EHE, FAMILIE UNO ERZIEHUNG
10. Fortsetzung
von Dr. theol. Otto Katzer
Die Bekanntschaft
Die Bekanntschaft ist heute meistens ein Ergebnis des Sexualtriebes, der Leidenschaft, die blind ist, nicht aber der Liebe, die sieht: in dem Mädchen die künftige Mutter, in dem Jüngling den künftigen Vater. Ach wäre doch die Bekanntschaft eine Bekanntschaft mit der Würde des Menschen und seiner Lebensaufgabe! Die Wertabstufung ist uns leider aber, wie wir anderswo angeführt haben, meistens unbekannt. Die Leidenschaft sucht sich selbst, zuletzt im Bereich des s i n n l i c h e n , die Liebe in Gott den n ä c h s t e n !
Das Leben des Menschen läßt sich nicht mit gelehrten Formeln erschöpfend ausdrücken. Jeder Versuch um eine strikte Typologie muß zuletzt scheitern, denn ein jeder Mensch weist so viel an Eigenart auf, daß ein ihm gleiches Individuum nie vorher war, aber auch nie folgen wird. Es ist nicht möglich, einen individuellen, konkreten Menschen aufgrund seines Typus, oder seiner Art voll zu begreifen. Wie viel die Typologie auch zur Erkenntnis beiträgt, nie kann sie ein befriedigendes Resultat erbringen. Auch würde eino zu große Rücksicihtnahme auf die Typologie uns letztlich in einen geistlosen, mechanischen Materialismus führen.
Es ist weder möglich noch erlaubt, einen Menschen, als Beobachter, mit der Aufgabe zu betrauen, welche zwei Menschen zusammengehören und welche nicht! Dazu wäre eine erschöpfende Kenntnis dieser zwei Menschen nötig, könnte jemand nun aber eine solche erlangen, dann hatten wir keinen Menschen mehr vor uns, aber nur eine komplizierte Maschine. Das geheimnisvolle geistige und leibliche menschliche Wesen würde sich uns da als ein Apparat verschiedener Sekretionen und Reflexen vorstellen, wobei es natürlich nicht mehr möglich wäre, von einem freien Willen bei ihm zu sprechen.
Auf die Frage, warum der kensch so und so handelt und nicht anders, gibt es keine restlose Antwort, und kann es auch keine geben, nur die eine: weil er so wollte, weil er sich so entschieden hat. Seine Handlung kann nicht als das Ergebnis innerer und äußerer Kräfte betrachtet werden. Den freien Willen müssen wir als einen der drei Hauptpfeiler der menschlichen Natur betrachten, neben der Vernunft und dem "Herzen". Dem, der nicht bereit ist, diese Tatsachen anzunehmen, müssen wir raten, lieber eine Abhandlung über Viehzucht in die Hand zu nehmen, als die kestbare Zeit durch weiteres Lesen unserer Abhandlung zu verlieren. Diese Worte können so manchem als zu hart erscheinen, aber es läßt sich leider nicht milderer sagen. Entweder ist der Mensch ein Kind Gottes, oder aber ist er ein Tier!
Nie dürfen wir vergessen, daß er ein Bruder DESSEN ist, von dem der Prophet sagt: "Er wird geopfert, weil er selbst wollte!" (1) Es ist der freie Wille allein, der dem menschlichen Handeln seinen moralischen Wert verleiht. Selbst Gott verletzt den freien Willen des Menschen nicht, denn wenn Er es tun möchte, würde er den Menschen vernichten. Gott weiß natürlich, wie der Mensch handeln wird, da alle Zeiten in Gott sind. Gott sieht alles mit "einem Blicke", für ihn gibt es kein "früher" oder "später", weil für IHN die Zeit nicht von Bedeutung ist, sie ist in IHM, nicht ER in Ihr! Natürlich kann der Mensch diese Wahrheit nicht, wenn auch nur annähernd, begreifen; er müßte Gott werden. Es sei dazu noch bemerkt, daß der Mensch nicht so und so handeln m u ß , weil es Gott "schon" sieht, Gott aber sieht es, weil der Mensch für Gott schon so handelt. Gott ist die ewige Gegenwart: Infolgedessen kann selbst die hl. Kirche nicht konkret angeben, welche Personen geeignet sind, gute Eheleute zu werden, sie kann allein allgemeine Regeln feststellen, welche dem göttlichen, wie jauch natürlichen Gesetze, welches ja nur eine Deklaration des göttlichen Gesetzes ist, entspringen. Sie gibt also keine willkürlichen Vorschriften, welche eines Tages das Gegenteil von dem, was am vorherigen gefordert wurde, anordnen werde, wie wir soeben betont haben, entspringen die Anforderungen dem göttlichen und natürlichem Rechte, und da die Natur des Menschen, seine Art, sich nicht ändert, aber auch nicht ändern kann, können diese Anforderungen n i c h t geändert werden. Und wenn heute selbst dort, wo man es am allerwenigsten erwarten würde, bei vielen Vertretern der Kirche, die Wahrheit praktisch als Funktion des Menschen und seiner Bedürfnisse definiert wird, und zwar der materiellen, egoistischen Bedürfnisse, so folgt daraus keineswegs, daß dem in der Wirklichkeit so auch ist. Bevor wir uns unserer Aufgabe näher widmen werden, müssen wir aber die fundamentalsten Anforderungen der hl. Kirche beachten.
"Die Ehe ist die rechtmäßige Verbindung eines Mannes und einer Frau zur ungeteilten (und unteilbaren) Lebensgemeinschaft. Das Kirchenrecht gibt wichtige Darlegungen über das Wesen, den Zweck und die Eigenschaften der Ehe. Sie ist also ein Vertrag, dessen wesentlicher Inhalt von vornherein durch die Natur, durch den Zweck der Ehe unabänderlich festgesetzt ist; frei sind die Eheleute nur insoweit sie ihm mit freiem Willen zustimmen". (3)
Der Hauptzweck der Ehe ist die Erzeugung und Erziehung von Nachkommenschaft, der Sinn der Ehe liegt also in der Erhaltung und Fortpflanzung des Menschengeschlechtes, wobei die Ehe der einzige erlaubte Weg zu diesem Ziel ist. Die Zeugung der Nachkommenschaft außerhalb der Ehe ist immer und unter allen Umständen unerlaubt und sündhaft. Der Nebenzweck der Ehe "legt den Ehegatten die Pflicht auf, sich gegenseitig zu unterstützen und zu ergänzen und in leiblicher und geistiger Hinsicht zu fördern. Sodann dient die Ehe der rechtmäßigen Befriedigung des stärksten der Triebe, des Sexualtriebes. Selbstverständlich müssen die Eheleute den Nebenzweck stets dem Hauptzweck unterordnen". (4)
Bei Getauften ist die Ehe von Jesus Christus zum Sakrament erhoben (5). Das Kirchenrecht führt die wesentlichen Eigenschaften derEhe an: Einheit und Unauflösbarkeit (6). Die Rechte der Partner sind von allem Anfang an gleich (7) und die Ehe löst allein der Tod (8). Soll die Ehe eine Ehe sein, dann darf der eheliche Verkehr nicht ausgeschlessen werden, wenn unter Umständen auch auf ihn beiderseits verzichtet werden kann (sögenannte Jesephs-Ehe), Die Ehe ist selbst dann gültig, wenn keine Hoffnung auf eine Nachkommenschaft besteht, den Fall der Impotenz ausgenommen, worüber später gesprochen wird.
Es gibt aber Kindernisse göttlichen und kirchlichen Rechts, wie etwa im ersten Falle, die Impotenz, im zweiten die geistige Verwandschaft. In diesem Zusammenhange ist es nicht unsere Aufgabe, eine erschöpfende Behandlung der Kindernisse dem Leser zu bieten, wir müssen bloß auf das wesentliche aufmerksam machen. Die Kindernisse werden in aufschiebende und trennende eingeteilt. Die ersteren machen die Ehe u n e r l a u b t . Wenn sie aber trotzdem geschlessen wird, ist sie gültig. Die andern machen aber die Ehe u n g ü l t i g , das heißt, selbst wenn die Zeremonie entsprechend verläuft, kommt es zu k e i n e r Ehe.
