AKTIVE TEILNAHME
(Wurzel, Stamm und Krone XXX)
von H.H. Dr.theol. Otto Katzer
Um diese, heute so hervorgehobene Tätigkeit näher beschreiben zu können, müssen wir uns eine klare Antwort auf drei Fragen geben:
W o r a n - W e r - W i e ? soll teilgenommen werden. Zuerst werden wir die Definition der Hl. Messe geben, dann wollen wir uns etwas eingehender mit dem "Wer" beschäftigen, woraus sich schon das "Wie'' ergeben wird, worauf wir noch einmal zum "Woran" zurückkehren werden müssen. "Das Hochheilige Opfer ist die unblutige Darbringung des Leibes und des Blutes Christi; wie es von Christus selbst durch die Dienstbarkeit der Priester als Vergegenwärtigung und Gedächtnis des Kreuzesopfers für die Kirche dargebracht wird, um auf diese Weise die absolute Oberherrschaft Gottes zum Ausdruck zu bringen, und um ihren Gliedern, die Teilnahme an Christi Genugtungen und Verdiensten zu ermöglichen." (1)
Was das "Wer" anbelangt, so wurde schon manches an verschiedenen Stellen angedeutet. Direkt teilnehmen kann nur der, der Mitglied der Kirche ist, indirekt die, welche das Gesetz Gottes so erfüllen, wie sie es erkennen.
"Um als Glied der Kirche Anteil am Erlösungsheil zu haben, soll der Mensch - nach der Schrift und der Vätern - vor allem den Glauben und mit ihm den Grund der gesamten religiös-sittlichen Lebensordnung besitzen, ferner die Taufe und mit ihr das Recht zu allen Gnadenmitteln der Kirche erlangt haben, endlich die Unterordnung unter ihre Autorität, welche die Einheit des Geistes bewahrt durch das Band des Friedens (Eph 4,3), einhalten. Glieder der Kirche sind darum nur jene, welche mit der Kirche verbunden sind durch das Band des Glaubens (vinculum symbolicum), des Kultus (vinculum liturgicum), der kirchlichen Gemeinschaft (vinculum hierarchicum) und der Liebe (vinculum caritatis). ... Auf Grund der Unterscheidung zwischen Leib und Seele der Kirche zählen wir alle jene zum Leibe und zur Seele der Kirche, welche sich im Stande der übernatürlichen Gnade befinden und in dem dreifachen Bande der Einheit mit der sichtbaren Kirche stehen. Zur Seele der Kirche aber nicht zu ihrem Leibe, gehören alle Gerechten, die ohne Wissen und Willen außerhalb dieser dreifachen kirchlichen Gemeinschaft stehen. Zum Leibe der Kirche, aber nicht zur Seele, jene, welche in der kirchlichen Gemeinschaft stehen; aber sich nicht im Stande der heiligmachenden Gnade befinden. Außerhalb des Leibes und der Seele der Kirche stehen alle jene, welche sich mit Wissen und Willen von ihr getrennt haben. Die Seele, der Kirche ist der Heilige Geist, das Haupt des mystischen Leibes Christus." (2)
Wie sind wir aber überhaupt zum Worte "Kirche'' gekommen? Wenn jemand an euch die Frage richten würde, was es bedeutet Mitglied der Kirche zu sein, wie sollte dann die Antwort lauten?
In den ältesten Zeiten wurde von den Christen ausgesagt, sie seien Mitglieder der Kyriaké oikìa, des Hauses des Herrn. Allen ist das griechische "Kyrie eleison" Herr, erbarme dich unsere bekannt. Kyrios bedeutet also Herr. Natürlich ist "Oikìa" - "Haus" im Sinne der Angehörigkeit, Familie zu nehmen. Zum Hause gehören, bedeute hier so viele wie Mitglied der Familie des Herrn zu sein. Als nun das Christentum sich in Länder verbreitet hatte, wo die griechische Sprache nicht mehr geläufig war, wurde das Wort "Kyriaké" im Geiste der herrschenden Sprache ungebaut, und so entstand allmählich das deutsche Wort "Kirche" oder das tschechische "Církev", in denen wir ohne Schwierigkeiten das altgriechische Kyriaké nachklingen hören. So war es bei den germanischen und slawischen Völkern, die romanischen übernahmen ein anderes Wort "Ecclesia", was so viel wie "Versammlung" bedeutet. Nun ist aber die Kirche keine bloße Versammlung von Gläubigen, aber auch kein Verein. Wir können uns hier natürlich nicht mit Gesellschaftstheorien befassen, müssen allerdings betonen, daß die Kirche kein loses Gebilde ist, wie etwa ein Verein, sondern ein unauflösbares, eine Familie! Mitglied eines Vereines werde man aufgrund einer Beitrittserklärung, wenn diese angenommen wird. Man kann aber ruhig wieder austreten oder ausgeschlossen werden, ohne weitere Bedeutung. Nicht so ist dem jedoch bei der Kirche. Ihr Mitglied werden wir durch die Wiedergeburt, die heilige Taufe, da die Kirche eine Familie ist, die Familie des Herrn; Mitglied einer Familie worden wir durch die Geburt! Wir