VERWIRRUNG
von Ambros Kocher
Verwirrung entsteht, wo Ordnung abgebt. Wo Gesetze nicht mehr gehandhabt werden, da entsteht Gesetzeslosigkeit, d.h. Gewalt und Anarchie. Sie ist böse, von der Hölle erfunden und genährt (Der Satan ist der Mann der Gesetzeslosigkeit). Verwirrung ensteht, wie die Tatsachen uns belehren, auch unter Guten. Die Schuldigen sind in den leitenden Kreisen zu suchen, Kreise, die sich vom Bösen leiten lassen. Es sind Männer, die ihre Pflicht vernachlässigen, bewußt oder unbewußt das Werk der Zerstörung vollbringen: Papst und Hierarchen.
Es ist hier nicht von jener Verwirrung die Rede, welche ganz allgemein in der Kirche unter Hierarchen und Laien herrscht. Es geht um jene, welche die guten Priester merklich oder unmerklich entzweit. Die guten und treu gebliebenen Priester mögen sich durch diese Zeilen nicht beleidigt fühlen. Es handelt sich lediglich darum, eine recht betrübliche und traurige Feststellung zu machen.
Als die sogenannte liturgische Erneuerung anhob, d.h. Veränderungen eingeführt wurden, die bei manchen schon von Anfang an schockierend wirkten; da wurde vorgegeben und von manchen auch geglaubt, es handle sich um ein berechtigtes Entgegenkommen gegenüber Wünschen liturgischer Kreise, um Veränderungen im Dienste besseren Verständnisses, um seelische Belebungsmittel. Die Priester nahmen solche Veränderungen entgegen, die einen mit Genugtuung, die anderen mit Widerstreben und Bedenken.
Unter die letzteren gehören die Priester mit geübtem Innenleben und mit theologischer Bildung. Es schreibt der englische Jesuitenpater Paul Crane in seinem "Christian Order": "Wie so viele andere es taten, so darf ich wohl annehmen, habe auch ich die ersten Änderungen in der Alten Messe ziemlich gedankenlos angenommen. Einige davon billigte ich sogar, wie etwa die Übersetzungen von Epistel und Evangelium ins Englische... doch andere, wie die Abschaffung des letzten Evangeliums, der Kniebeugung beim Credo und der leonischen Gebete nach der hl. Messe mißfielen mir von Anfang an, vor allem, weil ich keinen Grund dafür sah..." So erging es uns, so erging es manchem unserer Priester. Unser inneres Widerstreben war erwacht, der Sensus catholicus begann sich zu regen...
Heute, angesichts des völligen liturgischen Zusammenbruches, müssen wir uns davon Rechenschaft geben, daß Volk und Priester von Anfang an über Sinn und Ziel der sogenannten Erneuerung getäuscht worden sind. Es ging darum, ganz sachte und planmäßig Volk und Priester an den Umsturz zu gewöhnen, und zwar durch stufenweise angebrachte Veränderungen, wie Gift, das ebenso tropfenweise eingetröpfelt wird. Die wenigen guten Priester, welche sich weigerten, den letzten Schritt der Revolution zu tun, wissen es nur allzugut, daß die anfänglichen Veränderungen bloß dem Ziele dienten, den großen Umsturz möglichst anstandslos vollziehen zu können. Sie haben es erst in letzter Stunde bemerkt.
Nachdem nun einmal diese Tatsache unsern Priestern zum Bewußtsein gekommen ist, möchte man meinen, sie sollten der Logik entsprechend, die gesamte Veränderung abweisen, rückgängig machen und zur alten Liturgie, und zwar ohne jegliche Abstriche, zurückkehren, so wie sie unter den Vorgängern von Johannes XXIII. allgemein Geltung hatte. Warum finden diese unsere guten Priester den korrekten Weg zurück nicht mehr? Warum verharren sie in der Verwirrung? Ein Rätsel seelischen oder charakterlichen Verhaltens? Sieh einmal unsere guten Priester an (d.h. solche, die nicht dem Novus Ordo verfallen sind)! Wie wenige unter ihnen finden den mutigen Weg zurück. Die große Zahl verharrt innerhalb der Skala hundertfacher Varianten. Das nennt man einen Skandal, ein äußerst düsteres Chaos. Du wirst kaum zwei unter den guten Priestern (immer sind jene verstanden, die nicht dem Neuen Ordo verfallen sind) finden, die in der Liturgie völlig einig wären. Will man nicht als allzu konservativ gelten? Achselträgerei? Man kann wohl entgegenhalten, man solle sich mit der Tatsache zufrieden geben, daß sie den Neuen Ordo nicht angenommen haben. Sicher, wir sind glücklich darüber. Aber warum das fatale Schillern in allen Farben? Warum nicht einfach Rückkehr zur hl. kirchlichen, römischen und ewig gültigen Liturgie? Warum Akte unterlassen oder vollziehen, welche häretischen Aspirationen Vorschub leisten? Von der häßlichen Verdeutschung im Meßopfer wollen wir nicht reden, es möchte einem darob übel werden. Unsere Vorstellungen richten sich vor allem an jene Seelsorger, "die nichts zu verlieren haben", an die Ausgestoßenen, die sich zum Teil in ihre Bauten verkriechen.
