EHE, FAMILIE UND ERZIEHUNG
9. Fortsetzung
von Dr. theol. Otto Katzer
Es ist sehr schwer, im konkreten Falle die entsprechenden Eigenschaften herauszufinden, welche ihren Trägern ein so intimes Zusammenleben ermöglichen, wie es das Eheleben ist. Es gibt sehr viele typologische Klassifikationen, wir glauben jetzt, daß es völlig genügt, bei der alten Einteilung in vier Temperamente zu bleiben. Nie dürfen wir aber vergessen, daß der Uensch keine stereotype haschine ist, die nur auf eine bestimmte Art arbeiten kann. Was das Eheleben anbelangt, so körnen wir allem von einer gewissen Wahrscheinlichkeit sprechen, daß diese Temperamente sich gegenseitig ergänzen werden, jene sich als ein Hindernis gestalten können. Diese vier Temperamente sind;
das cholerische, sanguinische, melancholische und phlegmatische.
Das cholerische Temperament weist nach Kant eine bedeutende Reizbarkeit auf, welche jedoch bei Nachsicht sich leicht weider beruhigt. Die Reaktion eines cholerischen Menschen ist schnell, dauert aber nicht lange. Solch eine Person liebt es zu befehlen, mehr als selbst etwas zu unternehmen, ist stolz und gierig.
Das sanguinische Temperament ist ein sorgenloses Kind, welches nie die Hoffnung verliert, das sich sofort für alles interessiert, gutig, helfend überall, wo es nur kann, kurz eine sonnige Natur, jedoch mit wenig Ausdauer.
Der Melancholiker nimmt alles zu ernst, denkt zuerst an die Schwierigkeiten, verspricht nur ungern etwas, ist fürchtsam und mißtrauisch.
Der Phlegmatiker zeigt ein langsames Gefühlsleben, ist zwar nicht faul, aber neigt zur Untätigkeit, ein sinnenhaftes Wesen, nicht leicht zu bewegen, jedoch von Ausdauer. Wird nicht so leicht zornig, doch verbleibt länger aufgeregt.
Stets müssen wir bedenken, daß die Typologie uns nur grobe Umrisse bietet, ob des freien Willens des Menschen. Keine zwei Menschen gleichen einander, niemand bietet ein klassisches Typenbild? Wahrscheinlich wird eine Ehe von einem Choleriker mit einem Phlegmatiker, und von einem Sanguiniker mit einem Melancholiker, die entsprechenden Ergänzungen aufweisen. Eine ausgesprochen cholerische Person wird schwerlich ruhig mit einer melancholischen zusammenleben können. Natürlich können wir nicht behaupten, daß allem die angegebenen Verbindungen für ein Eheleben geeignet sind, übergehen durfer wir aber diese Eigenschaften nicht.
Von den Heiratenden denkt wohl niemand an eine solche Klassifikation, spater aber wird es sich von Nutzen zeigen, das Temperament des Partners zu kennen, umso leichter Mißstimmungen aus dem Wege zu gehen, indem wir den Ursachen vorbeugen. Wenn einer von den Partnern sich der Reizbarkeit des anderen bewußt ist, so wird er danach trachten, ihn womöglich nicht zu reizen, und wenn er schon in Aufregung geraten ist, wird er wissen, daß diese nicht von langer Dauer sein wird, und daß es nur notwendig ist, auf eine Entspannung h in zu arbeiten. Eine phlegmatische 1 erson zu renzen ist sicher nicht vernünftig, wegen der Schwierigkeiten sie wieder zu beruhigen. Ebenso verhalt es sich mit einem Melancholiker. Der sanguinische Typus scheint der beste zu sein, jedoch seine Unbeständigkeit, ja Launenhaftigkeit kann nicht selten sehr unangenehm werden. Seine Witze werden nicht immer so genommen, wie sie dargeboten wurden, und verursachen nicht selten manche Unannehmlichkeiten, ait Gottes Hilfe wird es aber möglich sein, ein jedes Temperament zu korrigieren; ein jedes hat s eine Vor- und Nachteile. Sicher sind wir insoweit Menschen, daß wir dies begreifen können und den Worten des hl. Paulus gemäß handeln werden: "Brüder, wenn einer in der Übereilung einen Fehltritt tut, dann sollt ihr als Geistesmenschen einen solchen im Geiste der Sanftmut zurechtweisen. Dabei gib auf dich selber acht, daß nicht auch du in Versuchung konmst. Einer trage des anderes Last: so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen." (1)
Erziehung und Interessen.
