GÜLTIGE FORM II.
(Wurzel, Stamm und Krone XXI.)
von H.H. Dr.theol. Otto Katzer
Von der Form sagt Hugo de S. Victore, daß sie "die Vergegenwärtigung jener Worte ist, welche Christus beim letzten Abendmahle ausgesprochen hat, als er seinen Jüngern seinen Leib und sein Brot gab. Und wie Er damals jenes Brot und jenen Kelch vermittels dieser Worte in seinen wahren Leib und in sein wahres Blut verwandelt hatte, glauben wir ohne jeden Zweifel, daß diese Worte, wenn sie vom Priester in derselben Rangordnung und mit derselben Intention ausgesprochen werden, Brot und Wein in den wahren Leib und in das wahre Blut Christi verwandeln. Jene drei sind bei diesem Sakrament notwendig": "Rangordnung, Handlung, Intention; Rangordnung, daß er (der Opfernde) Priester sei, Handlung, daß er diese Worte ausspreche, Intention, daß er dies zum bestimmten Zwecke tue! (1)
Als wesentlich ist nun alles zu betrachten, was notwendig ist, um das zu erreichen, was der Heiland mit Seinem Opfer erreichen wollte. Deshalb muß die Form unbedingt mit der Intention, und zwar mit der getreuen, stets in Verbindung bleiben, da ja Christus selbst es ist, der als Opferer durch den Priester sein hl. Meßopfer darbringt, das Opfer seines mystischen Leibes! Der Ritus der hl. Messe wird gewöhnlich in das, was wesentlich ist (wie wir das zu verstehen haben, haben wir uns bereits gesagt; O.K.) und sich als notwendig wie für das Sakrifizium so auch das Sakramentum erweist, und in das, was unwesentlich ist und zur äußeren Ausstattung gehört eingeteilt. (2) Diesbezüglich dürfen wir aber keinesfalls den Fehler begehen, an die Eucharistie nur als Sakrament zu denken; zuerst ist Sie ein Sakrifizium! Wer diese Tatsache übergeht kann nie über die Konsekration im Klaren sein. So müssen wir mit Durandus a S. Porciano sagen: "Das, was im Meßkanon als Konsekrationsworte des Blutes gilt, gehört zu der von Christus festgesetzten Form, wie sie von den Aposteln an die Kirche übergeben wurden." (3).
Biel macht in diesem Zusammenhange aufmerksam, was lange vor ihm schon von vielen Theologen betont wurde, zu seiner Zeit, der Zeit der Reformation, jedoch von besonderer Bedeutung war, daß die Form nicht bei den Evangelisten zu suchen sei, welche den Stoff historiographisch behandeln. Das eine ist auf das schärfste zum Ausdruck zu bringen; die Essenz der Konsekrationsformel: "Das ist mein Leib, das ist mein Blut", blieb bei allen rechtgläubigen Liturgien unangetastet gleich; ihre Determination, ob nun in Worten ausgedrückt, wie dem sein sollte und in Rom auch war, bei den übrigen rechtgläubigen Riten, mit anderen Worten und anderer Wortfolge - oder unausgesprochen als Entschluß, die Konsekration zu dem Zwecke erwirklichen, welchen der Heiland festgesetzt hat, wurde von verschiedenen Häresien entstellt. Ganz besonders zeigte sich dieses bei den Albigensern und Waldensern im 12. Jahrhunder" im 14. Jhdt. bei Wiclif. So mußte das IV. Lateranum (1215) eingreifen, wie auch später das Konstanzer Konzil (1414-1418). Nach dem Konzil von Florenz (1438-1445) herrscht, was den genauen Wortlaut der präzisierten Konsekrationsform anbelangt, absolute Klarheit. Diese wurde beim Tridentinum (1545-1563) im Kampfe mit dem Protestantismus nur noch unterstrichen.
Die heilige Kirche hat hiermit nicht eigenmächtig eingegriffen, sondern nur das ganze von Gott eingesetzte Geschehen definiert; die Priester sind nun "durch das göttliche Recht verpflichtet, beim Gebrauche der Sakramente die von Christus eingesetzten Materien und Formen zu benützen. Das ist sicheres Glaubensgut, wie es sich aus der Einsetzung selbst innerlich ergibt; denn sie sind verpflichtet, echte Sakramente zu spenden, keine scheinbaren oder gefälschten. Sie verwirklichen aber keine wahren Sakramente, wenn sie dabei nicht die von Christus eingesetzten Materien und Formen benützen." (4) Da hilft keine Ausrede, die präzisierte Form entstammte der Tradition und lasse sich nicht voll durch die Heilige Schrift belegen, denn "die das Glaubensgut betreffende Tradition (traditio doctrinalis) ist immer eine göttliche, da der Glaube unmittelbar und formell allein auf göttlicher Autorität beruhen kann... Wenn nun die Tradition eine die Substanz der Sakramente oder des sakramentalen Opfers betreffende Anordnung beinhalte, ... so ist diese Tradition eine göttliche." (5).
Darüber, was als wesentlich, d.i. notwendig zu betrachten ist, haben wir schon gesprochen und werden ab und zu noch sprechen müssen. Neben dem hl. Thomas v. Aquin (6) und anderen schreibt darüber eingehend der hl. Bonaventura (7), und weist darauf hin, daß die hl. Kirche stets mit unversehrtem Glauben das erhalten habe, was sie von den Aposteln selbst empfangen hat, die sie persönlich in Tat und Lehren in die kirchlichen Riten eingeweiht haben; nämlich von den Aposteln Petrus und Paulus selbst, die sie als lebende Autoren gehabt hat, als verstorbene bewahrt. Deshalb sind die Sakramente von den Aposteln zu nehmen, nicht aber bei den Evangelisten zu suchen. Wir könnten darüber noch sehr vieles bringen. Es sei jedoch nur noch darauf hingewiesen, daß Papst Innozenz III. auf die Art zu sprechen kommt, wie Jesus selbst konsekriert hat, und darauf hinweist, daß kein triftiger Grund besteht, anzunehmen, Er habe auf eine andere Weise konsekrieren als vermittels der besprochenen Form (8). Dies umso weniger; da es sich ja nicht nur, und auch nicht in erster Linie, um ein Sakrament handelte, sondern ebenso um ein Sakrifizium! Infolgedessen müssen wir mit Capponi sagen, daß entsprechend dem Konzil zu Florenz und dem Papste Innozenz, alle bei der Konsekration des Kelches benützten Worte als substantielle zu betrachten sind, wie sie auch die Diözese Rom seit den ältesten Zeiten gebraucht (9).
