Augustinus:
Das Weib der Apokalypse
[66] Wiederum aber lenken wir die Aufmerksamkeit Eurer Liebe darauf hin, daß unser Herr und Heiland Jesus Christus Haupt seines Leibes ist, er, der eine Mittler Gottes und der Menschen,.. der aus der Jungfrau Geborene, gleichsam in der Einsamkeit, wie wir in der Apokalypse hören. Durch die Einsamkeit scheint mir gesagt zu sein, daß er als Einziger so geboren wurde. Das Weib aber ist die alte Stadt Gottes, von der es im Psalme heißt: «Herrliches ist über dich gesagt, du Stadt Gottes» (Ps 86,2). Diese Stadt hatte ihren Ursprung bei Abel, wie die böse Stadt bei Kam. Alt also ist diese Stadt Gottes, immer die Erde ertragend, den Himmel erhoffend, und sie wird auch Jerusalem genannt und Sion. Und von einem, der in Sion geboren wird, vom Gründer Sions selbst, sagt ein Psalm: «Mutter Sion wird der Mensch sagen. » Welcher Mensch? «Und ein Mensch wurde in ihr geboren, und der gründete sie, der Allerhöchste» (Ps 86,35)... Derselbe Allerhöchste gründete sie als Stadt, der in ihr Mensch wurde. «Sie war mit der Sonne bekleidet und trug im Schoß ein Männliches, das sie gebären sollte.» Er, derselbe, gründet Sion und wird geboren in Sion, und jenes Weib, die Stadt Gottes, wurde von eben dessen Lichte beschützt, mit dessen Fleische sie schwanger ging. Mit Recht hatte sie auch den Mond unter ihren Füßen (Apok 12, 1-2), weil sie kraftvoll die Sterblichkeit des zu- und abnehmenden Fleisches mit Füßen trat. Er also, der Herr Jesus Christus, ist Haupt und Leib. Er wollte ja auch in uns reden, der für uns zu sterben sich würdigte, zu seinen Gliedern machte er uns... Haltet das fest, grabet es unverrückbar in euer Gedächtnis ein, als rechte Söhne kirchlicher Unterweisung und katholischen Glaubens: daß ihr in Christus Haupt und Leib erkennet und denselben Christus als Einziggeborenes Wort Gottes dem Vater gleich anerkennet; und daraus ersehet, in wie großer Gnade ihr Gott zugehört, daß er selbst mit euch eins sein wollte, der mit dem Vater eins ist. (Augustinus: "Das Antlitz der Kirche" übertr. von Hans Urs v. Balthasar) |