VORZEICHEN DER ENDZEIT
von Klaus Wodsack
Die Zeichen, die in der bis dahin Einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche Roms in den letzten Jahren: seit dem Beginn des Pontifikats Johannes' XXXIII. - von eben diesem Johannes XXIII., von seinem Nachfolger Paul VI. und von den mit ihnen und ihrem verfinsterten Geiste mitwirkenden Theologen aller hierarchischen Ränge gesetzt wurden ... diese Zeichen, gesetzt aus einem üblen Triebe nach Veränderung, stehen auf Sturm. Sturm ist es, der uns durch sie erwartet: Und die gegenwärtige Zeit, die wir gerade durchleben, mutet an wie die Ruhe vor dem Sturme.
Denn: Wann hätte es das in der fast zweitausendjährigen Geschichte der Kirche schon einmal gegeben, daß mit der (freilich nur angemaßten) Autorität der Cathedra Petri der Geist der Welt, der Geist des Bösen: der satanische Geist in die bis dahin im wesentlichen heile katholische Kirche hereingerufen wurde? Daß mit der (freilich nur angemaßten) Autorität der Cathedra Petri aus eben diesem perversen Geiste heraus die Heilige Messe, das Heiligste, was es auf Erden gibt, durch die Verfälschung der Liturgie, insbesondere durch die Verfälschung der sakrosankten Wandlungsworte, abgeschafft wurde und der bis dato römisch-katholische Klerus in seiner überwältigenden Mehrheit dieser Scheinautorität gefolgt ist und dem Werk der Zerstörung mit meist willigem Herzen seine Kräfte und Dienste geliehen hat? Wann wäre es in der Geschichte der Kirche schon einmal vorgekommen, daß mit Duldung und Billigung der überwältigenden Mehrheit des bis dato römisch-katholischen Klerus ein Mann die Cathedra Petri okkupiert hält, der sich (durch Dekretierung und eigenen Gebrauch der verfälschten Messe) öffentlich als manifest häretisch erwiesen hat? Die Zahl der rechtgläubig gebliebenen Bischöfe, Priester und Gläubigen ist plötzlich und unversehens auf eine verschwindend kleine Minderheit zusammengeschrumpft, und für das Gros der sich katholisch nennenden Christen gilt nicht mehr, was die Präfation des Herz-Jesu-Festes in ergreifenden Worten so ausdrückt: "... und aus dem geöffneten Herzen (Jesu), diesem Heiligtum göttlicher Freigebigkeit, (ergießen) sich über uns Ströme des Erbarmens und der Gnade."
Die von Jesus Christus begründete und bevollmächtigte Vermittlerin dieser Gnaden, die Eine, heilige, katholische und apostolische Kirche, hat durch die Abschaffung der Hl. Messe rund um den Erdkreis vielerorts gänzlich aufgehört zu bestehen. Dort aber, wo sie noch besteht (und sie hat ja die Verheißung, bis zum Ende der Welt zu bleiben!), ist sie auf ein nach außen hin kümmerliches, verborgenes und von den meisten nicht erfaßten Katakombendasein zurückgedrängt worden. Der Strom der Gnade, der sich aus dem Allerheiligsten Sakrament, des Altares auf die Gläubigen ergoß, ist weitestgehend versiegt, und die Kirchen, einst Wohnungen des Herrn mitten unter uns, haben sich - seltene Fälle ausgenommen - in leere, protestantische Bethäuser verwandelt!
Dabei ist es nun charakteristischerweise nicht so, daß die Verantwortlichen für diesen Massenabfall vom katholischen Glauben: Johannes XXIII., Paul VI. und die mit ihnen in der Häresie und im Glaubensabfall vereinigten Bischöfe, Priester und Theologen, - klar und deutich erklärten, daß sie sich durch Wort und Tat von der rechtgläubigen Kirche distanziert und abgesetzt haben, d.h. daß sie nicht mehr katholisch sind, sondern eine neue religiöse Gemeinschaft (eine Sekte!) begründet haben. Nein, sie halten nach außen hin die Ämter und Dienste der Einen Kirche Christi besetzt und bezeichnen sich - zur Täuschung der Gläubigen - als die legitime römisch-katholische Kirche, welche von Jesus Christus gegründet und von den Aposteln unter der Leitung des Heiligen Geistes ins Werk gesetzt wurde. Sie nehmen heute diese Leitung des Heiligen Geistes für sich in Anspruch - und das, obwohl sie eindeutig mit der Tradition der Kirche, welche die wahre Tradition Jesu Christi und der Apostel ist, gebrochen haben!