Betrübliche Verwirrung herrscht ebensosehr in bezug auf den Heiligen- und Festkalender. Immer und immer wieder die häßlichen Konzessionen! Merkt man denn noch nicht, daß solche kalendarische Veränderungen und Verstümmelungen keinem andern Ziele dienen, als Unsicherheit zu verbreiten, gewisse Feste und Heilige in Vergessenheit geraten zu lassen, kurz die kirchliche Tradition zu vernichten! Wer glaubt, durch ein bißchen Nachgeben das Wesentliche retten zu können, der begeht eine Mißrechnung und läuft Gefahr, mit dem Strome mitgerissen zu werden. Um das sich regende Gewissen etwas zu beruhigen, geben sich manche Priester "mystischen Gedanken und Erwägungen" hin, glauben "mystisch erleuchteten Personen" mehr noch als dem Evangelium. Wie oft handelt es sich um bloße subjektive Halluzinationen! Man glaubt an Lokutionen, wenn es sich um bloße kräftige Einbildungen handelt. Der Teufel versteht es recht gut, sich auch solcher Personen zu bedienen, um Unsicherheit zu fördern und Verwirrung zu stiften.
Sehen wir uns ein bißchen in der Verwirrung um, wie sie in der Liturgie guter Priester herrscht. Daß die Herren ohne Birett auf dem Kopfe zum Altare schreiten, mag entschuldigt werden. Wie mancher sonst schon belasteter Kopf möchte noch mehr beschwert werden. Doch machen wir uns an die bedeutungsvollen Varianten heran:
Zum Staffelgebet. Was hat dir denn der Psalm "Judica" zuleide getan? Aus irgend einem Grunde magst oder willst du ihn nicht mehr. Und doch ist es ein nur kurzes aber erhabenes Gebet. Wieso haben unsere Heiligen einen solchen "unnützen" Psalm gebetet? Vor wem aber hast Du Angst? Es ist doch ein Psalm der Demut und des Vertrauens. Ps. 42 stellt mit Ps. 41 "einen ergreifenden Hochgesang zehrender Sehnsucht eines Diasporagläubigen nach Gott und seiner hl. Gemeinschaft dar... Den Priester soll die Sehnsucht nach den vollen Früchten des Altares erfüllen" (Eisenhofer I,75).
Hören wir, was Luce Quenette in den "Lettres de la Pérau diaires" 53,12 f. hierüber sagt: "... Eines Tages fand ich den Mut dazu, einen sicheren und bewundernswerten Priester zu fragen, warum er denn die Messe gekürzt habe, für welche er doch gerne sein Leben hingeben würde, diesen Anfang des Vertrauens und diese göttliche Offenbarung am Schlusse" (letzt. Ev.). Der Priester dachte eine Weile nach und sagte mir: "Ich glaube, ich habe es (Judica und letzt. Evangelium) aufgegeben, weil ich, wenn ich zuweilen in Pfarrkirchen zelebrieren durfte, ich "ihnen" zeigen wollte, daß ich nicht fanatisch an Nebensächlichem hänge" - "Und welche Anerkennung hat man euch deswegen erwiesen?" Keine, wohlverstanden. So glaube ich, daß er sich plötzlich dieser ewigen Schönheit bewußt wurde, aktuell wie noch nie in der Furcht und in der Liebe, am furchtbaren Altare.... Und an jenem Tage stellte er diesen wunderbaren Eingang wieder her, ebenso wie zum Schlusse diesen Abschied in Anbetung..." Ich erinnere mich an jenen Priester, den bei einer Beerdigung ihm feindlich gesinnte Priester der Diözese zwingen wollten, die gekürzte Messe zu lesen. Er erklärte mir später: "Einen Augenblick hatte ich Angst, soweit daß ich versucht war, einiges zu unterdrücken, französisch zu zelebrieren, alles zu verlassen - und dann bekam ich ein Licht: Meine Seele, willst du Verrat treiben, quare tristis es, quare conturbar me? Was bringt dir das Zugeständnis ein? Einen verachtungswürdigen Frieden, und deine Selbstverachtung! Also dann begann ich voll Stärke: Judica me Deus... Alle Furcht war verschwunden und kam nie mehr wieder". "Spera in Deo, quoniam adhuc confitebor illi..." Und diese bedingungslose Messe verließ die Pfarrei nicht mehr. Glaubst du wirklich, solcher feigen Zugeständnisse wegen werdest du der Lästerung und Verfolgung entgehen? Bewahre ein gutes Gewissens!
