer mit dem
Merkmal der Barmherzigkeit des Herrn geschmückt vor den Priestern.
Ich glaube, meine Kinder, zu eurem Verhalten gegenüber dem Sakrament
der Buße gesagt zu haben, was ich mußte. Ich werde jetzt über den
Verlust der Eucharistie zu euch sprechen und nach und nach über alle
Dinge, von denen ihr in eurem Brief spracht.
Die Eucharistie, das Sakrament der Liebe, hatte für euch viel Süßigkeit
und Vorteile, als ihr daran teilnehmen konntet; jetzt aber, wo ihr sie
nicht mehr habt, sind eure Vorteile die gleichen, weil ihr die
Verteidiger der Wahrheit und der Gerechtigkeit seid; denn wer hätte
gewagt, zu diesem Tisch heranzutreten, wenn Jesus Christus es uns nicht
zur Vorschrift gemacht hätte, und wenn die Kirche, welche wünscht, daß
wir uns mit diesem Lebensbrot stärken, uns nicht durch die Stimme ihrer
Diener , die uns mit dem hochzeitlichen Gewand bekleideten, eingeladen
hätte, es zu essen? Wenn wir aber den Gehorsam, um dessentwillen wir es
nicht mehr haben, mit demjenigen vergleichen, der uns zu ihm führte,
wird es leicht sein, über das Verdienst zu urteilen.
Abraham war gehorsam, indem er seinen Sohn opferte und indem er ihn
nicht opferte; aber sein Gehorsam war sehr viel größer, als er die Hand
an das Schwert legte, als da er sein Schwert in die Scheide
steckte. Wir sind gehorsam, indem wir zur Eucharistie
hinzutreten, indem wir uns aber von diesem Opfer zurückziehen, opfern
wir uns selbst. Dürstend nach der Gerechtigkeit und das Blut des Lammes
entbehrend, das allein den Durst stillen könnte, opfern wir unser
eigenes Leben, insofern sein Blut in uns ist. Das Opfer Abrahams
dauerte einen Augenblick; ein Engel hielt sein Schwert auf. Unser Opfer
ist ein tägliches und wird jedesmal erneuert, wenn wir mit Ergebenheit
die Hand Gottes anbeten, die uns von seinen Altären fernhält, und
dieses Opfer ist freiwillig.
Es heißt vorteilhaft der Eucharistie beraubt sein, wenn man das
Kreuzesbanner für die Sache Jesu Christi und die Ehre seiner Kirche
emporhebt. - Schaut, meine Kinder, wie Jesus Christus, nachdem er
seinen Leib gegeben hatte, keine Schwierigkeiten machte, für uns zu
sterben. Das ist die Haltung des Christen in seinen Verfolgungen: Auf
die Eucharistie folgt das Kreuz. Möge die Liebe zur Eucharistie uns
also nicht vom Kreuz fernhalten! Es heißt einen glorreichen Fortschritt
im Ruhm des Evangeliums machen, wenn man aus dem Abendmahlssaal
herauskommt, um auf den Kalvarienberg hinaufzusteigen. Ja, ich sage es
ohne Furcht: Wenn der Sturm der Bosheit der Menschen gegen die Wahrheit
und die Gerechtigkeit grollt, ist es vorteilhafter für die Gläubigen,
für Jesus Christus zu leiden als an seinem Leib teilzuhaben durch die
heilige Kommunion.
Mir scheint, als hörte ich den Heiland zu uns sagen: „Ach, fürchtet
nicht, von meinem Tisch getrennt zu werden, weil ihr meinen Namen
bekennt! Es ist eine Gnade, die ich euch gewähre, und sie ist ein
seltenes Gut; durch diese Demütigung, eine Entbehrung, die mich ehrt,
leistet ihr Genugtuung für alle Kommunionen, die mich entehrten.
