DER UNSICHTBARE OPFERER-PRIESTER
(WURZEL, STAMM UND KRONE - XXII.)
von Dr.theol. Otto Katzer
Der Mensch sollte ursprünglich auch dem Körper nach geistig sein, nachdem er aber gesündigt hatte, wurde er auch den Geiste nach körperlich, sodaß er sich meistens nur mit dem befaßt, vas ihm die Sinne bieten. (1) Wenn es nun ihm selbst in der ungetrübten Geistigkeit unmöglich gewesen ware, Gott in Seiner kacht voll zu erfassen und zu begreifen, um DO weniger ist es ihm nach seinem Falle, seiner Sünde möglich. Einem grellen Schrei ähnlich klingt die Borniertheit derer, die allein die Sinneswelt gelten lassen wollen. An sie richtet Ilaton in seinem Sophistes die Worte: "Die einen, die Materialisten, zerren alles aus dem Himmel und der Welt des Unsichtbaren herab auf die Erde, als wollten sie geradezu Felsen und Eichen mit ihren Fäusten umklammern. Da packen sie an und behaupten steif und fest, nur das Greifbare und Faßbare sei das allein Existierende. Sie halten die körperliche Existenz für die Existenz schlechthin und sehen blasiert herab auf die anderen, auf solche, die neben dem körperlichen noch einen anderen Bereich des Seins anerkennen, und wollen durchaus keiner anderen Meinung Gehör schenken." (2)
Wie bitter erleben wir die in Buche der Weisheit diesbezüglich ausgedrückte Wahrheit: "... der Leib, der verweslich, beschwert die Seele, und die irdische Hütte drückt nieder den vieldenkenden Geist, Kaum fassen wir das, was auf Erden ist, und was uns vor den Augen liegt, finden wir mit nühe; vier wird denn erforschen, was im Himmel ist? Wer wird deinen Sinn erkennen, wenn du ihm nicht Weisheit gibst, und deinen Heiligen aus der Höhe seindest..´" (3). "Denn welcher Mensch kann Gottes Ratschluß wissen? Oder wer kann in Gedanken haben, was Gott wolle? Denn die Gedanken der Sterblichen sind fürchtsam, und unsere Vorsicht unsicher." (4) So ist es kein Wunder, wenn so mancher Mensch z.B. an der Existenz der Engel zweifelt, weil er sie für gewöhnlich nicht sehen kann, und das,was ihm die Kunst als Symbol bietet, meistens nehr seinen Unglauben, als seinen Glauben nährt. Mur geschieht dies aber nicht gerade mit Unrecht, da der körperliche Ausdruck an sich das bietet, was die Engel n i c h t sind. Vom "was sie nicht sind" zum "sind nicht", ist es psychologisch nicht weit. Er sei uns aber eine Analogie erlaubt, wie weit her der Vergleich auch genommen sein mag.
Nach dem ersten Weltkrieg kann über Europa eine Epidemie, die spanische Grippe, welche in wenigen Monaten mehr Menschonopfer forderte, als der ganze Krieg. Es soll der Phantasie des Lesers überlassen bleiben, sich die Schwärme der Viren vorzustellen, wie sie die erschöpfte Menschheit angreifen. Die Zahl der Krankheitserreger ist einfach unvorstellbar, genauso wie die Art und Weise ihres Angriffes; einzelne von ihnen hatten selbst einen kräftigen Körper in Kürze zu Boden gestreckt, und wurden oft ganze Schwärme von einer schwachen Konstitution zurückgeschlagen. Bis auf ganz vereinzelte Forscher hst sie niemand "in natura" gesehen, und dennoch zweifelt keiner an ihrer Existenz, und in Zeit der Gefahr wordenalle nur möglichen haßnahmen getroffen, um diesen "Unsichtbaren aus den Wege zu gehen".
Doch wir brauchen nicht zu weit weg zu gehen: Wie wenige Menschen gibt es, denen es zum Bewußtsein kommt, daß sie in ihren, Munde mehr Lebewesen beherbergen, als ganz Europa und Asien an Einwohnern zählt. Und so gibt es viele andere Dinge, die unvorstellbar sind, etwa das Atom, der elektrische Strom, von denen wir nur soviel wissen, daß sie sind und sich so und so bemerkbar machen, nie aber so aussehen, wie wir sie "sehen". Vorstellen können wir uns nämlich nur, was drei Dimensionen aufweist, alles aadere bloß denken.
