DIE WEISSAGUNG DES ALTEN SIMEON IM TEMPEL
von Walter W.E. Dettmann
Im Evangeliums des heiligen Lukas heißt es: "Als die Eltern den Knaben Jesus in den Tempel brachten, um mit ihm nach der Gewohnheit des Gesetzes zu verfahren, nahm er (Simeon) das Kind auf seine Arme, lobte Gott und sprach: 'Nun entlässest Du, o Herr, nach Deinem Wort Deinen Diener in Frieden. Denn meine Augen haben Dein Heil gesehen, das Du bereitet hast vor dem Angesichte aller Völker als ein Licht zur Erleuchtung der Heiden und zur Verherrlichung Deines Volkes Israel'" (Luk. 2)
Es ist klar, daß die Heiden, von denen der alte Simeon sprach, über den wahren Gott und über die Art, wie er anzubeten war, erleuchtet werden sollten. Durch eine besondere Fügung fand die Weissagung darüber ja gerade im Tempel zu Jerusalem statt.
(I.) Aber wie langsam erfüllte sich diese Weissagung:
Die ersten Personen aus den Heiden, die erleuchtet wurden, wurden anfangs noch nicht vollständig über die eigentliche Art und Weise der künftigen Gottesverehrung erleuchtet Denn das "Weizenkorn" war noch nicht "gestorben" und noch nicht in die Erde gefallen (Joh. 12,24).
Als die Weisen aus dem Morgenland erleuchtet wurden und den "neugeborenen König der Juden" huldigten und das Kind anbeteten, gab es noch die Opfer des Alten Bundes im Tempel; der Vorhang im Heiligtum war noch nicht zerrissen.
Der Hauptmann von Kapharnaum und der Hauptmann unter dem Kreuz wurden zwar darüber erleuchtet, daß Jesus der Sohn Gottes war. Aber sie wußten noch nicht, daß das blutige Opfer auf dem Kalvarienberg später auf der ganzen Erde in unblutiger Weise erneuert werden sollte und daß die Worte "0 Herr, ich bin nicht würdig, daß Du eingehest unter mein Dach" zu den schönsten Teilen des hl. Meßopfers gehören würden. Auch die heidnische Frau aus Syrien, die zu Jesus sagte: "Sogar die Hündlein essen die Stücklein, die vom Tisch ihrer Herren fallen!" (Matth. 15,27), wußte noch nicht, welche kostbaren "Stücklein" die Heiden einstens vom Tisch des Herrn bekommen sollten.
In vertieftem Maße fand die Erleuchtung der Heiden über die volle Gottesverehrung erst durch den Apostel Paulus statt, der an die Hebräer schrieb; "Wir haben einen Altar, von dem jene nicht essen dürfen, die dem Zelte dienen" (Hebr. 13,10).
Wegen der Christenverfolgung, durch den römischen Staat setzte sich diese "Erleuchtung der Heiden" dreihundert Jahre lang in den Katakomben fort: In tiefen und versteckten Grüften wurde das heilige Meßopfer beim Schein kleiner Öllämpchen gefeiert. Dann kam fast plötzlich das, was der Apostel in der Geheimen Offenbarung die "Hochzeit des Lammes" nennt (19, 7-11), nämlich die Freiheit der Kirche und die geistige Vermählung, ungezählter Heiden mit dem "Lamme" in der heiligen Kommunion: "Selig die, die zum Hochzeitsmahl des Lammes berufen sind" (Apokal. 19,9), das heißt, glücklich jene, die die Freiheit der Kirche auf Erden und die öffentliche, ungestörte und feierliche Darbringung des heiligen Meßopfers erleben dürfen!
Der Apostel Johannes konnte es in seinen Visionen selbst kaum fassen, daß es einmal eine solche Zeit, ein "Tausendjähriges Reich" dieser Art geben könne. Deshalb wollte er in der Vision auch niederfallen und jenen Engel, der ihm alles erklärte, anbeten, was ihm dieser aber verwehrte (Apokal. 19,10) .
