Die heilige Messe heute
Der erfolgreiche Schriftsteller und spätere Redakteur des Augsburger Bistumsblattes, mein Kursgenesse in den theologischen Semestern der Uni München schreibt in seinem sehr lesenswerten Buche über das hl. Meßopfer: "Was wäre die Menschheit, was wäre die Welt ohne das hl. Meßopfer!" (S. 29) Heute muß man nun fragen, welche Messe meinte Alphons M. Rathgeber, der Sprecher obigen Ausrufes! Rathgeber kannte die neue Messe noch nicht Er feierte jene Messe, die auf den ersten Papst, den hl. Petrus zurückgeht, der sie nach Rom brachte. "Mit ziemlicher Gewißheit und großer Übereinstimmung wird angenommen, daß Papst Gregor I. (590 - 604) die Formulierung unseres (des lateinischen) Kanontextes abgeschlessen habe." (Gihr. Das hl. Meßopfer, S. 515) Bei Beginn der Neuzeit erlebte die nun schon tausendjährige Messe eine geringe Beschneidung in unwesentlichen Zutaten durch das Konzil von Trient, in dessen Auftrag in solcher Gestalt sie Papst Pius V., offensichtlich im Geiste und in der Kraft der Unfehlbarkeit feierlich promulgierte. Für ewige Zeiten? Er hat es gehofft! Doch seit 1963 ist eine Liturgiereform im Gange, die vor allem der hl. Messe gilt. Die alte hl. Messe wurde grundles bis in die Wandlungsworte hinein umgestaltet, so daß viele glauben, in dieser neuen Messe sei von dem durch Jesus Christus der Kirche anvertrauten, unendlich wertvollem Heilsgut nichts mehr wirksam. Wie in der Zeit der sogenannten Reformation vor 400 Jahren reformiert man den bisherigen Glauben, das Ohr ängstlich "am Pulsschlag der Zeit haltend", anstatt an intensiverem Gebrauch der alten, überkommenen Kraftquellen und ewigen, unveränderlichen Wahrheiten entschlessen sich selbst zu reformieren. Wie brachte man diese äußerliche und leichte Reform an die Masse des Gottesvolkes heran? Durch 3 Irrtümer:
1. "Die Messe muß durchschaubarer gemacht werden." Dies war das die Reform einleitende Schlagwort. Doch ein Geheimnis - und ein solches kommt in der hl. Messe in seiner Unendlichkeit zur Vergegenwärtigung - kann nicht durchschaubarer gemacht werden, ohne ihm den Wesenscharakter zu rauben. Eine Religion aber, ohne Geheimnisse, ist keine Religion. Geheimnisse können nur durch Glauben und Liebe dem beschaulichen Herzen näher gebracht werden.
2. Ein anderes Schlagwort füllte von Anfang an, z. T. noch bis heute, den Blätterwald der Reformer: Bei Besuch der hl. Messe ist aktive Beteiligung unerläßlich, aber auch hinreichend. Darunter verstehen sie: Lautes Sprechen, Singen, Musizieren auf allen möglichen Instrumenten, selbst auch Tanzen. Was nicht darnach ist, wäre nach den Neuerern passive, d.i. nutzlese Teilnahme. Aus dem unendlichen Ernst des Opfergeschehens wurde eine brüderliche Mahlfeier und religiös verblümte Unterhaltung. Man fragt sich: Wer ist erster und aktivster Teilnehmer am hl. Meßgeschehen? Ohne Zweifel: Jesus Christus. Er ist Opferpriester und Opfer zugleich. Aus unendlicher Liebe zu Gott, dem Vater, und zur versündigten und verlorenen Menschheit bringt er sich als Opfer dar in der gültigen hl. Messe, der Erneuerung des Kreuzesopfers. Der 2. aktivste Teilnehmer aller Zeiten ist Maria, die Mutter des Gekreuzigten. Sie war unter dem Kreuze stehend (Joh. 19,25 f.) mit der Opferbereitschaft ihres Sohnes vorbehaltles einverstanden, auch unter unvorstellbaren Qualen ihres unbefleckten, von Mutterliebe übervollen Herzens. Nach dem Vorbild von Jesus und Maria ist somit unzweifelhaft sicher, daß nur der als aktiver Teilnehmer bei der hl. Messe gelten kann, der sich der Opfergesinnung dieser heiligsten Personen anschließt, unter Verzicht auf eigene sündhafte Willensmeigungen. Wenn man berichtet, Pius X. habe auf Befragen gesagt, man solle die Messe beten, so meinte er nichts anderes, als die ganze Messe in ihrem Opfergeschehen bewußt in sich aufzunehmen, wie er, der eucharistische Papst, ja selber nach dem Zeugnis seines Biographen Dal-Gal (S. 437) die hl. Messe mit tiefer Sammlung las.