Welch nun "gelahrtes" Geschrei, wenn uns der Glaube lehrt, daß unzählige Engel den Altar umringen, wenn das hochheilige Opfer beginnt, und erst recht, daß ein unsichtbarer OPFERER "über" dem Priester anwesend ist, der dann persönlich eingreift, wenn Seine Stunde gekommen ist.
Bevor wir mit der eigentlichen Behandlung unserer Frage anfangen, ist es notwendig uns noch einige Tatsachen ins Bewußtsein zurückzurufen. Die vielen Opfer, die waren sind und noch sein werden, sind in Verbindung mit dem Kreuzesopfer EIN OPFER, das ewig vor dem Throne Gottes dargebracht wird. Wie nun EINER in den vielen Cpfern sich opfert, opfern sich die vielen Opfernden in dem EINEN. Da alle hl. Messen, in Abhängigkeit von der ersten hl. Messe beim Letzten Abendmahl mit dem blutigen Opfer am Kreuze, dessen unblutige Vergegenwärtigung sie ja sind, ein ewiges, am himmlischen Altar dargebraentes Opfer bilden, beziehen sich die Konsekrationsworte des Letzten Abendmahles auf alle in Christi Namen dargebrachten Meßopfer.
Die moderne R-Technik des Fernsehens erlaubt es uns, etwas tiefer in das Gehemmis einzudringen. Ein Televisionsbild wird überall dort füur unsere Sinne gegenwartig, wo der Apparat entsprechend eingestellt ist. Diese Einstellung erfolgt dann, wenn alle dazu notwendigen Bedingungen erfüllt sind. Da nun alle heiligen Messen EIN OPFER bilden, beziehen sich die Konsekrationsworte des Letzten Abendmahles auf alle in Christi Namen dargebrachten Meßopfer. Sobald von den mystischen Gliedern, die vom Priester vertreten werden, das geschehen ist, was geschehen soll und die beim Letzten Abendmahle ausgesprochenen Konsekrationswortc erneut ausgesprochen werden, stellt sich auch die Transsubstantiation ein, als Ergebnis des EINMLIG gegenwärtigen, für unsere Sinne unsichtbaren OFFERERS. Das Televisionsgeschehen erwirkt nicht nur eine räumliche Einheit, sondern auch eine zeitliche, in dem Sinne, daß einmal ausgestrahlte Bilde auch zeitlich, im gewissen Sinne allgegenwärtig, aufgespeichert werden, welche bei entsprechender Einstellung sich als wirksam erweisen. Wir können uns nicht mit heute noch utopischen technischen Möglichkeiten befassen, der Vergleich aber (in Anbetracht des hl. Geschehens, des MYSTERIUM FIDEI, ein sehr unvollkommener Vergleich), soll uns das geheimnisvolle Geschehen etwas weniger unfaßbar machen, nämlich von dem, was geschieht, wenn die dazu befähigte Person die gebührende Materie, in Christo getreuer Intention, die Konsekrationsworte einspricht, als Vergegenwärtigung derer des Letzen Abendnahles.
Oberflächliche Behandlungen des erhabenen Geschehens, von welchen unser ganzes Leben, das zeitliche, wie das ewige, abhängig ist, erweisen sich an und für sich schon als eine Gotteslästerung. Die verflossenen Jahrhunderte traten mit einer heiligen Scheu an dieses Geheimnis heran. So lesen wir beim Kirchenlehrer, dem hl. Albert dem Großen: "Die Quelle dec Lebens ist aber das menschgewordene Wort Gottes, aus dem für uns das wahre Leben entspringt, Psalm 35. Denn bei Dir ist die Quelle des Lebens" usw. Zach. 13. "An demselben Tage wird sich eine Quelle öffnen für das Haus Davids". Johannes alsdann im 4. Kapitel: und "sie wird in ihm (dem Empfangenden) zur Wasserquelle, die in das ewige Leben fortströmt".