Als der oströmische christliche Kaiser Theodosius der Große im Jahre 394 n. Chr. bei der Stadt Aquileja in Norditalien die Übermacht der immer noch heidnischen weströmischen Truppen endgültig geschlagen hatte und siegreich m Rom einzog, legte ihm der zeitgenössische Dichter und Schriftsteller Prudentius folgende Rede an den römischen Senat in den Mund: "Alles, was die Welt umfaßt, ist dir, o Rom unterworfen. So hat es Gott gewollt, der dich zur Herrin des Erdkreises gemacht hat. Du darfst dich nicht mehr zum Staub erniedrigen durch die Verehrung irdischer Götter; als Königin kannst du dich nicht länger vor alten Torheiten beugen. Alle Völker hast du belehrt und ihnen Gesetze gegeben, und du willst dich noch länger durch entwürdigenden Götterdienst mit Barbaren auf eine Stufe stellen? Erkenne doch das glorreiche Zeichen auf meinen Waffen an, das Kreuz, mit dem einst auch Konstantin gesiegt hat (nämlich im Jahre 311. Unterwirf dich der Macht Gottes; vorlasse die abergläubischen und kindischen Götterbräuche!"
Danach feiert Prudentius die geistige Umgestaltung Roms und sagt: "Rom errötet über sein Abgelebtsein und über den Wahn verflossener Jahrhunderte. Reue erfaßt die Stadt ob des vergossenen Blutes der Märtyrer. Bei Tausenden von Gräbern rings um die Mauer will es nun Genugtuung leisten. Dem Glauben an Christum wirft es sich mit ganzer Liebe in die Arme. - Blicket in den Saal des Senates! Nur wenige ziehen in diesen Tagen noch die Finsternis vor, während die Sonne des Glaubens schon hoch am Himmel emporgestiegen ist. Blicket auf das Volk! Wie wenige sind es, die sich nicht mit Abscheu vom Altare Jupiters zurückziehen!" (zitiert aus dem Buch "Rom beim Ausgang der antiken Welt" von H. Grisar, 1901. S.7).
Die "Erleuchtung der Heiden" erhob sich erstaunlich schnell zu solcher Höhe, daß es in ganz Europa als schwerste Strafe angesehen wurde, "exkommuniziert" , das heißt, von der Teilnahme am heiligen Meßopfer und an der hl. Kommunion ausgeschlossen zu werden. Als der bereits genannte Kaiser Theodosius einmal im Zorn gegen die aufständischen Einwohner der Stadt Thessalonike (Saloniki) nicht nur Schuldige sondern auch Unschuldige hinrichten ließ, verweigerte ihm Bischof Ambrosius von Mailand das Betreten des Gotteshauses, bis er öffentlich Buße getan hatte.
Der deutsche König Heinrich IV., einer der mächtigsten Fürsten seiner Zeit, erschien im Jahre 1077 als Büßer vor Papst Gregor VII. (1073-1085) in Canossa und bat um die Befreiung von der Exkommunikation. Er wußte, daß er seine Königs- und Kaiserwürde aufs Spiel setzte, wenn er nicht mehr am heiligen Meßopfer teilnehmen durfte.
Der große und heilige Bischof und Kirchenlehrer Ambrosius von Mailand, der einen Kaiser am Betreten des Gotteshauses zu hindern vermochte; belehrte Tausende von Heiden immer wieder mit folgenden Worten über das heiligste Altarssakrament:
"Der Herr hat gesprochen, und der Himmel ist geworden; der Herr hat gesprochen, und die Erde ist geworden; der Herr hat gesprochen, und jede Kreatur ist hervorgebracht worden. Wenn also das Wort Christi so stark ist, daß das ins Dasein tritt, was vorher nicht existierte, um wieviel mehr vermag das Wort des Herrn solche Dinge, die schon existieren, in andere Dinge zu verwandeln! - Vor der Konsekration ist der Leib Christi nicht vorhanden; aber nach der Konsekration sage ich dir, daß es der Leib des Herrn ist" (De Sacramentis, 4. Buch; Kap. 4)
Von Paul VI., dem Nachfolger des großen heiligen Ambrosius auf dem Bischofsthron von Mailand, hat man noch niemals ein so klares und entschiedenes Wort an die heutigen Heiden und Nichtkatholiken gehört.