Es gibt fünf aufschiebende Hindernisses
1. Das einfache Gelübde der Jungfräulichkeit, der vollkommenen Keuschheit, nicht zu heiraten, die höheren Weihen zu empfangen oder in eine religiöse Genessenschaft einzutreten (9). Natürlich müssen wir gut beachten, daß ein bloßes Vorhaben, eine gute Absicht nicht dazu genügt; es muß sich um ein wirkliches, im Gewissen bindendes Versprechen handeln, also nicht ein "Ich möchte gerne..." Das Gelübde der Jungfräulichkeit hört aber in dem Augenblicke auf, ein Kindernis zu sein, wenn die Jungfräulichkeit physisch verloren gegangen ist. Das Gelübde der vollkommenen Keuschheit schließt alles, unerlaubtes, wie erlaubtes, was die sexuelle Lust fördert, aus, und muß selbst in der Ehe eingehalten werden (die aber allein mit einer Dispens geschlessen werden darf), soweit sie mit ihren Verpflichtungen in Einklang zu bringen ist. Das heißt: der Partner, der dieses Gelübde abgelegt hat, darf den ehelichen Verkehr nicht fordern, muß ihn aber leisten, wenn dieser von ihm gefordert wird.
2. Die gesetzliche Verwandschaft (Adoption). Dort wo das Zivilrecht in einem solchen Falle die Heirat unerlaubt macht, ist sie es auch nach dem kanonischen Recht (1O).
3. Das Hindernis der gemischten Religion. "Die Kirche verbietet überall strengstens die Eingehung der Ehe zwischen zwei getauften Personen, von denen die eine katholisch ist, die andere aber einer häretischen oder schismatischen Sekte angehört. Wenn dabei die Gefahr des Abfalls des katholischen Gatten und der Nachkommenschaft besteht, ist die Ehe auch durch das göttliche Gesetz selbst untersagt" (11). Papst Leo XIII. macht drauf aufmerksam, daß dieses Verbot durch die große Gefahr begründet ist, welcher der katholische Partner ausgesetzt ist, etwa an akatholischen Gottesdiensten teilzunehmen, was ihm verboten ist, (aufgrund göttlichen Gesetzes; O.K.) wie ja auch die ganze Erziehung gefährdet ist, wo es leicht zu Kompromissen kommen könnte, welche ebenfalls verboten sind." (12)
4. Die Apostasie, der Abfall vom Glauben, wozu auch die Mitgliedschaft bei einem kirchenfeindlichen Verein zu rechnen ist (13).
5. Kirchliche Strafe (14).
Die trennenden Kindernisse, welche auch bei vollbrachten Zeremonien die Ehe ungültig machen, sind":
1. Das Alter. Ein Mann kann eine Ehe nicht vor dem Vollendeten sechzehnten Lebensjahre eingehen, ein Mädchen nicht vor dem vierzehnten (15).
2. Die Impotenz, Vielehe darin besteht, daß der eheliche Akt naturgemäß nicht ausübbar ist. Die Impotenz ist von der Sterilität zu unterscheiden, welche eine Unfruchtbarkeit bedeutet, bei sonst normalem Akt. Die Sterilität trennt weder die Ehe noch verbietet sie dieselbe (16).
3. Das bestehendeEheband. Jede wirklich geschlessene Ehe, unter Katholiken wie auch unter Nichtkatholiken, bildet ein trennendes Hindernis solange dieses Band nicht gelöst ist, sei es durch den Tod des einen Ehegatten, sei es durch die Dispensation des Heiligen Stuhles bei einer noch nicht durch den ehelichen Verkehr vollbrachten Ehe, oder durch ein feierliches Gelübde, oder zufolge des privilggium Paulinum (17).
4. Die Reiigionsverscheidenheit. Die Konfessionsverschiedenheit macht die Ehe nur unerlaubt, die Religionsverschiedenheit dagegen u n g ü l t i g . Diese tritt ein, wenn eine in der katholischen Kirche getaufte Person (die Taufe mußte auf katholische Weise gespendet worden sein) eine nicht-getaufte Person heiraten will. Daß von diesen Kindernis ob der überaus großen Gefahr für den Glauben nur äußerst selten dispensiert wird, ist ersichtlich.
5. Höhere Weihen. Kleriker vom Subdiakonat aufwärts können keine gültige Ehe schließen (18).
6. Feierliche Gelübde. (19).
7. Entführung. Wenn die Braut gewaltsam festgehalten wird, um die Ehe zu erzwingen (20).
8. Das Kindernis des Verbrechens, welches beim qualifizierten Ehebruch eintritt, wenn die Ehebrecher sich gegenseitig das Versprechen zur Heirat gegeben haben usw. (21, wo weitere Fälle angegeben werden).
9. Die Blutsverwandschaft, in der geraden Linie nach göttlichem Rechte bei allen Verwandschaftsgraden, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad einschließlich. Auch die Verwandschaft unter Geschwistern behandelt die Kirche als ein Kindernis göttlichen Rechts; es ist undispensierbar.
10. Die Schwägerschaft, entsteht aus jeder gültigen Ehe, kraft kirchlichen Rechts zwischen Mann und den Blutsverwandten der Frau, sowie zwischen der Frau und den Blutsverwandten des Mannes.
Ein trennendes Kindernis bildet die Schwägerschaft:
a) in der geraden Linie bei allen Graden, b) in der Seitenlinie bis zum zweiten Grad einschließlich (22).
11. Die öffentliche Ehrbarkeit, welche Kindernis besteht;
a) aus jeder ungültigen Ehe, auch aus der scheinbaren Ehe; b) aus dem öffentlichen oder notorischen Konkubinat; auch die bloße Zivilehe bildet dieses Kindernis; c) in beiden Fällen ist das Kindernis nur im ersten und zweiten Grade der geraden Linie zwischen dem Mann und den Blutsverwandten der Frau und umgekehrt vorhanden (23).
12. Die geistliche Verwandschaft bildet ein trennendes Ehehindernie nur zwischen dem Täufling einerseits, und dem Taufenden und Paten andererseits (24).
Durch die Kindernisse will die Kirche die Ehe in gewissen Fällen nicht gerade unmöglich machen, sie drückt auf diese Weise nur ihre ernste Besorgnis aus, was das Gedeihen der Eheleute und Kinder anbelangt usw. wie im natürlichen so im übernatürlichen Bereiche. Es gibt sowieso genügend Schwierigkeiten im gewöhnlichen Leben, wozu da noch außerordentliche herbeirufen! Die heilige Kirche ist eine gute Mutter, die um das Wohlsein ihrer Kinder auf das äußerste besorgt ist, und will uns viel, oft unnützes Leid, ersparen. Später werden wir noch auf manches zurückkommen müssen.
Wenn schon das Leben eines Einzelmenschen, eines ledigen Mannes, einer ledigen Frau, ein Kunstwerk ist, ein Ideal, welches nur ein Heiliger vollauf leben kann, und dies noch mit einer außerordentlichen Hilfe von Gottes Gnaden, umso schwerer wird das Zusammenleben eines Mannes mit einer Frau in einer so engen Gemeinschaft, wie die Ehe es ist, sein. Deshalb hat auch der Heiland die Ehe zu einem Sakrament erhoben und sie mit besonderen Gnaden ausgestattet, die es den Eheleuten ermöglichen an das Ideal näher heranzukommen.
