"DIE FEIER DER KINDERTAUFE"
von H.H. Dr. theol. Otto Katzer
Im Dekret des Kardinals Benno Gut und A. Bugnini, welches zur Einleitung des neuen von Paul VI. bestätigten Taufritus für Kinder herausgegeben wurde, wird wegen seiner angeblich größeren Klarheit dem alten Ritus gegenüber hervorgehoben. Leider ist aber an ihrer Stelle eine Begriffsverwirrung eingetreten, welche zuletzt in eine allgemeine Auflösung der in Betracht kommenden Begriffe ausmündet.
Natur und Übernatur, Glaube und Wissen, Priester und Laie, die Hl. Kirche und religiöse Gemeinden, Sakrales und Profanes usw. werden zu einer undefinierbaren Mischung, in welche ein jeder hineindenken kann. was er will. Dieser sogenannte Ritus kann wirklich alle befriedigen; die keinen wahren, klaren und festen Glauben besitzen! Zuerst wollen wir in einer kurzen Übersicht darbringen, was der wahre Glaube uns über das Sakrament der Hl. Taufe sagt.
"Die Taufe ist das erste und notwendigste Sakrament, in welchem der Mensch durch das Wasser und das Wort Gottes von der Erbsünde und von allen vor der Taufe begangenen Sünden gereinigt und in Jesus Christus zum ewigen Leben wiedergeboren und geheiligt wird. Die Taufe heißt das notwendigste Sakrament, weil ohne die Taufe niemand, nicht einmal ein Kind, selig werden kann.
Die Wirkungen der Taufe sind:
1. Sie befreit von der Erbsünde und von allen vor der Taufe begangenen Sünden, sowie auch von allen ewigen und zeitlichen Strafen. 2. Sie erteilt die heiligmachende Gnade , durch welche wir geistigerweise wiedergeboren und Kinder Gottes und Erben des Himmels werden. 3. Sie macht den Getauften zu einem Gliede der katholischen Kirche. 4. Sie drückt dem Getauften das unauslöschliche Merkmal eines Christen ein." (1)
"Die Zeremonien der Taufe, welche - außer im Notfalle - immer beobachtet werden müssen, stammen nach dem röm. Katechismus ohne Zweifel von den Aposteln her. Die hauptsächlichsten derselben, welche früher, solange das alte Katechumenat bestand, zu verschiedenen Zeiten an den Katechumenen vorgenommen wurden, sind jetzt in ein und denselben Taufakt zusammengedrängt und lassen sich auf drei Gruppen zurückführen:
1. jene, welche angewendet werden, ehe man zum Taufbrunnen geht; 2. jene, welche beim Taufbrunnen selbst zur Anwendung kommen, 3. jene, welche nach erfolgter Taufe hinangefügt werden.
Der Grundgedanke all dieser Zeremonien und Gebete ist die Rechtfertigung, wie sie durch die Taufe erteilt wird, oder anders ausgedrückt die Erhebung aus dem Stande der Sünde in den Stand der Kindschaft Gottes. Der
1. Teil des Ritus bringt die Vorbereitung zur Rechtfertigung, der 2. die wirkliche Verleihung, der 3. die Frucht der Rechtfertigung zur Darstellung.
I. Der erste Teil des Taufritus bringt allseitige Erhebung aus dem Reiche und Dienste der Sünde zur Darstellung.
1. Der Priester begibt sich mit Chorrock und violetter Stola zur Kirchentüre und empfängt dort den Täufling , dieser gehört, weil mit der Erbsünde behaftet, noch nicht zur christlichen Gemeinde und darf daher nicht in das materielle Abbild derselben, in das Kirchengebäude eintreten: erst die Taufe öffnet ihm die Pforten der Kirche in ihrer dreifachen Bedeutung: die Pforte des sichtbaren Reiches Gottes auf Erden, des materiellen Hauses Gottes und des himmlischen Reiches. Auf den Zustand, in welchem sich der Täufling befindet, aus dem er erlöst werden solle deutet die violette Farbe der Stola
2. Der Priester fragt zuerst nach dem Namen des Täuflings. Der Namen eines geistigen Wesens soll dessen Würde , Bestimmung und Beruf bezeichnen (...).