Gerade die Form der Konsekration des Kelches, wie auch schon die getrennte Konsekration von Leib und Blut allein, zeigen vollkommen klar, daß es sich bei der Eucharistie keineswegs um ein bloße Gegenwart handle, um so weniger um eine nur geistige, sondern um die Vergegenwärtigung des wahren, geopferten Lammes Gottes, an welchem Opfer diejenigen direkt oder indirekt teilnehmen müssen, die von seinen Früchten genießen wollen. Wir haben schon darauf hingewiesen, daß das unblutige Opfer Christi und der Kirche nicht nur ein bloßer Akt der Buße ist, sondern auch ein Sühnopfer, aus dem sich diejenigen, die Gott wirklich lieben, nicht ausschließen können, vielmehr dem Heiland dafür dankbar sein müssen, daß Er ihnen dieses Opfer des eigenen "Ich" ermöglicht hat. Wir müssen uns aber darüber im klaren sein, was Buße und was Sühne ist.
"Buße ist zunächst eine Tugend, bestehend in Abscheu und Schmerz über die begangenen Sünden mit der Absicht, sie zu beseitigen. Der vorzüglichste Akt ist die Reue, die sich nach außen kundgibt, besonders durch Bekenntnis und Genugtuung. Objekt der Tugend der Buße ist die Sünde, insofern sie durch die Gnade Gottes unter Mitwirkung des Sünders tilg- und sühnbar ist. Sie ist zunächst auf die Vergangenheit gerichtet"
"Die Sühneleistung ist eine Betätigung der Liebe und Verehrung Gottes/ Christi. (Wenn nun Christus so viel für uns getan hat, und Seinem Vater so heiß Seine Liebe erwiesen hat, müssen wir, als Seine Glieder, auch mittun! O.K.), der Liebe zu den unsterblichen Seelen, (die ja Gottes Eigentum sind O.K.) und zur Kirche, (als der Braut Christi O.K.). Sie ist eine Betätigung des allgemeinan Priestertums, daher Aufgabe des Einzelnen, wie der Gemeinschaft. Sie entspricht der dankbaren Liebe zum beleidigten Gott und der Gerechtigkeit, welche die Gott zugefügte Verunehrung wieder gut macht, und die zugefügte Ordnung wieder herstellt. (Pius XI.)
Religionspsychologisch erscheint die Sühne als ein Bedürfnis der gottliebenden Seele und als eine der edelsten Äußerungen der Gottesverehrung, besonders wirksam motiviert durch große Ärgernisse und Gotteslästerungen, (an welchen es heute leider nicht mangelt! O.K.), wie andererseits veranlaßt durch schwere Heimsuchungen, die als verdiente Strafe des göttlichen Zornes angesehen werden. Religionsgeschichtlich ist sie daher besonders in der Form der Sühnopfer zur Versöhnung der zürnenden Gottheit." (10).
Die Sünde, als eine unendliche Schuld, wie auch die angebrachte adäquate Genugtuung fordern eine unendliche Sühne. (11).
Die Eucharistie ist also und kann auch nichts anderes sein, als ein Sühnopfer und dies muß aus der erweiterten From klar ersichtlich sein. Der Priester tritt nämlich an den Altar nicht nur um zu konsekrieren, sondern um konsekrierend zu opfern! Mit Berti müssen wir sagen, daß die Frucht des Sakramentes (und Sakrifiziums! O.K.) nicht von der rein materiellen Bedeutung der Wörter abhängig ist, sondern von der, welche ihnen Christus verliehen hat, und von der Intention, welche der Priester als Christi Stellvertreter aufweist (12).
Bei seinem Opfer fordert Christus unsere Anteilnahme, deshalb hat Er auch die unblutige Vergegenwärtigung und Erneuerung des Kreuzesopfers eingesetzt. Das rein mechanische Aussprechen der Konsekrationsworte genügt nicht; sollte das Unmögliche eintreten, daß die Kirche nicht mitopfern wollte, so wäre kein heiliges Meßopfer möglich. Deshalb müssen die Handlungen und Gebete den Opfergedanken zum Ausdruck bringen, wonach wir unsere Verbundenheit mit Christus im Leiden und Tod kundgeben, um an Seiner Auferstehung teilnehmen zu können und zum himmlischen Mahl zugelassen zu werden.
Wollte jemand selbst nicht opfern, vom Opfertische aber genießen, der würde einen Diebstahl begehen und Judas ähnlich sein. "Wer also auf eine entsprechende Weise Gott etwas opfern will, der bringe zuerst sich selbst als Opfer dar, wie der hl. Paulus es fordert: als lebendiges, heiliges, gottgefälliges Opfer", (Röm. 12,1) dann von dem, was er rechtmäßig erworben hat, das heißt von der Hand Gottes empfangen hat. So läßt er Gott etwas zukommen, was ihm später einen glücklichen Ertrag bringen wird." (13).
Aus diesem Grunde müssen alle bei der Konsekration des Kelches angeführten Worte als wesentlich betrachtet werden, da sie, wie der hl. Thomas Aq. bemerkt als determinatio praedicati, als Praedikatsdetermination aufzufassen sind, die natürlich erst den vollen Seinswert verbirgt. Ohne sie, ihr wenigstens virtuelles Vorhandensein, muß die Form unwirksam bleiben. (14) "Alle und allein die Worte gehören zum Wesen der Form des Kelches, welche adäquat die Eigenschaften der Eucharistie ausdrücken; jedoch ist die Eucharistie nicht nur als ein Sakrament zu betrachten, sondern auch als ein Sakrifizium" (15), welches natürlich nicht nur ein Opfer Christ, sondern auch Seines mystischen Leibes sein soll.
Wir haben schon genügend darauf hingewiesen, daß die Worte "Das ist mein Leib und Das ist mein Blut" allein nicht genügen, um die erwünschte Konsekration zu erreichen. Würde ein Priester ohne einen schwerwiegenden Grund sich mit ihnen begnügen, so, hätte er dabei die richtige Intention, würde er zwar konsekrieren, jedoch hiermit eine schwere Sünde begehen, würde es jedoch auch an der getreuen Intention mangeln, dann wäre die ganze Handlung null und nichtig (16). Wir werden noch einmal darauf zurückkommen müssen.