Eine auf eine Ehe denkende Person muß unbedingt die geistige Umwelt, Erziehung, Bildung und die Interessen des möglichen Partners bedenken. Stets muß sie an die Unauflösbarkeit der Ehe denken, daß sie eine Bindung für das garze Leben ist. In dieser Geisteswelt sollen die Kinder aufwachsen. Unser Zeitalter hat die Werte auf den Kopf gestellt, was schon daraus ersichtlich ist, daß das Hauptinteresse sich auf Nahrung und Kleidung bezieht, und wie wir uns am besten amüsieren könnten, nicht auf das, wie wir wahrlich Gott dienen sollen. Sollten wir eine Wahrung jener Qualität einnehmen, von welcher wir oft unseren Geist nähren, niemand ware sicher zufrieden gestellt. Wie oft aber vergessen wir, daß die Nahrung für die Seele von größter Bedeatung ist, als die des Leibes. Wie oft können wir hören; "Man muß alles sehen, alles hören, alles lesen... warum sagen wir aber nicht: man muß alles essen?!So sehr sorgen wir für unseren Magen, die Seele ist aber mehr als der Leib!
Meistens kommen Menschen mit einer nur durchschnittlichen Bildung zusammen, weshalb sie auch ein relativ enges Interessengebiet haben. Jedermann hat sein Steckenpferdchen. Bei der durchschnittlichen Bildung, denken wir an die alle verpflichtende Schulung und an ein Aufgewachsensein in einer halbwegs christlichen Umwelt. Das Interesse für ein geistiges Lebon wird gewöhnlich nicht gar so groß sein in einer Umwelt, die religiös nicht gerade auf der Hohe steht, ja nicht selten diesbezüglich einen absoluten Mangel aufweist, Grundlage für ein geistiges Leben, von dem später mehr gesprochen wird, ist neben dem Gebete die Lesung ausgewählter Kapitel dem Alten und Neuen Testamente, wie auch anderer Erbauungsbücher.
Worüber werden sich die Partncr unterhalten? Meistes wird sich das Gespräch auf Sport und Politik beziehen, auf allerlei Geschehnisse in, öffentlichen und privaten Leben, selten werden aber ihr Gegenstand erhabene Taten einer Person sein, zur Nachahmung auffordernde. Süße, wirklichkeitsfremde Romane, oft von bedenklicher Moral, bieten ebenfalls genügend Stoff zur Unterhalten, nicht weniger Lichtbilder im Kino und Fernsehen, mit oft derben Karikaturen menschlichen Lebens. Das ist die Ursache, weshalb wir in den Gassen so häufig verschrobene Gestalten sehen, arme Geschöpfe, die einen Filmstar nachahmen oder Helden aus einem Roman; sie sind dabei in ihrer Absurdität glücklich! Welch trauriges Bild: Partner, die sich mit der Politik, an welcher sie sowie so nichts ändern können, beschäftigen, sind noch die unschuldigsten, wenn es auch hier abstoßende Figuren geben kann. Das ärgste aber ist ein vollkommener Mangel an Anstand und Takt, was das Gespräch anbelangt. Beobachten wir nur das Leben in so manchen Schulen, Fabriken, Werkstätten usw. wir werden staunen. Ist es aber notwendig, daß ein Arbeiter, geschweige denn eine Frau, über Sachen spricht, die mit der letzten Spur von Anstand im Widerspruch sind? Was wäre denn, wenn die Gedanken und Worte, von welchen häufig Gebrauch gemacht wird, eine Gestalt von verschiedenen Tieren annehmen könnten. Im Vergleich mit den Fratzengebilden, die uns aus so mancher mittelalterlicher Darstellung der Hölle angrinsen, überragen sie diese bei weitem an Häßlichkeit. Und in einer solchen schmutzigen Unterwelt, unter abscheulichen apokalyptischen Masken entstellter Menschlichkeit, spielt sich das Loben der meisten Menschen ab.