Mit dieser Quelle vereinigt uns das Sakrament. Durch den sakramentalen, wie auch den geistigen Empfang, wird ER selbst mit uns vereint. Durch die Eingliederung werden wir mit IHM vereint, wie der hl. Hilarius im Buche "Von den Synoden mit Bezug auf Joh. 17 bemerkt; "Du in mir und ich in ihnen, damit sie vollkommen eins sei, wie auch ebendort: "Damit die Liebe, womit du mich geliebt, in ihnen sei, und ich in ihnen". Das bedeutet also das Sakrament der Einheit.
So gibt es viererlei wunderbare Einheiten:
Erstens die Einheit der Aufopferung mit dem, was für uns aufgeopfert wird, zweitens die Einheit mit dem Aufopfernden, drittens die Einheit mit dem, DEM geopfert wird, und viertens die Einheit mit denen, für welche geopfert wird. (Dies alles) bei einer Einheit mit dem, was geopfert wird, denn wir bringen ja nicht mehr viele Opfer dar, sondern nur EINES IN ALLEN.
Sagt nicht Gott Isai I. "Was soll mir die Menge eurer Opfer?" und Hebr. 10: "Denn mit einem Opfer hat er auf ewig die Geheiligten zur Vollendung gebracht." Und ebendort etwas vorher: "Er aber, nachdem er EIN Opfer für die Sünden dargebracht hat, sitzt auf immer zur Rechten Gottes, und wartet hinfort, bis seine Feinde zum Schemel seiner Füße gelegt werden." SO also wird dieses in all den anderen angezeigte und gewollte Opfer zu EINEM OPFER. Und in diesem wird von Gott all das angenommen, was (von Ihm) angenommen wurde oder noch sein wird. Das ist in MaLach. I. enthalten, wo es von den gesetzlichen Opfern heißt; "Ich habe keinen Gefallen an euch und nehme kein Opfer an aus euren Händen. Denn vom Anfange der Sonne bis zum Untergange wird mein Name groß werden unter den Völkern und an allen Orten wird meinem Namen geopfert, und ein reines Opfer dargebracht werden." JA EIN (einziges) OPFER IST WAS AN ALLEN ORTEN DARGEBRACHT WIRD; DAS IST ALSO EINE IN ALLEN ANGENOMMENE OPFERGABE. Was wir da aufopfern, insofern es diesem EINEN (Oper) zugesellt wird, wird zu EINEM UND DEMSELBEN OPFER IN EBEN DIESEM (EINEN).
Nicht wird es abgewiesen etwa wegen des darbringenden Priesters. Es ist ja EINS MIT DEM OPFERNDEN: DENN ER IST PRIESTER UND OPFER ZUGLEICH, DER SICH AM ALTARE DES KREUZES AUFGEOPFERT HAT und uns das Amt der Darbringung übergeben hat. Auch schaut der Vater nicht auf unsere Hände, sondern auf die des ERSTEN OPFERERS, der uns die Verrichtung übergeben hat, Psalm 39. "Ein Ganzopfer hast du nicht verlangt, da sprach ich: Siehe ich komme, deinen Willen zu tun, oh Gott", das heißt: Ich komme, um mich selbst aufzuopfern, denn das ist Dein Wille. Isai 53: "Er wird geopfert, weil er selbst wollte. Bei der Stellvertretung von selten des Priesters opfert ER IN UNS SELBST, wenn wir dasselbe Opfer bringen, wie dies bei Dan.7 angedeutet wird, und (von Ihm) gesagt wird, daß ER vor dem Angesichte des ALLBETAGTEN dargebracht wurde. EIN JEDER ALSO, DER OPFERT, OPFERT IM PRIESTERTUM CHRISTI. Wie also der Vater Ihn nicht ablehnen kann, kann er auch dieses (unser) Opfer nicht. Johann.10. "Ich und mein Vater sind eins". Zu dieser Einheit sind auch wir berufen, daß wir zum Vater zurückgeführt werden, und mit dem Vater vereint werden, und dem Ursprunge, aus dem wir hervorgegangen sind, wieder angegliedert werden. So sagt eben Matth.12.: "Wer nicht mit mir sammelt, der zerstreut". So der 105. Psalm: "Sammle uns aus den Völkern, damit wir preisen deinen heiligen Namen, und uns rühmen deines Lobes". Das ist der Schoß Abrahams, der erste Weg des Glaubens, wohin wir alle in Christo Gläubigen wieder versammelt werden sollen.