Wie wir schon sagten, ist die Ehe dazu da, um zwei Menschen, einem Mann und einer Frau, es zu ermöglichen an die Schaffung eines neuen Lebens heranzutreten, an die des Kindes. Diese Aufgabe ist so hehr und erhaben, daß sie MANN und FRAU sein müssen, nicht einfach ein männliches und weibliches Tier! Das mag etwas derb klingen, aber das Leben zeigt solcher Derbheiten mehr als es uns angenehm ist. Es zwingt uns, mehr als es Brauch ist, der ethischen und ästhetischen Seite Aufmerksamkeit zu widmen. Leider ist es in Reihen von gewissen Wissenschaftlern zur Gewohnheit geworden, den Menschen nur als ein höheres Tier einzuschätzen. Uenn nun der Mensch nur ein etwas besseres Tier ist, warum sollte man sich da daran stoßen, wenn von Männchen und Weibchen gesprochen wird? Umso mehr ist es notwendig, den Menschen darauf aufmerksam zu machen, was das heißt, ein neues Menschenleben zu schaffen und zu erziehen, d.i. das neue Geschöpf zur Freiheit des Geistes zu führen. Wie kann aber eine solche Aufgabe von einem Vater, einer Mutter erfüllt werden, die selbst Sklaven ihres Körpers, der Welt und des Teufels sind? Nur der ist wirklich frei, der mit Gott in Verbindung steht. In wie weit nun die Verheirateten nicht in Verbindung mit Gott sind, sind sie nicht frei und können deshalb auch nicht als Mann und Frau im vollen Sinne betrachtet werden. Leider sehnen sich sehr viele Menschen überhaupt nicht nach einer geistigen Freiheit, weil sie nicht wissen, was sie damit anfangen könnten. Sie finden es viel angenehmer in der Sklaverei ihrer Instinkte zu verbleiben, und so verzichten sie ruhig auf ihre Freiheit, nur wenn sie ein womöglich ungestörtes Sinnenleben, meistens, sinnliches, führen können.
Was sollten sie auch mit der Freiheit anfangen? Frei zu sein heißt korrekt denken, aber vom Denken bekommt man Kopfweh. Frei zu sein heißt Mitgefühl mit anderen zu haben, Mitleid ist aber etwas, was dem modernen Übermenschen nicht paßt! Zuletzt heißt frei zu sein, nach Gottes Gesetz zu leben, eine für die meisten unbegreifliche Sache. "Doch das Himmelreich leidet Gewalt, und die Gewalt brauchen, reißen es an sich". (25). Wenn die Liebe es wirklich ist, welche die jungen Leute zusammenführt, dann müssen sie von allem Anfang klar sehen: am Vorabend der Trauung ist es zu spät!
Wie sie zusammen kommen.
Es kann auf zweierlei Weisen zustande kommen. In manchen Fällen leben der Jüngling und das Mädchen schon von der Kindheit zusammen, vielleicht im selben Hause, oder demselben Dorf, Stadtviertel, und kommen beim Spiel zusammen. Sie gewöhnen sich einander und fühlen sich einsam, wenn sie sich eine längere Zeit nicht sehen. So geht die Kameradschaft in Liebe über, in gegenseitige Abhängigkeit und Sympathie. Das alles kann sehr idyllisch und zart verlaufen, und braucht für ein mögliches späteres Heiraten gar nicht in Betracht kommen. Leider kann da sogar eine Gefahr verborgen sein, nämlich daß sie weiter gehen werden, als es moralisch zulässig ist. Das alles hängt aber vom Charakter ab, wie auch von der Umgebung, in der sie leben.
Eine treue Kameradschaft kann sehr leicht bei einem Jungen und Mädchen entstehen, wenn sie zusammen zur Schule gehen, vielleicht sogar dieselbe Klasse besuchen, gleiche Interessen haben, wie sie sehr oft bei Schülern desselben Schultypus zu finden sind. Wie viele Gelegenheiten zusammenzukommen gibt es da während des Tages! Wie schön bei solchen, welche durch das Gebet, die Sakramente, das Tugendleben, welche von einem Sinn für die Scnönheit geführt wird, von der Gnade Gottes genährt sind. Der Akkord des Guten, Wahren und Schönen bringt sie schneller und näher an das Ideal heran, welches Gott vom Menschen hat. Wir haben schon die Gelegenheit gehabt zu zeigen können, daß die "Traumwelt" der Jugendlichen nicht so unwirklich ist, wie sie es zu sein scheint, wohl aber daß im Gegenteil unsere sogenannte "wirkliche" Welt, oft nicht Eigenschaften der Wirklichkeit aufweist, da sie dem Guten, Wahren und Schönen nicht entspricht. Wie viel an Gutem, Wahren und Schönen weist unsere Wirklichkeit auf?
In solchen Fällen bleibt die Sexualität meistens beiseite. Es gibt viele andere Sachen, die sich die jungen Leute beim Aufbau der Persönlichkeit gegenseitig schenken können. Was alles bedeutete Beatrice für Dante. Wie viel Aufmunterung und moralische Kraft kann einem solchen Verhältnis entspringen! Es ist vollauf verfehlt, solche Freundschaften zu verbieten, wenn es leider auch vorkommt, daß manche himmlisch beginnen und in der Hölle enden. Dort, wo der Knabe und das Mädchen keine "Belehrung" durch schlechtes Beispiel und Literatur bekommen hat, verlaufen die gegenseitigen Beziehungen getragen von einer heiligen Scheu vor der anderen Person. Es gleicht der Morgenstimmung in welcher die Knespen der zarten Blüten sich öffnen. Das Leben, so wie es Gott will, birgt in sich mehr als wir uns vorstellen können. Gott "vermag in uns weit mehr zu tun, als wie erbitten und ersinnen" (26). Wenn nun manchmal leider auch das Leben einer Brandstätte gleicht, so ist das unsere Schuld, daß das erhabene Ebenbild Gottes zur Asche wird. Keinesfalls ist es evident, daß es nicht anders sein kann, und das alle unsere Ideale auf diese Weise enden müssen. Mögen wir es doch begreifen und uns überzeugen, daß die Idylle unserer Kindheit ein Lebenslied erklingen läßt, von einer solchen Schönheit, daß wir von ihm die Worte Beethovens, mit welchen er seine neunte Symphonie endet, gebrauchen können: Freude und Dank, Dank und Freude, für eine so noble Gabe, trotz aller Schwierigkeiten, oder gerade wegen ihnen.
"Zufalls"-Bekanntschaften können bei den verschiedensten Gelegenheiten zustande kommen: in der Kirche, im Theater, beim Konzert oder Tanz usw., viele von solchen können nun zu einem dauernden Zusammenleben in der Ehe führen. Gottes Wege sind unerforschlich, aber auch der Teufel schläft nicht! Und so kann es durch Zulassung Gottes manchmal geschehen, daß durch eigene Schuld Menschen zusammen kommen, die überhaupt nicht zueinander passen. Der Teufel konstruiert nur die verfängliche Lage, die Niederlage kann aber nur vom Menschen allein verursacht sein. Die Bekanntschaft kann mit Hinblick auf die kommende Hochzeit beginnen, aber auch nur als ein gesellschaftlicher Akt betrachtet werden, wobei das Heiraten nicht ausgeschlessen wird. Bekanntschaften aus der Kindheit, der Schule, einem Verein, schaffen nur eine größere Möglichkeit einer späteren Ehe, nichts mehr. Die Ursachen, welche zu einer sogenannten ernsten Bekanntschaft führen, können wieder ganz verschiedene sein. Sie können der Vernunft entspringen, d.i. der Berechnung, oder aber der nicht selten einer als Leidenschaft sich äußernden "Liebe". In beiden Fällen entspringt die Bekanntschaft jedoch der Eigenliebe, welche früher oder später nichts als bittere Früchte tragen kann, wenn die Einstellung sich nicht ändert. Eine erfolgreiche Bekanntschaft kann nur aus einer wahren Liebe erwachsen, welche nicht auf das eigene Wohlsein eingestellt ist, sondern das Wohlsein der anderen im Sinne führt, des Mannes, der Frau, der Kinder, und all derer, die das gemeinsame Leben mit ihr teilen sollen. Sie muß einer Liebe, die sieht, entspringen, nicht einer Leidenschaft oder Berechnung, die blind ist. Alles muß im Lichte der Liebe Gottes heranwachsen, ohne welcher im Leben eines Christen nichts geschehen soll.
Die erste Frage, die sich junge Leute in solchen Verhältnissen stellen sollten ist: "Kann ich mit dieser Person das werden, was ich werden soll? Kann sie es mit mir? - das ist, ein idealer Vater, eine ideale Mutter? Können wir zusammen jenen Vorplichtungen nachkommen, welche die Ehe an uns stellt? Die Geburt von Kindern, ihre Erziehung, die gegenseitige geistige und körperliche Hilfe, ein diszipliniertes sexuelles Leben? Das alles sind Fragen, welche nicht so leicht zu beantworten sind. Viele können die besten Kameraden von Kindheit an sein, für das Eheleben taugen sie aber nicht, denn das Eheleben fordert mehr als die_Kameradschaft.o So können wir die besten Freunde sein, damit ist aber noch gar nicht gesagt, daß wir die besten Eheleute sein würden; sehr leicht kann ein Grund vorhanden sein, weshalb wir von einer Ehe ablassen müßten.
