Der verheerende Geist des Vatikanums II im Lichte des katholischen Lehramts
von
Arrai Daniele
aus dem Französischen übersetzt von Elfriede Meurer
- Versuch einer Deutung - 1)
"Wenn ihr den Greuel der Verwüstung am heiligen Ort sehen werdet ..." (Mt. 24,15)
Wir unterwerfen diese Studie, die unter Mitwirkung gelehrter und
geduldiger Freunde ausgearbeitet wurde, vorbehaltlos dem Urteil der
heiligen Kirche. A. Daniele
***
Vorwort der Redaktion
Etliche Leser werden sich fragen, warum wir einen Auszug aus einem Buch
bringen, dessen Thematik inzwischen von vielen Autoren und Mitarbeitern
unserer Zeitschrift längst im wesentlichen als aufgearbeitet betrachtet
werden kann. Tatsache ist, daß die Reformen, die zunächst als der
Umbruch gefeiert wurden, mit dem die Kirche frischen Wind in ihre
muffigen Räume ließ, längst ihre eigene Tradition haben und ihr so
gepriesener Fortschritt sich in vieler Hinsicht als Rückschlag erwiesen
hat. Ohne hier auf Einzelheiten eingehen zu wollen: die revolutionäre
Begeisterung bei den Reformern und den reformierten Gläubigen ist eher
einem kritischen Hinterfragen gewichen. Eine Reihe von Gläubigen hat
sogar Interesse an einer Auseinandersetzung mit unserer Position
gezeigt. Diesen Lesern gilt in erster Linie der vorliegende Aufsatz,
damit sie sich einen Gesamtüberblick verschaffen können, warum eine
Reihe von Katholiken in den 60iger und 70iger Jahren so vehement gegen
gewisse kirchliche Reformen loszogen, die ihnen doch als die endliche
Erfüllung der christlichen Botschaft angepriesen worden waren. Zum
anderen soll diese Darstellung uns selbst, die wir in einem Prozeß von
Widerstand, Resignation und erneuter Ernüchterung befangen sind, wieder
einmal zeigen, daß unser Ringen um die Bewahrung des Glaubensgutes sich
auf Ursachen beruft bzw. berufen hat, die nicht nur innerkirchlich zu
fatalen Folgen geführt haben, sondern auch ihre Spur mitten in unsere
Gesellschaft gelegt hat - ich denke hierbei u.a. an den
Multikulturismus, der ohne den kirchlichen Synkretismus undenkbar wäre
-, die weder beseitigt noch bewältigt ist. Hier warten also unsere
'Hausaufgaben' weiterhin auf ihre Erledigung; denn wenn das "Samenkorn"
tatsächlich in unser Herz gelangt ist, wollen wir "Frucht bringen in
Geduld"... in Geduld! E. Heller
Anmerkung:
1) Der Untertitel wurde von der EINSICHT-Redaktion gewählt, um anzudeuten, welchen Stellenwert sie den Ausführungen beimißt.
* * *
Die Revolution in Rom...
Am 15.10.1890 äußerte sich Papst Leo XIII. folgendermaßen: "Der Plan
der Sekten, der heute in Italien zutage tritt, hat insbesondere in dem
Teil, der die Kirche und die Religion betrifft, zum notorischen
Endziel, sie, wenn möglich, zu vernichten... Dieser Krieg ist zur Zeit
in Italien erbitterter als anderswo, denn hier hat die katholische
Religion tiefere Wurzeln, besonders in Rom, wo das Zentrum der
katholischen Einheit und der Sitz des allgemeinen Hirten und Lehrers
der Kirche ist.
Der neue Gewissenszustand in der christlichen Zivilisation
Wir haben gesehen, daß der "Prophet" dieser Entwicklung des neuen
Christentums der Ex-Kanoni-kus Roca war. Daß er die Ideen verkündet
hat, welche die des Jesuiten Teilhard de Chardin sein sollten, der auch
im geheimen zu den konspirativen Gesellschaften gegangen war: "Seit dem
Zeitpunkt, an dem sich vor den Augen aller herausstellt, daß die neue
Ordnung aus der alten hervorgeht, werden das alte Papsttum, der alte
Klerus sehr gern Verzicht leisten vor dem Papst und den künftigen
Priestern, welche die der Vergangenheit sein werden, jedoch bekehrt und
umgewandelt im Hinblick auf die Organisation des Planeten im Licht des
[neuen] Evangeliums."
Wenn man den Einfluß der Ideen von einer neuen Christenheit nach
Teilhard im Vatikanum II betrachtet (von Henri Fesquet in DC
registriert), wird man verstehen, wer ihre verborgenen Fortsetzer
sind... Der göttliche Kult ebenso wie ... die Vorschriften der
römischen Kirche werden auf einem allgemeinen Konzil eine Umwandlung
erfahren, die ihnen ihre verehrungswürdige Einfachheit des goldenen
apostolischen Zeitalters zuruckgeben und sie so in Übereinstimmung
bringen wird mit dem neuen Gewissenszustand der modernen Zivilisation".
Was so geplant war, war ein zu den neuen Utopien von Freiheit,
Gleichheit, Brüderlichkeit begehrter Papst. Um das zu erreichen,
war es notwendig, die Idee zu verbreiten, daß Christentum
unbedingter Gehorsam bedeute, nicht gegen das Prinzip des Papsttums,
das die göttliche Autorität ist, sondern gegen die von der Weisheit
eines Papstes vorgelegten Werte. Daraus folgt die unterschiedslose
Unterwerfung unter das, was menschlich ist, und der Verzicht auf jeden
Kampf für die Verteidigung des heiligen Glaubens.
Die Revolution hätte keinerlei Macht, um die Völker von Gott und das
Abendland vom Christentum abtrünnig zu machen, wenn es dieser Macht
nicht gelungen wäre, sich von oben aufzuerlegen, das heißt unter der
scheinbaren Autorität des obersten Lehramts des Papstes und des Konzils
im Namen der katholischen Kirche. Denn wenn es den Modernisten gelungen
ist, die egalitäre Utopie sogar zwischen den Religionen im Namen der
Kirche anzuwenden, bedeutet das, daß sie vorher die Schlüsselpositionen
in der Kirche besetzt hatten und damit den politischen Bereich der
katholischen Welt von einer möglichen Reaktion freigehalten haben.
Wenn man die Frage nach Italien verlegt, wo der Sitz des Papsttums ist,
kann man verstehen, wie sehr der vom bereits verurteilten Sillonismus
abgeleitete christliche Demokratismus die Christenheit entwaffnet hat,
die, übertölpelt von semantischer Verwirrung und moralischem
Zusammenbruch, in politischer Ohnmacht liegt. So wurde die Hauptetappe
überwunden, um dem großen, formlosen und apostatischen Volk des
Antichristen die Wege zu bereiten.
Bischof (episcopus) bedeutet "Späher", "Wächter"
Der Bischof von Rom ist der Wächter über allen Wächtern in der
Verteidigung des Glaubens, und in jenem historischen Augenblick befand
sich die Menschheit an einem Kreuzweg und war mit großen und neuen
Problemen beladen. "Einen Notruf hört ihr heute von den Lippen eures
Vaters und Hirten, von Uns, der nicht mehr stumm und untätig bleiben
kann vor einer Welt, die ahnungslos auf Straßen unterwegs ist, welche
die Seelen und die Leiber, die Guten und die Bösen, die Zivilisationen
und die Völker in den Abgrund führen " (Pius XII. am 10.2.52). Eine
außerordentliche Botschaft (Das dritte Geheimnis von Fatima, welches
Pius XII. nicht kannte!) an den Papst zeigte auf, wie man sie (die
Probleme) in Übereinstimmung mit dem Glauben hätte lösen können. Das
Problem war aber, daß der Geist des Glaubens zu sehr im Niedergang
begriffen war, um dazu seine Zuflucht zu nehmen. Und jetzt weiß man
nach eben dieser Botschaft, daß der Bischof, welcher wachte, zusammen
mit den ihn umgebenden Glaubenswächtem beseitigt worden ist. Ein
Geheimnis, das schon 1960 klar sein sollte, das aber geheimgehalten
wurde, und das mit gutem Grund!
Die Ereignisse von 1958 in Rom
Die Verschwörungen zur Einschleusung fremder Mächte in die damalige
Kirche traten wieder in Erscheinung, als Pius XII. auf seinem
Sterbebett mit dem Tode rang, und die ganze Welt unmittelbar das
Röcheln des sterbenden Papstes hören konnte, ein journalistischer
Mißbrauch, der das Ende einer Epoche anzeigte.
Ein rätselhaftes Ereignis der gegenwärtigen Passion der Kirche.
Die Katholiken wissen, daß sie dem Papst folgen müssen als demjenigen,
der die Aufgabe hat, als erster auf die Feinde des Glau-bens aufmerksam
zu machen und sie zurückzudrängen. Aber sie wissen auch, daß sie nicht
von der Wachsamkeit dispensiert sind, wenn die Festung des Glaubens von
Feinden der Kirche unterwandert und das Papsttum in Gefahr ist.