Dort, wo die als "Messe" bezeichnete Handlung nur eine Gedächtnisfeier ist, wie im Protestantismus und bei den protestantisierenden Modernisten, werden natürlich die Konsekrationsworte nur in der Form einer Erzählung vorgetragen werden können. Mit der Art und Weise des Vortrages befaßt sich schon der hl. Cyrillus von Jerusalem und sagt, daß eine bloß historische Rezitation keinen Effekt bei der heiligen Handlung haben kann, (17) soweit man von einer heiligen Handlung überhaupt noch sprechen kann. Wie wir bereits angeführt haben, wäre eine solche vielmehr eine Blasphemie, bei denen, die sich nicht unverschuldeterweise im Irrtum befinden.
Wir müssen noch bei einem Punkte stehen bleiben. Die Hauptperson beim hochheiligen Meßopfer ist ja nicht der Priester, auch nicht das christliche Volk als Einheit genommen, sondern Christus, der sich der Person des Priesters bedient. Wie wäre unter einer solchen Voraussetzung eine "historische" Darbietung der Konsekrationsworte logisch überhaupt möglich? Beachten wir nur gut die Interpunktion der entsprechenden Stelle im Kanon. Nach der erwähnten Aufforderung, daß alle von den Anwesenden von der himmlischen Speise genießen sollen, ist es nicht mehr der Priester, der spricht, sondern Christus der durch dessen Dienstbarkeit die Konsekrationsformel ausspricht, wie über dem Brote, so über dem Kelche. Beim neuen Ordo müssen wir jedoch mit Rücksicht auf die Interpunktion sagen: Entweder bekommt der Priester einen Einser aus Lesen, konsekriert aber nicht, oder er konsekriert und bekommt einen Fünfer (oder Sechser) aus Lesen. Beim "neuen Meßritus" ist bloß eine Person gegenwärtig, beim wahren Meßopfer müssen es zwei sein: Christus und der Priester. "Die heiligen Worte (bei den Sakramenten; O.K.) sind nämlich nicht als Predigt zur Belehrung der Gläubigen, zu betrachten, wie die Häretiker behaupten, mahnt Berti, sie bewirken jedoch, wie der hl. Ambrosius, Augustinus, Damaszenus und andere Väter bestätigen, daß sie sich dem Elemente anschließen, die Materie konsekrieren, und wenn wir von der Eucharistie sprechen, Brot und Wein in Christi Leib und Blut verwandeln (18). Daß das nicht aufgrund einer nur historischen Erzählung geschehen kann, wird wohl nicht notwendig sein eingehender zu begründen.
Die von der hl. Kirche in Florenz (19) und Trient (20) unter der Leitung des Heiligen Geistes präzisierte Form der Eucharistie darf nicht mehr geändert werden. Was die bestehenden anderen rechtgläubigen Riten betrifft, so müssen sie, wenigstens virtuell, all das beinhalten, was bei der römischen Form zum Auedruck gekommen ist! Rom ist Verkünder und Hüter des vom Herrn der Kirche verliehenen Kleinods, der Eucharistie. Ein jeder Priester wie auch jeder Laie kann diesen Wortlaut in einem jeden Missale Romanum, pars De defectibus Formae, jederzeit finden.
"Verba autem Consecrationis, quae sunt forme hujus Sacramenti, sunt haec: Hoc est enim Corpus meum. Et: Hic est enim Calix Sánguinis mei, novi et aetérni testaménti: mystérium fidei: qui pro vobis et pro multis effundétur in remissiónem peccatórum! Si quis autem aliquid diminueret," vel immutaret de forma Consecrationis Corporis et Sanguinis, et in ipsa verborum immutatione verva idem non significarent," non conficeret Sacramentum. Si vero aliquid adderet," quod significationem non mutaret, vonficeret quidem, sed gravissime peccaret."
"Die Konsekrationsworte, welche Form dieses Sakramentes sind, lauten: Denn dieses ist Mein Leib. Und: Denn dies ist der Kelch Meines Blutes, des neuen und ewigen Bundes: Das Geheimnis des Glauben, das für euch und für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden. Wenn jemand etwas an der Konsekrationsform des Leibes und Blutes auslassen oder ändern würde, und die ob der eingeführten Änderung angeführten Worte nicht mehr dasselbe bedeuten würden, so konsekriert er nicht. Würde er etwas hinzufügen, was den (wahren) Sinn nicht ändern würde, konsekriert er zwar, aber begeht eine sehr schwere Sünde."
Eigentlich sollte uns dies völlig genügen: Roma locuta, causa finita! Da es aber heute notwendig ist, den Text eingehender zu behandeln, wollen wir den Lesern einen kurzen Überblick gewähren.
Es waren die langsam sich einschleichenden Häresien, die die hl. Kirche gezwungen haben, das ihr vom Heiland selbst übergebene höchste Glaubensgut vor ihnen zu bewahren. Weil nun der Feind des Glaubens hinter tausend Masken immer von neuem aufgetreten war, wie er dies auch weiter noch tut, war eine Präzisierung, die nicht mehr rückgängig zu machen ist, unumgänglich. Über das Werden gibt Merk mehrere Anschauungen an, und sagt: "Am häufigsten ist nun jene auf dem Glauben an die Tradition aufgebaute Meinung, daß der Konsekrationstext, so wie er vorliege, auf den Herrn selbst zurückgehe und seine Vermittlung durch Petrus gefunden habe. Andere Erklärer verlassen diesen strengen Traditionalismus in der Überzeugung, daß der Konsekrationstext spätere Zusätze aufweise, und reden einem milderen das Wort, sind aber überaus zögernd in ihrer Aussprache. - 'Enim' sei hinzugefügt gleichsam als Kopula, in Angleichung an Matthäus, der das Wort auch im Konsekrationstext des Weines habe, - 'mysterium Fidei' gehe auf I. Tim. III,9 und 'aeterni' auf Stellen wie Hebr. XIII,20 zurück, also auf die hl. Schrift - wie überhaupt fast alle Worte in derselben ständen, woher sie genommen werden könnten, bzw. zusammengestellt seien. De Waal (in Anschluß an Fortescue) und Batiffol geben für die Herkunft der Worte 'mysterium fidei' ihre eigene Erklärung. Ausgegangen aber sei die ganze Änderung von der Kirche. Dieser mildere Traditionalismus läßt nun am Konsekrationtext eine Redaktion geschehen sein." (21) Wir müssen es Fachbüchern überlassen, näher das Gebiet zu behandeln, und uns hier mit dem Notwendigsten begnügen.