Leider verbreitet sich der infernale Übelkeit erregende Gestank immer weiter und weiter. Ist es notwendig, daß jene, die sich zum Überdruß am Arbeitsplatz, wie auch am Wege zu ihn und von ihn, seelisch befleckt haben, oder mindestens nicht erbaut, in dieser schmutzigen Umwelt noch weiter zu Hause verbleiben? Kein Wunder, wenn die Tugend in einer so sehr vergifteten Umwelt, nicht gedeihen kann! Öl, Kohle, Ruß und Staub usw. beschmutzen die Seele nicht. Wir bemerkten schon, daß, um ein Aristokrat zu sein, es nicht notwendig ist, ein Schloß zu besitzen. Eine reine Stube, ein reiner Tisch, vielleicht ein Blumenstrauß auf ihm, erweisen dam allgegenwärtigen Gott ihre Ehrfurcht, jenem Gott, der stets unser Gast ist.
Wären wir Kinder eines irdischen Königs, unsere Erzieher würden uns stets ermahnen: "Du darfst nicht vergessen, wer du bist. Du darfst dich nicht wegwerfen, das paßt nicht für ein Königskind Und jetzt finden wir Kinder eines Königs, vor dem alle Könige reines Nichts sind, und wie leben wir: Kann man das Leben so mancher Menschen, ein Leben von Gottes Kindern nennen? Die meisten jungen Leute haben einander überhaupt nichts zu erzählen, wohl bedacht, daß das Wertlose nicht ein Etwas genannt werden kann. Wie werden sie nun ihre freie Zeit erfüllen? Ist es denn notwendig, eine universitäre Bildung zu besitzen, um über einen nützlichen Gegenstand zu sprechen können? Natürliche Intelligenz, etwas Liebe zu Gott und zu dieser seinen Welt, genügt völlig. Wir können doch so manche befreiende und erhebende Freude iineer ganzes Leben hindurch finden! Dort, wo der Bildungsunterschied zu groß ist, kann es leicht zu Schwierigkeiten kommen, nan kann sich schwer vorstellen einen auf das äußerste spezialisierten Partner einerseits, und auf der anderen einen mit nur ganz oberflächlichen Kenntnissen, und allgemeinen Interessen. Es mag sein, daß es sexueller Reiz gewesen ist, der sie zusammengeführt hatte. die Ehe ist aber etwas mehr als ihr Genuß! Die Liebe sieht doch, sieht den Mann, sieht die Frau, die Kinder, ihr geistiges Wohlsein. Sicher, man kann nicht sagen, daß eine solche Ehe scheitern muß, daß sie nicht ihre edelste Form erreichen kann, nichtsdestoweniger muß vor einer solchen Ehe gewarnt øerden. Das Mädchen muß sich bewußt werden, daß sie einer völlig anderen sozialen Kategorie entstammt, daß ihr Interessengebiet völlig verschieden ist, und weit wenigere Möglichkeiten für ein geistiges Zusammenwachsen bietet. Auch muß sie bedenken, aaß sie mit einer ihr bis jetzt unbekannten, ganz verschiedene Menschengruppe wird verkehren müssen. Leicht kann es vorkommen, daß sie sich in dieser Umgebung nicht geschätzt fühlen wird, weshalb fast unausweichlich ein Minderwertigkeitskomplex entstehen muß, nit all seinen traurigen Folgen für das Familienleben. Solch ein Zustand wird keineswegs zu einem glücklichen und zufriedenen Zusammenleben führen können. Wenn die Geisteswelt des Mannes der Frau unbekannt bleibt, wie kann sie ihm in seinen Schwierigkeiten beistehen, wie er es nicht selten notwendig hat und wie es für das Wohlsein der Familie notwendig ist. Es muß eine Einsieht in das Leben des anderen geben, die Ehepartner dürfen nicht allzuweit voneinander entfernt sein. Wie konnten sie so Verständnis für die Schwierigkeiten finden, die im Eheleben nicht ausbleiben. Je mehr der Mann in seinem Beruf spezialisiert ist, umso größer muß der Opfergeist der Frau sein. Bezugnehmend auf seine höchst intensive intellektuelle Arbeit, muß sie mit einer prolongierten sexuellen Abstinenz rechnen, wie aucn mit em^r erhöhten Reizbarkeit ihres Mannes ob seiner oft erschöpfenden Arbeit.