Die zweite Frage: "Wie verhält es sich mit unserer Gesamtlage? Ermöglicht sie ein erfolgreiches Familienleben?" Muß es da nicht zuerst zu manchen tiefgreifenden Korrekturen kommen? Diese Frage darf nicht übergangen werden, da es leicht zu einem unverbesserlichen Übel kommen könnte. Es ist absolut notwendig, die eigene Erziehung zu bedenken, wie auch die des Partners? Besteht da die Hoffnung, daß wir uns werden gegenseitig ergänzen können? - Ist die gegenseitige Hilfe gewährleistet, ohne welche ein geordnetes glückliches Zusammenleben überhaupt nicht denkbar ist? In den Lebensschwierigkeiten, die sicher eintreffen werden, müssen wir uns gegenseitig unterstützen! Sind wir es instande? Und wie verhält es sich mit dem geistigen Leben? Sehr leicht könnte es sich nach der Liebestrunkenheit zeigen, daß wir in zwei verschiedenen Welten leben, welche nicht vereint werden können; dann aber ist es zu spät, und Kummer schleicht in unser Leben ein. Zu wie vielen Kollisionen kommt es selbet in den besten Ehen, wenn bisher unbekannte Seiten unseres Charakters sich zeigen, Eigenschaften, von denen wir nie angenommen hätten, daß wir sie in der Tiefe der Seele bergen! Sagt doch schon Herakleites: "Die Grenzen der Seele kannst du nicht finden, selbst wenn du es nach allen Seiten hin versuchen würdest; so tief ist ihr Grund!" In vielen Dingen können wir uns nie verstehen!
Es kann Ehepartner geben, die einander in fast allem die ganze Ehe hindurch verstehen und die überzeugt sind, daß niemand anderer für ihre Ehe in Betracht käme. Ein solch hohes Ziel setzt sich zwar die Ehe nicht, aber ohne ein hohes haß von Liebe ist das gemeinsame Leben undenkbar. Ist ein so vollkommener Grad erreicht, umso besser! Vor der Ehe sagen sich die Verlobten gewöhnlich: "Er oder sie, und niemand anderer!" - Das hindert sie aber keineswegs daran, bald darauf eine andere Bekanntschaft oder sogar Bekanntschaften zu haben, kurz nach der Trauung. Natürlich sind diese sündhaft:
Ein allzu großes Interesse für die bio-physiologischen Qualitäten des Partners würde ein Zeichen eines mechanistischen Materialismus sein. Wir vergessen sehr leicht, daß der Mensch ein Kind Gottes ist, des Schöpfers des Himmels und der Erde, und sich schöpferisch erweisen muß, wobei er nie vergessen darf, daß das Ergebnis nicht allein das Resultat seiner Qualitäten ist, aber auch Segen Gottes.
Bevor die jungen Leute an die Heirat zu denken beginnen, ist es allererst notwendig, das religiöse Leben zu betrachten. Es ist ein verhängnisvolles Mißverständnis unserer Zeit, wenn Katholiken sich mit dem Taufschein allein schon begnügen. Das geistige Leben wird nur als ein Überbau betrachtet, der nicht von einer solchen Bedeutung ist, daß man ihn als Angelegenheit ersten Ranges betrachten müßte und von höchster Bedeutung. Solche Menschen haben nie ein religiöses Leben geführt und haben vergessen, daß Gott allein die Quelle von all dem ist, was existiert, wie auch von jeglicher Ordnung, und daß sie nur ein ernstes Bemühen um ein ideales Leben näher zu Gott bringen kann. Sie stürzen sich in das Chaes in dem Augenblicke, in welchem sie sich von Gott abwenden. Es ist wohl nicht notwendig zu betonen, daß ein bloßer Formalismus wertles ist, und daß sie sich imit bloßem "in die Kirche gehen" nicht begnügen dürfen, mit einer eifrigen Teilnahme an Wallfahrten, oder Mitgliedschaft in verschiedenen religiösen Vereinen, wenn sie nicht im Geiste Christi leben: "Der Buchstabe tötet", mahnt der hl. Paulus (27), wie auch der Heiland selbst: "Nicht jeder, der zu mir sagt Herr, Herr! wird in das Himmelreich eingehen, sondern wer den Willen meines Vaters tut, der im Himmel ist!" (28). Frömmigkeit muß den ganzen Tag durchdringen, von früh bis abends. "Mögt ihr also essen oder trinken oder sonst etwas tun, so tut alles zur Ehre Gottes". (29), und der hl. Augustinus sagt in seiner Erklärung zum I46. Psalm: "Dein Leben möge ein steter Gesang sein, so daß du nie schweigest. Wenn du Gott aber preisest, tue nicht allein mit dem Herzen, nehme dazu den Psalter deiner guten Werke. Du preisest, wenn du deiner dich zu Bette legst, du preisest, wenn du schläfst; und wann ist es, daß du Gott nicht preisest?" Der hl. Thomas Aqu. bemerkt in seinem Kommentar zur Epistel an die Römer: "Der Mensch betet, soweit er sein Leben auf Gott hinordnet".
Diese Umwandlung des ganzen Lebens in ein Gebet ist leider in den einst christlichen Familien nur noch selten zu finden. Soll aber Glück und Freude wieder in das Familienleben einziehen, dann muß die wahre Frömmigkeit wieder herrschen.
Es ist unmöglich, das Ideal eines Mannes, einer Frau, eines Vaters oder einer Mutter mit eigener Kraft zu erreichen. Wir müssen um die dazu notwendige Gnade bitten, und mit ihr auch mitwirken, so daß wir mit dem hl. Paulus sagen können; "Durch die Gnade Gottes bin ich, was ich bin, und seine Gnade, die mir zuteil geworden, ist nicht unwirksam geblieben" (30). Die absolute Notwendigkeit des gemeinsamen religiösen Lebens, welches systematisch praktiziert werden muß, und seine Quelle im Allerheiligsten Altarsakrament haben muß, gibt den Grund an, warum die hl. Kirche Mischehen nicht liebt!Besser ist es, von einer solchen Bekanntschaft abzulassen. Es ist schwer zu glauben, daß sich nicht zwei Katholiken finden könnten, die fähig und willig sind, ihren erhabenen Verpflichtungen nachzukommen.
Das Verlöbnis
Nach dem, was wir uns bereits gesagt haben, ist es leicht zu sehen, wie viele Dinge berücksichtigt werden müssen, bevor es zum letzten Schritt kommt, zu einer Bindung, die allein der Tod nur noch lösen kann. Wir müssen sagen, daß die Auflösung der Ehe, wie sie das zivile Gesetz im Widerspruch gegen das Gesetz Gottes ermöglicht hat,sehr viel dazu beiträgt, daß die Ehe nicht mehr so ernst genommen wird, wie es sein sollte. Daß diese falsche Einstellung unheilvolle Folgen haben kann, wird wohl nicht notwendig sein, eigens zu betonen. Allein schon der Gedanke? "Wenn es nicht gehen wird, können wir uns ja ruhig scheiden lassen" - gefährdet den bei der Ehe zu leistenden Ehekonsens und greift hiemit den wesentlichen Teil der Ehe, ihre Unauflöslichkeit an. In einem solchen Falle ist die Ehe nicht nur vernichtet, was ihren gesetzlichen Wert anbelangt, sondern wird zu einem geschäftlichen Vertrag herabgesetzt, welcher jeden Augenblick widerrufen werden kann. Auf diese Art ist aber die ganze feste Struktur der Familie, als Grundzelle der Gesellschaft, zerstört, und der Gesellschaft, die für ihr Wohlergehen notwendige Grundlage genommen. Die geregelte, erfolgreiche Erziehung der Kinder wird so auf das äußerste erschwert. Ihre Vollkommenheit ist ohne das ungestörte Zusammenleben der Ehepartner undenkbar! Um Falle des Ablebens eines der Eheleute, sind die Bedingungen wesentlich andere: Im selben Maße, wie das Verlöbnis außer Gebrauch gestellt wird, können wir "Experiment-Ehen" auffinden, welche sich, natürlich, in erster Reihe auf das sexuelle Leben beziehen. Es wird nicht notwendig sein zu botonen, daß dieser "Brauch" gefährlich, unmoralisch ist, und die Ehe auf die Ebene eines möglichst glatten sexuellen Verhältnisses erniedrigt. Daß es untor Umständen auch bessere Gründe geben kann, ändert an der Tatsache rein nichts. Das Verlöbnis soll den Beweis erbringen, daß ein geordnetes eheliches Zusammenleben im gegebenen Falle möglich ist, und das auch mit Rücksicht auf die sexuelle Seite. Da es zu dieser Zeit zu größeren Intimitäten kommen wird, ist eine absolute Selbstbeherrschung notwendig, wie sie es sehr häufig im ehelichen Leben erforderlich sein wird.