3. Danach fragt der Priester den Täufling: "Was v erlangst du von der Kirche Gottes? Antwort: "Den Glauben" "Was gewährt dir der Glaube?" Antwort: "Das ewige Leben." "Wenn du also zum Leben eingehen willst, so halte die Gebote: "Du sollst Gott, deinen Herrn lieben." Mit diesen Worten wird dem Täufling in Kürze der Hauptinhalt des Christentums: Glaube, Hoffnung und Liebe vorgehalten und ans Herz gelegt. Der Glaube als Grundlage aller Rechtfertigung berechtigt zur Hoffnung des ewigen Lebens dann, wenn er in Liebe tätig ist.
4. Der Priester bläst dem Täuflinge dreimal sanft ins Angesicht mit den Worten: Entweiche aus ihm (ihr), unreiner Geist und gebe Platz dem Heiligen Geiste, dem Tröster!" ... Anhauchen symbolisiert Mitteilung des guten Hl. Geistes; Wegblasen versinnbildet Abwehr, Verabscheuung des bösen Geistes; in diesen Akt tiefster Schmach, Verachtung und Beschimpfung das hl. Kreuz zu verflechten, wäre unwürdig. Dieses Anblasen oder vielmehr Wegblasen (Exsufflet) als Zeichen der Abwehr und des Abscheues, womit man ein lästiges Wesen zu entfernen suchte versinnbildlicht Vertreibung des Teufels als Wirkung der Taufe , indirekt Mitteilung des Hl. Geistes, der an Stelle des unreinen Geistes in der Seele herrschen soll.
5. Der Täufling wird auf Stirn und Brust mit dem Kreuze bezeichnet, wobei die Worte gesprochen werden: "Nimm hin das Zeichen des Kreuzes auf die Stirn + wie auf das Herz +, empfange den Glauben der göttlichen Gebote, und zeige solche Sitten, daß du ein Tempel Gottes sein kannst. Die Bezeichnung der Stirne mit dem Kreuzzeichen bezeichnet den Täufling als einen Auserwählten und mahnt ihn, den Glauben an den Gekreuzigten offen und frei zu bekennen; die auf der Brust, diesen Glauben tatsächlich zu bewahren. Daran schließt sich ein entsprechendes Gebet an.
6. Der Priester legt betend die Hand auf das Haupt des Täuflings; dadurch wird angedeutet, daß die Kirche den mit dem Kreuze Christi Gezeichneten in ihre Obhut nimmt und ihm durch ihre Hand allen Segen mitteilte damit er sich allseitig den Band des Reiches der Sünde entwinde, in das Reich Gottes eingehe, um darin mit Freuden seinem Herrn zu dienen.
7. Vor allem soll der Mensch durch Gebet und Segen der Kirche Geschmack gewinnen an der Lehre des Heils, an der Weisheit des Kreuzes und so von der Fäulnis der Sünde befreit zu werden. Damit wird dem Täufling unter Gebet etwas gesegnetes Salz in den Mund gelegt.
8. Ein zweiter Exorzismus folgt, an dessen Schluß auf die Stirn des Täuflings ein Kreuz gezeichnet wird, gleichsam als Wache und Schutzwehr wider die entflohenen feindlichen Mächte.
Die Anwendung des Exorzismus bei der Taufe setzt keineswegs voraus, daß der Täufling leiblich vom Teufel besessen sei. Im Stande der Erbsünde gehört der Mensch der Herrschaft des Fürsten der Finsternis an; diese will der Exorzismus brechen, den Menschen von ihr befreien. Der Exorzismus ist nicht bloß Ausdruck oder Symbol der Wirkungen der Taufe, er deutet nicht bloß an, sondern hat auch selbst eine geistliche Wirkung, welche darin besteht, daß er die Hindernisse des Empfanges und der Wirksamkeit der Taufgnade beseitigt. Deshalb wird er selbst nach Empfang der Nottaufe nicht umsonst nachgeholt, da "wie die Wirksamkeit der Taufe gehindert werden kann, bevor sie empfangen wird, kann sie auch nach dem sie empfangen wurde, gehindert werden." (S. Thom. Sum.theol. p. 3, q.71 art.3) Die "Feier" (d.i. die modernistische Fassung einer "Taufe" - wird weiter hinten ausführlich behandelt; Anm. d. Red.) verzichtet selbst auf das Exorzismusgebet! (S.14)
Ausscheidend aus dem Reiche der Sünde, tritt der Täufling in die Reihe der Diener Christi ein, um zu kämpfen für die Hoffnung und hl. Wahrheit unter Schutz und Segen der Kirche , daher wird dem Exorzisierten unter Gebet die Hand aufgelegt.