Wenn die Ehe erxolgreich sein soll, empfiehlt es sich also, daß die Partner derselben sozialen Kategorie angehören, da es schwer vorzustellen ist, wie es sonst zu einem geistigen Bande kommen könnte, welches seine Quellen im geistigen Leben hat. Daß wir bei sozialen Kategorien nicht einfach auf reich - arm denken, sollte klar sein. Abgesehen vom Religiösen, in welches zuletzt jedes intellektuelle Leben ausmünden muß, wenn es positive Früchte tragen soll, gibt es wohl kein anderes Band, welches nicht aus dem Bereich der Sinne käme, die äußerst unstet sind, und eine völlig unzureichende Grundlage für ein befriedigendes Zusammenleben in der Ehe bieten. Dort, wo die Ehepartner sich nur Alltägliches bieten können, wird es oft soweit kommen, daß sie einander überdrüssig werden. Erscheint da plötzlich eine Person, die etwas mehr bietet, kann es leicht zu Schwierigkeiten kommen, wenn auch die Ehe nicht gerade zusammenbricht.
Deshalb muß der Verliebte sich die Frage stellen "Wie weit ist meine Geliebte fähig, den Haushalt zu führen?" Diese Tätigkeit entehrt die Frau keineswegs, verleiht ihr aber einen ganz besonderen Reiz. Ausgerechnet in unserer Zeit, die eine enorme Abweichung von Ideal der Güe, Wahrheit und Schönheit aufweist, hauptsächlich was das öffentliche Leben anbelangt, muß die Frau eine Umwelt schaffen, in welcher es möglich ist, ein wirklich menschliches Leben zu führen, um so nicht bloß ein unbedeutendes Rad in der Maschinerie der Menschheit zu sein. In bäuerlichen Familien, wo Mann und Weib oft den ganzen Tag in Berührung mit der Natur sind, und infolgedessen näher dem natürlichen Leben, also eine größere Möglichkeit haben, eine im Akkord der Liebe des Guten, Wahren und Schönen erklingende Umwelt zu erleben, wird es nicht so schwer sein, eine harmonische Welt innerhalb des Heimes aufzubauen. Das Vorhandensein von Liedern in solchen Familien ist ein Zeichen, daß das Leben schön sein konn und ist, trotz der harten Arbeit. Schwieriger wird es schon in den Familien gebildeter Klassen sein, noch schwerer aber in Arbeiterfamilien, wo, wir müssen es bedauern, selbst materieller Wohlstand, sie nicht immer auf eine intellektuelle Höhe bringt, wird oft nur noch tiefer sinken läßt, wo sie das Geld in geistlosen, da geisttötenden, Zeitvertreib führt.
Das Mädchen sollte die Charaktereigenschaften ihres Geliebten gut kennen lernen, wie auch besonders seine Ausdauer. Der Mann nämlich soll ihr ein lebendiges, konkretes Beispiel für die Erziehung ihrer Kinder geben, ein Vorbild, nach dem sich täglich ihre Kinder zu richten haben werden. Es ist also keineswegs ohne Bedeutung, nachzuforschen, wen sie heiraten will. Unter gewissen Bedingungen wird sie auf eine sonst sehr günstige Ehe verzichten müssen, wenn sie nicht eines Tages bitter enttäuscht werden soll. Nichts ist gefährlicher, als um jeden Preis zu heiraten. Ehen unter Verwandten sind nicht zu empfehlen, wenn es auch nicht gesagt werden kann, daß sie unglücklich werden müssen. Sterilität sind physische Defekte eine in solchen Fallen zu häufige Erscheinung. Die hl. Kirche, bedacht auf das körperliche und seelische Wohlsein der ganzen Familie, liebt solche Ehen nicht.
Eine Bekanntscnaft kann in gewisser Zeit zu ihrun Ziel führen. Die Heirat soll aber nicht zu bald erfolgen, soll aber auch nicht auf zu lange verschoben werden. Im ersten Falle werden sich die Partner nur oberflächlich kennen lernen, wobei, wie es nicht selten geschieht, bald eine Enttäuschung eintreten kann. Ich denke an einen Fall, wo ein älterer Herr und eine Dame aufs Pfarramt kamen. Wir waren überrascht, als scheinbar völlig grundlos sie so schnell wie nur möglich heiraten wollten, mit Dispens von allen Verkündigungen. Etwa anderthalb Stunden nachdem sie weggegangen waren, kam der Bräutigam höchst aufgeregt und atemlos zurück und forderte die Annulierung des Verfahrens, da, so sagte er: "dieses verfluchte Wesen mein Geld will, nicht mich." Normalerweise ist einige Zeit notwendig, daß die jungen Leute nüchtern werden, in diesem Falle genügten keine zwei Stunden. Er kam rechtzeitig! Besonders leichtgläubige, junge Mädchen müssen sehr vorsichtig sein, daß sie einem Heiratsschwindler nicht auf den Leim gehen, der durch sein selbstbewußtes Hervortreten und angebliche hohe soziale Stellung, höfliches Benehmen, im Mädchen leicht die Hoffnung auf ein gesichertes Familienleben weckt, und sie raffiniert an sich bindet. Hat er sein Ziel erreicht, befreit er sich ebenso klug von ihr.