Das Verlöbnis ist ein ernst genommenes gegenseitiges Vorsprechen zu gegebener Zeit, mindestens im Laufe eines Jahres zu heiraten. Die Vorlobten müssen ein jedes Verhältnis mit anderen meiden, welches eine Heirat in Aussicht stellen würde. Solch eine Selbstprüfung hat einen großen Vorteil, da es im Eheleben an solchen Versuchungen nicht gerade mangelt, und das Fortdauern der Ehe nicht selten gefährdet. So kann man sich diesbezüglich mit Erfolg üben. In dieser Zeit können auch die Verlobton besser ihren Charakter kennen lernen und zwar nicht allein seine guten, sondern noch mehr die schlechten Seiten. Gerade die größere Intimität gestattet diese so notwendige Erkenntnis.
Die mit dem Verlöbnis verbindchen Bräuche unterscheiden sich zwar von Land zu Land, meistens wird es bei einer Feier durch das Überreichen eines Ringes eingeleitet. Soll dieser Akt jedoch dem Kirchenrechte entsprechend verlaufen, dann ist es notwendig, die Vorschriften des kanonischen Rechtes zu beachten. Der Vertrag muß in der Gegenwart des Paares geschrieben werden, von ihnen unterschrieben werden, wie auch vom Bischof oder Pfarrer des Ortes, oder wenigstens von zwei Zeugen. Zeugen sind nicht notwendig dort, wo der Vertrag vom Ortspfarror oder dem Bischof der Diozese unterschrieben wird. Als Zeugen können alle Personen genommen worden, welche fähig sind, einen Kontrakt zu unterzeichnen. Geschlecht oder Religionsbekenntnis der Zeugen ist nicht entscheidend. Die Urkunde muß Ort und Datum tragen. Wenn das Verlöbnis ohne don Ortspfarrer geschlessen wurde, so muß dieser davon verständigt worden, damit er es in das Buch der Verlobten eintrage.
Es ist unwahrscheinlich, daß die Pflicht, die Ehe wirklich zu schießen, nicht unter einer Todsünde steht, selbst wenn die Ursachen des Scheiterns geringfügig sind. Da ein solcher Vertrag zu Gunsten der Ehe im allgemeinen ist, damit die jungen Leute sich besser kennenlernen, und so aufgrund solcher Kenntnis für die Zukunft unglückliche Bindungen ausgeschlossen werden, zwingt die heilige Kirche die jungen Leute nicht einen Schritt zu machen, den sie später bitter bereuen könnten. Immer wird es besser sein, von einer Bindung abzulassen, aus der nur Böses hervorgehen würde. Der Vertrag kann bei gegenseitiger Zustimmung gelöst werden, oder wenn es nach dem Vertragsschluß zu einer wesentlichen Änderung gekommen war, wie auch wenn Umstände eingetreten sind, die ein geordnetes Eheleben unmöglich machen. Zu solchen können wir die Ehehindernisse rechnen, den Entschluß ein höheres Leben zu führen, etwa im Kloster, Priester zu werden, das Gelübde der vollkommenen Keuschheit oder der Entschluß ein zölibatäres Leben zu führen. Selbstverständlich bindet der Vertrag nicht mehr dann, wenn die Ehe immer wieder hinausgeschoben wird, wenn es zu einem unerlaubten Verhältnis mit einer anderen Person gekommen ist, eine ernste ansteckende Krankheit einen von den Partnern getroffen hat, welche den anderen, wie auch die Vollkommenheit der Ehe selbst, gefährden könnte. Dem Kirchenrechte entsprechend werden als Grund zur Auflösung des Vertrages betrachtet; der Glaubensabfall, Trunkenheit, Raub, Mord, Verlust der öffentlichen Ehrbarkeit, des gebührenden Lebensstandards, größerer Eigentumsverlust, kurz alles, was irgendwie das Eheleben beeinträchtigen könnte. Da es Aufgabe des Verlöbnisses ist, alle Hindernisse zu offenbaren, wie auch alle möglichen Schwierigkeiten, ist es Gewissenspflicht der Partner, den andren mit all dem bekannt zu machen, was sich später als ein großes Hindernis erweisen würde, etwa eine ansteckende Krankheit, uneheliches Kind usw. Sachen, welche keinen so großen Schaden anstiften könnten, nur die Ehe weniger erwünschlich machen würden, wie Armut, Mißerfolg im Berufe oder in gesellschaftlichen Leben, brauchen gerechtigkeitshalber nicht geoffenbart werden, wohl aber aus Liebe dort, wo die Gefahr besteht, daß die Ehe sich später unglücklich gestalten könnte. Wenn sich während der Vertragszeit die Möglichkeit einer besseren Ehe bietet, dann ist es erlaubt, das Verlöbnis zu lösen. Auf das Einhalten des Vertrages dort zu drängen, wo die Liebe vorletzt wurde, ist nicht zu raten, da geringe Aussichten bestehen, daß dert eine Besserung eintreten könnte, wo die Selbstliebe zu herrschen beginnt. Unter solchen Voraussetzungen zu heiraten heißt sich eine Hölle schaffen. Wenn einer der Partner weit verreist ist, besteht für den anderen keine Pflicht, in Unsicherheit auf ihn bis zum festgesetzten Termin zu warten. Kam es verschuldeterweise zu einem großen Schaden, so ist es Gewissenspflicht, Schadenersatz zu leisten. (...)
Die Hochzeit
"Die Ehe sei bei allen ehrbar und das Ehebett unbefleckt; denn Unzüchtige und Ehebrecher wird Gott richten" (Heb. 13,4).
In östlichen Ländern sagt man, daß die Braut neunmal verrückt wird, bevor die Hochzeit vorüber ist. Ich weiß nicht warum man das nur von der Braut sagt, da der Bräutigam genau so viel Ursache dazu hat. Vielleicht ist es deshalb, weil sein Gefühlsleben den Charakter des Mannes entsprechend weniger lebhaft ist, oder ob seiner angeborenen Saumseligkeit, wenn nicht ausgesprochen Nachlässigkeit, was das gesellschaftliche Leben anbelangt. Eine Sache ist sicher. Im Hause geht es zu dieser Zeit sehr lebhaft zu. Was muß da alles berücksichtigt werden. Eine der wichtigsten Sachen ist die Schneiderin, von der so viel abhängt: Die Braut wird ja im Mittelpunkt der Aufmerksamheit sein, nicht nur bei ihrem Bräutigam, dem sie heute mehr denn je gefallen will, aber aller Anwesenden, der ganzen Gruppe von Verwandten, die oft weither sind, und wie dem nicht anders sein kann, vieler Zuschauer.
Die Vorbereitung des Festmahles ist zweiter Grund der Unruhe. Wie viele Sachen sind da nicht sofort bei der Hand, gerade wenn man sie am meisten benötigt; kein Wunder, wenn in der Familie Aufregung herrscht und man so manche Nacht vor der Trauung nicht mehr ordentlich geschlafen hat. Pfarrer, Organist und Kirchendiener, zuletzt noch schnell zur Beichte - meistens weil es eben so Brauch ist und für die Brautleute Pflicht... und weil es eigentlich nicht mehr kostet, als einige Vorbereitungen, gestohlene Augenblicke. Vor dem Tabernakel in der Kirche brennt das ewige Licht. Es erinnert uns an die Gegenwart Dessen, der in der kleinen Hostie verborgen ist, und von sich sagt: "Ich bin das Licht der Welt."