Die Politisch-religiöse Verschwörung
Louis Pauwels, ein zum Christentum bekehrter Freimaurer, erklärte: "Es
gibt eine weltweite Verschwörung antichristlicher Kräfte, die danach
streben, den Glauben der Katholiken zu schwächen (und wenn möglich, in
eine Art Humanismus schöner Worte aufzulösen, der jedoch ohnmächtig ist
... )". (Vittorio Messori, Inchiesta sul Cristianesimo, SEI, Turin,
1987, S. 152).
Die Pläne für ein künftiges Konzil, das einberufen wird von einem
künftigen Papst (nach unseren Bedürfnissen: "Das (neue) Vatikanische
Konzil wird nicht wie Christus seinen Brüdern eine neue Lehre
offenbaren dürfen, es wird die Christenheit und die Welt nicht auf
andere Wege führen dürfen als auf die, welchen die Völker unter der
geheimen Eingebung des Geistes folgen, sondern sie einfach in jener
modernen Art zu leben bestärken, deren evangelische Prinzipien, Ideen
und dem Wesen nach christlichen Werke, ohne daß sie sich dessen bewußt
werden, zu den Prinzipien, Ideen und Werken der regenerierten Nationen
werden, bevor Rom daran dachte, sie zu propagieren. Der Papst wird sich
damit begnügen, die Arbeit des Christus-Geistes im Gemeingeist zu
bestärken und zu rühmen, und dank dem Privileg seiner päpstlichen
Unfehlbarkeit wird er - urbi et orbi - erklären, daß die derzeitige
Zivilisation die legitime Tochter des heiligen Evangeliums und der
sozialen Erlösung ist". (Glorieux Centenaire, S. 111).
Im Evangelium (Mt 26, 31; Mk 14, 27) liest man: "Ich werde den
Hirten schlagen, und die Schafe werden sich zerstreuen." Hier ist die
nächtliche Stunde, in der die Welt an Jesus, dem göttlichen Hirten,
Ärgernis nehmen wird. Die Allerseligste Jungfrau hatte 1846 in La
Salette eine Botschaft über die schreckliche Krise gegeben, welche die
Kirche im 20. Jahrhundert erschüttern werde, über die "verfinsterte
Kirche", die Pius IX. erzittern ließ: "Der wahre Glaube wird erlöschen,
und ein falsches Licht wird sich in der Welt ausbreiten. Die Kirche
wird eine schreckliche Krise durchmachen. Rom wird den Glauben
verlieren und zum Sitz des Antichristen werden. Die Kirche wird
verfinstert, die Welt in Bestürzung sein." Das war die Ankündigung, daß
ein falscher Glaube einer 'neuen Kirche' die Sonne der ewigen Wahrheit
der heiligen katholischen und apostolischen römischen Kirche
verfinstern werde.
Die entscheidende Stunde für die Christenheit: das Konklave von 1958
Dem Konklave für die Wahl des neuen Papstes war die Kontinuität der
Wachsamkeit in der Kirche anvertraut. Vor seinem Tod hatte Pius XII.
die Wahl des Konservativen Giuseppe Siri empfohlen, aber man zog diesem
den Patriarchen von Venedig, Angelo Roncalli, vor. Siri, so sagte
man, war mit seinen 52 Jahren zu jung und "sein Pontifikat würde zu
lange dauern"! Mit Roncalli hätte man ein 'Übergangspontifikat' zu
einer neuen Ära. Aber würde der sich mit dieser Nebenrolle abfinden,
der für sich den Namen des einstigen Gegenpapstes Johannes XXIII.
gewählt hatte? Es gab nur wenige, die damals über das Leben und
die Ideen dieses ehemaligen Nuntius in Paris Bescheid wußten, der sich
jeden Freitagabend heimlich in die Großloge der Freimaurer begab. Aber
heute können damals geheime Sachen besser bekanntgemacht werden, um zu
zeigen, daß er der von gewissen Kreisen ausgewählte Papst war. Eine
solche Wahl zu treffen, gehört zur modernistischen Politik. Die Früchte
sollten nicht auf sich warten lassen.
Angelo Roncalli stand im schwarzen Buch des Heiligen Offiziums
"Man hatte das Glück, in den Archiven das zu finden, was es ermöglicht,
dies mit historischer Genauigkeit zu beweisen. " Diese
unveröffentlichte Dokumentation gehört zu den "Carte Cavallanti". Es
handelt sich um fünf lange Briefe, die der Kanonikus Giovanni Battista
Mazzoleni (1855 - 1931) zwischen Mai und September 1911 geschrieben
hat. In ihnen werden mehrere Vorträge des Professors Roncalli
untersucht. In seinem ersten Brief zog Mazzoleni folgenden Schluß:
"Ich erwartete, daß er darlegte, worin
das christliche Leben besteht, aber nach meiner Ansicht stank sein
Vortrag nach Okkultismus. Es schien mir sogar, daß ihm die Grundlage,
welche das "abneget semetipsum" (d.i. die Selbstverleugnung) ist,
fehle, denn er hatte besonders kein Interesse mehr an den evangelischen
Räten. (d.s.: Keuschheit, Armut und Gehorsam). Und was soll man dann
noch von seiner Definition der Ehe sagen, die für ihn nur die Heiligung
der sexuellen Lust ist, was wirklich skandalös ist."
Im Jahre 1912 gab es ein Veto gegen die Berufung des Professor Roncalli
auf den Lehrstuhl für scholastische Geschichte im Römischen Seminar.
Angegebener Grund: "Orthodoxie zweifelhaft" (Lorenzo Bedeschi in "Paese
Sera" vom 13.12.72). In diesen Jahren war der künftige Johannes XXIII.
Sekretär des modernisierenden Bischofs Radini-Tedeschi in Bergamo und
er lehrte Kirchengeschichte in den Räumen des Seminars. Roncalli war
Studienkamerad des Modernisten Buonaiuti und von Turchi. Wie sie war er
Geschichtsprofessor, der sich anregen ließ von Duchesne, dessen
Schriften als voll von modernisierenden Ideen angesehen wurden, denn er
berücksichtigte das übernatürliche Moment in der Geschichte überhaupt
nicht. Dieses Werk wurde übrigens auf den Index gesetzt und in
den Seminaren verboten.
Aber Roncalli benutzte es weiter, so daß er zur Ordnung gerufen wurde.
Er rechtfertigte sich und sagte, er habe nur einige Seiten des
inkriminierten Buches gelesen (vgl. Hebblethwaite "Giovanni XXIII, il
Papa del Concilio", ed. Rusconi, Mailand, 1989, S. 62, 65).
Die freimaurerische und rosenkreuzerische Initiation
Johannes XXIII., selbst wenn es schwierig ist, sie zu beweisen, weil
sie ein Geheimnis ist (Pier Carpi: "Le profezie di Papa Giovanni",
Mediterranee, 1976, Rom), äußert sich dennoch in seinem Denken und
Verhalten, das die Freimaurerei begünstigte, deren jahrhundertelange
Verurteilung er ignorierte. Man hat auch festgestellt, daß bestimmte
allzu kompromittierende Dokumente über die Abweichungen und sogar
Eidbrüche Roncallis wie zufällig aus den vatikanischen Archiven
verschwunden sind (vgl. "Nichita Roncalli", Sigel NRon, S. 41).
Die freimaurerischen Treffen
Mehrere freimaurerische Großmeister aus Frankreich und Italien haben
die Offenheit des zukünftigen Johannes XXIII. zum Dialog bestätigt
("Sodalitium", Nr. 42, S. 9). Im Jahre 1989 berichtet die
Freimaurerzeitschrift "Humanisme", 186, über das Têtte-à-tête des
Nuntius Roncalli mit Alexandre Chevalier, der Vorschläge bezüglich des
Kanonischen Rechts und anderem vorbrachte. Diese geheimen Unterredungen
zwischen dem zukünftigen Johannes XXIII. und demjenigen, der 1965
Groß-meister wurde (er wurde anläßlich der Thronbesteigung Johannes'
XXIII. in den Vatikan eingeladen) bilden ein Echo auf die Hypothese,
daß die Loge L'Etoile polaire (l'Atelier) "am Anfang von Vatikanum II
stand" (Jacques Ploncard d'Assac, Présent, 20.7.89).
"Die Kirche des Neuen Kodex"
Am 25. Januar 1959 stattete Johannes XXIII. der Basilika St. Paul vor
den Mauern einen Besuch ab und "kündigte die baldige Einberufung einer
Diözesan-Synode der Erzdiözese Rom und eines ökumenischen Konzils an
sowie die Überarbeitung des Kanonischen Rechts." In der allgemeinen
Überraschung gab es eine gemeinsame Überzeugung: Johannes XXIII. wollte
eine Umstrukturierung der ganzen hl. Kirche. Die Synode von Rom sollte
ein Entwurf dafür sein, wie das Konzil die Richtlinien geben sollte.