Eine zu lange Bekanntschaft birgt in sich manche moralische Gefahr. Wenn der Mann das Mädchen nicht zu heiraten gedenkt, ist es von ihm rücksichtslos, sie aufzuhalten. Auf diese Weise kann er es leicht verursachen, daß sie einen guten Partner versäumt. Wenn eine solche langdauernde Bekanntschaft zuletzt doch ihr Ende nimmt, ist es für das Mädchen gewöhnlich schon zu spat für eine neue. Seelisch kann er das Mädchen völlig vernichten, da sie in ihm das Beste sieht, er aber daran denkt, sich sofort von ihr zu befreien, wenn er sie satt ist. Nicht selten geschieht es, daß eo ein enttäuschtes Mädchen nicht mehr fähig ist, jemanden anderen ihr Herz zu schenken. Wenn die Bekanntschaft zu lange dauert, nimmt die Intimitat zu, was leicht in einen vorehelichen Verkehr ausmünden kann, der nicht selten jedes Idyll dieser romantischen Zeit vernichtet. Aus einer wahren Liebe kann so eine Leidenschaft werden, welche all die Schönheiten des Lebens zerstört, wie der eisige Frost alle Blüten verbrennt. Leider, wie wenig wahre Liebe gibt es.
Im alten Orient waren Ehen unter Geschwistern keine Seltenheit. Wir werden deshalb nicht schockiert, selbst in der Bibel von einer solchen zu lesen. Da finden wir ein Beispiel, wie leicht Liebe und eine "große Liebe" dazu, sich in Haß verwandeln kann. "Danach begab sich folgendes: Absalon, der Sohn Davids, hatte eine schöne Schwester namens Thamar. Amnon, der Sohn Davids, liebte sie. So sehr härmte sich Amnon, daß er wegen seiner Schwester Thamar krank wurde. Denn sie war ein e Jungfrau, und es erschien Amnon unmöglich, sich mit ihr irgendwie abgeben zu können. Nun hatte Amnon einen Freund namens Jonadab, einen Sohn Semmaas, des Bruders Davids. Jonadab war ein sehr kluger Mann. Dieser fragte ihn: "Warum siehst du jeden Morgen so elend aus, Königssohn? Willst du es mir nicht anvertrauen?" Annon erwiderte ihm: "Ich liebe Thomar, die Schwester meines Bruders Absalom. Jonadab riet ihm: "Lege dich zu Bett und stelle dich krank. Wenn dann dein Vater kommt, dich zu besuchen, so bitte ihn: Laß doch meine Schwester Thamar kommen und mir etwas zu essen geben. Wenn sie vor meinen Augen die Speise zubereiten würde, daß ich es sehen könne, so nähme ich gern das Essen aus ihrer Hand an." Amnon legte sich nun zu Bett und stellte sich krank. Als der König kam, um ihn zu besuchen, bat Amnon den König: "Laß doch meine Schwester Thamar komnen und vor meinen Augen ein paar Kuchen backen, daß ich sie aus ihrer Hand essen kann." David schickte nach Hause zu Thamar und ließ sagen: "Komm in die Wohnung deines Bruders Amnon und bereite ihm das Essen." Thamar ging in die Wohnung ihres Bruders Amron. Währerd er im Bette lag, nahm sie den Teig, knetete ihn, formte ihn vor seinen Augen und buk Kuchen. Dann nanm sie die Pfanne und schüttete sie vor ihm aus. Er weigerte sich jedoch zu essen. Vielmehr befahl Amnon: "Weiset alle hinaus!" Als sich alle von ihm entfernt hatten, sagte Amnon zu Thamar: "Bringe das Essen in die Kammer herein, damit ich aus deiner Hend esse. Thamar nahm die Kuchen, die sie zubereitet hatte und brachte sie ihrem Bruder Amnon in die Kammer. Als sie