Zu einem allgemeinen Jubel wurde die Erleuchtung der Heiden, nachdem Papst Urban IV. im Jahre 1264 das Fronleichnamsfest eingeführt hatte und die beiden Lieder des hl. Thomas von Aquin (+ 1274) "Pange lingua" und "Lauda Sion" Allgemeingut der abendländischen Christenheit geworden waren. - Damals, als das Fronleichnamsfest eingeführt wurde, war Rudolf von Habsburg noch nicht deutscher König, sondern nur ein mehr oder weniger bekannter Graf. Eines Tages begegnete er auf der Jagd einem Priester, der das hl. Altarssakrament zu einem Kranken bringen wollte und wegen eines Hochwassers seinen Wog nicht fortsetzen konnte. Da gab der Graf sein eigenes Pferd, sodaß der Geistliche durch das Wasser reiten konnte. Nach Beendigung seines Dienstes brachte der Geistliche dem Grafen das Pferd zurück; doch dieser schenkte es der Kirche, weil er sich unwürdig fühlte, weiterhin auf demselben Pferd zu reiten, das seinem Gott gedient hatte. - Diese Begebenheit ist sogar von dem protestantischen Dichter Friedrich Schiller verewigt worden ("Der Graf von Habsburg").
Es war eine wirkliche Erleuchtung für die ehemaligen Heiden, als Thomas von Aquin sagte:
"Dieses Brot sollst du erheben, welches lebt und gibt das Leben, das man heut den Christen zeigt, dieses Brot, das einst im Saale Christus bei dem Abendmahle den zwölf Jüngern dargereicht"!
Die lateinischen Worte dieses Textes und vor allem die darin ausgesprochene Wahrheit wurde von den entferntesten und verschiedensten Völkern der Erde übernommen, soweit sie gewillt waren, sich den zehn Geboten Gottes zu unterwerfen. - Chinesen, Japaner, Inder und Neger beteten den Heiland im Sakrament ebenso freiwillig und demütig an, wie es die romanischen Völker tausend Jahre zuvor getan hatten. Das heilige Meßopfer wurde für die Heiden im fernen Osten und in Afrika ein ebenso kostbarer Besitz wie einst für die heidnischen Römer in Italien.
(II.) Aber wie wenig ist heute bei den Bischöfen des sogenannten Zweiten Vatikanischen Konzils noch übrig geblieben von der ehemaligen "Erleuchtung der Heiden"!
Es ist sonderbar, daß Paul VI. und viele Konzilsbischöfe stets von Erneuerung des kirchlichen Lebens reden und dabei noch kein einziges Wort über das schon längst fällige 700jährige Jubiläum des Fronleichnamsfestes gesagt haben.
Heute werden nicht mehr die Heiden von den Christen erleuchtet sondern umgekehrt: Die heutigen Heiden rufen immer lauter und triumphierender, daß die bisherige Kirche und das bisherige Christentum und das bisherige hl. Meßopfer Finsternis gewesen seien und fast das gesamte sogenannte Zweite Vatikanische Konzil und vor allem Paul VI. beeilt sich, dasselbe zu sagen und ein "Aggiornamento" an die Feinde zu machen und dabei von "Erneuerung" zu reden.
Wie sehr die "Erleuchtung der Heiden" heute beendet ist, kann man neben vielen anderen Dingen an den Präfationen des sogenannten neuen Meßbuches sehen. Auch hier tritt die trügerische Unaufrichtigkeit der sogenannten Liturgiereform klar zutage. Die deutschen Bischöfe behaupten nämlich, nach dem letzten Konzil sei die Zahl der Präfationen "wesentlich erweitert" worden (vgl. "Glauben, leben handeln" - Arbeitsbuch zur Glaubensunterweisung, 1969, Seite 165).
In Wirklichkeit sind die wichtigen Präfationen vom Hl. Kreuz und vom Heiligen Geist völlig aus dem sogenannten Meßbuch gestrichen und entfernt worden. Die übrigen Präfationen sind nach derselben Art umgestaltet und verunstaltet worden wie die gesamte neue Liturgie Pauls VI., nämlich nach der Art und Weise der doppelten dogmatischen Aussage und nach der Methode der zweifachen Auswahl.
Die neue sogenannte Liturgie hat den unglaublichen Zustand möglich gemacht, daß katholische Geistliche, die irgend eine alte Präfation mit einem wichtigen dogmatischen Inhalt aus Stolz nicht beten und benützen wollen, eine beliebige andere Präfation dafür wählen können.