"Von Gregor dem Heiligen (+ 604) berichtet der 'liber Pontificalis', er habe im Kanon einen Zusatz eingefügt: augmentavit in praedicatione canonis diesque nostros etc. Auf diese Einfügung ist (nach Cagin und Baumstark) die ganze Tätigkeit des Papstes beschränkt. Außerdem wird von dem Angelsachsen Aldhelm diesem großen Papste die Rezitierung der Namen Agatha und Lucia zugeschrieben. Die Änderungen, die nach dem Papstbuche und der Angabe Aldhelms von Gregor am Kanon vorgenommen worden sind, beziehen sich also nicht auf den Konsekrationstext, sondern auf weniger wichtige Teile des Kanons. Sie setzen zugleich die Gebete 'Hanc igitur' und 'Nobis quoque pecc.' voraus. Das Vaterunser ist nun so eng mit dem Kanon verbunden gewesen, daß manche glaubten, bei diesen Worten finde die Konsekration statt. "Es liegt offenkundig eine Verwechslung vor, zu der das Wort 'oratio' Anlaß gab. Dasselbe wurde nämlich zur Zeit Cyprians (geboren um 200) im Sinne von Konsekrationstext gebraucht. Diese Bedeutung hatte es allmählich veranlaßt durch das Aufkommen einer Reihe von anderen Bezeichnungen für denselben wie prex, ordo precum, praedicatio an diese abgegeben. Als man später wieder las oder hörte, daß bei einer 'oratio' konsekriert wurde, verstand man darunter die Oratio sc. Dominica (das Vaterunser; O.K.) unter welchen Begriffe das Wort jetzt umging. Diese Anschauung hat auch Gregor und ihm erscheint sie als eine Tradition, die er auf den Herrn zurückführt. Der 'apostolischen' Sitte beim Vaterunser zu konsekrieren, steht aber zu seiner Zeit die Konsekration bei der 'prex' gegenüber, einem Gebete, das Gregor einem Scholasticus zuschreibt, so fern liegt ihm seine Redaktion. Gregor bezeugt hiermit die Stabilität der 'prex' zu seiner Zeit und zugleich die einmal vorgenommene, ihm aber nach Zeit und Urheber unbekannte Redaktion derselben. Da endlich Gregor das Vaterunser 'mox post precem', (= bald nach dem Gebet; O.K.) einfügt und nicht zwischen hinein, so zeigt dies abermals, daß die 'prex' eine innige Geschlossenheit aufweist.
Wenn wir weiter ins Altertum zurückgehen, so finden wir die Stabilität der 'prex' bestätigt. Aus dem Jahre 538 ist uns das nächste Zeugnis, ein Brief des Papstes Vigilius an den Bischof Profuturus, erhalten, in dem es heißt:
"Wir bezeugen, daß wir bei der Feier der Messen zu keiner Zeit und bei keiner Festlichkeit eine verschiedene Ordnung in den (Kanon=) Gebet haben, sondern die Gott dargebrachten Gaben stets in derselben Weise konsekrieren (semper eodem tenore ablata Deo munera consecrare). Wenn aber Ostern oder Christi Himmelfahrt, außerdem Pfingsten, Epiphanie und ein Fest der Heiligen Gottes zu begehen ist, so fügen wir einzelne den Tagen geeignete Ausschnitte ein, mit denen wir der hl. Feier und derjenigen Erwägung tun, deren Todestag wir begehen. Im übrigen aber halten wir die gewohnte Ordnung ein. Deshalb nun richten wir den Text eben dieses Kanongebetes, den wir durch Gottes Gnade aus apostolischer Überlieferung übernommen haben, so, daß er die Einfügung enthält.
Der Kanon also, mit ordo precum bezeichnet, beruht auf apostolischer Tradition. Zu Vigilius' Zeiten weist er Variationen auf. Was aber variiert in demselben, ist nicht etwa der Konsekrationstext, sondern sind die mit 'Quotiescunque...' angedeuteten Teile unser Communicantes und Hanc igitur, die auch heute noch diese Variierung zeigen. Im übrigen ist ihm der Kanon und damit der Konsekrationstext stabil." (22)
Gehen wir die vorhandenen Urkunden durch, dann müssen wir sagen, daß der Kanon zu Zeiten Leos I. (+ 461) wörtlich den heutigen Konsekrationstext enthält. Über seine angenommene Redaktion im vierten Jahrhundert werden wir gleich sprechen müssen. Anlaß dazu gab höchstwahrscheinlich die falsche Lehre des Arius, die in Christus nur ein Geschöpf, wenn auch ein bevorzugtes sah, und hiermit die Dreifaltigkeit Gottes selbst zur Auflösung brachte. Dies mag auch der Zeitabschnitt sein, in welchem die Epiklesis zum Konsekrationsmoment wurde, da ja der Sohn, und hiermit auch seine Worte, nach Arius nicht die entsprechende Macht aufweisen konnte, sich selbst gegenwärtig zu machen; dies konnte allein der Geist Gottes, der aber beim Arianismus nicht als eine selbständige Person aufzufassen ist, zustandebringen. Es mußte also dem Airanismus gegenüber betont werden, daß Christus die Macht wirklich besitzt, und daß die Konsekration aufgrund seiner Worte im Heiligen Geiste zustandekommt. Ganz besonders behandelt die Frage der hl. Augustinus. "In seiner Belehrung der Neugetauften sagt er: Das Brot, welches ihr auf dem Altare seht, ist, geheiligt durch das Wort Gottes, Christi Leib. Der, Kelch, nämlich das, was der Kelch beinhaltet, geheiligt durch das Wort Gottes, Christi Blut. (23) Wie überraschend! Nachdem das Gotteswort über Brot und Wein gesprochen ist, in demselben Augenblick ist auch die Wandlung vor sich gegangen. Der Moment der Konsekration wird also konstituiert durch das Aussprechen eines Gotteswortes und die zweimalige Anwendung desselben sowohl über Brot als Wein bezeichnet dasselbe als ein ganz bestimmtes, genau präzisiertes.... In verschiedenen Variationen hebt er immer wieder von neuem an, mit allem Nachdruck zu betonen, daß die Konsekrationsform das Geheimnis wirkt: noster panis et calix non qualibet, sed certa consecratione mysterium nobis fit (= unser Brot und Kelch wird zum Geheimnis nicht aufgrund der ersten besten, sondern einer ganz bestimmten Konsekration). (24) Dieses Brot und dieser Wein (den ihr nämlich sehet) wird, wenn das Wort beitritt, zum Leibe und Blute des Herrn. Nun erfolgt klar, was sich da zutrifft bei den heiligen Gebeten, die ihr hören werdet, daß (nämlich) auf das Wort der Leib und das Blut Christi zustandekommt. Denn wenn du auf das Wort verzichtest, was bleibt da als nur Brot und Wein. Füge das Wort hinzu, und schon wird es etwas anderes. Und was ist nun das Andere: Leib und Blut Christ. Nehmet das Wort weg, und du hast Brot und Wein. Füge das Wort bei, und es wird zum Sakrament . (25). In letzterem Satze ersteht wie ein Turm der Zentralgedanke des Meisters, so riesenhaft und grandios, daß er seine ganze sakramentale Theorie überschattet." (26).