ihm aber das Essen reichte, ergriff er sie und sagte zu ihr: "Komm, lege dich zu mir, liebe Schwester!" Sie erwiderte ihm: "Nicht doch, mein Buder, entehre mich nicht. Denn so etwas darf man in Israel nicht tun. Begehe keine solche Freveltat!Wohin sollte ich meine Schande tragen? Du würdest in Israel als ehrloser Mann dastehen. Aber rede doch einmal mit dem Konig. Er wird mich dir nicht versagen!" Er wollte jedoch auf ihre Vorstellungen nicht hören, sondern überwältigte sie und tat ihr Gewalt an. Danach faßte Annon eine überaus tiefe Abneigung gegen sie. Ja, der Widerwille, den er gegen sie empfand, war noch größer als die Liebe, die er für sie gehegt hatte. Daher rief Amnon ihr zu: "Mach, daß du fortkommst." Sie erwiderte ihm: "Wegen dieses großen Unrechtes, das noch größer ist als das andere, das du mir angetan hast, wenn du mich jetzt von dir stößest..." Er wollte aber nicht auf sie hören, sondern riet seinem Burschen, der ihm aufwartete, und befahl ihm: "Schafft mir die da hinaus auf die Straße und riegle die Tür hinter ihr zu!" Sie trug ein Armelkleid; denn so kleideten sich von alters her die Prinzessinnen, solange sie unverheiratet waren. Der Diener brachte sie auf die Straße hinaus und riegelte die Tür hinter ihr ab. Thamar aber streute Asche auf ihr Haupt, zerriß das Armelkleid, das sie anhatte, legte die Hand aufs Haupt und ging wehklagend davon." (2)
Die Verantwortung für dieses unglückliche Ende tragt vollauf Amnon, und all die Amnone in ähnlichen Fällen, die Jahrhunderte hindurch. Das Verhältnis dem Mädchen gegenüber muß ein ritterliches sein. Die Hauptschuld, wenn die Sache ein schlechtes Ende nimmt, liegt fast ausschließlich beim Manne. "Ehrfurcht, meine Herren, vor den Frauen. Allein Frauen gegenüber, die schlechten ausgenomman. Wenn sie aber schlecht sind, sind sie es durch eure Schuld"! (3) Das ist nicht auf die leichte Waage zu nehmen, denn es geht um das garze Leben der Frau und vielleicht auch des Kindes. Die Entschuldigung von seiten des Mannes, er habe nicht an die Folgen gedacht, ist unannehmbar. In solchen Fällen ist die Unwissenheit keine Entschuldigung, da eine solche Unkenntnis an und für dich bereits strafbar ist.Es ist besser von der Ehe abzusehen, wo keine Bürgschaft besteht, daß der Partner und das Kind glücklich sein können; besonders ernst ist die Sache im Falle eines unerlaubten Verhältnisses zu nehmen.
"Aber die Gottlosen werden ihrer Gesinnung gemäß Strafe erleiden, sie, die den Gerechten verachten und vom Herrn abgefallen sind. Denn wer Weisheit und Zucht verachtet, ist unglücklich und ihre Hoffnung ist eitel, und ihre Arbeiten sind fruchtlos und unnütz ihre Werke. Ihre Weiber sind Törinnen und verkommen ihre Kinder, mit Fluch beladen ihr Geschlecht. Denn selig die unfruchtbare, die unbefleckt ist, die sündhaften Beischlaf nicht gekannt hat, sie wird Frucht davontragen bei der Heimsuchung der Seelen. Ebenso der Unfruchtbare, der nichts Gesetzwidriges tat mit seinen Händen, und nichts Böses dachte gegen den Herrn. Denn ihm wird für die Treue auserlesener Gnadenlohn zuteil und ein herzerfreuendes Los im Tempel des Herrn" (4).