Erkennt diese Gnade: Ohne mich könnt ihr nichts tun, und ich lege das
Mittel in eure Hände zu tun, was ich für euch getan habe und mir mit
Freigebigkeit wiederzugeben, was ich euch an Größtem geschenkt habe.
Ich habe es euch geschenkt: Wenn ihr euch davon getrennt habt, um
meinem Dienst treu zu bleiben, gebt ihr meiner Wahrheit zurück, was ihr
von meiner barmherzigen Liebe erhalten hattet. Ich konnte euch nichts
Größeres geben, und auch ihr könnt mir nichts Größeres geben. Eure
Dankbarkeit kommt durch die Gnade, die ich euch gewährt habe, der Größe
des Geschenks gleich, das ich euch gemacht habe. Tröstet euch, wenn ich
euch nicht berufe, wie die Märtyrer euer Blut zu vergießen: Das meine
ist da, um es zu ersetzen; jedesmal wenn man euch hindern wird, es zu
trinken, werde ich es euch so anrechnen, als ob ihr das eure vergossen
hättet; und das meine ist unendlich kostbarer...“
So finden wir die Eucharistie sogar in der Entbehrung der Eucharistie.
Wer kann uns andererseits von Jesus Christus und seiner Kirche in der
Kommunion trennen, wenn wir uns durch den Glauben seinen Altären nahen
auf um so wirksamere Weise, weil sie geistiger und den Sinnen
entrückter ist? Das nenne ich geistigerweise kommunizieren, wenn man
sich mit den Gläubigen, die es tun können, an den verschiedenen Orten
der Welt vereinigt. Diese Kommunion war euch vertraut in der Zeit, als
ihr dem heiligen Tabernakel nahen konntet. Ihr kennt die Vorteile und
die Art und Weise. Deshalb werde ich darüber nicht zu euch sprechen.
Ich werde euch darlegen, was die Heilige Schrift und die Annalen der
Kirche an Überlegungen bieten über die Entbehrung der Messe und die
Notwendigkeit eines immerwährenden Opfers für die Gläubigen in den
Zeiten der Verfolgung, und ich werde mich kurz fassen. Meine Kinder,
schenkt den Grundsätzen, an die ich erinnern werde, besondere
Aufmerksamkeit; sie sind zu eurer Erbauung.
Nichts geschieht ohne den Willen Gottes: Ob wir nun an der heiligen
Messe teilnehmen können oder ob wir ihrer beraubt sind, wir müssen
gleichermaßen in seinen heiligen Willen ergeben sein, und laßt uns in
allen Lagen des Gottes würdig sein, dem wir dienen!
Der Kult, den wir Jesus Christus schulden, ist gegründet auf den
Beistand, den er uns gewährt, und auf die Notwendigkeit seiner Hilfe,
die wir haben. Dieser Kult zeichnet uns als isolierten Gläubigen
Pflichten vor, so wie er früher solche vorzeichnete in der öffentlichen
Ausübung unserer heiligen Religion.
Als Kinder Gottes haben wir nach dem Zeugnis des hl. Petrus und des hl.
Johannes teil am Priestertum Jesu Christi, um Gebete und Opfergaben
darzubringen; wenn wir auch nicht den Weihecharakter haben, um auf den
sichtbaren Altären zu opfern, sind wir doch nicht ohne Hostie, da wir
sie im Gottesdienst unserer Liebe darbringen können, indem wir auf dem
unsichtbaren Altar unserer Herzen Jesu Christus seinem Vater opfern
können. Diesem Grundsatz getreu, werden wir alle die Gnaden empfangen,
die wir hätten empfangen können, wenn wir am heiligen Meßopfer hätten
teilnehmen können. Die Liebe vereint uns mit allen Gläubigen der Welt,
die dieses göttliche Opfer darbringen oder daran teilnehmen. Wenn der
materielle Altar oder die sichtbaren Gestalten uns fehlen, im Himmel
gibt es diese auch nicht, wo Jesus Christus auf die vollkommenste Weise
geopfert wird.