Zuvorgreifend müssen wir hier auf etwas bereits Bekanntes aufmerksam machen. Im Kanon sind zwei Personen tätig: der das Christenvolk und Christus vertretende Priester - und Christus, der sich im entscheidenden Augenblicke der Konsekration der Person des Priesters bedient. Hiermit bekommt das scheinbar bedeutungslose Wörtchen "enim" eine ganz besondere Aufgabe. Es soll angeben, daß in demselbem Augenblicke der Herr persönlich eingreift, während der Priester schweigt. Jetzt greift der Herr selbst ein und gibt den Grund an, warum alle von dem Mahle genießen sollen: Das ist nämlich das wahre Osterlamm. Wir werden noch darüber sprechen müssen.
Wie wir bereits bemerkt haben, mußte dem Arianismus gegenüber die von ihm überbetonte Epiklesis in den Hintergrund gestellt werden. Wie gefährlich sich dieser arianistische Geist gestalten mußte, ist auch heute noch bei den schismatischen (soweit man nach dem ersten Vatikanischen Konzil von einem Schisma, welches ob der Leugnung des Primates und der Infallibilität nicht zugleich Häresie wäre, überhaupt sprechen kann; O.K.) Ostkirchen zu verspüren. Die Behauptung, die Konsekration erfolge erst auf die Anrufung des Heiligen Geistes, ist ganz bestimmt mindestens haeresim sapiens, d.i. nach Häresie schmeckend!
"Die Unterdrückung jeglicher Spur, die an eine Epiklese erinnern konnte, schuf auf der anderen Seite die Worte "mysterium fidei" .... Diese Worte "sind also derart als Parenthese in den Gedankengang eingeschoben, daß sie den Gang des Satzes mitten wie durch eine Interjektion unterbrechen. Es sollte zum Ausdruck gebracht werden, daß die Herrenworte die Wandlung vollziehen und daß weder vor noch nach denselben durch irgendwelche Worte zur Wandlung mitgewirkt werde. Wir haben denselben Vorgang in der äthiopischen Liturgie des hl. Johannes. Der Konsekrationstext des Kelches lautet dort: hic est calix sanguinis mei Novi Testamenti, prodigium admirabile, in vitam aeternam et in remissionem peccatórum. (= das ist der Kelch des Blutes des Neuen Testamentes, ein staunenswertes Wunder, für das ewige Leben zur Vergebung der Sünden). Die liturgische Ausprägung dieser Idee ist derart, daß sie schöner und großartiger nicht gedacht werden kann. Im selben Augenblick, in welchem die Konsekrationsworte bis "Testament" gesprochen sind, ist das Wunder vollzogen, ist das durch die vorausgehenden Worte vollzogene Geheimnis Gegenstand des Glaubens geworden. Nur eine Frage kann erhoben werden, warum nämlich die Worte "mysterium fidei" nicht hinter Sanguinis mei stehen. Allein da die ganze Exegese, wenn sie vom Blute des Herrn redet, das Blut des neuen Bundes versteht, sich also in beiden Worten die intimsten Begriffe miteinander verbinden, da außerdem schon Lukas die Stelle wiedergibt: hic est novum Testamentum in meo sanguine (= das ist das neue Testament in meinem Blute; O.K.), so erscheint es natürlich und begreiflich, daß man die Worte, die begrifflich zusammengehören auch grammatikalisch beisammenließ. Die Einfügung der Worte "mysterium fidei" ist also nicht gallischer Herkunft, zu welcher Annahme offenbar der Pariser Bischof Germanus verleitete, der die Einsetzungsworte mit Berufung auf Matthäus folgendermaßen widergibt: das ist der Kelch meines Blutes Geheimnis des Glaubens, der für viele ausgegossen wird zur Vergebung der Sünden. (27). Denn zu Germanus' (+ 576) Zeiten war sicher schon ein römisches Sakramentar in Frankreich, wie ja selbst die älteste erhaltene Handschrift des Gelasianum fränkisch ist. Zu dem entspricht der Konsekrationstext weder genau dem seiner Liturgie noch Matth. 26,28, worauf er hinweist. Es fehlt immer novi Testamenti (28). Von weiteren Erörterungen müssen wir hier absehen. Es sei nur noch in diesem Zusammenhange mit Suarez bemerkt, daß die Kirche Worte hinzugefügt hat, die keiner von den Evangelisten anführt: Accipite et comedite ex hoc omnes, d.i. nehmet hin und eßet von dem alle. Auch dürfen wir nicht die Tatsache übergehen, daß der Gebrauch der Konsekrationsworte in der Kirche schon lange bestand bevor die Evangelien niedergeschrieben wurden " (29)
An und für sich dürfte es schon ganz klar sein, daß es niemandem, auch dem Papste nicht gestattet ist, an der Form etwas zu ändern, wodurch sie einen anderen Sinn bekäme, als den, welcher ihr von Christus vermittels der Kirche verliehen wurde; eine solche Umänderung wird als eine substantielle betrachtet. Diesbezüglich gibt es sechs praktische Regeln:
Nil formae demas, nil addas, nil variabis, Transmutare cave, corrumpere verba, morari.