Es ist Zeit für die Brautleute ein wenig nachzudenken. Wie viele Fragen haben sie sich gestellt, was diese oder jene Person zu ihrer Ehe sagen wird! Eine weit wichtigere wartet aber noch auf sie: "Was wird ER dazu sagen?!" Ja, mein Heiland, was sagst Du dazu? Du schweigst? Nur die Flamme des ewigen Lichtes leuchtet durch die Dämmerung und dringt tiefer in den Raum hinein. Die Strahlen erinnern an die Schwerter der Engel, die mit Satan und seinen Dienern kämpfen, stechen in die Dunkelheit, als wollten sie jemanden verjagen, der hier nichts zu suchen hat. Und wirklich, er ist hier, er der selbst Christus nachgelaufen war, um Ihn zu vorsuchen. Er schleicht um den Beichtstuhl herum, wie auch um den Altar, und streut überall den Flitter menschlichen Glückes, um die Seele gerade im ernstesten Augenblicke mit Bildern des vergänglichen Glückes zu erfüllen, als ob er überhaupt etwas Gutes geben könnte. So vorsucht er den Herrn ihr Herz zu stehlen!
Prächtige Blumen strahlen auf den Altar. Ihr Wohlgeruch verbreitet sich durch die ganze Kirche, steigt zum Gewölbe empor, um den Herrn zu preisen, durchwebt die Seele mit heiliger Freude, begleitet vom erhabenen Lied der Engel. Plötzlich scheint vor den Brautleuten ein Baum zu stehen, vielleicht der Baum des Lebens im Paradies. Leicht begreift der Mann, daß auch er ein Stamm sein soll, dessen Wurzeln tief in die Erde dringen, so daß er selbst während des ärgsten Sturmes unbewegt bleibt. Wie oft nur tobt der Wirbelwind der entbundenen menschlichen Leidenschaften in der Welt, wie losgelassene Furien, nicht nur die Aste brechend, aber selbst die Bäume, wenn sie nicht fest im Boden vorankert sind, aus purer Lust, alles zu vernichten: Das Weib soll Krone dieses Baumes sein. All die Sekunden ihres Lebens sollen zu schattigen Blättern werden, welche in der Hitze des Tages erfrischende Kühle bieten. Wie viele Blüten bieten da Hoffnung für neue schöpferische Freuden und versprechen Früchte! Nur versprochen?
Was harrt da alles auf ihren Lebensbaum? Wird ein Sturm ihn brechen? Wird der Stamm wurmstichig? Wenn in einer Nacht plötzlich, ganz unerwartet der Feuer kommt, wird er da nicht allen versengen, so daß nur ein Stumpf übrigbleibt, zum Himmel schreiend, ein stummer Zeuge einen schrecklichen Unglückes? Aber der Baun verschwindet ebenso geheimnisvoll, wie er gekommen war, und der HERR selbst steht vor ihnen und spricht: "Ich bin der wahre Weinstock, und mein Vater ist der Weingärtner. Jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt, schneidet er ab; jede, die Frucht bringt, reinigt er, damit sie noch mehr Fracht bringe. Ihr seid schon rein kraft des Wortes, das ich su euch gesprochen habe. Bleibt in mir, und ich bleibe in euch. Wie die Rebe aus sich selbst keine Frucht bringen kann, wenn sie nicht am Weinstocke bleibt, so auch ihr nicht, wenn ihr nicht in mir bleibt. Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben, wer in wir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt viele Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun. Wer nicht in mir bleibt, wird wie ein Rebzweig weggeworfen, und er verdorrt. Man hebt ihn auf und wirft ihn ins Feuer zum Verbrennen. Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, so möget ihr bitten, um was ihr wollt: es wird euch zuteil werden. Dadurch wird mein Vater verherrlicht, daß ihr viele Frucht bringt und so meine Jünger werdetÏ Liebet einander, wie ich euch geliebt habe. Eine größere Liebe hat niemand, als wer sein Leben hingibt für seine Freunde". (31) Und schon wieder ist ein anderer Baum hier, jener an dem der Herr angenagelt ist, das heilige Kreuz; "Wenn jemand mir nachfolgen will, so verleugne er sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich, und folge mir!" (32)
Das Kreuz besteht aus zwei Balken, wo der eine über den anderen gelegt wird. Wie oft kreuzt nur der Wille des einen Ehepartners, den des anderen: Wir befehlen etwas, und es geschieht nicht, wir wünschen uns etwas, das Gegenteil aber geschieht, wir möchten lachen und müssen weinen, die Leidenschaft will dieses oder jenes und das Gebot Gottes sagt nein: Wir wollen gesund sein und werden krank, alles kommt wie ein Kreuz. Aber in dem Augenblicke, wann wir verspüren, daß wir ein Kreuz zu tragen haben, werden wir alle ungeduldig, mürrisch, liebles, hart und was das schlimmste von allem ist, ohne Freude.
Nie dürfen wir aber vergessen, daß wir nicht allein sind, Christus, unser Bruder, geht uns voran auf den Schultern ein Kreuz tragend, daß viel, viel größer ist, als das unsrige mit Blut befleckt, mit Wunden besät schleppt Er sich mühselig durch die Straßen Jerusalems, fällt unter der Last seines Kreuzes, wird geschlagen, rafft sich wieder zusammen, geht wieder weiter und doch ist Er nicht so wie wir, Er schimpft nicht, flucht nicht, ist nicht mürrisch, ungeduldig, lieblos und hart, traurig, sondern voll Freude und seine Freude ist am größten in dem Augenblicke, in dem Er am Kreuze unter unsagbaren Schmerzen für uns stirbt.
Und wieder hören die Brautleute Seine Worte: "Wie mich mein Vater geliebt hat, so habe ich euch geliebt. Bleibt in meiner Liebe. Wenn ihr meine Gebote haltet, so bleibt ihr in meiner Liebe, wie ich meines Vaters Gebote gehalten habe und in seiner Liebe bleibe. Das habe ich zu euch gesagt, auf daß meine Freude in euch sei und eure Freude vollkommen werde". (33). Ja, mein Herr, ich will tapfer sein. Ich will auf meine Schultern das Kreuz des ehelichen Lebens nehmen, und will gehen Hand in Hand mit Dir. Nur um das eine bitte ich Dich: Sollte ich schwach werden, stärke mich; sollte ich fallen, erhebe mich, sollte es mir scheinen, daß mein Kreuz zu groß ist, so groß, daß ich glaube, es nicht mehr ertragen zu können, laß mich Dich anschauen und beschäme mich, denn was, wenn ich Dein Kreuz tragen sollte; Du, oh Herr, hast froh und freudig Dein großes Kreuz getragen, um mich und die ganze Welt glücklich zu machen. Auch ich will froh und freudig mein kleines Kreuz tragen, um Buße für meine Sünden zu tun, und Dir zu helfen, die glücklich zu machen, die Du mir anvertraut hast, meine Frau, meinen Mann, meine Kinder!