Dieses Opfer weist auch die Einheit mit denen auf, für welche es dargebracht wird, mit den Gläubigen, nicht nur was den natürlichen Bereich anbelangt, sondern auch im Heiligon Geiste. (Hebr.2), "denn der, der heiligt, und die geheiligt werden, sind alle von Einem" (5).
In diesem Zusammenhange müssen wir weiter mit Gregor von Valentia anführen: "Hierher gehört, was gesagt wird, daß er, nicht ein Widerspruch ist mit dem, was der Apostel lehrt, daß nämlich CHRISTUS unsere Erlösung MIT EINEM EINZIGEN OPFER erwirkt hat, da wir eben kein von ihm verschiedenes, und ein dazu noch gleiches, was die Wirkungskraft anbelangt, darbringen. Es ist dasselbe, was den aufgeopferten Gegenstand betrifft, wenn auch auf eine andere Art und Wirksamkeit (dargebrachtes). Denn es wird jetzt nicht dargebracht, um erneut das menschliche Geschlecht mit Gott zu versöhnen, sondern als Vergegenwärtigung des Stammopfers (primariae oblationis) am Kreuze, zum Zwecke der Mitteilung seiner Früchte.
Deshalb hängt dieses (unser jetziges) Opfer von jenem einzigen Stammopfer ab, dessen Rinne es ist. So ist es, daß wenn es auch eine verschiedene Art und einen anderen Zweck aufweist ... es dennoch mit dem des Kreuzes gewissermaßen zusammengebracht werden kann, dem philosophischen Axiom entsprechend: Wo das eine wegen des anderen ist, sind beide EINS. Auf diese Weise stellt auch Ambrosius im Zusammenhang mit dem zehnten Kapitel des Hebräerbriefes fest: "Was also" - so sagt er -, "opfern wir denn täglich auf? Wir opfern zwar, aber zum Gedächtnis Seines Todes. DIESES OPFEP IST EINES, NICHT VIELE! Wieso denn eines und nicht viele? Jenes wurde für einmal dargebracht, im Allerheiligsten aufgeopfert. Dieses Opfer ist "Matrize", dessen, welches wir darbringen; es ist dasselbe, welches stets aufgeopfert wird. Also opfern wir nicht ein anderem Lamm heute und ein anderes morgen, sondern stets dasselbe. Infolgedessen ist DIESES OPFER DAS EINE OPFER. Sind denn auch, weil es an vielen Orten dargebracht wird, viele Christuse? Keineswegs, sondern EINR ist überall, Christus unser Hoherpriester. Er brachte das uns reinigende Opfer dar. Dasselbe opfern wir auch jetzt. Das, welches, wir darbringen, ist die Vergegenwärtigung dessen, welches Er dargebracht hat. "Das tut", so sagt Er, "zu meinem Andenken" (d.i. zur Vergegenwärtigung meines Opfers; O.K.). Kein anderes Opfer, als das unseres Hohenpriesters,- stets dasselbe bringen wir dar.
Ebenso Theophylactus zum zehnten Kapitel des Hebräerbriefes. "So fragt jemand, ob wir denn auch ohne Blut ein Opfer darbringen. So ist dem auch, denn wir gedenken des Todes Christi, weshalb wir von einer Aufopferung, nicht von vielen sprechen müssen. DASSELBE bringen wir stets dar. Infolgedessen ist unser Opfer als Einziges zu betrachten, während der Gesetzesopfer viele waren. Ähnlich bei Oecumenius und Sedulius.
Infolgedessen müssen wir saben:
I. E i n m a l hat Christus sein Opfer für die Sünden dargebracht. II. E i n m a l ist Er durch das eigene Blut in das Allerheiligste eingetreten. III. Mit e i n e m Opfer hat Er auf ewig die Geheiligten zur Vollendung gebracht. (6)
Heute ist es, mehr als zur Zeit des Tridentmums, notwendig, darauf aufnerksam zu machen, daß die Eucharistie in der ersten Reihe ein Sakrifizium, ein Opfer ist, und erst dann ein Sakrament. Es handelt sich nicht um eine bloße Gegenwart Christi (wobei es sich um eine körperliche, wenn auch sakramentale, dennoch reale handelt, nicht etwa um irgend eine bloße geistige), sondern um die Vergegenwärtigung Seines Opfers und um unsere Anteilnahenie als Glieder Seines Leibes.