Der neue Kodex wiederum sollte die gewöhnlichen Gesetze festlegen und
der neuen Kirche, die dazu bestimmt war, an die Stelle jener
zweitausend Jahre alten zu treten, schließlich Gestalt, Dasein und
Leben geben. (...) Mit der Veröffentlichung dieses neuen Kodex [1983]
wurde die damals bei den Gläubigen hervorgerufene Überzeugung
vollständig bestätigt ... das neue Recht kann verstanden werden als
Bemühung, die konziliare Ekklesiologie in die kano-nische Sprache zu
übersetzen: Kirche = Volk Gottes = Gemeinschaft; kirchliche Autorität =
kollegialer Dienst; schließlich die Kirche und ihre "Aufgabe des
Ökumenismus' (Mgr. Antonio de Castro Mayer, DAC, Monitor Campista,
Campos, Brasilien, 17.4.83).
Bezeichnenderweise ist in der "Kirche des neuen Kodex", wie Mgr. Castro
de Mayer sie nannte, keine Exkommunikation für Freimaurer mehr
vorgesehen. Gibt es aber eine Autorität, um ihre Gemeinschaft mit der
Kirche zu erklären? (N.b. das Bild des 'guten Papstes' wurde bald um
Johannes XXIII. geschaffen. Aber wer hat es geschaffen, wenn
nicht die Freunde, die ihn inthronisieren wollten?)
Der Vater des Vatikanum II
Von freimaurerischer Unterwanderung ist auch die Rede in "einem Brief
des Kardinals Tisserant an einen Abbé, der Professor des kanonischen
Rechts war; der Kardinal erklärt die Wahl Roncallis für unrechtmäßig,
die, wie er sagt, gewollt und vorbereitet wurde von Kräften, die dem
Heiligen Geist fremd sind" (vgl. "Vita", 18.9.77, Nron, S. 57).
Um das Bild des "Papa buono" zu fördern, setzte Roncalli sich dermaßen
ein, daß er diejenigen, die zu den Audienzen und offiziellen Besuchen
kamen, in Verlegenheit brachte, denn er versuchte immer, Heiterkeit
hervorzurufen, auch bei ernsten Fragen. War das nicht eine Art, einen
Kontrast zu Pius XII. aufzustellen? Aber was ist die Wirklichkeit?
"Jemand im Vatikan hatte Johannes XXIII. als den 'Ermete Zacconi' der
modernen Kirche bezeichnet (Ermete Zacconi war ein Schauspieler vom
Ende des 19. Jahrhunderts, der Rollen vom Drama bis zur Komödie
spielte) im Hinblick auf seine angeborene Fähigkeit, sich unter den
gegensätzlichsten Aspekten zu präsentieren. Roncalli hatte in der Tat
zwei Gesichter, die er in vollendeter Weise beherrschte: das für die
Öffentlichkeit und für jedermann, liebenswürdig und einfach, und das
an-dere, das furchtbar bedeutend war, fest und entschlossen, ebenso
eigensinnig wie definitiv. Mitunter konnte es vorkommen, daß die,
welche ganz in seiner Nähe waren, hinter der gutmütigen Maske und dem
Lächeln für alle ein Aufleuchten des wahren Gesichtes erhaschten. Ein
Scherz, ein Wort oder eine Handbewegung enthüllten einen Charakter, der
manchmal bis an den Rand der Grausamkeit hart sein konnte". (vgl.
"Nichita Roncalli", Franco Bellegrandi, EILES, Rom, 1994.)
Pater Pio
"Ein im allgemeinen nicht bekanntes Beispiel: Auf Anregung seiner
Ratgeber verweigerte er dem armen Pater Pio den Apostolischen Segen
anläßlich seines Priesterjubiläums im August 1960 und er verbot ihm,
den nach San Giovanni Rotondo gekommenen Gläubigen den päpstlichen
Segen zu geben. Der Antikommunismus des stigmatisierten Kapuziners war
im Vatikan wohlbekannt, und das Haus "Sollievo della Sofferenza"
("Linderung des Leidens"), das große mit Spenden aus der ganzen Welt
erbaute Hospital, entflammte die Begierlichkeit vieler. Johannes XXIII.
brach das Thema kurz ab, als man ihm die Verfolgungen des heiligmäßigen
Priesters anzeigte (vgl. Kard. Bacci), darunter die von seiten
seines Sekretärs Capovilla, und er wußte Bescheid über die Abhörwanzen
im Beichtstuhl, um den Pater auszuspionieren. (Vgl. u.a. Giuseppe
Pagnossin: "Il Calvario di Padre Pio", 2 Bde., Padua, 1978; Francobaldo
Chiocci "I Nemici di Padre Pio, in "Reporter", 1968; Luciano Cirri und
E. Malatesta "Nel Nome del Padre", Aquili ed. Rom 1989.)
Die Erneuerung
"Man war versucht zu glauben, daß einige der dem neuen Papst
zugeschriebenen in Rom zirkulierenden neuen Scherze wahr seien wie
etwa: als jemand fragte, wie viele Leute im Vatikan arbeiteten ...
Antwort: 'ungefähr die Hälfte!'. Und als man ihn fragte, ob er selbst
seine erste Enzyklika 'Ad petri Cathedram' ganz geschrieben habe,
antwortete er: 'Ich habe sie gelesen!'[...] Inzwischen war die Arbeit
bei Radio Vatikan sehr beschwerlich geworden. Die Ansprachen Johannes
XXIII. zu verschiedenen Anlässen (wir mußten sie übersetzen,
zusammenfassen und übertragen) schienen auf die Schnelle verfaßt zu
sein, als ob es sich um Aufsätze handelte, und unter meinen
französischen, deutschen, portugiesischen, spanischen und polnischen
Kollegen sprachen wir sehr schnell unsere Eindrücke offen aus. Es wurde
nötig, stark zu lichten und sogar bestimmte Passagen zu ändern." (R.
Anderson: "Memoirs", Rom, 1994).
Die Pflicht zur Verteidigung der Christenheit
Um zu verhindern, daß die materialistischen Ideologien die Oberhand
gewinnen und das Abendland entchristlichen konnten, wurde zu jener Zeit
die Pflicht zur Verteidigung der Christenheit ein Muß. Die
gläubigen Priester machten heroische Anstrengungen, um die Gefahr
abzuwenden. Johannes XXIII. hingegen ließ keine Gelegenheit aus, sich
mit Optimismus offen zu zeigen für die Zusammenarbeit mit Parteien,
Logen und Kirchen aus aller Weit. Und so beschleunigen sich mit ihm die
Schritte vorwärts, und es ist eine Folge von Tatsachen, die hinweisen
auf die beeindruckende Verwirklichung des Plans der Eroberung der sich
nicht den Irrtümern der Welt widersetzenden Kirche (ohne
Anführungszeichen), um sie durch ein für jeden Kompromiß offenes
Scheinbild zu ersetzen. Unter dem Banner eines "Prophetentums des
Opfimismus" hat man den Übergang vom Primat der Religion Gottes zum
Kult des Menschen gesehen. Die Geschehnisse in der bürgerlichen und der
religiösen Welt liefern den Beweis dafür. Sehen wir uns die Öffnungen
zum Kommunismus, zur Freimaurerei, zum Protestantismus an und im
Inneren zu den liturgischen, theologischen, kanonischen Neuerungen, ...
kurz, zu einer 'neuen Kirche'.
Die "Tauwetter-Ansprachen" Johannes' XXIII. waren mehr dazu angetan,
persönliche Sympathie und Staunen über die Neuheit hervorzurufen als
Vorsicht bezüglich der Lehre. Der große Feind des Glaubens war 1959 in
Italien und in der ganzen Welt der Kommunismus. Es soll uns genügen, an
die Machenschaften der sowjetischen Expansion in Europa, in Asien und
Afrika zu erinnern und an die kubanische Revolution, die sich bereits
in der traditionell katholischen, lateinamerikanischen Welt
auszubreiten drohte. Selbstverständlich dienten die Ansprachen
Johannes' XXIII. nicht dazu, das Klima des Konflikts zwischen
Katholiken und Kommunisten zu beruhigen, sondern wegen ihrer
Linkslastigkeit dienten sie vielmehr dazu, den Kommunisten den Weg zu
öffnen, die reichlich davon profitierten, wenn man nach dem Zuwachs von
mehr als einer Million Stimmen bei den politischen Wahlen von 1963 in
Italien urteilen darf.
Die Aufnahme der Gesuche des B'nai B'rith, die Professor Jules Isaac
vorlegte - er wurde am 13. Juni 1960 von Johannes XXIII.
empfangen - war eine ziemlich große Überraschung. Wohl gemerkt: Das
Ersuchen, das den Juden beigelegte Wort "ungläubig" aus der
Karfreitagsliturgie zu entfernen, war bereits 1945 von dem Rabbiner
Eugenio Zolli vorgebracht worden, der nach seiner Taufe von Pius XII.
in Privataudienz empfangen wurde (dessen Namen Eugenio er
annahm). In den Meßbüchern von 1953 wurde tatsächlich die
Übersetzung von "Oremus et pro perfidis Judeis" - zu: "Lasset uns auch
beten für die Juden, die nicht glauben wollten."