9. Der Priester legt den äußersten Teil der Stola auf den Täufling und führt ihn in die Kirche mit den Worten: "N., gehe ein in das Haus Gottes,-auf daß du mit Christo einen Teil erlangest zum ewigen Leben." Dem aus dem Reiche der Sünde Ausgeschiedenen öffnet sich das Reich Gottes; erlöst aus der Herrschaft Satans, kann er durch die Taufe ein Mitglied der Kirche werden, teilhaben mit Christus am ewigen Leben.
10. Nach dem Eintritte in die Kirche und auf dem Weg zum Taufbrunnen betet der Priester mit dem Paten das Symbolum und das Gebet des Herrn. Im Begriffe, in die wahre Kirche aufgenommen zu werden, bekommt der Täufling den wahren Glauben durch den Mund des Paten. Nahrung, Stärke und Frucht des Glaubens ist das Gebet. Die Kirche ist Gottes Wohnung, daher das erste Wort des Eintretenden: "Ich glaube"; die Kirche ist ein Bethaus, daher geschieht der Eintritt unter Gebet.
II. Die Zeremonien in der Kirche werden teils, bevor man zum Taufbrunnen hintritt, teils beim Taufbrunnen selbst vorgenommen. Die ersteren sind nächste Vorbereitung zur Taufe.
1. Ein Exorzismus wird, gesprochen, der hier die Bedeutung hat, daß das Reich der Finsternis niemals mehr Gewalt erhalten möge über den Täufling, den Gott zu seinem Tempel berufen hat, auf daß er werde ein Tempel des lebendigen Gottes.
2. Die folgende Zeremonie ist dem, was der Heiland am Taubstummen (Mk. 7,32) und am Blindgeborenen (Joh. 9,6 ff) verrichtete, nachgebildet. Der Priester berührt mit dem vom Speichel befeuchteten Daumen die Ohren des Täuflings mit den Worten: "Epheta, d. i. tue dich auf" und die Nase mit den Worten: "Zum Wohlgeruch. Du aber, Teufel, fliehe, denn das Gericht Gottes ist herangenaht." Dadurch wird angedeutet, daß des Täuflings äußerer und innerer Sinn von nun an dem Worte Gottes geöffnet, dieses seine höchste Lust sein soll.
Die drei folgenden Handlungen bilden die letzten Vorbereitungen auf den Empfang des Hl. Sakramentes. Sie bestehen in der Abschließung des Taufbundes. Die Aufnahme in die Kindschaft Gottes geschieht durch ein Bündnis , vermöge dessen Gott dem Menschen seine Gnade darbietet, der Mensch seinerseits sich verpflichtet, einzig dem Dienste Gottes sich zu weihen, dem Satan gänzlich zu entsagen und den Glauben an den dreieinigen Gott frei zu bekennen und zu bewahren. Daher folgt:
3. Die Abschwörung Satans, welche gewissermaßen dem Exorzismus entspricht. Durch die Kirche befreit aus dem Reiche der Finsternis, muß der Täufling selbst diesem Reiche, seinem Fürsten und seinen Werken feierlich absagen und lebenslänglichen Kampf geloben.