3. Endlich, wiederum ein rein äußerliches Mittel, die weltweite Verdrängung der lateinischen Sprache und die Einführung der Volkssprache war der Hauptknüller, der der durchschaubaren, und lauten Messe zum Siege verhalf. Die Volkssprache ist jedoch für die Wirksamkeit des unendlichen Geheimnisses ein unüberwindliches Kindernis. Schon mehren sich die Stimmen selbst bei Anhängern der Messe in der Volkssprache, die nach mehr Meditation und Innerlichkeit rufen. Ein Geheimnis wird ja von jedem einzelnen nach Zeit und Stärke ganz verschieden erfaßt und im Herzen fruchtbar gemacht. Jesus unterbrach die 3 Stunden währende Qual am Kreuze nur mit sieben kurzen Worten, die sich aus der Untiefe seines leidenden Heraens rangen, und seine Mutter schwieg völlig. Desto mehr war ihr Herz vor Schmerz und Liebe erfüllt. Welches ist denn das Geheimnis der hl. Messe? Nichts anderes als das bis in den Tod betrübte Herz des Gottmenschen (Mk. 14,34), sein von tausend Schlägen zerschundener Leib, sein mit Dornen durchbohrtes, als Sitz der ewigen Weisheit dienendes Haupt, der auf Golgotha sich schleppende, am ganzen Körper blutende Kreuzträger, der mit rauhen Nägeln an Händen und FüBen ans Kreuz geschlagene und drei Stunden lang unter dem Spott der Feinde, unter den Augen des unendlich liebenden Vaters und des Heiligen Geistes bis zum qualvollsten Erstickungstod festgehaltene göttliche Erlöser. Da muß jede Sprache schweigen, damit das Herz in Liebe und Hingabe um so tätiger werde. Nur der im Namen Jesu handelnde Priester deutet in vielen Kniebeugungen und Kreuzzeichen das vom Herzen still erfaßte Geheimnis an, um es immer wieder neu aufleben zu lassen. Die in der ganzen katholischen Welt beim hl. Opfer gebrauchte lateinische Sprache, wie sie seit beinahe zweitausend Jahren verwendet wurde, ist unbedingt notwendig, um die Schicksalsgemeinschaft zum Ausdruck zu bringen, in die wir Menschen aller Rassen und Sprachen durch die Erbsünde und persönliche Verfehlung gelangt sind. In wahrer christlicher Verbundenheit sind wir verpflichtet einander zu helfen durch Zuwendung des Kreuzesopfers, erneuert bei der hl. Messe.
Der hl. Leoahard von Porto Maurizio, ein sehr erfolgreicher Volksprediger Italiens im 18. Jahrhundert, tat den Ausspruch: "Ich bin überzeugt, daß die Welt schon längst untergegangen wäre ohne die hl. Messe, weil sie die schwere Last so vieler Sünden nicht hätte tragen können". (Rathgeber, 1. c. S. 29). Es besteht kein Zweifel, daß die im angeführten Ausspruch angeführte Drohung in heutiger Zeit sich in katastrophale Ereignissen erfüllen wird, wenn wir nicht insgesamt in der katholischen Kirche zu der vom Heiligen Geist in mehr als tausend Jahren geprägten lateinischen Messe zurückkehren.
Noch diese Lesefrüchte aus allerletzter Zeit:
In Brasilien hat sich seit 8 Jahren der Klerus ziemlich der Welt angeglichen. Man feiert dert die Liturgie in der Landessprache (Der Fels 1974, S. 286). In Weißrußland tobt die Dämonie der Religionsfeinde wie in den ersten Jahren des Christentums. Dort aber scharen sich Priester und Volk, wo es möglich ist, um die lateinische Messe (Der Fels. 1. c. S. 279). - Hierin ist ein Urteil über den einmaligen Wert der lateinischen Messe unverkennbar.
Dr. theol. Carl Boedd
D-8330 Eggenfelden 1 Pfarrkirchener Straße 52 |