Ja, meine Kinder, die Gläubigen, die ohne Priester sind, bringen, da
sie nach dem hl. Petrus selbst Priester und Könige sind, ihre Opfer dar
ohne Tempel, ohne Diener und ohne irgend etwas Sichtbares. Es braucht
nur Jesus Christus, um ihn zu opfern, für das Opfer des Herzens, bei
dem das Opferlamm vom Feuer der Liebe des Heiligen Geistes verzehrt
werden muß; vereint sein mit Jesus Christus, sagt der hl. Clemens von
Alexandrien, durch Worte und Werke und durch das Herz. Wir sind mit ihm
vereint durch unsere Worte, wenn sie wahr sind, durch unsere Werke,
wenn sie gerecht sind, und durch unsere Herzen, wenn die Liebe sie
entzündet. So laßt uns denn die Wahrheit sagen, nur die Wahrheit
lieben, dann werden wir Gott die schuldige Ehre erweisen. Wenn wir
wahrhaftig sind in unseren Worten, gerecht in unseren Werken,
gottergeben in unserem Wollen und Den-ken, wenn wir nur durch ihn
allein reden, ihn für seine Gaben loben, uns wegen unserer
Treulosigkeiten demütigen, dann bringen wir Gott ein wohlgefälliges
Opfer dar, das uns nicht genommen werden kann. Das Opfer, das Gott
fordert, ist ein von Schmerz durchdrungener Geist, sagt der hl. König
David, ein Herz, das zerknirscht und gedemütigt ist, o mein Gott,
verschmähst du nicht ).
Es bleibt mir noch, die Eucharistie als Wegzehrung zu betrachten. Es
kann sein, daß ihr sie beim Tod entbehren müßt. Ich muß euch aufklären
und euch wappnen gegen eine so empfindliche Entbehrung. Gott, der uns
liebt und uns schützt, wollte uns beim Herannahen des Todes seinen
heiligen Leib geben, um uns in diesem gefahrvollen Hinübergang zu
stärken. Wenn ihr eure Blicke in die Zukunft richtet und euch in eurem
Todeskampf seht ohne Opferlamm, ohne Letzte Ölung und ohne jeglichen
Beistand von seiten der Diener des Herrn, kommt ihr euch wie in der
traurigsten und schmerzlichsten Verlassenheit vor.
Seid getrost, meine Kinder, im Vertauen, das ihr Gott schuldig seid;
dieser zärtliche Vater wird in jenen schrecklichen Augenblicken, vor
denen ihr euch fürchtet, seine Gnaden, seine Segnungen und seine
Barmherzigkeit in größerem Überfluß über euch ausgießen, als wenn ihr
den Beistand seiner Diener hättet, dessen ihr nur beraubt seid, weil
ihr ihn selbst nicht verlassen wolltet. Die Verlassenheit und
Hilflosigkeit, in der wir uns zu befinden fürchten, gleicht der des
Heilands am Kreuz, als er zu seinem Vater sprach: Mein Gott, mein Gott,
warum hast du mich verlassen? - O, wie lehrreich sind diese Worte: Eure
Leiden, eure Verlassenheit führen euch zu eurer ruhmvollen Bestimmung,
indem sie eure Laufbahn beenden, wie Jesus Christus die seine beendet
hat. In seinen Leiden, in seiner Verlassenheit und seinem Tod war Jesus
in der innigsten Vereinigung mit seinem Vater. In euren Leiden und
eurer Verlassenheit mögt ihr ebenso mit ihm vereinigt sein, und euer
letzter Seufzer sei wie der seine: Gottes Wille geschehe!