Moderne Zeiten brachten mit sich auch verschiedene Verschiebungen der Staatsgrenzen. In keinen von den europäischen Landern, ja vielleicht nirgens auf der Welt, kann man von Rassenreinheit sprechen, wenn auch nur in ihrer breitesten Form. Dr. Eugen Fischer betont die Uniformität der gesamten Menschheit als Art. Eine unüberbrückbare Kluft trennt den Menschen von Tier. Und die Menschen in allen Zonen und Rassen zeigen so viel Einheitliches, daß nie selbst der leiseste Zweifel an ihrem Menschtum entstanden ist. Dies ist gut zu bedenken, wenn wir die Tatsache der Rassenmischung vor den Augen haben. Die heutigen Staatsgrenzen decken sich keineswegs mit den völkischen, wenn dies je überhaupt war. In diesem Zusammenhange ist es notwendig, darauf hinzuweisen, daß es nicht so einfach ist, eine genaue Definition des Volkes harauszuarbeiten, ohne etwas künstliches einzuführen, was wir im Tatsachenbestand nicht auffinden. So sprechen wir ähnlich von den Farben des Spektrum, rot, gelb, grün, blau, violett usw., es ist aber absolut unmöglich zu sagen, wo die eine Farbe aufhört und die andere beginnt, etwa die in die grüne übergehende gelbe Farbe. In der Geschichte der Menschheit finden wir nun einen sonderbaren Zustand, daß Leute, die verbittert gegen den Rassismus gekämpft haben, und beweisen suchten, daß die Rasse keine stabile Form aufweist, etwa eine Einheit wäre, die unüberbrückbar ist, plötzlich die Stabilität des Volkes verkundigen, welches ja als eine der Rasse untergeordnete Einheit, die Labilität der Rasse umso deutlicher zum Ausdruck bringt. Wie kann nun das Volk, welches ein weit labileres Gebilde ist als die Rasse, die scharfen Abgrenzungen aufweisen, welche man ihm gerne zuschreiben möchte! Die gemeinsame Sprache besagt nicht viel; und was die Kultur anbelangt, so müssen wir mit einer großen Entschlossenheit betonen, daß sie das Endergebnis der Zusammenarbeit der gesamten Menschheit ist. Wie schwer es auch sein mag, den Anteil verschiedener Volker prozentuell zum Ausdruck zu bringen. Daß man Dekadenzerscheinungen der einzelnen Menschengruppen ebenfalls berücksichtigen muß, dürfte klar sein. Eine eingehendere Behandlung der Frage gohort naturlich nicht in unsere Abhandlung.
Professor Kretschmer macht uns auf eine Tatsache ganz besonders aufmerksam: "Jedenfalls ist dies eine sicher: Hochkulturen sind bis jetzt im Bereich der nordischen Rasse immer am stärksten dert entstanden, wo diese Rasse einer starken Vermischung mit andern, meist ebenfalls begabten Rassen ausgesetzt war; dies gilt für den modernen nordisch-alpinen Kulturkreis ebenso, wie für das alte Griechenland und Indien. Eine der vielseitigsten und1 zahlenmäßig reichsten Kluturen aber hat bis jetzt dio nordisch-alpine Mischung gebracht. Umgekehrt ist ebenso sicher, daß die möglichst reinrassigen nordischen Gebiete, in Deutschland z.B. Niedersachsen und Ostfriesland, sehr reich an Charakter und Tüchtigkeit, aber relativ sehr arm an Genie und kultureller Produktivität sind." (5)
Es wird behauptet, daß Mischlinge, von rassisch fremden Eltern abstammende Menschen, hauptsächlich der weißen mit den Farbigen, gewöhnlich die schlechten Eigenschaften der Eltern erben. Wir lassen beiseite, warum es bio-physiologisch gerade zu dieser Erscheinung kommen mußte, betonen aber, daß dem nicht immer so ist. Bedenken wir nur die Burghers auf Ceylon. Sie werden allgemein geschätzt und respektiert. Dies verdanken sie ihren ausgezeichneten Qualitäten als Bindeglied zwischen Europäern und Eingeborenen. Die Burghers sind ein sehr talentiertes Volk, nach Bildung strebend, fleißig und arbeitsam, ordnungsliebend, die an einem zufriedenen Familienleben hängen und stolz auf ihr Blut der holländischen Mijnheers sind." (6)
Sehr häufig vergessen wir, daß eine jede Seele direkt von Gott erschaffen wird, und zwar rassische Unterschiede hauptsächlich vom Körper abstammen. Nicht weniger dürfen wir aber die Worte Schillers vergessen: "Es ist der Geist, der sich den Korper schafft." Was die Mischlinge, bezüglich der schlechten Eigenschaften, anbelangt, so müssen wir uns zuerst die Frage stellen, was ihre Eltern überhaupt zusammeobrachte. Da finden wir, daß es meistens schlechte Charaktereigenschaften waren, unbändige Leidenschaft an einer Seite, vorwiegend beim Mann, sorgenloses Vertrauen und so manche andere Ursache von seiten der Frau. Niemand stellt sich gewöhnlich die Frage, was die Eltern ihren Kinde in die Wiege gelegt haben; und dies ist ja von höchster Bedeutung! Wenn echte Liebe es war, die die Eltern zusammenbrachte, und die Erziehung im Geiste des Evangeliums erfolgte, der christlichen Liebe, wurde da nicht der Fall eintreten, daß die guten Faktoren der Eltern zum Ausdruck kommen? Wieder müssen wir uns über jene wundern, die den Einfluß der Umwelt so stark betonen, andererseits aber, wo eo ihnen nicht paßt, ihn völlig übersehen, besonders wenn auf die religiose Umwelt das Gespräch kommt. Dieser geistige Einfluß, und erst recht der Einfluß der Gnade Gottes, des Sakralen, entspricht nicht ihrer materialistischen Auffassung, wie unbegründet diese auch sein mag. Wir haben leider in Europa die Möglichkeit gehabt, "Früchte" rassenreiner Ehen zu beobachten, die im Vergleich mit der hinausposaunten "Schlechtigkeit" der Mischlinge sich als infernal bezeichnen müssen. Man lese nur die letzten Seiten der Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts.