Nun wurde nach dem Zwiegespräch von 1960 sogar die Erwähnung der
"Juden, die nicht glauben wollten", in den Meßbüchern von 1961
abgeschafft (Vgl. "Itinéraires", Nr. 332, April 1989). Hier
handelte es sich schlechthin um die Überarbeitung des Evangeliums
bezüglich des Gottesmords der Juden und um die Öffnung des Ökumenismus
auf jene vom B'nai B'rith repräsentierten "älteren Brüder": "Diese 1843
gegründete und nur für Israeliten reservierte internationale
Freimaurerorganisation ist die älteste, am weitesten verbreitete und
ohne Zweifel die einflußreichste von allen. Wir haben in Frankreich
nicht wenige Politiker, die mit ihr verbunden sind. Nach einer
Untersuchung über diese sehr geheime Organisation." (Vgl. E. Ratier:
"Mystères et Secrets des B'nai B'rith", Ed. Fideliter, F-57230
Eguelshardt).
Die Mission wurde von Kard. Bea geführt, der Nahum Goldman empfing und
ihn bat, ein von den meisten jüdischen Organisationen unterschriebenes
Memorandum der Anträge vorzubereiten, um das jüdische Problem auf die
Tagesordnung des ökumenischen Konzils zu setzen ("Lettres politiques"
von Ploncard d'Assac, Nr. 37, Dez. 1978). Das Ergebnis wird sichtbar in
der Änderung der Texte über die Juden in NAe des Vatikanum II, ferner
im Besuch Johannes Pauls II. in der Synagoge von Rom. Die
Änderung der Lehrposition ist offensichtlich, es genügt, die neuen
Orientierungen (EPC, S. 264 - 276) und den neuen Katechismus zu lesen:
Für die Juden dürfte fortan die Bekehrung nicht mehr nötig sein!
Die Ernennung einer modernistischen Hierarchie
Johannes XXIII. wollte das alte Kardinalskollegium auswechseln, und
deshalb beeilte er sich, eine stattliche Anzahl seiner Freunde zur
Kardinalswürde zu befördern, darunter Montini und im Jahr darauf Bea.
Er berief im Zeitraum von 20 Monaten drei Konsistorien ein und
überschritt so bei weitem die von Sixtus V. festgesetzte Höchstzahl von
70 Kardinälen. Beim Konklave von 1963 war das Kardinalskollegium mit 84
Wählern dem Wesen nach erneuert.
Die Unterstützung Beas aus Abneigung gegen die Kurie
Die Episoden aus Roncallis Klerikerlaufbahn helfen uns, außer seiner
Handlungsweise seine Vorliebe für die neuen Methoden der historischen
Kritik zu verstehen. Im Vatikan sollte er dann die Mittel haben, seine
Ideen voranzubringen und die Kontrollen der Kurie zu bremsen, die guten
Grund hatte, ihn zu verdächtigen. Nachdem er dem Jesuiten Augustin Bea
den Kardinalshut gegeben hatte, betraute er ihn mit der Vollmacht, die
Erneuerung der biblischen Exegese zu übernehmen und die alte
Exegetenschule der Tradition zu 'aggiornieren' (d.i. dem Zeitgeschmack
anzupassen). Das waren die unentbehrlichen Schlüssel für die
ökumenische Öffnung auf die getrennten Christen hin, denen
unerklärlicherweise sogar die Juden beigesellt wurden.
Das Sekretariat für die Einheit der Christen sollte zunächst nur eine
Kommission sein, aber in Wirklichkeit war es ein Organ, mit dem sein
von Johannes XXIII. bestimmter Obere, Kardinal Bea, vor, während und
sogar nach Vatikanum II Handlungsvollmacht in allen Bereichen hatte, um
das Werk des Neo-Ökumenismus zu vervollständigen. Auf dem Programm
stand natürlich jene von den Päpsten verurteilte Öffnung auf den
"Ökumenischen Rat der Kirchen", vorbei an "Mystici Corporis", das die
anderen angeblich christlichen Kirchen nicht anerkennt, zu einer
Anerkennung, die soweit geht, sie einzugliedern. Daß dies alles im
voraus vorbereitet war, verstand man in der Konzilsversammlung beim
Vergleich des Schemas "De libertate religiosa " (Über die religiöse
Freiheit) von Bea und dem des Heiligen Offiziums (Kard. Ottaviani) "De
tolerantia religiosa " (Über die religiöse Toleranz). Es ist
unnötig, daran zu erinnern, daß nur das erstere angenommen wurde, um
"Dignitatis Humanae" zu seinem Ziel zu bringen.
Das Abkommen mit dem Moskauer Patriarchat war von Johannes XXIII.
gewollt, der, um die Anwesenheit der Vertreter dieses Patriarchats zu
erlangen, Kard. Tisserant und Mgr. Willebrands beauftragte, seine
ausdrücklichen Garantien und sein Versprechen zu geben, daß im Verlauf
des II. Vatikanums nie vom Kommunismus die Rede sein werde. Man wußte
bereits Bescheid über die Abhängigkeit vom - wenn nicht gar von der
Zugehörigkeit zum - KGB der zur Teilnahme am II. Vatikanum
eingeladenen orthodoxen Prälaten. In der Tat hatten sie schon bei
anderen Synoden Einwände erhoben, sogar gegen die Möglichkeit einer
Diskussion über den Atheismus, die als ein Angriff auf die Sowjets
hätte erscheinen können. Und so wurde auf dem Vatikanum II einfach das
aktuellste und brennendste Thema jenes historischen Zeitabschnitts
verboten: der Kommunismus.
Es gibt genügend Beispiele, wie der Vatikan unter Johannes XXIII.
seinen Einfluß auf das katholische Gewissen ausgeübt hat. Hier
ist ein schreiendes Exempel: 1962 hat Pater Bugnini der "Vorbereitenden
Liturgiekommission" sein Schema vorgelegt. Der Präsident dieser
Kommission war der alte Kardinal Gaetano Cicognani. Weil er sich
bestimmter Gefahren bewußt war, welche gewisse Änderungen mit sich
brachten, weigerte er sich, das Schema zu approbieren. Wissend, daß
ohne die Unterschrift des Kardinals das Schema sicher blockiert
geblieben wäre, ist Bugnini dann zu Johannes XXIII. gegangen, der sich
entschied, zu Gunsten von Bugnini einzugreifen. Roncalli hat dann den
Ameletto Cicognani, den jüngeren Bruder des Präsidenten der
Liturgiekomnission, Kardinal Gaetano Cicognani, gerufen und ihm
befohlen seinen Bruder aufzusuchen und nicht ohne dessen Unterschrift
unter das Schema zurückzukommen. Kardinal Ameletto Cicognani führte den
Auftrag aus. Seinem älteren Bruder brachen die Tränen aus, weil er sich
gezwungen sah, ein Dokument zu unterzeichnen, dessen Inhalt seinem
Gewissen widerstrebte. Vier Tage später starb er an Herzversagen.
Die wahren Päpste unterrichten das katholische Gewissen über die
geoffenbarte Wahrheit. Die Hirten des Vatikanun II versuchten und
versuchen, ihre falschen Ideen dem Gewissen der Gläubigen
aufzudrängen. Damit offenbarte sich, wer sie sind, nämlich Feinde
der Wahrheit und des Glaubens. Sie bestätigen damit das dritte
Geheimnis von Fatima, durch das 1960 den Gläubigen klar geworden wäre,
daß wir keinen Papst mehr haben (vgl. 2 Thess. 2, 7).
Die ökumenischen Konzilien der Kirche und Vatikanum II
Ein ökumenisches Konzil ist ein Ereignis, durch das die Kirche
[normalerweise] ihr göttliche Autorität auf dem Gebiet des Glaubens
ausübt. Es geht als um die Autorität der Kirche im Kampf für die
Kirche, um sie zu stärken, und gegen die Revolution, um sie
niederzuschlagen.
Im Bewußtsein des Anwachsens der Mächte der Weit, welche die Kirche
bedrängen, fürchteten die Päpste das Risiko, mit einem neuen Konzil das
unvollendete 1. Vatikanische Konzil fortzusetzen, das durch die
Eroberung Roms unterbrochen worden war. Als Pius XI. im Geheimen
Konsistorium vom 23.5.1923 die Kurienkardinäle fragte, ob es angebracht
sei, ein ökumenisches Konzil einzuberufen, zeigten diese sich
abgeneigt, und Kardinal Billot "äußerte seine Furcht, das Konzil von
den Modernisten manövriert zu sehen, den schlimmsten Feinden der
Kirche, die, wie man aus sehr klaren Anzeichen entnehmen konnte, sich
anschickten, Revolution in der Kirche zu machen" ("La collégialité
épiscopale au deuxième concile du Vatican", P.Raymond Dulac, éd. du
Cèdre, Paris 1979).