Schön machte einst Villagagno auf die Sache aufmerksam: "Al ER seinen Leib darbot, tat ER es nicht (in ersten Linie; O.K.) zur Speise, sondern zur Aufopferung, indem ER sagte: "Das ist mein Leib, der für euch dargeboten wird, nicht der Leib, welcher euch ernährt." (7) "Ähnlich gibt es Gregor von Valentia an: "Das, so sagt der Herr, tut zu meinen Andenken, das heißt: vergegenwärtigt meine Aufopferung am Kreuze auf eine unblutige, möglichst aber so vollkommene Weise, daß das Gedächtnis in euch wach wird; wie die katholische kirche es auch tat. (8)
Wir haben schon früher darauf aufmerksam machen müssen, daß die Taufe kein für sich abgeschlossener Einzelakt ist; er erstreckt sich aber das ganze Leben! Die Taufe ist kein bloßes Moment, sie ist Leben, d.i. will gelebt werden. Erst dann, wenn alles gelebt wird, aber auch nach bestem Willen eingehalten wird, wird die anvertraute Gnade Gottes im Menschen wirksam, je nach seiner inneren Disposition. Der sakramentale Tod unser selbst mit Christus beim hochheiligen Meßopfer ist die wahre Erfüllung des Taufgelübdes. So wie Christus sich für uns geopfero hat, sollen wir uns mit Ihm Gott aufopfern. "Wer ein Opfer darbringt, werde selbst ein Opfer; es schlachte sich selbst für Gott derjenige, wer am Altare die Aufopferung Christi sieht." Damit nun, so bemerkt der hl. Gregorius, das heilige Leidensopfer Christi nicht fruchtlos verbleibt, müssen wir das nachahmen, was wir empfangen, und anderen verkündigen, was wir anbeten." (9) . Es ist ein Zeichen eines sehr schwachen Glaubens, wenn wir nicht imstande sind, bei dem hochheiligen Meßopfer den Herrn auf seinem Leidensweg zu begleiten, wie wir es ja als Glieder Seines mystischen Leibes tun sollten. Anstatt des Herumplapperns sollten wir über Leiden und Tod Christi meditieren.
Darauf hat schon Papst Pius XII. in seiner Enzyklika "Mediator Dei" aufmerkst gerächt, daß es für viele leichter und fruchtbarer ist, den hl. Rosenkranz zu beten oder über die Leidensgeschichte auf eine andere Weise zu neditieren, als die Meßgebete zu verfolgen, auf die sie sich ja nicht immer entsprechend konzentrieren können, überhaupt haben wir den Wert der Meditation über die Leidensgeschichte des Herrn nicht genügend eingeschätzt und praktizieren deshalb diese nur äußerst selten, obgleich sie das beste Fundament für den Aufbau des christlichen Charakters bietet, und das beste Gegenmittel gegen allerlei Anfeindungen von Seiten des bösen Geistes ist, wie auch gegen eigene Untugenden. "Nichts taugt so sehr dazu, die WURZELN der Leidenschaften herauszureißen", betont der hl. Petrus Samianus, "als das Gedächtnis der Wunden unseres Herrn, wie Er vor dem Richter steht, geohrfeigt wird, gegeißelt wird, bespuckt wird, mit Dornen gekrönt wird, geschlagen wird, wie Er ans Holz gehängt wird, am Kreuze stirbt, von einer Lanze durchbohrt wird."