Welcher ernsthaft gesonnene Christ sähe nicht den ungeheuren Betrug, eine Messe, die keine Heilige Messe mehr ist, als Heilige, Messe, einen Papst, der kein Stellvertreter Christi mehr ist, als Stellvertreter Christi hinsustellen! Es soll damit hier noch nicht gesagt werden, daß alle, die an diesem monströsen Glaubensabfall teilhaben, tatsächlich in voll bewußter Klarheit handeln und ihr abscheuliches Werk mit klar bewußtem Eigensinn und Trotz ins Angesicht Gottes hinein vollbringen: Die Drahtzieher halten sich möglicherweise noch im Hintergrund, aber der Tatbestand des ungeheuerlichen Betruges und der Täuschung im Namen Jesu Christi ist heute erfüllt: Das Unheilige wird für heilig erklärt, und schon - so kann der nächste Schritt doch nur sein - steht der Satan im Begriff, sich selbst an die Stelle Christi, des Herrn, zu stellen.
Léon Bloy, der in vorbildlicher Weise unter Einsatz seiner und seiner Familie Existenz, dem Gebote des Evangeliums treu, schonungslos gegen die Heucheleien seiner Zeit auftrat und sich dadurch ein sicheres Bewußtsein der Wahrheit erhalten hatte, sah die Ungeheuerlichkeiten unserer Zeit bereits in den Symptomen seiner Zeit vorgebildet. Im Jahre 1900 schreibt er:
"Nur sehr wenige lebendige Seelen, denen das Blut Jesu noch wert ist, stehen einer ungeheuren Menge gegenüber, die keiner gezählt hat. Es ist die 'unendliche Schar derer, die im Angesichte des Lammes vor dem Throne stehen, angetan mit weißen Kleidern und Palmen in den Händen'. Das sind die modernen Katholiken.
Endlos ist ihr Aufmarsch auf der großen Himmelswiese. Dann sieht man plötzlich, daß die Vögel aus der Luft fallen, daß die Blumen absterben, daß alles bei ihrem Vorbeimarsch stirbt; daß sie einen Strom der Verwesung hinter sich zurücklassen, und wenn man sie berührt, ist man scheinbar für immer vergiftet wie Philoktet.
Diese Greuel gehören zum 19. Jahrhundert. In anderen Zeiten fiel man mutig von der heiligen Einheit ab. Man war unbefangen und entschieden ein Renegat. Man empfing den Leib Christi und verkaufte ihn dann ohne Zögern, als hätte man einem Armen helfen müssen. Es ging im ganzen anständig zu, und man war offen und ehrlich ein Judas. Heute aber ist das etwas anderes.
Seit zwanzig Jahren schreibe ich immer wieder darüber. Nie gab es etwas so Widerwärtiges, etwas so restlos Verabscheuungswürdiges wie die heutige katholische Gesellschaft (...), und ich will lieber nicht danach fragen, was wohl mit größerer Gewißheit das Feuer vom Himmel herabrufen könnte ... " *)
So sah Léon Bloy die Lage der Mehrzahl der Katholiken in seiner Heimat (und sie war anderswo nicht besser!) um das Jahr 1900. Aber damals waren Lehre und Kult der katholischen Kirche (wenigstens nach außen hin) noch intakt. Damals standen die Pontifikate etwa des hl. Pius X. und Pius XII. noch bevor, um wenigstens zeitweise Dämme, zu errichten gegen den drohenden und bereits geschehenden Abfall. - Heute jedoch sind wir einen ganzen Schritt weiter auf dem Wege in den Untergang: Heute haben wir den von der "offiziellen Kirche" selbst - aber sie ist es in Wahrheit nicht mehr! - protegierten und vollzogenen Abfall von Christus in Lehre und heiligem Dienst. Heute ist jene "offizielle Kirche" von Rom eine häretische oder gar apostatische Sekte geworden. Der katholisch gebliebene Rest der Kirche aber lebt im Verborgenen; die wahren Apostel: noch sind sie auf der Flucht; und Petrus, der doch irgendwo existiert, verrät seinen Herrn ein zweites Mal.