Der bekannte Theologe Cornelio Fabro erinnert daran, daß "die Gefahr
des Modernismus nie besei-tigt wurde, denn die Versuchung, sich zum
Kriterium der Wahrheit aufzuwerfen, um den Glauben in die Tasche zu
stecken, haftet gewissermaßen der durch die Sünde verdorbenen
menschlichen Vernunft an. Ein dem theologischen Modernismus
nahestehender Versuch war die in Frankreich nach dem 2. Weltkrieg
aufgetretene und von Pius XII. in seiner Enzyklika "Humani generis" vom
12.8.50 sehr energisch verurteilte 'nouvelle théologie'." Außerdem
bemerkt er, daß die Frage des Modernismus sich auf den Unterschied
zwischen der natürlichen Ordnung und der übernatürlichen Ordnung, der
Transzendenz, bezieht. Wenn man diesen Unterschied leugnet, "beseitigt
man tatsächlich jeden absoluten und transzendenten Wert der ersten
Vernunftprinzipien; mit ihnen verliert man die Möglichkeit der
logischen Struktur des Denkens sowie die Gültigkeit einer jeden
metaphysischen Position." (Das ist die Beschreibung dessen, was das
konziliare "aggiornamento" sein wird.)
Ein Konzil für die neue Weltordnung - Die Stimme des Hirten
Sie wird indessen immer von der Herde erkannt. Das Evangelium verwendet
den Terminus "Stimme" systematisch: Da ist die Stimme, die vom Himmel
herab kommt bei der Taufe Jesu; aus einer Wolke bei seiner Verklärung;
die Stimme des Hirten; des Bräutigams; aus der Volksmenge, die Stimme
wie das Rollen starken Donners, wie das Rauschen vieler Wasser - in der
Apokalypse. "Jeder, der aus der Wahrheit ist, hört auf meine
Stimme (Joh 18, 3 7); aber "niemand wird die Stimme meines Knechtes
hören " (Mt 12, 19). - Jesus Christus, den "Gott zum Herrn gemacht hat"
(Apg 2, 36 ), hat gesagt: "Denn wenn ihr nicht glaubt, daß ICH BIN,
werdet ihr in eurer Sünde sterben" (Joh 8, 24), und auch: "Ich bin
gekommen im Namen meines Vaters, und ihr nehmt mich nicht an; wenn ein
anderer kommt in seinem eigenen Namen, den werdet ihr annehmen" (Joh 5,
43).
Da das Autoritätsverhältnis, das Gehorsam zwischen mit Verstand
begabten Menschen impliziert, vermittels einer verständlichen Sprache
ausgeübt wird, muß diese Stimme deutlich erklingen als die geoffenbarte
Stimme [Gottes]. Nun ist die Stimme der konziliaren 'Propheten' die
jeder beliebigen weltlichen Stimme gleicht - abgesehen davon, daß sie,
verglichen mit der Sprache des Lehramts, sehr disharmonisch klingt,
außerdem noch zweideutig, wenn nicht kontra-diktorisch, was die Lehre
Vatikanum II eröffnete. (...)
Der Alarmschrei Pius' XII. über "eine Welt auf Wegen, welche Menschen
in den Abgrund führen" wäre übertrieben und wurde schnell unterdrückt.
Und schon war die semantische Revolution ins Herz der Kirche getragen.
Es handelt sich um eine vom Optimismus durchdrungene Ansprache, der nur
auf den materiellen Fortschritt jenes historischen Augenblicks
gegründet sein konnte, und, wie man dann verstand, auf das Werk der
Männer der UNO, deren 'geheimnisvolle Absichten der guten Vorsehung',
die von der Freimaurerei gewollte "Neue Weltordnung" tarnten.
Die Ansprache scheint an die Neuerer gerichtet, die 'frei' sind, was
die Hindernisse der weltlichen Macht der Kirche betrifft, deren Lehre
orientiert an der Sprache des modernen Denkens, aggiorniert werden muß,
um einen Sprung nach vorne zu machen in den Fortschritt der Welt, die
von nun an erwachsen genug ist, in autonomer Weise neue Irrtümer zu
überwinden.
Paul Scortesco schreibt dazu ("L'Abomination dans le Lieu Saint",
"Lumière", 1972, Boulogne-sur-mer): "Zwei berühmte Irrtümer Johannes
XXIII., die von Paul VI. wieder aufgegriffen werden, stehen am Anfang
dieser Preisgabe mit verheerenden Folgen " (Erkl. vom 13.5.61, vor dem
unheilvollen Vatikanum II).
I.: Die (katholische) Lehre muß dargelegt werden nach den
Forschungsmethoden (ein Wort, das Karriere machte!), die das moderne
Denken anwendet. (Damit ist der vom hl. Pius X. in "Lamentabili" und
"Pascendi" verurteilte Modernismus gemeint).
II.: "Die Kirche verurteilt die Irrtümer nicht mehr, die sich übrigens
gegenseitig ausschließen, und, kaum daß sie entstanden sind, wie Nebel
in der Sonne vergehen..."
0, Verzeihung! Mir scheint, daß es unter anderen Nebeln einen
gibt, der seit vier Jahrhunderten andauert und der heute den Himmel der
Kirche überwuchert und verdunkelt hat: den Protestantismus... Seit zwei
Jahrhunderten sind außerdem die Nebel der großen Häresie, die der
Revolution ("wahnsinnig gewordene christliche Wahrheiten", o
Chesterton!), weit davon entfernt, "in der Sonne zu vergehen", sie
verdunkeln vielmehr die Erde und weichen weder in Europa noch in
Amerika noch in Asien zurück... Diese Nebel tauchen die heutige
Zivilisation in Nacht. Es blieb nur noch die Kirche, um sie zu
vertreiben und im Licht zu leben... Jetzt ist es soweit, es ist
geschehen! Die Kirche ist die Beute der Finsternisse der
Revolution... ihre Bischöfe sind zu Nachtvögeln geworden, zu
Fledermäusen... Sie stoßen sich in der Nacht, sie schwanken, sie
bringen alles dazu, auf den Rücken zu fallen in der heutigen Kirche.
Unheilspropheten
Die klarsichtigen Analytiker des religiösen und geistigen Niedergangs
dieser Jahrhunderthälfte? Wenn sie es wären, müßte man noch vor ihnen
alle Päpste der letzten Jahrhunderte hinzuzählen sowie die Heiligen
aller Zeiten, allen voran jene, die uns die Botschaft von Fatima
gebracht hat.
Man wies nur den Widerstand gegen soviel Fortschritt zurück: den der
Unheilspropheten, die in der Welt die Gewalttätigkeit, den Unglauben,
die Unmoral, die Übertretung des göttlichen Gesetzes wachsen sahen. Die
Ansprache antwortet so indirekt auf die Anfangsfrage: Wozu ein Konzil?
Um uns verstehen zu helfen, ist da noch der hl. Papst Pius X.. Er zeigt
uns den modernistischen Begriff von der Kirche als Frucht zweier
Bedürfnisse:
Das erste, individuelle, besteht darin, einer sonderbaren und
außerordentlichen Erfahrung zu folgen, indem man sie den anderen
mitteilt. (Johannes XXIII. gab keine Glaubensgründe an, um sein
Vatikanum II einzuberufen, sondern eine übernatürliche Inspiration:
"Es war eine unerwartete Berührung, ein Lichtstrahl von oben, eine
große Sanftheit in den Augen und im Herzen.")
Das zweite Bedürfnis besteht in der Kollektivität: "Aber miteinander,
ein großer Eifer, der aus dem Stegreif in der ganzen Welt aufkam, in
Erwartung der Abhaltung des Konzils!" (ebd. 5).
Von da an sind das Denken und Wollen des Konzils sein eigenes: "Sie
legt Wert darauf, den heutigen Bedürfnissen entgegenzukommen. ... Sie
zieht es vor, sich eher des Heilmittels der Barmherzigkeit zu bedienen
als der Verurteilung." Als ob die Gerechtigkeit der Barmherzigkeit
entgegengesetzt wäre! Die Handhabung der Gegensätze wird die Prinzipien
in den Dienst Zeitwerte stellen.
Wozu bedurfte es eines Konzils?
Nach allem, was wir gesehen haben, wird die Antwort klar: Es paßte in
die Pläne der Freimaurerei. Aber hier haben wir eine Tatsache zu
betrachten. Da die Autorität der Kirche gemäß dem depositum fidei
definiert, also dogmatischen Charakters ist, ist sie wie die Lehre nach
der metaphysischen Ordnung nicht der menschlichen Sprache unterworfen.
Die Lehre ist keine Ausdrucksform, sie hängt nicht von der Formulierung
ab: Sie ist Begriff. So ist ein Dogma, wie das der päpstlichen
Autorität, unter einer anderen metaphysischen Form übersetzt, nicht
mehr dasselbe Dogma: Es ist nicht mehr dieselbe Autorität, so ist ein
in einen anderen Begriff umgewandelter Begriff nicht mehr derselbe. Für
Johannes XXIII. mußte man sich jedoch an die Ausdrucksweise "des
modernen Denkens" anpassen. Liegt darin nicht jener ungeheure und erste
Sophismus der Modernisten, den der Nicht-Katholik Benedetto Croce
verabscheute? Denn ist wohl wahr, daß ein und derselbe Begriff in viele
verschiedene Sprachen übersetzt werden kann, aber der Begriff eines
'Papsttums', das Frucht der demokratischen oder freimaurerischen
Mentalität wäre, wäre ein radikal anderer Begriff, der in der
Offenbarung nicht existiert und gerade deshalb nicht katholisch ist.