Jeder ungläubige Geistliche - und deren gibt es durch die Schuld unserer Bischöfe sehr viele - kann heute dem (gläubigen!) Volk irgendeine neutrale Präfation vorsingen oder vorplappern, ohne daß sich die Gläubigen dagegen wehren können.
Die Muttergottes-Präfation wurde z.B. dadurch entwertet, daß man zu beliebigen Benützung für den Geistlichen eine zweite Muttergottespräfation danebensetzte, in der der Ausdruck "immerwährende Jungfrau" nicht mehr vorkommt.
Bisher gab es eine einzige Fastenpräfation und eine Präfation vom Heiligen Kreuz. Jetzt gibt es vier Fastenpräfationen und zwei Präfationen vom Leiden des Herrn. Aber in keiner einzigen kommen die Worte der früheren Präfation vom Hl. Kreuz vor, nämlich: "Der, der am Holze siegte (nämlich der Teufel im Paradiese), sollte auch am Holze besiegt werden durch Christus, unseren Herrn". Gerade diese Worte waren bisher die größte Erleuchtung für die Heiden gewesen. Aber unsere modernistische Kirchenleitung glaubt an kein Paradies mehr und hat deshalb eine der wichtigsten und wertvollsten Präfationen unterschlagen.
Im neuen sog. Meßbuch stehen ferner acht neue Sonntagspräfationen. Aber keine einzige davon ist ein wirklicher Ersatz für die abgeschobene Dreifaltigkeitspräfation; denn in einer der neuen Sonntagspräfationen ist die Rede vom "Eingeborenen Sohne Gottes"
Die Dreifaltigkeitspräfation ist nicht mehr wie bisher jeden Sonntag streng vorgeschrieben. Den bisherigen Tag des Herrn, den Sonntag, haben Paul VI. und die Bischöfe zu einem Tag der Verleugnung der heiligsten Dreifaltigkeit gemacht. Die Textformulare für das Fest der allerheiligsten Dreifaltigkeit, ferner für das Herz-Jesu-Fest und das Christkönigsfest wurden ganz an den Schluß aller Sonntage des Jahres gesetzt, sodaß jeder Katholik gleich sehen kann, wie gering Paul VI. und die Bischöfe das Fest der hl. Dreifaltigkeit jetzt einschätzen und wie wenig ihnen an der Erleuchtung der Heiden über dieses erhabene Geheimnis liegt.
An Stelle der einen bisherigen Osterpräfation sind jetzt deren fünf getreten. Aber keine einzige davon reicht inhaltlich an die unübertrefflich knappe Erhabenheit des früheren alten Textes heran. Die Einführung der fünf neuen Osterpräfationen hat anscheinend nur den einen Zweck, den klaren, knappen Text der alten Osterpräfation aus dem Gedächtnis der Priester und des Volkes verschwinden zu lassen.
Eine wirkliche Sünde gegen den Heiligen Geist muß man es nennen, daß unsere alte herrliche Pfingstpräfation im neuen Meßbuch unterschlagen worden ist. Schon daran sieht man, daß das sogenannte Zweite Vatikanische Konzil mit einem wirklichen "Pfingsten" nicht das geringste zu tun hatte.
Der Text: "Qui ascendens super omnes coelos (Er erhob sich über alle Himmel) promissum Spiritum Sanctum in filios adoptionis effudit", ist uns ohne Ersatz geraubt worden; - Die unterschlagene Pfingstpräfation kann durch kein noch so lautes "Credo" Pauls VI. ersetzt werden. Auch dieser Text "er erhob sich über alle Himmel" war eine überaus große Erleuchtung für viele Heiden, und er könnte es gerade heute noch mehr sein, wenn nicht Johannes XXIII. und viele Bischöfe ein "Aggiornamento" an die Gottlosigkeit gemacht hätten.
Schon der alte König Salomon betete: "0 Herr, die Himmel der Himmel können Dich nicht fassen". Die heutigen Bischöfe dagegen verachten die Pfingstpräfation, in der es heißt "Er (Christus) erhob sich über alle Himmel und setzte sich zu Deiner Rechten...". Unsere heutigen Bischöfe sind unentschuldbar. Denn sie müßten wissen, daß die Worte "er erhob sich über alle Himmel" auch heute, im Zeitalter der Weltraumraketen, eine unangreifbare Erleuchtung für die Heiden sind und bleiben.
|