In seiner Abhandlung über die heilige Messe sagt der hl. Albert der Große, daß ein ganz einfaches Gedächtnis oder Meditation über das Leiden Christi mehr wert ist, als wenn jemand ein ganzes Jahr am Freitag bei Brot und Wasser fasten würde, oder sich jede Woche ein Jahr hindurch bis zur Erschöpfung geißeln möchte, oder täglich den Psalter (ganz) beten würde." (1O) Nun sollte und ob der Vergegenwärtigung des Leidensopfers, des wahren Osterlammes die GEGENWART Christi während des hochheiligen Meßopfers, ganz besonders im Augenblicke der hl. Wandlung, eine Selbstverständlichkeit sein. Und da die zweite göttliche Person, wie wir schon angeführt haben, nicht deshalb Mensch geworden ist, um einfach unter uns gegenwärtig zu sein, sondern um sich für uns aufzuopfern und uns das Mit-leiden, Mit-sterben, Mit-auferstehen und "Mit-in-den-Himmel-fahren" zu versichern, wurde die Form dieses hochheiligen Sakrifiziums und allerheiligsten Sakramentes vom Konzil in Florenz definiert, und zwar für die ganze Kirche. (11) Die Konsekrationsform verteidigte beim Konzil zu Florenz der berühmte Theologe Kardinal Torquemada. In seiner diesbezüglichen Rede betont er, daß die Konzilsväter bei den Definitionen in der ersten Reihe die Wahrheit, dann die Notwendigkeit, nachher die Nützlichkeit und viertens die Liebe vor Augen hatten. Nachdem er sich auf die Autorität verschiedener griechischer Väter beruft, führt besonders den hl. Chrysostomus, Dionysius und Damascenus an, worauf er sich auf den hl. Ambrosius stützt: In dem Augenblicke, wenn es zur hl. Wandlung kommt, gebraucht der Priester nicht seine Worte, sondern spricht die Worte Christi aus. Es sind die Worte Christ, die die hl. Wandlung vollbringen. Mit Eusebius Emissenus betont Torquemada: "INVISIBILIS SACERDGS VIVIBILES CREATURAS MUTAT"("Der unsichtbare Priester verwandelt die sichtbaren Geschöpfe." Auf diese Worte beruft sich auch der berühmte Bischof Caspar Casalius Lusitanus in Trient 1563: "Siehe, der unsichtbare Priester, unser Erlöser, der für uns, die in der Welt leben, unsichtbar ist, verwandelt sichtbare Geschöpfe durch Sein Wort in die Substanz seines Fleisches und Blutes, aufgrund unsichtbarer Macht, indem ER sagt: Nehmet und esset, das ist mein Leib. Siehe, Irdisches und Sterbliches wird in die Substanz Christi verwandelt. Nicht klarer konnte es Emissenus ausdrücken!" (13)
Damit ist auch schon deutlich gesagt, daß dio Konsekrationsworte keinesfalls nur in Erzählungsform dargebracht werden dürfen, unter der Gefahr einer ungültigen Konsekration. Auch ist ihr leises Aussprechen für den eine Selbstverständlichkeit, der sich bewußt ist, daß er in diesem Augenblicke nicht mehr die durchführende Person ist, und daß durch ihn, wenn auch auf seinerseitiges Aussprechen der Konsekrationsworte, gehandelt wird, mit welcher Ehrfürcht muß da der Priester an diesen Augenblick herantreten! Der heilige Johannes Chrysostomus folgert aus der Tatsache, daß Christus es ist, der das Gpfer darbringt, daß der Wert des Opfers nicht von dem des darbringenden Priesters abhängig ist. Wer glaubt, daß das eine Opfer weniger wert ist als das andere (ob der Würdigkeit oder Unwürdigkeit des darbringenden Priesters; O.K. ), der ist sich nicht bewußt, daß Christus auch jetzt gegenwärtig ist und wirkt." (14) Durch seine Priesterweihe ist der Priester befähigt, Sprecher der Glieder des mystischen Leibes zu werden, aber auch Christi selbst. Bei der Konsekration geschieht dies in einem ganz spezifischen Sinne, da er durch das Aussprechen der Worte Christi es ermöglicht, daß sie zu denen werden, die Christus ein für allemal beim Letzten Abendmahl, der ersten Vergegenwärtigung Seines blutigen Opfers am Kreuze ausgesprochen hat. Es ist nämlich nicht der Mensch, der es macht, daß die Opfergaben zum Leib und Blute Christi werden, sondern CHRISTUS selbst, der für uns gekreuzigt worden ist." 15) Der Priester, so sagt der hl. Chrysustomus, verleiht nur seine Gestalt und Stimme dazu, die den Worten innewohnende Kraft ist aber die Gnade Gottes. Nicht weniger klar sagt es der hl. Ambrosius: "Wir sehen den Hohepriester zu uns kommen, wir sehen und hören IHN, sein Blut für uns aufopfern; folgen nun auch wir Priester lHM, so weit wir können, und bringen für das Volk das Opfer dar, wenn auch auf eine unverdiente Weise dennoch mit dem Opfer beehrt. Denn wenn es auch scheint, daß jetzt nicht Christus das Opfer darbringt, dennoch wird Christus auf Erden aufgeopfert, wenn wir Seinen Leib darbringen; ja es offenbart sich in uns als Opfernder ER, dessen Worte das Opfer, welches dargebracht wird, heiligen." (16).