Was ich über die Entbehrung der Wegzehrung beim Tod gesagt habe, das
sage ich auch über die Letzte Ölung. Wenn ich in den Händen von Leuten
sterbe, die mir nicht nur nicht beistehen, sondern die mich
beschimpfen, werde ich um so glücklicher sein als mein Tod mehr
Gleichförmigkeit mit dem Tod Jesu Christi hat, der ein Schauspiel an
Schimpf und Schande war für die ganze Welt!... Durch die Hände seiner
Feinde gekreuzigt, wird er wie ein Dieb behandelt und stirbt zwischen
zwei Räubern! Er war die Weisheit selbst, er wird als ein Wahnsinniger
angesehen; er war die Wahrheit und er wird für einen Betrüger und
Verführer gehalten! Die Pharisäer und Schriftgelehrten triumphierten
über ihn und das in seiner Gegenwart! Schließlich sättigten sie sich an
seinem Blut! Jesus Christus starb in der Ehrlosigkeit des
schimpflichsten Todes und unter den gräßlichsten Schmerzen! Christen,
wenn euer Todeskampf und euer Tod für eure Feinde eine Gelegenheit
sind, euch zu beschimpfen und mit Schande zu überhäufen, was war erst
derjenige Jesu Christi? Ich weiß nicht, ob der Engel, der geschickt
wurde, um die Härte und Gefühllosigkeit der Menschen zu ersetzen, es
nicht wurde, um uns zu belehren, daß wir in einem solchen Kampf den
Trost des Himmels erhalten, wenn uns der Trost der Erde fehlt. Es war
nicht ohne besondere Absicht Gottes, daß die Apostel, die Jesus hätten
trösten sollen, in tiefen Schlaf fielen.
Der Gläubige soll sich also nicht wundern, wenn er in seiner letzten
Stunde ohne Priester ist. Jesus Christus macht seinen Aposteln
Vorwürfe, weil sie schliefen, aber er macht ihnen keine, weil sie ihn
ohne Trost ließen, um uns zu belehren, daß, wenn wir in den Ölgarten
gehen, wenn wir auf den Kalvarienberg hinaufsteigen, wenn wir allein
und ohne menschliche Hilfe sterben, Gott über uns wacht, uns tröstet
und allen unseren Bedürfnissen genügt. Ihr Gläubigen, die ihr die
Folgen der heutigen Zeit fürchtet, richtet eure Blicke auf Jesus:
Schaut ihn fest an, betrachtet ihn, er ist euer Vorbild; ich habe euch
dazu weiter nichts zu sagen.
Wenn ihr ihn betrachtet habt, werdet ihr euch da immer noch vor der
Entbehrung der Gebete und Zeremonien fürchten, welche die Kirche
eingesetzt hat, um euren Todeskampf, euren Tod und euer Begräbnis zu
ehren? Denkt daran, daß der Grund , weswegen ihr leidet und sterbt, aus
dieser Entbehrung eine neue Ehre macht und euch das Verdienst des
letzten Zugs an Ähnlichkeit mit Jesus Christus gibt, den ihr haben
könnt. Die Vorsehung hat zu unserer Belehrung zugelassen und gewollt,
daß die Pharisäer Wächter an das Grab stellten, um den Leib des
gekreuzigten Jesus zu bewachen; sie hat gewollt, daß sein Leib sogar
nach dem Tode in den Händen seiner Feinde blieb, um uns zu belehren,
daß, wie lange auch die Herrschaft unserer Feinde sei, wir sie mit
Geduld ertragen und für sie beten müssen.
Der hl. Märtyrer Ignatius, der solche Sehnsucht danach hatte, von den
Tieren verschlungen zu werden, zog es nicht vor, sie zum Grab zu haben
als das schönste Mausoleum? Die ersten Christen, die man den Henkern
auslieferte, haben sie sich jemals Sorgen gemacht um ihren Todeskampf
und ihr Begräbnis? Alle waren unbesorgt um das, was man mit ihrem Leib
machen würde. Ja, meine Kinder, wenn man auf Jesus Christus vertraut im
Leben, vertraut man auch auf ihn nach dem Tod.