Wie herrlich und einmalig wirken die lateinisch gesungenen Epistel und Evangelium! Warum darauf verzichten? Kann man nicht hernach noch die deutsche Übersetzung geben? Ein unersetzlicher Verlust. Und du gibst das alles so leichten Herzens preis, gewöhnst dich gar daran! Und erst das demütige Niederknien beim "Incarnatus" im Credo! Ein Akt der Anbetung. Man begnügt sich mit einer Verbeugung; damit soll sich auch der Allmächtige begnügen! In die Knie mit dir, du schwaches einfältiges Wesen! Das Volk kniet nieder und ärgert sich ob des Verhaltens des Priesters. Auch du, guter und getreuer Priester wirst ob solchen Verhaltens Rechenschaft ablegen müssen. Eisenhofer I,125: "...wird mit den Worten "Et incarnatus est" des Geheimnisses der Menschwerdung gedacht, so beugt der Priester anbetend seine Knie..." Wenn du mir beweisen kannst. daß durch die Unterlassung dieses in die Kniefallens der Anbetung Gottes und deinem Seelenheil besser gedient ist, dann unterlasse eben, was du nicht zu tun vermagst... Aufschlußreich ist das Verhalten jenes mit doppeltem Dr. versehenen Würdenträgers, der im "Status Cleri" auf mehreren Seiten anzutreffen ist, und der an einem Sonntag in einer Züricher Kirche das tridentinische Amt zelebrierte: Das Credo sang er mit dem Volke, diesem zugewandt am Pulte. Währenddem das Volk beim "Incarnatus..." niederkniete, begnügte sich der gelehrte Herr mit einer verschämten und leichten Verbeugung dem Volke zu. Prosit zu solchem Bekenntnis!
Als noch schlimmer, wenn man so überhaupt reden kann, ist die Tatsache zu bewerten, daß so viele "gute" Priester in der Wandlung vor der Elevatio die Kniebeugung unterlassen. Warum und wozu? Um Gott mehr Ehre zu erweisen? Weil es einen überflüssigen Akt darstellt? Eine unnötige Vervielfältigung? Eisenhofer I, S. 183: "Wie einst Petrus im Gefühle seiner Unwürdigkeit nach dem wunderbaren Fischzug vor dem Herrn auf die Knie niederfiel, so beugt auch der Priester sein Knie, nachdem durch das Aussprechen der Konsekrationsworte Christus unter den eucharistischen Gestalten gegenwärtig geworden ist, erhebt dann Hostie und Kelch, mit ehrfurchtsvollem Blick sie begleitend, und zeigt sie dem Volke zur Anbetung". Mein guter Priester: Mit der Unterlassung dieser Kniebeugung leistest du häretischen Anschauungen Vorschub.
Magst wollen oder nicht. Die Unterlassung der Kniebeuge gehört in den Zusammenhang der häretischen Liturgiereform. Das "Gottesvolk" soll mithelfen, die Gegenwart Christi zu realisieren. Erst durch die Zustimmung dieses Volkes wird Christus gegenwärtig, und erst hernach erfolgt logischerweise die Kniebeuge. Beweise doch deinen Teil an Demut, kehre zurück Und wenn das Volk etwas merkt? Du dich schämen mußt? Was tut dies zur Sache? Das "Pater Noster" betet der Priester für sich und im Namen des Volkes. Die letzte Bitte wird von diesem gesprochen oder gesunge. Wie viel Eitelkeit und Sinnlichkeit mengt sich nicht mit dem "Gesange" des Volkes. Alles für die Gemeinschaft!
In das Kapitel der betonten Gemeinschaft gehört die Tatsache, daß vor der Kommunion der "Gläubigen" das Confiteor und die Absolution wegfallen. Es gibt Priester, die es beibehalten. Diese wissen recht gut, welche Hintergedanken dieser Neuerung zugrunde liegen. Warum bei der Kommunion das "Corpus Christi", das Amen, das hierauf folgen sollte, wirkt störend. Die Gründe, die zu solcher Änderung geführt haben, wirken nicht mehr glaubhaft. Denke doch ein bißchen in den Zusammenhängen! Dann die Vertauschung von Segen und Ite Missa est! Ganz Entgegen der Vorschrift von Pius V.. Erst ihr guten Priester, seid auf den Sprung gekommen. Während Jahrhunderten handelte man doch wohl gedankenlos.
Über das letzte Evangelium ist bereits gesprochen worden. Auf diesem Gebete liegt ein gewaltiger Segen, aus ihm entströmt unendliche Kraft. Wie kannst, du auch so leicht darauf verzichten!
Dann die Gebete von Papst Leo XIII.. Wohl überflüssig? Gehören nicht zur hl. Messe. Also weg damit. Du weißt genau, daß sie gebetet werden sollen, um Rußland von Europa abzuwenden. Mit jeder Unterlassung dieser Gebete räumst du ein Hindernis für das Kommen der Russen aus dem Wege. Machst du dir nichts daraus? Oder fehlt es an Überzeugung und Glauben? Oder willst du mit deiner Rückkehr zuwarten, bis es zu spät ist?
Siehst, wie viele Varianten unsern guten Priestern zur Verfügung stehen? Ein Skandal vor dem Volke! Es bleibt euch kein anderer Weg für eure Ruhe offen als: Kompromißlose Rückkehr zur unverfälschten und unveränderten Messe Pius' V.. Ihr könnt es. Es bedarf bloß der Einsicht, guten Willens und einer kleinen Dosis Demut!
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