Kürze die Form nicht, erweitere sie aber auch nicht, verändere nichts. Hüte dich vor dem Verwechseln, die Worte zu verderben, bei irgendwelchen zu verbleiben (30).
Unter gewissen Umständen könnte die Kirche zwar den Ritus und die Zeremonien ändern, soweit sie den wesentlichen Sinn nicht gefährden. Bei der bis in das Geringste ausgearbeiteten Form wird es aber für etwaige Umänderungen wenig Spielraum geben, wie ja auch selbst die geringste liturgische Handlung, eine scheinbar ganz bedeutungslose von höchster Bedeutung sein kann, etwa das Tröpfchen Wasser, welches beim Offertorium in den Wein gegossen wird, oder das Wörtchen "enim", worüber wir später sprechen werden. So kann die Kirche keine neue Konsekrationsform einführen, oder eine bestehende umändern, da sie nicht Herr über die Sakramente ist, und es ihr nicht zusteht, eine Anordnung Gottes oder Sein Gesetz umzuändern. Alles was die Substanz der Sakramente jedoch betrifft ist Anordnung Gottes. Die Kirche hat keine Macht bekommen, die Materie oder Form der Sakramente, natürlich auch nicht die Intention zu ändern. So wenig wie sie irgendeinen neuen Glaubensartikel einführen kann oder ein göttliches Gesetz aufheben, kann sie ein neues Sakrament einsetzen, noch die festgesetzte Materie abschaffen. So erklärt Papst Hadrian VI.: Die Kirche könnte eine neue Form der Taufe noch einen anderen Sakramentes einführen, oder die festgesetzte auf irgendwelche Art "ausbessern"; eine solche Tat würde den Zorn Gottes über die Täter herabrufen. (31).
"Es gibt zwar solche, die behaupten, der römische Papst könne stets neue Gesetze einführen. Das verneinen auch wir nicht, ja betonen es sogar sehr. Jedoch ist es, höchst notwendig zu wissen, daß er neue Gesetze nur dort einführen kann, worüber die Evangelisten oder die Propheten sich nicht (endgültig) ausgesprochen haben. Dort, aber, wo der Herr oder Seine Apostel, wie auch die ihnen nachfolgenden hl. Väter klar in Worten etwas festgesetzt haben, dort kann der römische Papst kein neues Gesetz einführen, sondern muß vielmehr das Festgesetzte mit Leib und Seele bewahren. Wenn er das, was die Apostel und Propheten gelehrt haben, zu zerstören versucht (was Gott behüte) würde er kein Gesetz geben, sondern nur ein Zeugnis seiner Verirrung! Dies sei jedoch denen fern, die stets die Kirche des Herrn auf das beste gegen die Nachstellungen der Wölfe geschützt haben. So lesen wir schon beim Papst Zosimus (417-18): Etwas die Anordnungen der Väter einzuführen, oder etwas an ihnen zu ändern, dazu reicht selbst die Autorität des apostolischen Stuhles nicht aus. Die Wurzeln der Vergangenheit lassen sich hier nicht herausreißen und den Dekreten der Väter gegenüber gebührt unverletzbare Achtung. Wenn es nun nicht gestattet ist, etwas gegen die Anordnungen der Väter einzuführen oder diese zu ändern, umsoweniger ist dieses den Anordnungen Christi gegenüber erlaubt, wie auch dem göttlichen Rechte. Dasselbe lehrt der hl. Thomas in I.IIae Q. 97. a. 4, ad 3. Was das göttliche Gesetz betrifft, so steht ihm ein jeder Mensch ebenso gegenüber, wie eine Privatperson dem öffentlichen Rechte. Und so wie niemand sich vom menschlichen Gesetz dispensieren kann, als nur der, von dem es autorisiert wurde, oder der, dem es zugestanden wurde, kann von Anordnungen göttlichen Rechtes, die von Gott selbst stammen, niemand, nur Gott dispensieren, oder der, dem es eigens zugestanden wurde. (32) Also keinesfalls kann selbst der Papst etwas dagegen unternehmen, was von Christus selbst eingesetzt und durch die Apostel promulgiert wurde: so z.B. die Zahl der Sakramente, ihre Materie und ihre Form wie auch die Intention. Im letzten Falle gelten die Worte des Kirchenlehrers hl. Kardinal Bellarmin: "... die Form der Worte ist von Gott bestimmt", wer sie also umändert sündigt gegen Gott, und konsekriert häufig nicht, ohne jeden Zweifel, wenn die Anordnung die Substanz betrifft. Wenn nun das Sakrament von der Einsetzung Gottes abhängig ist, so wird es ganz gewiß kein Sakrament sein, wenn wir das nicht tun, was Gott selbst angeordnet hat.
Auch die Änderung der Materie der Sakrament wäre ein schweres Sakrilegium, wobei das Sakrament nicht zustande käme ... Etwas den Worten der hl. Schrift beizufügen, oder sie umändern, ist keinesweg gestattet: deshalb dürfen auch die Worte der (Form) der Sakramente auf keinen Fall geändert werden, noch können sie; dies umso weniger, da die Worte der hl. Schrift bloß zur Verkündigung bestimmt sind, die Worte der Sakramente zur Verkündigung und Heiligung". (33)
Würde es jemand trotzdem wagen, dann wäre das "ein Zeichen schwerer Vermessenheit und Anmaßung der Autorität über das, was von Christus und die Kirche eingesetzt ist, was nur einer großen Verwegenheit entspringen kann. Eine solche Handlung wäre gegen alle Regeln der Vernunft in einer schwerwiegenden Angelegenheit, und deshalb, eine Todsünde. Auch kann nicht gesagt werden, es handle sich bloß um eine kleine Änderung, da die Aufmerksamkeit nicht (so sehr) der Änderung zu widmen ist, als dem, auf was sie sich bezieht, das auf diese Weise der privaten Autorität unterstellt wird. Die aus den Worten Christi bestehende Konsekrationsform wird so einer privaten Autorität unterworfen. Infolgedessen besteht die Sünde nicht so sehr in der Änderung selbst, wie in der widerrechtlichen Machtergreifung über eine Sache, die vollauf ausgenommen ist. (34).