Der Beginn der konziliaren Verwüstung
Am 13. Oktober 1963, dem Jahrestag des Sonnenwunders in Fatima, wurde
das 2. Vatikanum eröffnet, das sich lieber der Welt öffnete als der
"Mittlerin aller Gnaden". Und da ließ sich eisiges Schweigen über
Fatima herab.
Auszug aus dem Tagebuch des Kardinals Siri: "Heute hat uns der Teufel
gebunden. Und ich denke, er hat schlecht daran getan, denn er hat
Stellungen und Absichten enthüllt. ... Nach der Eröffnung der
Versammlung [des Konzils] erhebt sich von der Bank des vorsitzenden
Rates sofort Kardinal Liénart [...] und verliest eine Erklärung, worin
er behauptet, man könne die Abstimmung für die
Kommissionen nicht durchführen, weil die Väter die möglichen
Kandidaten noch nicht kennen würden, und deshalb müsse man die Wahl
aufschieben. ... Dann steht Frings auf und verliest im Namen Döpfners
und Königs fast die gleiche Erklärung und akzeptiert die von Liénart
angegebenen Gründe. Es ist offensichtlich, daß das alles von den
Obengenannten abgekartet war und mit ihnen vom Dekan (Tisserant), der
hocherfreut zu sein schien und sofort die Sitzung aufhob." Damit wurden
die ganzen Vorbereitungsarbeiten zum Konzil, welche die Rönüsche Kurie,
das heißt die Regierung des Papstes, mit Experten von sicherer
Rechtgläubigkeit durchgeführt hatte, zunichte gemacht. Johannes XXIII.
wird sie heimlich desavouieren.
Die Demütigung und Neutralisierung der päpstlichen Macht, die Eroberung
des Kirchenstaats, dann der Stadt Rom und jetzt im Vatikan - sogar mit
dem Zusammenbruch der Kurie! Das alles war nach den Plänen der
Freimaurerei. ... Cavour hatte die erste Unternehmung rundweg
gerechtfertigt als eine "Reinigung" der Kirche von der "Bürde" der
weltlichen Macht. Bei der Eröffnung des 2. Vatikanums hatte Johannes
XXIII. es gerechtfertigt:
"Nicht ohne eine große Hoffnung - und das stärkt uns in hohem Maße -
sehen wir heute, daß die Kirche endlich frei von so vielen Hindernissen
profaner Art, die jetzt der Vergangenheit angehören, von dieser
vatikanischen Basilika gleichsam wie von einem zweiten Apostolischen
Abendmahlssaal aus dank euch ihre Stimme voll Größe und Majestät hören
lassen kann."
Und so hält man es heute für richtig, daß die 'Konzils-Päpste' sich von
der 'Vergangenheit' befreien müssen. So hat man im Vatikan das
Konkordat von 1984 mit Italien ausgearbeitet, das ein Werk der
Versöhnung sein wollte. Aber damals wie heute wertet die praktische
Anwendung der Zerstörung des weltlichen Einflusses der Religion nur die
Ideen des Carbonaro Garibaldi und Ricardis auf, welche die Kirche mit
dem Alphabet bekämpften, anders gesagt, mit der laizistischen
Erziehung, mit der man die Idee der Unvereinbarkeit des Glaubens und
der Moral mit der Freiheit und den bürgerlichen Rechten eintrichterte.
Heute bittet Johannes Paul II. um Verzeihung für die Verurteilungen und
andere 'Missetaten' der Kirche im Namen der Kirche selbst!
Aggiornamento wurde zur Parole
Um diesen Plan zu verwirklichen, berief Johannes XXIII. das 2.
Vatikanum ein mit der besonderen Sorge um das neo-ökumenische
Verständnis. Prof. Dörrmann erklärt: "Die Idee eines Pastoralkonzils
gab zu denken, daß die äußeren Formen der Kirche ganz einfach den
Gegebenheiten der modernen Zeit angepaßt werden könnten". - "Es ist
ein schwieriges Unternehmen, in wenigen Zügen die Rolle des Konzils in
dem beispiellosen theologischen und dogmatischen Umsturz zu
beschreiben, der sich in der Kirche ereignet hat". ("L'etrange
théologie de Jean Paul II et l'esprit d'Assise", Ed. "Fideliter", 1992,
S. 45/48).
Die Idee eines Pastoralkonzils ist etwas Neues in der
Kirchengeschichte, aber die Mehrheit der Väter nahm sie ohne
Schwierigkeiten an mit den Zügen einer Idee, die der Person Johannes'
XXIII. und seinem Pontifikat entsprach: "Die Kirche ist jung und wie
immer, in ihrer Geschichte bleibt sie wandelbar." Von daher sein
pastorales Programm der Umwandlung: ad intra, innere Erneuerung und ad
extra, Anpassung an die Gegebenheiten und Bedürfnisse des historischen
Augenblicks.
Verzicht auf das unfehlbare Lehramt?
Wenn man sagt, das II. Vatikanum sei nicht als göttlich geoffenbart
vorgelegt und gehöre nicht zum ordentlichen und (selbst ohne feierliche
Definitionen) allgemeinen Lehramt, dann ist es als menschliche Pastoral
vorgelegt und hat überhaupt keinen Sinn: Der Katholik sucht im Lehramt
der Kirche die unmittelbar von Gott kommende Autorität. Als Er lehrte:
"Wer euch hört, hört Mich", hat der Herr ein Band des Glaubens zwischen
den Gläubigen und dem Lehramt Seiner Vertreter hergestellt, vor allem
aber zu Ihm selbst. Der Geist des II. Vatikanums, der nicht "mit dem
Kennzeichen der Unfehlbarkeit ausgestattet" ist, legt eine Wahrheit
vor, die gebunden ist ... aber an wen?
Die Verfinsterung der Autorität
Eine modernistische Autorität lehnt aus ihrem Wesen heraus das Urteil
und die Verurteilung der Irrtümer der Welt ab, d.h. das, was den Grund
einer Autorität bildete. Mit heuchlerischer Güte entschuldigt sie
Jesus, der uns vor der Hölle gewarnt hat. Sie legt einen "Stolz auf
ihre eigene Güte" an den Tag, wenn sie die Welt entschuldigt und die
Vergangenheit der Kirche beklagt. So ist sie der Ansicht, jeder Fehler
sei die Folge der miserablen Pastoralität der Päpste und Heiligen der
Vergangenheit. Alle Strenge reserviert sie für die gläubige
Unnachgiebigkeit, die sie vertreten müßte. Um was für eine Autorität
handelt es sich da?
Die Päpste lehren, daß die ökumenischen Konzilien unfehlbar sind. Pius
Vl. in seinem Dekret "Super soliditate petrae" (28.11.1786); Pius IX.
mit seinem Apostolischen Schreiben "Multiplices inter" (10.6.1851),
"Syllabus" n. 23 (8.12.1864), Schreiben "Dolendum profecto est"
(12.3.1870): "Wenn sie die Festigkeit des Glaubens hätten, würden sie
mit den übrigen Katholiken festhalten, daß das ökumenische Konzil vom
Heiligen Geist gelenkt wird und daß es einzig und allein dank der
Inspiration dieses göttlichen Geistes definiert und vorlegt, was
geglaubt werden muß. Wenn sie also den Glauben gehabt hätten, wäre es
ihnen niemals in den Sinn gekommen, daß man auf einem Konzil etwas
nicht Geoffenbartes oder für die Kirche Schädliches definieren könne;
sie würden nicht mehr denken, daß die Macht des Heiligen Geistes durch
menschliche Schliche gehemmt und so die Definition geoffenbarter und
für die Kirche nützlicher Dinge verhindert werden könne." Pius IX. in
seinem Schreiben "Inter gravissimas" vom 28.10.1870, Leo XIII. in
seinem Schreiben an einen deutschen Bischof vom 6.11.1876: "Da die
Definitionen der allgemeinen Konzilien unfehlbar sind aufgrund der
Tatsache, daß sie gegeben werden durch die Eingebung des Heiligen
Geistes, der gemäß der Verheißung Jesu Christi der Kirche beisteht,
lehren sie allein die Wahrheit, denn die Wahrheit ist nicht derart noch
nimmt sie ihre Gültigkeit aus der Tatsache, daß die Menschen sie
annehmen." Der hl. Pius X. in seinem Schreiben "Ex quo nono labente"
(26.12.1910): "der rechte und vollständige katholische Glaube, so wie
er überliefert und verankert wurde in der Heiligen Schrift, in der
Überlieferung der Väter, in der Billigung durch die Kirche, in den
Dekreten der allgemeinen Konzilien und der Päpste."
Ein allgemeines oder ökumenisches Konzil ist eine Versammlung aller
Bischöfe, um grundlegende den Glauben oder die Moral betreffende Fragen
zu "entscheiden", und daran schließt sich die Verurteilung von diesen
entgegenstehenden häretischen Formeln und Positionen an. (Vgl.
S.Thomas, I, q.36, a.2): "Man muß daran erinnern, daß auf jedem
beliebigen Konzil ein Glaubensbekenntnis aufgestellt wurde wegen eines
Irrtums, der gerade auf diesem Konzil verurteilt wurde." Der hl. Robert
Bellarmin wiederholt das mit Nachdruck in "De Conciliis et Ecclesia",
I, 1 et 2.