Am Kreuz und dem Tode nah, sah Jesus die Frauen, die ihm aus Galilei
gefolgt waren und ferne standen; seine Mutter, Maria Magdalena
und der Jünger, den er liebte, standen bei dem Kreuz in
Niedergeschlagenheit , Schweigen und Schmerz! ... Das, meine Kinder,
ist das Bild dessen, was ihr sehen werdet: Die meisten Christen
beklagen diejenigen unter den Gläubigen, die der Verfolgung
ausgeliefert sind, aber sie halten sich fern; einige, wie die Mutter
Jesu, nähern sich dem unschuldigen Opferlamm, das die Bosheit
schlachtet.
Ich bemerke mit dem hl. Ambrosius, daß die Mutter Jesu am Fuß des
Kreuzes wußte, daß ihr Sohn für die Erlösung der Menschen starb und daß
sie, die zur Vollendung dieses großen Werks mit ihm zu sterben
wünschte, nicht fürchtete, die Juden durch ihre Anwesenheit zu reizen
und mit ihrem göttlichen Sohn zu sterben. Wenn ihr, meine lieben
Kinder, jemanden in Verlassenheit oder unter dem Schwert der Verfolgung
sterben seht, ahmt die Mutter Jesu nach und nicht die Frauen, die ihm
aus Galiläa gefolgt waren. Seid durchdrungen von dieser Wahrheit: Die
ruhmvollste und heilsamste Zeit zum Sterben ist, wenn die Kraft in
unserem Herzen am stärksten ist; man darf um ein Glied Jesu Christi
nicht fürchten, wenn es im Leiden ist. Stehen wir ihm bei, und wäre es
nur durch unsere Blicke und unsere Tränen!
Das, meine Kinder, ist es, was ich euch sagen zu müssen glaubte. Ich
denke, es genügt, um auf eure Fragen zu antworten und eure Frömmigkeit
zu beruhigen; ich habe die Grundsätze dargelegt, ohne in irgendwelche
Einzelheiten zu gehen, sie erscheinen mir unnütz. Eure festen
Überlegungen werden sie mit Leichtigkeit ergänzen. Ich muß hinzufügen,
meine Kinder, daß ihr nicht betrübt sein dürft über das erstaunliche
Schauspiel, dessen Zeugen wir sind. Der Glaube verbündet sich
keineswegs mit diesen Schrecken; die Zahl der Auserwählten ist immer
sehr klein. Fürchtet nur, daß Gott euch eure Kleingläubigkeit zum
Vorwurf macht und daß ihr nicht einmal eine Stunde mit ihm wachen
konntet. Ich gebe euch zu, daß die Menschheit Grund hat, betrübt zu
sein, jedoch zugleich mit diesem Eingeständnis werde ich euch sagen,
daß der Glaube sich freuen muß.
Gott macht alles gut; kommt zu diesem Urteil, meine Kinder, es ist das
einzige, das eurer würdig ist. Auch die Gläubigen kamen dazu, als der
Heiland wunderbare Heilungen vollbrachte. Was er heute tut, ist viel
größer: In seinem sterblichen Leben heilte er die Leiber, heute heilt
er die Seelen und vervollständigt durch die Trübsal die kleine Zahl der
Auserwählten.
Was auch die Pläne Gottes mit uns sein mögen, laßt uns die
Unergründlichkeit seiner Gerichte anbeten und all unser Vertrauen auf
ihn setzen! Wenn er uns befreien will, so ist der Augenblick nahe. Alle
erheben sich gegen uns: Unsere Freunde unterdrücken uns, unsere
Verwandten behandeln uns als Fremde! Die Gläubigen, die mit uns an den
heiligen Geheimnissen teilnehmen, tun fremd, wenn man sie bloß ansieht.
Man fürchtet sich nicht nur zu sagen, daß man wie wir seinem Vaterland
getreu und seinen Gesetzen gehorsam, jedoch auch Gott getreu sei; man
fürchtet sich zu sagen, daß man uns liebe und sogar, daß man uns kenne.