Wenn der Mensch aus der Liebe geboren ist und für die Liebe lebt, wie ausgeprägt wird da sein Charakter sein, getragen vom Geiste der Liebe, ungeachtet seiner Rassenmischung! Selbst schon vom anthropologischen Stnadpunkt sind solche gemischten Ehen nicht nur gestattet, sondern sogar in einem gewissen Ausmaße notwendig, wenn es nicht zur Degeneration kommen soll. Natürlich muß das Familienleben im christlichen Geiste geführt werden, wenn das entsprechende Ziel erreicht werden soll. Eine Mischung zweier Nationalitäten ist in der Welt nicht nur wünschenswert, sondern ist eine für die Welt des Menschen absolut notwendige Erscheinung, die uns belehren soll, daß wir alle Kinder eines und desselben Vaters, wie auf Erden, so auch im Himmel sind.
In diesem Zusammenhange haben wir eine Sache noch zu berücksichtigen. Nietzsche macht sich über die Christen lustig: "Die Erlösten sollten erlöster sein". Und mit vollem Recht! Viele, wenn nicht die meisten Christen leben, als ob sie nichts von der Erlösung gehört hatten, von ihrem Wesen, ihrer Wirksamkeit. Im Christen ist ja der alte Mensch gestorben, also: "Belügt einander nicht! Habt ihr doch den alten Menschen samt seinen Werken ausgezogen und den neuen angezogen, der nach dem Bilde sennes Schöpfers umgestaltet wird zur vollen Erkenntnis. Da heißt es nicht mehr Heide oder Jude, Beschnittener oder Unbeschnittener, Barbar oder Skythc, Sklave oder Freier, sondern alles und in allen nur Christus! (7) "Oder wißt ihr nicht, daß wir alle, die wir auf Christus Jesus hin getauft sind, auf seinen Tod hin getauft wurden? Wir werden also durch die Taufe auf den Tod mit ihm begraben. Wie aber Christus durch die Herrlichkeit des Vaters von den Toten auferstanden.ist, so sollen nun auch wir in einem neuen Leben wandeln." (8) Im erlösten Seinsbereich "da gibt es keinen Unterschied zwischen Juden und Heiden. Ein und derselbe ist der Herr aller, und er ist reich für alle, die ihn anrufen." (9).
Wie dürfen wir vergessen, daß wir alle in Christus vereint sind und Gleider an Seinem Leibe. Von diesem Standpunkte betrachtet sind gerade die Mischehen ein überaus wichtiger Faktor, natürlich wenn alles andere in Ordnung ist. Solche Ehen erinnern uns daran, daß wir nicht mehr nach dem Fleische leben, wonach physische Werte allein zu beachten sind, sondern als Erlöste im Herrn! In unseren Adern fließt das Blut des Erlösers, wie auch unser Leib Seinem heiligsten Leibe zugesellt ist. Überzeugen können wir uns, wenn wir anbetend das allerheiligste Altarsakrament betrachten, in DEM der sehnsüchtigste Wunsch und die Sendung des Heilandes auf eine sakramentale, aber reale Weise erfüllt ist: "Laß sie alle eins sein." (10)
Fortsetzung folgt
Literaturanmerkungen:
1) Gal. 6.2. 2) König. 13,1-19. 3) Dr. Besançon. Le Visage de la Femme 4) Weisheit 3,10-14. 5) Ernst Kretschmer, Geniale ilenschon, II. Auflage S. 90 6) PhDr. Otakar Porthold, Perla indickeho oceanu. 7) Kol. 3,9-11. 8) Rom. 6,3-4. 9) Rom. 10,12. 10) Joh. 17,21. |