Das unfehlbare kirchliche Lehramt erklärt in der Apostolischen
Konstitution "Dei Filius" des ökumenischen Vatikanischen Konzils
(24.4.1870): "Mit göttlichem und katholischem Glauben ist also all das
zu glauben, was im geschriebenen oder überlieferten Wort Gottes
enthalten ist und von der Kirche in feierlichem Entscheid oder durch
gewöhnliche allgemeine Lehrverkündigung als von Gott geoffenbart zu
glauben vorgelegt wird" (Dz, 1792). Deshalb lehrt uns die Kirche, daß
einem ökumenischen Konzil das Kennzeichen der Unfehlbarkeit von Gott
zum Wohl des Glaubens zugesichert ist, indem sie erklärt, daß die Lehre
des ordentlichen und allgemeinen Lehramts auch ohne feierliche
Entscheide mit demselben göttlichen und katholischen Glauben geglaubt
werden muß, den man dem geschriebenen oder überlieferten Wort Gottes
schuldet, und deshalb unfehlbar ist.
"Alle ökumenischen Konzilien der Vergangenheit enden mit der
Verkündigung dogmatischer und moralischer Wahrheiten, die für das
Fortleben der Kirche notwendig sind. Diese werden in Definitionen
formuliert und durch Anathemata ergänzt, die der Häresie oder dem
Schisma keine faulen Ausreden mehr lassen. Die Urkunden dieser
feierlichen Lehrverkündigung wurden immer und von allen als unfehlbar
und deshalb verbindlich angesehen." (Kard. Jouet: "Eglise du Verbe
Incarné", Bd. 1, S. 536) Das Wesen des katholischen
Glaubensbekenntnisses liegt, wie wir bereits gesehen haben, in der
Schau der Wahrheit vermittels der von Gott geweckten Tugend, denn der
Katholik weiß, daß der Mensch mit der Erbsünde in der Finsternis
geblieben ist und daß er nur das Licht wiederfinden kann, wenn er den
Zeichen und Worten der Offenbarung folgt: "Sie allein lehren die
Wahrheit, denn die Wahrheit ist nicht derart, noch nimmt sie ihre
Gültigkeit aus der Tatsache, daß die Menschen sie annehmen", lehrt Pius
IX.
Das Lehramt und das Papsttum sind göttliche Prinzipien
Sie stellen die Autorität Gottes dar wie auch die Kirche und das
ökumenische Konzil, weil sie die göttliche Offenbarung bewahren und
auslegen. Das gehört im Innersten zu ihrem Wesen, ohne daß irgendein
Mensch darüber diskutieren dürfte. Die Autorität der Personen kann in
ihrer Rechtmäßigkeit zweifelhaft sein, die Autorität des Amtes jedoch
darf nicht in Zweifel gezogen und noch weniger angepaßt werden. Das
päpstliche Lehramt ist unfehlbar, wenn es sich in allgemeiner Weise mit
Fragen des Glaubens und der Sitten befaßt, ex catheara, als "Pontifex
Maximus" der Kirche. Das trifft zu auf den, der gültig gewählt wurde
und der das Papstamt angenommen hat und von der ganzen Kirche
grundsätzlich anerkannt wird. Eine Unterscheidung der Geister muß immer
die Fallen der dunklen Sprache, des verschwommenen Stils, der ungenauen
Ausdrücke bei der Ausarbeitung seiner Gedanken vermeiden. "Mangel an
Klarheit, Logik und Wahrheit und dadurch nicht dem katholischen und
französischen Geist entsprechend", das warf der hl. Pius X. dem
"Sillon" vor, und das finden wir in den Dokumenten des 2. Vatikanums
wieder. Hier ist der nächtliche Augenblick, da die katholische Welt
Ärgernis nehmen wird bei der Vorstellung eines Versagens der Braut Jesu
Christi, der göttlichen Lehrerin.
Modernistische Taktik
"Noch deutlicher tritt das in der Handlungsweise der Modernisten
hervor, die ganz und gar ihrer Lehre angepaßt ist. In ihren Schriften
und in ihren Reden ist es nicht selten, daß sie bald diese und bald
eine andere Lehre zu behaupten scheinen; so daß man sie leicht für nach
zwei Seiten hingeneigt und für unentschieden halten könnte. Doch das
geschieht in Wirklichkeit auf wohlüberlegte Weise und reiflich erwogen:
Es ist der Ausfluß ihrer Anschauungen über die gegenseitige Trennung
von Glauben und Wissenschaft. Daher stoßen wir in ihren Büchern auf
manches, was ein Katholik vollständig unterschreiben könnte; blättert
man jedoch eine Seite weiter, so könnte man meinen, ein Rationalist
führe die Feder. "
Revolutionäre Terminologie: Wir müssen einen Punkt hervorheben, um die
Wachsamkeit moderner Ohren anzuregen: Die Konstitutionen von 1790 [von
Pius Vl. verurteilt] bedienten sich weiterhin der traditionellen
katholischen Terminologie, sie sprachen von "Kommunion", von
Ehrenprimat und sogar von "Jurisdiktion" für den Papst, von "Weihe",
von "Jurisdiktion in der "bischöflichen Bestätigung, von "göttlichem
Recht". Alle diese Termini sind ihres Sinnes entleert und
"entsakralisiert"; sie bilden einen heuchlerischen Übergang zwischen
dem frommen Antiklerikalismus der ersten Protestanten und dem
atheistischen Laizismus des 20. Jahrhunderts.
Der neue Zustand des Gewissens in der modernen Zivilisation
Was die Lebensfragen der Religion und der Philosophie betrifft, wird
man sehen, daß die Macht der Revolution nicht so sehr in der Kraft
ihrer Ideen liegt als vielmehr in ihrer Mimikry und in ihrer Fähigkeit,
in jedem Zeitabschnitt der Geschichte die menschliche Schwäche
auszunutzen.
Es ist eine Macht, die hauptsächlich in dem revolutionären Geschick
liegt, Prinzipien und Werte zu vertauschen. Und da nach dem Willen
Gottes die geoffenbarten Prinzipien, welche die niemals zu
aggionierende Unterscheidung zwischen Gut und Böse im Hinblick auf das
Heil erlauben, auf Erden der alleinigen Obhut seiner Kirche anvertraut
sind, mußte die Revolution also den semantischen Streit dort
hineintragen, indem sie durch ein schleichendes religiöses
aggiornamento veranlaßt, lehrmäßige Prinzipien mit pastoralen Werten zu
verwechseln. Um die Wirklichkeit dieser Tatsache zu erkennen, wollen
wir zunächst ein paar wesentliche Definitionen machen:
Prinzip
hat die Bedeutung von Ursache - Gott ist die Ursache aller Dinge. Auf
das erste Prinzip, welches Gott ist, ist die Kirche mit ihrem
allgemeinen Lehramt gegründet. Sie ist die Hüterin der von Gott
geoffenbarten Wahrheit und seiner Autorität. Daraus folgt, daß der
Begriff "Prinzip" verstanden werden muß von dem, was grundlegend,
Anfang und Ende von etwas ist, was auch für die Begriffe Gesetz,
Kriterium, Vorschrift, wesentlicher Satz einer Lehre gilt.
Wert
bedeutet Lebensideal, Verhaltensnorm. Freiheit, Gleichheit,
Brüderlichkeit, Einheit und Solidarität können Werte sein, wenn sie mit
dem richtigen Prinzip verbunden bleiben, in dessen Dienst sie das Leben
der Individuen und der Gesellschaften aufwerten, die sie pflegen.
Die Werte sind also relativ und von den Prinzipien gelenkt. Sie sind
gut in dem Maß, wie sie sich dem Guten (als Prinzip) unterordnen, also
Gott. Wenn dieser Bezug fehlt, bezieht sich die menschliche Güte nur
noch auf irdische Güter, die, von ihrem letzten Zweck losgelöst,
wirklich und wahr-haftig zu Übeln werden und sich so in negative Wert
verwandeln.
Die Hierarchie zwischen Prinzipien und Werten
Nach dem Vorausgehenden gibt es eine Hierarchie der den Prinzipien, von
denen sie herkommen, zugeordneten Werte. Deshalb ist die Hierarchie
schon ein Prinzip. Die dem Menschen angeborene Revolte gegen das
hierarchische Prinzip ist die Ursache der geistigen Dekadenz. Denn was,
wenn nicht die ehrfurchtsvolle Liebe, kann machen, daß ein Mensch sich
vor Gott, seine Vernunft vor der Wahrheit, der Schüler vor dem Wissen
verneigt? Was ist der Ausgangspunkt des Lernens, wenn nicht die
Unterwerfung unter die Wahrheit dessen, was man lernt?
Werte gegen Prinzipien
Die Menschen werden von Ideen geleitet. Diese sind hierarchisch
gegliedert. Die höchsten sind an die Prinzipien gebunden, die das Gute
und den letzten Zweck des Menschenlebens betreffen, also die Wahrheit
im persönlichen und sozialen Leben. Wenn relative Werte über die
Prinzipien gestellt werden, werden sie negativ. So ist es mit der
Freiheit, die der Wahrheit entgegengestellt wird, oder mit der Einheit,
wenn sie zu strafbaren oder allgemein schlechten Zwecken in Anspruch
genommen wird.