Wenn wir von seiten der Menschen ohne Hilfe sind, so sind wir auf der
Seite Gottes, der wie der königliche Prophet sagt, den Armen von dem
Mächtigen befreien wird und den Schwachen, der keine Hilfe hatte. Das
Weltall ist Gottes Werk; er lenkt es , und alles, was geschieht, liegt
in den Plänen seiner Vorsehung. Wenn wir glauben, daß der Abfall
allgemein sein werde, vergessen wir, daß ein wenig Glaube genügt, um
der Familie Jesu Christi den Glauben zurückzugeben, wie ein wenig
Sauerteig den ganzen Teig durchsäuert.
Diese außergewöhnlichen Ereignisse, bei denen die große Masse die Axt
erhebt, um das Werk Gottes umzuhauen, dienen auf wunderbare Weise dazu,
seine Allmacht zu offenbaren. In allen Jahrhunderten wird man sehen,
was das Volk Gottes sah, als der Herr durch Gedeon seine Allmacht gegen
die Madianiter offenbaren wollte. Er ließ ihn fast sein ganzes Heer
nach Hause schicken. Nur dreihundert Mann wurden dabehalten und auch
noch ohne Waffen, damit der Sieg als offensichtlich von Gott kommend
erkannt wurde. Diese kleine Zahl der Soldaten Gedeons ist das Bild der
kleinen Zahl der Auserwählten, die in diesem Jahrhundert leben. Ihr
habt mit schmerzlichster Verwunderung gesehen, meine Kinder, daß von
der großen Masse der Berufenen (denn ganz Frankreich war christlich)
die größte Zahl wie im Heer Gedeons schwach, furchtsam geblieben ist
und Angst hat, ihren irdischen Vorteil zu verlieren! Gott schickt sie
nach Hause. In seiner Gerechtigkeit will Gott sich nur derer bedienen,
die sich ihm ganz hingeben. Verwundern wir uns daher nicht über die
große Zahl derer, die ihn verlassen. Die Wahrheit triumphiert, wie
klein auch die Zahl derer sein mag, die sie lieben und an ihr
festhalten. Ich meinerseits äußere nur einen Wunsch: Es ist der Wunsch
des hl. Paulus. Als Kind der Kirche wünsche ich den Frieden für die
Kirche; als Soldat Jesu Christi wünsche ich, unter ihren Bannern zu
sterben.
Wenn ihr die Werke des hl. Cyprian besitzt, lest sie, meine lieben
Kinder; man muß besonders in die ersten Jahrhunderte der Kirche
zurückgehen, um Beispiele zu finden, die uns als Vorbild dienen können.
Aus den heiligen Büchern und aus denen der ersten Verteidiger des
Glaubens muß man sich eine genaue Vorstellung über das Martyrium und
das Bekennen des Namens Jesu Christi bilden: Es sind die Wahrheit und
die Gerechtigkeit, es sind die erhabenen, ewigen, unwandelbaren
Glaubensinhalte, die man bekennen muß. Es ist das Evangelium, denn die
menschlichen Lehren, welche sie auch sein mögen, sind veränderlich und
zeitbedingt; das Evangelium aber und das Gesetz Gottes bestehen in
Ewigkeit. Wenn ihr diesen Unterschied bedenkt, werdet ihr klar
erkennen, was Gottes und was des Kaisers ist, denn nach dem Beispiel
Jesu Christi müßt ihr mit Ehrfurcht dem einen und dem anderen geben,
was ihr ihm schuldet.
Alle Kirchen und alle Jahrhunderte sind darin einig: Es kann nichts so
Heiliges und Ruhmvolles geben wie den Namen Jesu Christi zu bekennen.