Wenn nun beide Eheleute auf diese Weise ihren Lebensweg fortsetzen werden, werden auch sie verspüren, wie hart es manchmal zugehen mag, wie wahr die Worte des Heilandes sind: "Mein Joch ist sanft, und meine Bürde ist leicht." (34) Die Gewohnheit, die Eltern vor der Trauung um ihren Segen zu bitten, wird von Tag zu Tag seltener. Aber wenn wir das tägliche Leben betrachten, dann müssen wir sehen, wie der Segen aus einer Welt schwindet, die sich um den Segen nicht kümmert., Es ist wahr, daß den Segen im vollen Sinne nur der Priester erteilen kann, das bedeutet aber nicht, daß ein gewöhnlicher Gläubiger ihn von Gott nicht erbeten könnte. Er wird ihm sicher geschenkt, doch hängt alles ab von dem, der um ihn bittes, wie von der moralischen Beschaffenheit dessen, wem er zukommen soll. Wer könnte da an dem Werte des Segens frommer Eltern zweifeln! Wenn nur die Kinder ebenso fromm wären! Sehen die Menschen aber nicht sofort den Erfolg, dann glauben sie, daß er ausgeblieben ist, daß all dies nur ein frommer Gebrauch ist, der, wenn er auch nicht gerade hilft, keinesfalls schaden kann. Wir vergessen jedoch, daß das geistige Leben seinen Schatten über die Umwelt legt, in welcher wir lebenden Schatten des Hasses, sollten wir voll Haß sein, den Schatten des Lichtes, wenn es das LICHT ist, in dem wir verborgen sind. Könnten wir nur geistig sehen, wie würden wir da schaudern, vor den vielen schrecklichen Gestalten, die sich um uns bewegen, welche allein durch das Licht vertrieben werden können: Wenn LICHT in unserem Herzen ist, denn fliehen all die Gespenster. Denken wir nur an die närchen aus der Kindheit, in welchen ein mit geweihter Kreide gezogener Kreis vor den dächten der Finsternis Zufluchtstatte wird! Einen solchen Kreis können die höllischen Gebilde nicht betreten. Der tiefere Sinn von dem Gesagten bleibt uns aber meistens verborgen. Warnm bilden wir nicht einen solchen Kreis des LICHTES um uns? Ist es denn so schwer oder sollen von uns die Worte des Psalmisten gelten:
"Er liebte den Fluch, so komm' er über ihn; am Segen hatte er keinen Gefallen, so sei er fern von ihm: Er zog den Fluch an, wie ein Kleid, der wie Wasser in sein Inneres drang, wie Öl in sein Gebein. Es werde ihm wie ein Kleid, womit er sich bedeckt, und wie ein Gürtel, womit er sich stets gürtet". (35)
Mit dem Segen der Eltern gehn nun die Brautleute zur Kirche, um das Sakrament zu empfangen. Das Sakrament ist ein sichtbares Zeichen einer unsichtbaren Gnade. Das Sakrament der Ehe vermehrt die heiligmachende Gnade und erteilt den Eheleuten eine besondere Gnade, die es ihnen ermöglicht, den hohen Verpflichtungen des ehelichen Standes bis zu ihrem Tode nachzukommen. Die Ehe ist ein Abbild der unauflösbaren Verbindung Christi mit Seiner Kirche.
"Hier liegt ein erhabenes Geheimnis vor; ich beziehe es auf Christus und die Kirche". (36). Da es nun Ziel der Ehe ist, zum Leben neue Bilder Gottes einzuführen, muß in beiden, dem Manne und der Frau, das natürliche und übernatürliche Ebenbild Gottes bleiben, welches ja die Gnade ist, als lebendiger Abglanz des dreieinigen Gottes in der Seele. Wegen der so intimen Verbindung mit Christus, wäre es sehr gelegen, die Ehe in Verbindung mit dem hochheiligen Opfer zu feiern, welches das Geheimnis des Kalvaricnberges vergegenwärtigt, wo die Verbindung Christi mit Seiner Kirche zustande gekommen ist. So wie Eva aus der Seite Adams entsprungen ist, entsprang, wie die Kirchenväter es lehren, die Kirche aus der durchbohrten Seite des Herrn Blut und Wasser, welche dem Herzen Jesu entquollen waren, symbolisieren die hl. Taufe und die allerheiligste Eucharistie; beide verleihen der Seele das göttliche Leben.
"Auch die Ehe ist ein Opfer", sagt Ozanam, "ein zweifaches Opfer. Das Weib opfert unwiderruflich das, was Gott ihr gegeben hat, was Ursache der Beängstigung ihrer Mutter war, ihre erste Schönheit, oft ihre Gesundheit, die Fähigkeit zu lieben, welche die Frauen nur einmal haben. Der Mann im Gegenteil opfert die Freiheit seiner Jugend, unvergleichlicher Jahre, die nie wieder zurückkehren, die Fähigkeit, sich in Liebe der zu geben, die er liebt. Die Entschlossenheit, welche nur zu Beginn des Lebens auffindbar ist, den der ersten Liebe entspringende Eifer, welcher Schönheit urd Zartheit schafft. Das ist die Ursache, weshalb wir sagen, daß die Ehe ein doppeltes Opfer ist. Zweierlei Opfergaben sind hier; die eine ist die Tugend, Anspruchslosigkeit und Sittsamkeit, Unschuld, die zweite ist unverletzte Liebe, Hingabe, Ergebenheit am die, die schwächer ist als er, die er gestern noch nicht kannte, mit welcher er heute glücklich ist ein gemeinsames Leben zu führen. Beide Opfergaben müssen vom gleichen Werte sein, so daß die Bindung heilig sei und den Segen vom Himmel empfangen könne".
An diesem Hochzeitstage, mehr als einem anderen, müssen sie auf den Altar alle kommende Arbeit legen, in den Kelch all ihr kommendes Leid gießen, so daß ihre Arbeit und ihr Leid mit der Arbeit und dem Leiden Christi vereinigt werden kann, um so den Segen des Himmels zu empfangen, zum zeitlichen und ewigen Glücke. Sie müssen ihr Leben mit dem Leben Christi voreinigen, daß sie mit Ihm hier auf Erden und in der Ewigkeit leben können.
Es kommt der Augenblick, in dem sie für immer ihr Leben vereinigen: Ich, NN. nehme Dich, N.N., zu meiner rechtmäßigen und getreuen Gemahlin, verspreche Dir eheliche Treue und Liebe zu leisten, Dich auf keine Weise zu verlassen, sondern mit Dir alles, es sei gut oder böse und widerwärtig, bis in den Tod zu tragen und zu leiden. Dazu helfe mir Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist. Amen. Ich, N.N., nehme Dich, N.N., zu meinem rechtmäßigen und getreuen Gemahl, verspreche Dir eheliche Treue, Liebe und Gehorsam zu leisten, Dich auf keine Weise zu verlassen, sondern mit Dir alles, es sei gut oder bös und widerwärtig, bis in den Tod zu tragen und zu leiden. Dazu helfe mit Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist. Amen.
Hierauf legt der Priester die Stola über die Hände, welche sich die Eheleute gereicht haben, und sagt; "Was Gott verbunden hat, das soll der Mensch nicht trennen. Gott der Allmächtige verbinde Euch und ich vermöge meines Amtes bekräftige diesen Ehebund im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Nachdem er ihnen die geweihten Ringe übergeben hatte, betet er noch: ""Wir bitten Dich, o Herr, blicke auf diese Deine Diener herab und begleite mit Deiner Gnade, was Du zur Fortpflanzung des Menschengeschlechtes eingesetzt hast, auf daß diejenigen, welche kraft Deiner Anordnung nun vereinigt werden, auch durch Deine Hilfe bewahrt worden. Durch Christum unsern Herrn. Amen."
Wenn die Eheleute die Kirche verlassen, müssen sie stets bedenken, daß die Eucharistie die Sonne ihres Lebens bleiben muß. Nur dieser Sonne kann ihre Freude entspringen, allein die Strahlen dieser Sonne kann ihnen die notwendige Kraft schenken, die unausweichlich eintretenden Schwierigkeiten zu überwältigen. Beim Betreten der Kirche haben sie sicher nicht vergessen, mit Weihwasser das heilige Kreuz zu machen, und zu sagen: "Herr, bitte, mache mein Herz rein". Jetzt, beim Verlassen aber: "0h Jesus, behalte mein Herz rein." Ist das nicht zu viel? Bedenken wir nur, was die Brautleute zu leisten haben, damit alles glatt verläuft! Der liebe Herrgott fordert nicht viel, nur eine Kleinigkeit, wie groß ist aber das Ergebnis!