können uns von dieser Familie lossagen oder von ihr enterbt werden, können aber nicht aufhören der Abstammung nach ihr anzugehören, da wir ja bei der hl. Taufe ein unauslöschbares Zeichen "Katholischer Christ" empfangen haben. Infolgedessen ist es nicht vollauf den Tatsachen entsprechend, vom Austritt aus der Kirche zu reden Vom "Sich-Lossagen" von der Kirche schon! - genauso wie wir aus der Familie, der wir angehören, nicht austreten können, wohl aber uns von ihr lossagen können. Durch den "Kirchenaustritt" wird man von der Kirche enterbt, d.i. verfällt der Exkommunikation. Kehrt jemand reumütig zurück, so wird er nicht wieder getauft, nur von seiner Enterbung befreit, und das rechtliche Verhältnis wieder erklärt. Eben aufgrund dieses Verhältnisses wir unsere Stellung innerhalb der Kirche wieder anerkannt, welche nicht bei allen dieselbe ist. Die Kirche wird mit einem Leib verglichen, ihre Angehörigen sind Glieder des mystischen Leibes Christi. Der hl. Paulus zeigt ihre Verschiedenartigkeit. "Wie der Leib nur einer ist und doch viele Glieder hat, alle Glieder des Leibes aber trotz ihrer Vielheit nur den einen Leib ausmachen, so ist es auch mit Christus. Denn durch den einen Geist wurden wir alle, Juden wie Heiden, Sklaven wie Freie, zu einem Leibe getauft, und wir alle wurden mit einem Geiste getränkt. Besteht ja auch der Leib nicht aus einem Gliede, sondern aus vielen. Wenn der Fuß sagen würde: "Weil ich nicht Hand bin, gehöre ch nicht zum Leibe", so gehörte er doch zum Leibe. Wenn das Ohr sargen würde: "Weil ich nicht Auge bin, gehöre ich nicht zum Leibe", so gehörte es doch zum Leib. Wäre der ganze Leib Auge, wo bliebe das Gehör? Wäre es ganz Gehör, wo bliebe der Geruchssinn? So aber hat Gott jedem Gliede seinen Platz am Leibe angewiesene wie es ihm beliebte. Wären alle nur ein Glied, wo bliebe dann der Leib? So aber gibt es viele Glieder, jedoch nur einen Leib.
Das Auge darf nicht zur Hand sagen: "Ich bedarf deiner nicht"; das Haupt nicht zu den Füßen: "Ich bedarf euer nicht". Im Gegenteil, gerade die scheinbar schwächeren Glieder des Leibes sind besonders notwendig. Den Gliedern am Leibe, die wir für weniger edel halten, erweisen wir besondere Ehre, die nicht anständigen werden mit besonderem Anstand behütet, die wohlanständigen hingegen bedürfen dessen nicht. Gott hat den Leib so eingerichtet und den Gliedern, die für geringer gelten, größere Auszeichnung verliehen, damit keine Unordnung im Leibe entsteht, sondern die Glieder einträchtig füreinander Sorge tragen. Leidet ein Glied, so leiden alle Glieder mit, wird ein Glied geehrt, so freuen sich alle andern Glieder mit. Ihr seid der Leib Christi, einzeln aber dessen Glieder. Die einen bestimmte Gott in der Kirche zu Aposteln, die andern zu Propheten, wieder andere zu Lehrern, sodann für Wundertaten, für, Krankenheilungen, für Hilfeleistung, für Ämter, für allerlei Sprachengaben (und Auslegung von Sprachen). Sind nun alle Apostel? alle Propheten? alle Lehrer? alle Wundertäter? Haben alle die Gabe der Heilung? Reden alle in Sprachen? Haben alle die Gabe der Auslegung? Strebt immerhin nach den höheren Gnadengaben. Aber ich will euch noch einen weit vorzüglicheren Weg zeigen!" (3) Dieser Weg ist die Liebe wie ihn der hl. Paulus im Hohenlied der Liebe uns allen vor die Augen stellt.
Wird an uns also die Frage gerichtet: "was heißt es eigentlich: Ich gehöre zur Kirche", dann antworten wir: "Wir sind Mitglieder der Familie des Herrn, Glieder Seines Leibes!"
Da ist es nun völlig klar, daß uns verschiedene Aufgaben aufgetragen sind, und daß es unsere Pflicht ist, diese nicht nur zu erkennen und anzuerkennen, sondern auch in ihrer Spezifität zu erfüllen. Da kann es keinen Raum für Minderwertigkeitsgefühle geben, denn ein jeder hat seinen Platz und eine Aufgabe, die nur er und niemand anderer erfüllen kann. Ein jeder ist für das Schicksal aller mitentscheidend, wenn auch die letzte Entscheidung, für oder gegen Gott von einem jeden allein fallen muß.
Anmerkungen:
(1) Egger-Mayer, Enchiridion Theologiae dogmaticae specialis. Editio IX, Brixinae 1928, thesis 236, pg. 872. Tanquerey, Brevior Synopsis Theologiae dogmaticae, Nr. 1070. (2) Lehrbuch der Fundamentaltheologie oder Apologetik von Dr. Franz Hettinger-Weber, Herder 1913, III. Auflage, Seite 440, 448. (3) 1 Kor 12,12-31.
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