Aber denkt daran, meine Kinder: Um ihn auf eine der von uns ersehnten
Krone würdige Weise zu bekennen, muß man in der Zeit, in der man mehr
leidet, größere Heiligkeit zeigen. Man findet nichts Schöneres als
diese Worte des hl. Cyprian, wenn er alle christlichen Tugenden in den
Bekennern Jesu Christi preist: „Ihr habt immer,“ sagt er zu ihnen, „die
Gebote des Herrn mit einer Kraft beobachtet, die eurer Standhaftigkeit
würdig ist; ihr habt die Einfalt, die Unschuld, die Nächstenliebe, die
Eintracht, die Bescheidenheit und die Demut bewahrt; ihr habt euren
Dienst mit viel Sorgfalt und Genauigkeit getan; ihr habt Wachsamkeit
gezeigt, um denen zu helfen, die der Hilfe bedurften; Mitleid mit den
Armen, Standhaftigkeit bei der Verteidigung der Tugend, Mut, um die
Strenge der Zucht durchzuhalten, und damit nichts diesen großen
Beispielen der Tugend fehle, die ihr gabt, eifert ihr durch das
Bekenntnis und großmütig ertragene Leiden laut eure Brüder zum
Martyrium an und zeichnet ihnen den Weg dazu vor.“
Obwohl Gott euch nicht zum Martyrium und zu keinem schmerzhaften
Bekenntnis seines Namens beruft, hoffe ich, meine lieben Kinder, eines
Tages zu euch sprechen zu können, wie jener zu den Bekennern Celerinus
und Aurelius sprach, und bei euch mehr eure Demut als eure
Standhaftigkeit loben und euch mehr wegen der Heiligkeit eurer Sitten
als wegen eurer Leiden und Wunden rühmen zu können...
In Erwartung dieses glückseligen Augenblicks ziehet Nutzen aus meinen
Ratschlägen und stärkt euch an meinem Beispiel. Gott wache über euch!
Unsere Hoffnung ist begründet, sie zeigt uns entweder die Verfolgung,
die zu Ende geht, oder die Verfolgung, die uns krönt. Sowohl in dem
einen als auch in dem anderen sehe ich die Vollendung unseres
Schicksals.
Gottes Wille geschehe, denn auf welche Weise er uns auch befreit, sein ewiges Erbarmen breitet sich über uns aus.
Zum Schluß, meine lieben Kinder, umarme ich euch und bete zu Gott für
euch, betet auch ihr für mich und empfangt meinen väterlichen Segen als
Pfand meiner zärtlichen Liebe zu euch, meines Glaubens und meines
aufrichtigen Verzichts, keinen anderen Willen zu haben als den Willen
Gottes.
* * *
Anmerkungen:
1) M. Demaris war katholischer Priester,
Professor der Theologie im Hause der Missionare des hl. Josef in
Lyon, verbannt um 1803 und gestorben für den Glauben Jesu Christi.
2) Lk. 13, 31-33
3) 1 Petr. 2,19-23
4) 21. Kapitel
5) Als man diesen Heiligen zur Marter führte, rief das Volk voller
Schmerz und in Tränen „Auf, laßt uns mit ihm sterben!“ Der Heilige ließ
seinem Henker 25 Goldmünzen geben.
6) Der hl. Paulus an die Römer, 8,35
7) Was für ein Glück für die Gläubigen, Jesus Christus bekennen zu dürfen durch die Stimme ihres Beispiels!...
8) Ps. 50
***
Nachtrag:
Man vergißt häufig, daß die Französische Revolution für die Kirche eine
Zeit der blutigen Verfolgung war, in der Bischöfe und besonders
Priester nur im Geheimem wirken konnten, immer in Gefahr, entdeckt oder
verraten zu werden. Wir leben heute nicht in einer Zeit der Verfolgung,
in der Gefahr drohen würde für irgend einen Kleriker. Wir leben in
Zeiten der Verlassenheit, in der sich die bestallten Hirten weigern,
die verstreuten Schafe zu sammeln und in Herden zusammenzufassen. Aber
inzwischen lassen sich die Schafe helfen, von einem Hirten, der einst
sein Leben für sie ließ.
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