Angesichts dieser Agonie der heiligen Kirche hat jeder rechtgläubig gebliebene Christ die Pflicht, sich energisch zu fragen und aus dem Glauben nachzuforschen, welche Zeit es denn ist, in der er lebt, und auf welche Weise er sich in dieser düsteren und verwirrten Zeit zurechtfinden kann, um aller Finsternis zum Trotz treu zur Wahrheit Jesu Christi zu stehen und diese allein zu leben.
"Heil dem Mann, der in der Frevler Rat nicht geht und auf der Sünder Pfad nicht steht und in der Spötter Kreis nicht sitzt, der viel mehr am Gesetz des Herrn sein Gefallen hat und über seine Weisung sinnt bei Tag und Nacht! Er ist wie ein Baum, an Wasserbächen gepflanzt, der seine Frucht bringt zur rechten Zeit, dessen Laub nicht welkt" (Ps. 1,1-3)
Wer so verfährt, der wird bald seine ganze Aufmerksamkeit jenen apostolischen Schriften und jenen Lehren der Kirche zuwenden, die sich mit den letzten; Dingen, insbesondere mit der Endzeit, mit der Wiederkunft Christi beim Ende der Welt und mit dem Jüngsten Gericht befassen - und er wird sich in seiner inneren Einstellung auf ungewöhnliche Ereignisse vorbereiten nach dem Worte Christi: "Haltet euch bereit (...): denn der Menschensohn kommt zu einer Stunde, da ihr es nicht vermutet."
War dies nicht schon das Bewußtsein der frühen Christenheit, die fest zu ihrem Herrn stand und darin jederzeit der physischen Vernichtung ausgesetzt war? Für sie galt ja sehr konkret Tag für Tag der Satz: "Denn wir haben hier keine bleibende Stätte, sondern die zukünftige suchen wir." Zu allen Zeiten galt dieser Satz, aber von unserer Zeit wird er erneut in besonderem Maße sein Recht fordern: Haben wir doch als Christen die herrliche Aufgabe erhalten, Christus in unserem Leben und, wenn nötig, durch unseren Tod zu bezeugen! Und wurden doch von Gott Welt und Menschen geschaffen zu seinem Ruhme, daß sie von Seiner Herrlichkeit Zeugnis geben!
Wie kann nun - wenn Welt und Menschen Gottes Ruhm (wie es unsere Kirche war) heute nicht mehr sind - die Wahrheit nur fest ins Auge gefaßt! - die Zukunft von Welt und Menschen noch aussehen?
Die Zeichen sind gesetzt, sagte ich, und diese Zeichen sind vorausgesagt: "Vom Feigenbaum aber lernt das Gleichnis: Wenn seine Zweige schon saftig werden und Blätter treiben, so erkennt ihr daran, daß der Sommer nahe ist. So auch ihr: wenn ihr dies alles geschehen seht, so erkennet, daß er nahe vor der Türe steht."
Christus, der Herr, selbst hat uns Hinweise gegeben darauf, welche Schicksale in der Endzeit über die Menschen kommen werden, damit wir aus diesen Seinen Voraussagen die Zeichen der Zeit erkennen können, wenn es soweit ist.
Zwar gilt es, in aller Klarheit das Wort festzuhalten: "Jenen Tag aber und die Stunde kennt niemand, auch nicht die Engel des Himmels und auch nicht der Sohn, sondern nur der Vater." Aber wie die Zeit aussieht, die dem Ende der Welt unmittelbar vorausgeht, darüber haben Jesus Christus, wie auch aus Seinem Geiste heraus und nach Seinen Anweisungen die Apostel deutlich gelehrt. Und mit Bezug auf diese Lehre spricht der Herr: "Wenn ihr dies alles geschehen seht, so erkennet, daß er nahe vor der Türe steht." Und an einer anderen Stelle: "Wenn das eintritt, dann richtet euch auf und erhebt euer Haupt! Denn eure Erlösung ist nahe." (Fortsetzung folgt)
*) Léon Bloy: "Das Blut der Armen" 1909; der Anfang, zitiert nach dem deutschen Text in: Bloy: "Das Heil und die Armut", Heidelberg 1953, S. 169. |