"Also vollbringen die Worte Christi das Sakrifizium und Sakrament, die Worte dessen, DER wenn auch unsichtbar, dennoch real gegenwärtig ist. Dies betonen in Westen ganz besonders der hl. Ambrosius und der hl. Augustinus. Es ist die "consecratio divina, ubi verba ipsa Domini: Salvatone operantur. Nam sacramentum Christi sermone conficitur". ("die göttliche Konsekration, wo die Worte des Heilandes selbst wirken. Denn das Sakrament kommt durch die Worte Chribti zustande... CHRISTUS SELBST konsekriert täglich als Priester: ipse quotidie sacerdos consecrat suis verbis! (De benedict. Patr. IX, 30; PL. XVI, 719). Seine eigenen Worte konstituieren das Konsekrationsmoment. Ambrosius .... führt eine geradezu klassische Sprache. Im Anschluß an den vorausgehenden Gedanken, daß Christus selbst konsekriert, sagt er: IPSE CLMAT DOMINUS JESUS. Hoc est corpus meum. ES IST DER HERR JESUS CHRISTUS SELBST, der ruft: Das ist mein Leib. Mit erstaunlicher Klarheit stellt er nun (gegenüber früheren Stellen) die Worte des Herrn heraus, die Zaghaftigkeit, sie zu nennen, ist geschwunden, nimmer sind sie in ein Geheimnis gehüllt, das man niemand anvertrauen darf. Der Konsekrationsmoment ist gegeben durch das Aussprechen himmlischer Worte sowohl über Brot und Wein. Und die Worte, die auszusprechen über das Brot erforderlich sind, lauten: Das ist mein Leib. In der Umgebung des Ambrosius wird die Arkandisziplin früher verflacht sein als in Nordafrika, aber ganz geschwunden scheint sie auch noch nicht zu sein. Die nachdrückliche Betonung aber, daß es des Herren Worte sind, übten den tiefsten Einfluß nach dieser Richtung hin aus. Überaus wichtig ist, daß Ambrosius dadurch, daß er durch den Priester CHRISTUS SPRECHEN läßt, Bezug nimmt auf die Liturgie in welcher allein diese Worte Bedeutung haben." (17).
In einer Zeit, in welcher der GOTTESDIENST zum DIENST AM VOLKE geworden ist, der folgerichtig zur Vergötterung des Menschen führen muß, ist es von ganz besonderer Bedeutung, die Gegenwart des unsichtbaren göttlichen OPFERERS hervorzuheben, und natürlich beim Konsekrationsmoment nicht den uns bekannten Priester sehen und hören, wohl aber DEN HOHENPRIESTER selbst, der sich der Person bedient. Auch der Kirchenlehrer, der hl. Albert der Große macht zu seiner Zeit darauf aufmerksam, indem er sagt: "Denn es sind nicht die Worte des Priesters, sondern Christi Gottes, der die gesamte Schöpfung auf einmal geschaffen hat, und alles auf einmal ausspricht! (Non sunt enim verba Sacerdotis sed Chiristi Dei, qui totam simul genuit creaturam et totum simul pronuntiat (18). Wenn Gott selbst so ein Opfer für uns darbringt, welches sich auf alle Zeiten bis in die Ewigkeit bezieht, dann ist unsere Verpflichtung zur Anteilnahme an ihm vollauf gegeben.