Das scheint eine einleuchtende Rede zu sein, aber in unserer Zeit
wurden die Werte auf die Ebene der Prinzipien erhoben, besonders auf
religiösem Gebiet, und das zum Schaden des Glaubens: Die Einheit z.B.
wird vom Neo-Modernismus als erste Ursache für die Glaubwürdigkeit des
Christentums angesehen; die Freiheit wird ebenfalls als Prinzip der
absoluten Menschenwürde gesehen. Hier wird ein derartiges Prinzip über
das Prinzip der Autorität gestellt, und die Verurteilung des
Verbrechens (z.B. der Abtreibung) wird nichtig, wenn sie nicht die
Kraft eines allgemeinen Gesetzes findet.
Aber für die Modernisten bestimmt die vorherrschende Mentalität die
Gesetze, und es wäre Wahnsinn zu glauben, man könne das heute
vorherrschende Gefühl der Freiheit unterdrücken. Der hl. Pius X.
führte mit seiner Enzyklika "Pascendi" einen Schlag gegen solche von
den Modernisten behauptete Irrtümer: "Derjenige wäre in der Tat wie
wahnsinnig, der bei dem heute herrschenden Gefühl der Freiheit der
Meinung wäre, es könne irgendwann einen Rückschritt geben. Ein
gewaltsames Beschränken und Hemmen würde nur zu einem um so stärkeren
Ausbruch führen und die Kirche ebenso wie die Religion auslöschen".
Von der Hierarchie der Werte zur Hierarchie der Wahrheiten
Ist es aber möglich, zwischen Haupt- und Nebenwahrheiten zu
unterscheiden? Angesichts der Schwierigkeiten, die der Neo-Ökumenismus
hat, Punkte der Übereinstimmung zwischen den verschiedenen
Glaubensüberzeugungen zu finden, ist man heute auf die Idee gekommen,
bestimmte Wahrheiten zu Hauptwahrheiten zu erklären, damit das
Verständigungsgespräch einen gemeinsamen Ausgangspunkt habe. Damit
stellt man als gesichert hin, daß die Nebenwahrheiten in den
Haupt-wahrheiten enthalten seien, so daß sie mit Stillschweigen
übergangen werden könnten. Die Empfehlung kommt von Paul Vl. selbst;
zitieren wir ihn: "Die Katechese auf allen Ebenen wird diese Hierarchie
der Wahrheiten berücksichtigen." Dieser Begriff legt den absoluten
Charakter jeder Wahrheit beiseite; er wurde von Pius XI. verurteilt,
wie man später sehen wird. (UR 11,3)
Die Kultur der Abtreibung
ist dann nur das Endstadium eines revolutionären Weges, der vom
Niederreißen der göttlichen Autorität ausgeht, um beim 'Fortschritt'
des auf das Augenblicksvergnügen gegründeten Lebens anzukommen. Ein mit
dem Kult des "Jetzt" kombinierter Begriff des Guten lenkt den Lauf zum
raffgierigen Erwerb einer Chimäre. Daraus resultiert der Kult des
Flüchtigen, die Tyrannei des unmittelbar erreichbaren Guts und die
Verachtung des Dauerhaften, all dessen, was nicht den Sinnen
unterworfen ist, die Verachtung des Glücks in seiner ewigen Dimension.
Es ist aber nicht möglich, die Gleichung des menschlichen Übels zu
lösen, wenn man das wahre menschliche Gut ignoriert oder wenn man das
eine und das andere als Variablen in der Zeit betrachtet. Wenn man das
jetzige Übel ablehnt, so nicht deshalb, weil es heute stört, sondern
weil es einen des Guten beraubt, was zu allen Zeiten gilt. Mit der
heutigen Mentalität verflüchtigt sich die Lehre über dieses religiöse
Absolute zusammen mit der Moral selbst.
Von der Stadt Gottes zum "globalen Dorf"
Es stimmt, daß die Welt nur eine ist und daß die Menschen sich
verstehen müssen. Aber es stimmt auch, daß man dabei nicht mitwirken
kann, wenn die Lebensauffassungen entgegengesetzt sind in einem
Konflikt der Prinzipien. "Niemand kann zwei Herren dienen: entweder
wird er den einen hassen und den anderen lieben, oder er wird dem einen
anhangen und den anderen verachten; ihr könnt nicht Gott dienen und dem
Mammon."
Es gibt indiskutable Fragen, über die in einer Welt, in der ein totaler
Pluralismus herrscht, der Zusammenprall unvermeidlich wird. Wie könnten
die, welche als allgemeines Gut die Stadt Gottes verteidigen, und die,
welche den Weltplan zur Herrschaft bringen wollen, sich in Einklang
befinden? Man müßte einen Punkt der Übereinstimmung suchen,
welcher die großen Ideale des Lebens, folglich den Gedanken an den Tod,
ausschließt. Kann man aber Fragen von solcher Tragweite ignorieren? Was
wären die Folgen?
Tatsache ist, daß der "neue Mensch" der modernen Stadt, der nicht mehr
auf das Gesetz Gottes zentriert ist, das Geist und Gewissen zuverlässig
leitet, unvermeidlich in geistigem oder moralischem Konflikt ist: Er
ist ein chronischer Protestierer. Nun sind die Menschen sowohl für das
spirituelle wie auch für das bürgerliche Leben gemäß ihrer Fähigkeit zu
verstehen und zu wollen dem Gericht unterworfen. Alles, was den
Menschen in diesem Sinne hilft, ist heilbringend, während alles, was
dem entgegensieht, schädlich ist.
Der Revisionismus
der vom Konzil von Trient definierten Rechtfertigungslehre, die den
Behauptungen Luthers ein Ende setzte, ist sehr wohl das heimliche Ziel
des Geistes, der das konziliare aggiornamento leitet. Um einen totalen
Ökumenismus einzurichten, wird man tatsächlich bis zur Idee einer so
universalen Rechtfertigung und Erlösung gehen müssen, daß sie auch die
Atheisten einschließt, die immer zahlreicher werden. Deshalb waren die
Konziliaren gegen jede Verurteilung des Atheismus. Dieser (und a
forteriori die Apostasie von der Lehre Christi) ist nicht Leugnung
Gottes, sondern "ein Gewissenszustand der menschlichen Person" (K.
Woityla).
Für den Protestantismus
wird der Mensch gerechtfertigt durch den Glauben allein ohne
Notwendigkeit der Werke. Es bleibt aber: "Jeder, der davon abgeht und
nicht in der Lehre Christi bleibt, hat Gott nicht" (2 Joh 9). Wenn für
Luther der Glaube genügte, um gerechtfertigt zu werden, würde für die
Konziliaren also die Würde des menschlichen Gewissens auch vom Glauben
dispensieren.
Daraus folgt, daß der Mensch, wenn er sich von den Fesseln des Glaubens
befreien und ganz allein den revolutionären Prozeß und Atheismus taufen
würde, im Bewußtsein seines Wohls und in der Beherrschung des
Universums und seines eigenen Schicksals wachsen und schließlich in
aller Autonomie es erreichen würde, das Böse zu erkennen und es zu
besiegen.
Das Gericht für die Christen
wird von Jesus Christus so gelehrt: "Wenn dieser [der Heilige Geist]
kommt, wird er der Welt beweisen, daß es eine Sünde, eine Gerechtigkeit
und ein Gericht gibt: eine Sünde, weil sie an Mich nicht geglaubt
haben; eine Gerechtigkeit, weil Ich zum Vater gehe und ihr Mich nicht
mehr sehen werdet; ein Gericht, weil der Fürst dieser Welt schon
gerichtet ist " (Joh 16, 8-11).
Die Sünde der Welt ist der Unglaube (vgl. Joh 8,21-24-46, 15,22;
Mk 16,16), den der Heilige Geist klar herausstellen wird, wenn er den
Sinn des Todes Jesu offenbaren wird, der die finsteren Mächte dieser
Welt besiegt hat. Das alles muß im Bewußtsein des Menschen eingegraben
sein, der aus Jesus Christus geboren ist. Da der menschliche Geist das,
was außerhalb seiner ist, nicht erkennen kann, ohne von einem 'Glauben'
auszugehen, beweist das 'Glauben', daß es das Prinzip des 'Denkens'
ist. Und wenn das menschliche 'Glauben' sich nicht nach oben richtet,
richtet es sich nach unten, wenn unser Geist nicht an das Gute glaubt,
wendet er sich dem Bösen zu. In der heutigen weltweiten Unordnung ist,
um die menschliche Ordnung wiederherzustellen, die erste notwendige
Voraussetzung des Denkens das Bewußtsein, daß jede Ordnung begründet
werden muß auf ihr Prinzip: Jesus Christus, dessen Lehre
ausschlaggebend ist für die menschliche Ordnung; das ist der "feste
Vorsatz" des hl. Pius X. (11.6.1905) für unser Jahrhundert.
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