In diesem Zusammenhang. taucht auch neu die Frage auf , ob es erlaubt ist, die Worte der Form der Sakramente in die Umgangssprache zu übersetzen. An und für sich bestünden keine so großen Gegengründe, wenn nicht da Gefahr der Verfälschung gar so groß wäre, wie wir es leider soeben bei dem "pro multis" sehen, welches fälschlich und unerlaubt mit ,"für alle" übersetzt wird. Für die dogmatische Dokumentation ist allein die lateinische Vulgata bestimmend, und bei der Liturgie geht es auch nicht um das Latein als solches, sondern um den authentischen, den inspirierten voll vertretenden Text. Wer diesen beiseite schieben möchte, versündigt sich also gegen den Heiligen Geist, der ja Hauptautor der heiligen Schrift ist. Infolgedessen "ist jede Zurückweisung der Vulgata absolut unerlaubt". Trotzdem hat es auch sonst, verständige Männer gegeben, die dies für möglich gehalten haben. "Allein es ist leicht einzusehen, daß dies nicht die Meinung der Kirche ist. Unter keinem Vorwande darf die Vulgata bei offiziellen lehrhaften Erörterungen zurückgewiesen werden." (35) Wie ernst die Sache zu nehmen ist, darüber belehren uns die tollsten Übersetzungen der liturgischen Texte der Neuzeit. Nicht umsonst sagt ein italienisches Sprichwort: Tradutore-trasitore! Der Übersetzer ist ein Verräter!
Nicht selten, und heute besonders, taucht aber bei einem solchen Vorgehen die Gefahr auf, daß der Vorsuch gemacht wird, eine falsche Lehre in die Liturgie durch ihren Text einzuführen, ganz besonders bei den Konsekrationsworten. Werden diese etwa nur in der Erzählungsform dargeboten, dann wird das hochheilige Meßopfer auf eine Abendmahl-Gedächtnisfeier reduziert und für die protestantische "sola fides" (= der Glaube allein genügt; O.K.) annehmbar gemacht. Daß dem leider wirklich so ist, dafür zeugt die falsche Interpunktion bei den Konsekrationsworten im Novus ordo, der neuen sog. Meßordnung, und den ihnen vorausgehenden. Für diesen Fall gilt aber was z.B. bei Suarez angeführt wird: "Wenn jener, der es versucht, die Irrlehre einzuführen, dies in der Form zum Ausdruck bringt, dann ist diese Änderung als eine substantielle zu betrachten und es kommt nicht zur Konsekration!" (36) Noch niederträchtiger ist es aber wenn diese Worte eine Mehrdeutigkeit zulassen. Will jemand auf diese Weise unkennbar die Irrlehre einführen, dann ist die Handlung ungültig nicht nur ob der falschen Intention, sondern auch ob der deshalb falschen Form. Wer einer mehrdeutigen Form den wahren Sinn durch eine getreue Intention verleihen will, konsekriert zwar sündigt aber schwer, was aus dem bereits Gesagtem schon klar sein sollte und noch erörtert wird. (37). (Daraus ist klar ersichtlich, daß selbst der Papst keine mehrdeutige Form anordnen darf. Ebenso klar ist: niemand darf ihm gehorchen, wenn er es trotzdem tut. Niemand darf eine mehrdeutige Form benützen, wenn eine eindeutige vorhanden ist. Hat uns aber der Begriff "Todsünde" nichts mehr zu sagen, dann befinden wir uns moralisch am Rande des Abgrundes!) Wie wir bereits angeführt haben, hatte die hl. Kirche stets mit solchen falschen Einstellungen zu kämpfen, besonders bei den Albigensern usw. später Wiclefiten und Reformatoren aller möglichen Arten. Wollte man Leuten dieser Art entgegenkommen, um ihnen die von ihnen meistens nicht aufrichtig erwünschte Wiedervereinigung dadurch zu ermöglichen, daß man die präzisierte Form der Eucharistie als Sakrifizium und Sakrament genommen, einfach preisgibt, und zu einer mehrdeutigen greift, dann ist das eine Gotteslästerung ärgsten Ranges, eine Sünde gegen den Heiligen Geist, welche ob ihren schwerwiegenden unheilvollen Folgen zum Himmel um Rache schreit. Wenn ein Großteil der Kinder der hl. Kirche auf diese Art einen Weg ohne Gnade betritt, denn ist die Schuld derer, die es verursacht haben, einfach unermeßlich. (38) Da gilt keine Ausrede, die Absicht sei gut, wenn die Mittel im gröbsten Sinne des Wortes verwerflich sind." Die Mehrdeutigkeit zusammen mit der Mentalrestriktion wurde vom Papst Innozenz XI. verworfen. Es ist besonders unannehmbar, die Mehrdeutigkeit dort zu benützen, wo sie als eine Anerkennung der Irrlehre betrachtet werden könnte. "Was schlecht ist, ist immer schlecht" (39)
"Der Sinn ist gleichsam die Seele des Wortes, bemerkt Suarez, da das Wort nicht um der Laute willen ausgesprochen wird, sondern ob des Sinnes. Wenn also derselbe Sinn verbleibt, wird auch angenommen, daß dasselbe Wort bleibt und dieselbe Form. Wenn jedoch der Sinn geändert wird, ist es notwendig, wie das Wort, so die Form substantiell zu ändern!" (40) Kommt es zur Änderung des Sinnes und wird durch das beibehaltene Wort der ursprüngliche eigene Sinn vorgetäuscht, dann haben wir es mit einer abscheulichen Niederträchtigkeit zu tun, und es gelten hiefür die Worte des Herrn. "Ein böses Leben und ein zweizüngiger Mund sind mir ein Greuel! " (41)
Es sei an diesem Ort noch darauf aufmerksam zu machen, welche verhängnisvolle Folgen die falsche Übersetzung "für alle" meistens haben wird. Die Mehrzahl der Menschen wird auf den Einsatz aller Kräfte für die Wiedererlangung und Vermehrung der heiligmachenden Gnade durch die Sakramente und Sakramentalien verzichten, wie auch auf eine wahre, durch den Geist der Sühne sich erkennbarmachende Reue. Die freventliche Hoffnung auf Gottes Barmherzigkeit wird sie durch die Verstocktheit in der Sünde zur Unbußfertigkeit führen, und hiermit der Hölle in den Rachen. Wer wird heute noch zweifeln, daß die so eingeführte Änderung der Konsekrationsworte "für alle" fast ausschließlich im falschen Sinne, der sich ja von selbst als erster aufzwingt, eine solche Konsekration jedenfalls schwer sündhaft macht, und bis auf immer geringer werdende Ausnahmen diese auch ungültig. (42). Dazu sind die Worte "das für euch und für viele vergossen wird" als zur Substanz der Konsekrationsform gehörig betrachten, was wir uns noch später zeigen werden "da sie adäquat und vollkommen die Natur der Eucharistie angeben!" (43).