Wir nehmen jetzt den Gedanken einer raumzeitlichen Television wieder au. Das, was gesehen wird, ist kein vom Original abtrennbares Bild, es existiert nur in Verbindung mit ihm, oder es exisxiert überhaupt nicht. Da wird wohl jemand sagen, daß es nicht so ganz stimme, denn in vielen Fällen sehen wir das Bild eines Menschen der schon längst gestorben ist. Wohl recht, er ist gestorben, aber hat nicht aufgehört zu existieren. Er lebt in Gott weiter und ist organisch, existentiell mit seiner Vergangenheit verbunden und sie mit ihm, denn das ist ja er, als Persönlichkeit genommen, die nicht vernichtet werden kann, nicht zu nichts werden kann. Wenn das möglich ware, so wäre das Ein Wunder, das grÖßer wäre als die Schöpfung selbst. Ist uns diese unbegreiflich, dann muß ihre Vernichtung noch unbegreiflicher sein!
Bei dem hochheiligen Meßopfer haben wir es also mit einem "Fernsehen, weit vollkommenerem natürlich, zu tun, denn durch das hochheilige Meßopfer wird DAS OPFER im vollen Sinne des Wortes gegenwärtig, zugleich mit seinem CPFEPER, als dessen Glieder wir am Opfer teilnehmen sollen. Wahrlich: "ER SELBST IST DER PRIESTER, ER SELBST DAS OPFER. Infolgedessen wird dieses Opfer nie und nirgend geschmälert oder vermehrt, verschleudert oder geändert, wenn ein gerechter oder verbrecherischer Prriester am Altare steht. Stets und überall bleibt dieses Sakrament dasselbe. Durch die Kraft und die Worte Christi wurde dieses Brot und dieser Kelch vom Anfang an konsekriert. Durch Christi Kraft und seine Worte ist und wird er stets konsekriert. CHRISTUS SELBST SPRICHT täglich in seinen Priestern. Sein Wort ist es, welches die himmlischen Sakramente heiligt. Die Priester walten ihres Amtes, doch Christus wirkt durch die Majestät seiner göttlichen Macht. DENN ER IST DER WAHRE MELCHISEDEK! (19).
Fortsetzung folgt.
Anmerkungen:
1) S. Gregorii Moralium Liber V. in Cap. VII. Beati Job, cap. XXXIV. 2) Platon, Sophistes, übersetzt von Karl Kundt, Platon Brevier, Karl Rauch Verlag, 3) Weisheit 9,15-17. 4) ebendert 5,13-14. 5) Beati Alberti Magni Tom XI. In Evang. D. Joan. cap. VI,133. 6) De sacrosancto Missae Sacrificio. Greg. de Valentia Disp. VI. qu. XI. De Ritu et Oblatione Eucho Punct. I. 7) Ad articulos Calvinianae de Sacramento Eucharistiae traditionis, Parisiis 1562, cap. Io p. 2. Autore Villagagno. 8) Qyuaestio sexta, De Forma huius Sacramenti. Gregorii de Valentia Commentariorum Tom. IV 9) R0F0 Aloysii Covarmi Veronensis... de Agno Eucharistico, Nr, 1/10, Lugduni 1638. 10) ebendert, 141-143.IJr. 11 Quaestio sexta De Forma huius Sacramenti, op.cit. 12 Harduini, Concilo Tom. Li 974 C-F, Concilii Florent, pars II. 13 Casalius, De Coena et Calice Domini, Liber I, fol. 110. Venetus 1583. 14) S. Joh. Chrysostomi, In epist.I. ad Timotheum homiliae 393/7, PG 62,612. 15) idem, De proditione Judae homiliae 383. PG 49, 38O. 16) S. Ambrosius, Enarrationes in 12 Psalm. davidicos. PL 14, 1O51 17) Der Konsekrationstext der römischen Messe. Dr. K.J. Merk, Rottenburg 1915, Seite 97-98. 18) S. Alberti Magni, la Libr. 4. Sentc Dist. Vili. De sacramento altaris et Eucharistiae. 19) PL 101 Albini seu Alcuini operum pars VIII. Confessio fidei, pars IV. De Corpore et Sanguine Domini. |