Ein jedes Festmahl, wie ein jedes Mahl überhaupt, muß mit Gebet beginnen. Der Talmud sagt: "Wenn zwei oder drei zu Tische sitzen, ohne ein Wort über Gott zu sprechen, ist es wie bei einem Götzendienst, wenn jedoch von Gott gesprochen wird, ist es wie wenn man bei der Tafel Gottes sitzen würde". (37) Wollen die, welche bei der hl. Taufe mit Christus vereint wurden, der Sie lehrte mit Vertrauen zu beten: "Gib uns heute unser tägliches Brot", sich beschämen lassen? Bestimmt wird niemand gegen den fröhlichen Geist beim Hochzeitsmahl etwas einwenden. Sicher schaute der liebe Heiland bei der Hochzeit zu Kanaa nicht finster drein. Bedenken wir, daß er bei dieser Gelegenheit Sein ersten Wunder wirkte: Die sechs Wasserkrüge waren zum religiösen Zweck bereitgestellt! Warum sollte eine katholische Hochzeit nicht mit einem Gebet beginnen? Das Gebet verringert ja die Freude nicht, gerade im Gegenteil! Es wird aber verhindern, daß die Fröhlichkeit über das Maß wächst und ins Abscheuliche übergeht. Alkohol soll an diesem Tag so wenig wie nur möglich getrunken werden. Warum den Tag, der der herrlichste im Leben sein sollte, verderben? Warum durch Unmäßigkeit und Grobheit die heiligen Beziehungen des Mannes zum Weibe beschmutzen - oft für das ganze Leben! Möge ja niemand sagen, daß diese Warnung übertrieben ist! Es gibt leider zu viel Belege! An einen solchen Tag wird oft der Grundstein zu einem neuen Leben gelegt! Kann man da immer von einer Einweihung sprechen?
Wie verschieden wird sich dieser Augenblick zeigen, wenn sich die Liebe mit der Liebe, in der LIEBE, die Gott ist, verbindet, wenn Gott bei der Bildung eines neuen Ebenbildes mitwirkt, eines Ebenbildes, welches zur Verzierung der Erde beitragen soll, und einmal die Zehl der himmlichen Bürger vermehren!
Das erste Betreten des neuen Heimes sollte der Segen begleiten? "Herr, allmächtiger Gott, segne Du diesen Ort, auf daß in seiner Umgebung wohne Gesundheit, Keuschheit, Sieg, Tugand, Demut, Güte, Sanftmut und die Liebe, die da ist die Erfüllung des ganzen Gesetzes, und Dank gegen Dich, Gott den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist, und dieser Dein Segen ruhe über dieser Stätte und ihren Bewohnern jetzt und immerdar. Amen." Ein Weihbasserbeckchen mit Weihwasser, wo ist es noch zu finden? Es soll uns täglich daran erinnern, und uns dazu behilflich sein, daß unser Herz stets rein bleibe, unberührt von der Schlechtigkeit der Welt!
Was den eigentlichen sexuellen Verkehr anbelangt, so sind die Worte des heiligen Erzengels Raphael an den jungen Tobias zu beherzigen: "Höre auf mich und ich will zeigen, über welche Menschen der böse Geist Gewalt hat. Es sind solche, die eine Ehe so eingehen, daß sie Gott aus dem Herzen verbannen und wie vernunftlose Pferde und Maultiere nur ihrer Lüsternheit frönen. Über solche hat der böse Geist Gewalt. Wenn du Sara zum Leibe genommen und das Brautgemach betreten hast, enthalte dich drei Tage und obliege mit ihr nur dem Gebet. In der ersten Nacht zünde die Fischleber an, dann wird der böse Geist fliehen. (Warum sollte eine christliche Ehe nicht mit einem Haussegen begleitet werden?) In der zweiten Nacht wirst du zu der Gemeinschaft der Patriarchen zugelassen werden. In der dritten Nacht wirst du den Segen erlangen, daß ihr gesunde Kinder bekommt. Wenn die dritte Nacht vorüber ist, nimm die Jungfrau in der Furcht des Herrn zu dir, mehr aus Verlangen nach Kindern als von der Begierlichkeit getrieben, damit du unter der Nachkommenschaft Abrahams reichen Kindersegen erhältst". (38)
Warum könnte der junge Ehemann nicht Tobias nachahmen? Tobias folgte dem Rate des Engels. Abends forderte er seine Braut auf: "Sara, steh auf! Wir wollen heute, morgen und übermorgen zu Gott beten. In diesen drei Nächten wollen wir uns mit Gott vereinigen. Nach der dritten Nacht aber wollen wir von unserer Ehe Gebrauch machen. Denn wir sind Kinder der Heiligen und dürfen uns nicht so vereinigen wie die Heiden, die Gott nicht kennen". Sie standen zusammen auf und boteten inständig miteinander, daß ihnen Heil werden möchte, Tobias sprach: "Herr, Gott unserer Väter: Preisen sollen dich Himmel und Erde, Meer, Quellen und Ströme und alles, was du darin erschaffen hast. Du hast Adam aus dem Lehm der Erde gebildet und ihm Eva als Gehilfin gegeben. Du weißt, o Herr, daß ich meine Schwester nicht aus Wollust zur Frau nahm, sondern aus Liebe zu Nachkommen, durch die dein Name in alle Ewigkeit gepriesen werden soll". Sara sprach: "Erbarme dich unser, o Herr, erbarme dich unser und schenk uns beiden ein langes Loben in Gesundheit." (39)
Der erste Schritt in das neue Leben wurde getan. Es ist meistens ein entscheidender Schritt, und alles, was folgt, sind nur seine Früchte. Glückliche Augenblicke können selbst dann sich zeigen, und sollen sich auch, wenn alles auf Unglück deutet, wie Krankheit, Mißerfolge usw. Das Gegenteil kann aber ebenfalls eintreten. Das Leiden meldet sich, selbst wenn sonst alles auf Glück eingestellt ist. Wenn je Himmel und Hölle dicht nebeneinander liegen, dann ist es in der Ehe die einzige Frage, wofür sich die Eheleute entscheiden werden. Die Ehe ist sicher keine leichte Angelegenheit, die Kirche gibt aber zu den natürlichen Gaben an Leib und Seele noch die übernatürlichen hinzu, in der heiligmachenden Gnade, wie auch der helfenden, wie in dun Sakramenten, so auch den Sakramentalien. Wenn sich diese Hilfe nicht erfolgreich erweist, liegt die einzige Schuld bei den Eheleuten; Gott dürfen sie nicht anklagen. Der zweite Tag wird die Früchte des ersten zeigen. Es können Blüten neuer Hoffnungen aufblühen, es kann sich aber auch eine Brandstätte zeigen, wo die Eheleute nichts mehr finden, was sie sich schenken könnten. Ein verzweifeltes Grau des Lebens, moralischer Nebel, der es ihnen nicht gestattet, den Abgrund zu sehen, dem sie immer näher heranrücken.
Möge es der Allmächtige geben, daß Glaube, Hoffnung und Liebe der Freude, dem Frieden, der Glücklichkeit die Pforte öffnen, wie den Eheleuten, auch all den Kindern, die Gott ihnen anvertrauen wird.
Fortsetzung folgt
Anmerkungen:
1) Is. 53,7 2) Catech. Romanus. II. 3) Anton Retzbach, Das Recht der katholischen Kirche nach dem Codex Juris Canonici, Herder 1935, S. 213 ff. 4) ebendert, 214; Can 1013 § 1/2 5) Canon 1012 § 1 6) Canon 1013 § 2 7) Canon 1111 8) Canon 1118 9) Canon 1307 § 1 10) Canon 1059 11) Retzbach, o.e.233; Canon 1060 12) Encycl. "Arcanum divinae sapientiae" 13) Canon 1065 14) Canon 1066 15) Canon 1O67 § 1 16) Canon 1068 17) Canon 1O69 § 1; 1 Kor. 7,12 18) Canon 1O72 19) Canon 1O73 20) Canon 1074 21) Canon 1075 22) Canon 1077 23) Canon 1078 24) Canon 1079 25) Matth. 11,12 26) Eph. 3,20 27) 2 Kor. 3,6 28) Matth. 7,21 29) 1 Kor. 10,31 30) 1 Kor. 15,10 31) Joh. 15,1-8; 13 32) Mark. 8,34 33) Joh. 15,9-11 34) Matth. 11,29 35) Psalm 108,18-19 36) Eph. 5,32 37) Fromer, 8 38) Tob. 6,16-22 39) Tob. 8,4-10. |