Aus dem eben Angeführten ist klar ersichtlich, daß es sich bei "für alle" um eine neue Wahrheit handelt, von der wir uns ja sagten, daß niemand selbst der Papst nicht, berechtigt ist diese einzuführen, und wenn er das trotzdem tun möchte, dies ein Zeichen der Gotteslästerung wäre. Arriaga behandelt eine andere Möglichkeit, daß nämlich der Konsekrationstext die Worte aufweisen würde: "der für euch nicht dargebracht wird" und weist darauf hin, daß, was ja klar ist, eine solche Konsekration null und nichtig wäre. Nicht anders verhält es sich aber mit der Umänderung im anderen Sinne: "der für alle ausgegossen wird". Auch in diesem alle haben wir eine neue Wahrheit vor uns, (44) wie auch eine ungültige Konsekration!
Wir müssen hier noch auf die tückische Erklärung der Kopula "est" "das ist" hinweisen, welche im Sinne der Transsignifikation vielfach gedeutet wird, indem man dem "ist" die Bedeutung "zeigt sich als" unterschiebt. Das Brot bleibt Brot und Wein bleibt Wein, aber sie bekommen einen neuen Zweck, eine neue Bedeutung, nämlich auf den wahren Leib und das wahre Blut hinzudeuten. Diese Transsignifikation d.i. Umdeutung bespricht und verwirft schon der Hl. Bellarmin. (45).
Wie sehr müssen wir uns da die Worte der Worte des hl. Augustinus zu Herzen nehmen: "Beide sind schuld, wie der, der die Wahrheit verhüllt , so auch der der lügt; denn jener will nicht nützen, dieser will schaden!"
Fortsetzung folgt.
Literatur: (1) PL 176 Hugonis de S. Victore Summa Sent. Tract. VI. cap. IV. De orma Sacramenti Eucharistiae, 140. (2) Commentaria in rubricas Missalis auctore Paulo Maria Quarti, Venetiis 1727, Sect. I. punct . 1. (3) Durandi a Sancto Porciano in Sententias theolog. Petri Lombardi Lib. 4 Dist. 7. Qu. 2. (4) Commentariorurn ac Disputationum in tertiam partem divi Thomae, Tomus terrius qui est primus de Sacramentis. Auth. Franc. Suarez. Qu. 65. D.16. s. 2. (5) Suarez, De Fide, sect. IV. 6. (6) Vgl. neben der Summa, S. Thom. Aqu. Super Epist. S. PauIi lectura 1 Cor. 673 - 686. (7) Sancti Bonaventuri opera, Lugduni 1668, Tom II. Expositio in cap. XXII Lucae, Tom. V Lib. IV. Sent. Dist. VIII. Qu. II. Pars II. art. I. (8) PL 217 De sacro altaris mysterio libri sex, lib. IV. c. VI. (9) Capponi D. Thomae III. pars Venetiis 1596 Qu. XIX. alias 78, Appendix. (10) Buchberger, Lexikon für Theologie und Kirche, zweite Auflage. (11) Summa III, 1,2 ad 2. (12) Jo, Laurentii Berti, 0pus de Theologicis disciplinis, Tom. IV. Romae 1765. cap. VII. prop. IV. (13) Aquensis concilii sub Pipino habito Lib. I.cap.10. (14) S. Thom. Aqu. I Cor. 681. (15) Verani, op. cit. Disp. X. De Forma Sacramenti Eucharistici 13. (16) Gregorii de Valentia Tom. III. Dispo VI. qu. IV. sequ. (17) PG 33 De doctrina S. Cyrilli Dissertatio III. 279 A. (18) Berti op. cit. cap. VII. De verbis quibus consecratur Eucharistia, prop. V. (19) Denz 715. (20) Catechismus romanus, pars II, XX, XXI. (21) Dr. K.Jos. Merk, Der Konsekrationstext der römischen Messe, Rottenburg a.N. Bader 1915, S. 24-29. (22) ebendort S. 48-52. (23) Hom. 227 in die Pasch. IV. P.L. 38,1099. (24) Contra Faust. XX,13. (25) Serm. inediti P.L. 46,834 sqq. (26) Merk, op. cit. 93-95. (27) Sancti Germani expositio brevis liturgiae gallicanae. P.L. 72,93. (28) Merk op. cit. 146-150. (29) Suarez. Commentariorum ac Disputationum in tertiam partem divi Thomae. Tom III. qui est primus de Sacramentis, qu. 78 art. 2. (30) Tanquereyr, Synopsis, III. nr. 350. (31) Jo. Laurentii Berti. Opus de Theologicis disciplinis, tom. IV. liber trigesimus, cap. X. (32) Theologia Dogmatica et Moralis secundem ordinem Catethismi Conc. Trident. auctore Natali Alexandro, Venetiis, 1698, Tom II. Lib. II. De Sacr. Euch. Regula III. (33) Bellarmin, Controversiarum, Tom. 3. Cap. XXI. De Sacramentis in genere. Lib. I. (34) Zacharias Pasqualigo, De Sacrificio Novae Legis, Tom I. qu. 219. (35) Kaulen, Geschichte der Vulgata. 411. (36) Suarez, op. cit. qu. LX art. VIII. disp. II. sec. V. (37) ebendort. (38) Vgl. Gabrielis Biel, Sacri Canonis Missae Expositio, Lipsiennium, 1513, Lectio LII. (39) Vgl. De venerabili Eucharistiae Sacramento Decisiones Theologico - Legales auctore Joanne Cleriacato, Venetiis 169z, Pars II.,100. (40) Suarez, op. cit. Disp. II. sect. IV. qu. 60. (41) Sprüche 8,13. (42) Vgl. Suarez op. cit. qu. LXXVIII, art. II. sect. II. (43) Gonet, Clypeus Theologiae Thomisticae. Disp. VII. De forma Sacr .Euchar. § II. (44) Arriaga Roderich, Disputationes. Disp. septima. sect. IV. (45) Bellarmin, op. cit. cap. XIV. De Sacrament. Eucharistiae.
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