4. Zu diesem Kampf wird er gleich den Athleten des Altertums mit Katechumenen-Öl gesalbt und zwar auf der Brust und zwischen den Schultern : auf der Brust als Sitz der bösen Neigungen, durch welche das Reich der Sünde Gewalt über den Menschen gewinnt, zwischen den Schultern als Sitz und Bild der Stärke. Die Salbung auf der Brust bedeutet: wie der Mensch die Gnade Gottes zur Stärkung in sein Inneres eindringen und im Herzen wirken lassen soll, und die Salbung zwischen den Schultern, wie er gestärkt, standhaft und unerschütterlich kämpfen soll.
5. Nachdem der Täufling dem Reiche der Sünde abgesagt hat und zum Kampf dagegen gestärk~ worden ist, wird er eingeführt in das Heiligste, zum Taufbrunnen, wo er, aus einem Sünder ein Gerechter wird und eintritt in den Stand der Unschuld, Freude und Seligkeit. Daher legt jetzt der Priester die violette Stola ab und nimmt eine andere, von weißer Farbe.
6. Bei dem Taufbrunnen muß der Täufling seinen Glauben bekennen, da dieser notwendige Bedingung der Taufe ist. Vor dem Taufbrunnen hat der Täufling dem Reiche der Sünde abgeschworen, bei dem Taufbrunnen schwört er Treue dem Reiche Gottes; dadurch wird er in den Schoß der Hl. Kirche aufgenommen. Dies ist der Bund , der in der Taufe zwischen Gott und dem Menschen geschlossen wird. Kampf gegen die Welt, Treue gegen Gott gelobt der Mensch, Heil und Leben gibt ihm Gott durch die Kirche. 7. Notwendiges Erfordernis zum Empfang der Taufe ist der entschiedene Wille, getauft zu werden. Daher fragt der Priester: "N. willst Du getauft werden?" Und der Pate antwortet für das Kind: "Ich will!"
8. Jetzt wird das hl. Sakrament wirklich gespendet, indem unter einmaliger Aussprechung der wesentlichen Worte dreimal in Kreuzesform das Taufwasser über das Haupt des Täuflings, welchen der Pate hält, gegossen wird. Die Begießung geschieht über das Haupt des Täuflings, weil es als Sitz der 5 Sinne Hauptteil des menschlichen Leibes ist, somit am würdigsten den ganzen Leib vertritt, sie geschieht dreimal zur Verehrung der hl. Dreifaltigkeit; in Kreuzesform, um anzuzeigen, daß die Wiedergeburt durch das Verdienst des Kreuzesopfers bewirkt werde (...).
III. Die der eigentlicher Taufhandlung folgenden: Zeremonien beziehen sich auf die Wirkungen der Taufe.
1. Der Priester salbt den Scheitel des Täuflings mit Chrisam in Kreuzesform. Gleichwie im Alten Bund Priester und Könige gesalbt wurden und der Erlöser als höchster Priester und König der Gesalbte heißt, so wird auch der Täufling gesalbt und so versinnbildlicht dies, daß er durch die hl. Taufe, die ihn zu einem Gliede des Leibes Christi erhob, gewissermaßen der hohenpriesterlichen und königlichen Würde desselben teilhaftig, ein Christ geworden sei.
2. Dem Täufling wird ein weißes Kleid, dargereicht; dieses versinnbildlicht die Unschuld und fleckenlose Reinheit, die der Täufling durch das hl. Sakrament empfangen hat und weist auf das himmlische Kleid, auf den Verklärungsglanz des Auferstandenen hin, den der Getaufte, sofern er die Taufgnade bewahrt, zu erwarten hat. (...)
3. Der Priester reicht dem Täufling eine brennende Kerze mit entsprechenden Worten. Der Täufling ist von der Finsternis zum Lichte, zu Jesus Christus berufen worden. Diesem Lichte soll er folgen, selbst ein Licht zu sein und zu leuchten in der Kirche Gottes durch Ausübung guter Werke. Mit dem Segenswunsch: "N., gehe im Frieden, und der Herr sei mit dir!" wird der Täufling entlassen. (2)
Anmerkungen: (1) Gr. Katechismus 542, 544, 546. (2) Schüch-Polz, Handbuch der Pastoraltheologie, Innsbruck 1925 (19. Aufl.) S. 675-680.
(Fortsetzung folgt)
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